Annales ecclesiastici

Annales Ecclesiastici, Titelseite Bd. VII (1603) in der Antwerpener Ausgabe[1]

Die Annales ecclesiastici (lat.; „Kirchliche Annalen“), mit dem vollständigen Titel Annales ecclesiastici a Christo nato ad annum 1198 („Kirchliche Annalen von Christi Geburt bis zum Jahr 1198“), sind ein monumentales kirchengeschichtliches Werk von Cesare Baronio, das erstmals zwischen 1588 und 1607 veröffentlicht wurde.

Hintergrund und Entstehung

Die Annales Ecclesiastici waren ein Gegenentwurf zu den protestantischen Magdeburger Centurien, die seit 1559 erschienen. So, wie deren Autoren beanspruchten, die Geschichte belege die lange Tradition der protestantischen Lehre seit der Urkirche, wollte Baronio umgekehrt nachweisen, dass die katholische Kirche seiner Gegenwart in ungebrochener Tradition der Kirchengeschichte seit apostolischen Zeiten stehe. Den papstkritischen Kommentaren der Centurien stellte Baronio dezidiert apologetische Kommentare gegenüber.

Seit dem Konzil von Trient hatte es bereits, vor allem im Umkreis der sogenannten Correctores Romani, mehrere ähnliche Versuche gegeben, eine Kirchengeschichte aus gegenreformatorischer Perspektive zu schreiben.[2] Baronio begann vermutlich ab 1577 oder nicht viel später an den Annales zu arbeiten; er stand damals in engem Austausch mit Guglielmo Sirleto, dessen Unterstützung entscheidend für den Zugang zu den Beständen der Biblioteca Apostolica war.[3] Teilweise wurde angenommen, die Initiative zum Werk sei von Philipp Neri ausgegangen. Sicher ist, dass Baronio 1579 an den Annales arbeitete und der erste Band 1588 gedruckt wurde.

Quellen, Methoden und Tendenz

Baronio verwendete für seine Darstellung zahlreiche ungedruckte Quellen, vor allem aus Beständen der Biblioteca Apostolica. Unter seinen Quellen waren viele Dokumente, deren Echtheit insbesondere auch von protestantischen Kirchenhistorikern bestritten wurde, in vielen Fällen zu recht. Bei anderen Dokumenten war ihr Charakter als Fälschung um 1600 noch nicht erkennbar, zum Beispiel bei den gegen Photios gerichteten Quellen, die Baronio im neunten Band seiner Annales ausgiebig benutzt.[4]

Teilweise vermied Baronio eine Festlegung in umstrittenen Fragen oder erwähnte entsprechende Quellen nicht, aber in vielen Fällen thematisierte er die Frage der Echtheit. Dabei ging er differenzierter vor als andere Kontroverstheologen seiner Zeit, insofern er nicht nur die seine Sicht der Geschichte stützenden Quellen für echt erklärte und die seiner Interpretation entgegenstehenden für gefälscht, sondern im Rahmen seiner apologetischen Grundtendenz echte Quellenkritik betrieb.[5] Die Konstantinische Schenkung zum Beispiel, die von katholischen Gelehrten oft noch als echt verteidigt wurde, bezeichnete Baronio als Fälschung; gleichzeitig verteidigte er die durch die Fälschung legitimierten Vorrechte des Papsttums, für die es (Baronio zufolge) nicht auf die Echtheit ankomme.[6] Die als Pseudoisidor bekannten umfangreichen Fälschungen von Papstbriefen hingegen verteidigte Baronio als echt, gegen die unter anderem in den Magdeburger Centurien geäußerte Kritik.[7] Auch katholische Gelehrte wie Paolo Sarpi warfen Baronio allerdings vor, konsequent die Verhältnisse der Gegenreformation auf die Spätantike projiziert zu haben.[7]

Eine Fortsetzung für den Zeitraum von 1198 bis 1565 erarbeitete der Oratorianer Odorico Rinaldi.

Editionen

Literatur

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Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Vor einem klassizistischen architektonischen Hintergrund die Heiligen Petrus und Paulus (mit ihren typischen Attributen: Schlüssel, Buch und Schwert) dargestellt, die auf zwei mit Füllhörnern und kleinen Putten geschmückten Säulen stehen. Über den Heiligen sind die Jungfrau und das Kind in einem von zwei geflügelten Engeln gehaltenen Stemma dargestellt. Zu Füßen der Heiligen befindet sich eine Personifikation der Kirche, die ein Kreuz und päpstliche Insignien trägt, mit den angeketteten Personifikationen der Häresie (links) in Form einer alten Frau mit hängenden Brüsten, die zwei Schlangen hält, und des Heidentums (rechts) in Gestalt eines Mannes in römischer Militärtracht.
  2. Filip Malesevic: Kardinal Cesare Baronio und das Kurienzeremoniell des posttridentinischen Papsttums. Ein Beitrag zur Geschichte der römischen Kurie während der zweiten Hälfte des Cinquecento. De Gruyter, Berlin/Boston 2022, hier Kapitel 4.
  3. Filip Malesevic: Kardinal Cesare Baronio und das Kurienzeremoniell des posttridentinischen Papsttums. Ein Beitrag zur Geschichte der römischen Kurie während der zweiten Hälfte des Cinquecento. De Gruyter, Berlin/Boston 2022, hier S. 109.
  4. Friederike Hoyer: Der Blick nach Byzanz. Die griechisch-orthodoxe Kirche in der lateineuropäischen Kirchengeschichtsschreibung der Frühen Neuzeit (= Hamburger Studien zu Gesellschaften und Kulturen der Vormoderne Band 23). Franz Steiner, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-515-13368-5, hier S. 152–154; doi:10.25162/9783515133685.
  5. Mario Turchetti: Cesare Baronio (Baronius, 1538-1607), Annales Ecclesiastici. In: Volker Reinhardt (Hrsg.): Hauptwerke der Geschichtsschreibung (= Kröners Taschenausgabe Band 435). Kröner, Stuttgart 1997, S. 42–45, hier S. 43 ("Kombination von Quellenkritik im Einzelnen und apologetischer Zweckbestimmung im Großen") und 45 ("Unterordnung der historischen Exegese unter theologische Prämissen").
  6. a b Mario Turchetti: Cesare Baronio (Baronius, 1538-1607), Annales Ecclesiastici. In: Volker Reinhardt (Hrsg.): Hauptwerke der Geschichtsschreibung (= Kröners Taschenausgabe Band 435). Kröner, Stuttgart 1997, S. 42–45, hier S. 45.
  7. a b Hubert Jedin: Kardinal Caesar Baronius. Der Anfang der katholischen Kirchengeschichtsschreibung im 16. Jahrhundert. Aschendorff, Münster 1978, hier S. 51.