„Botanischer Sexismus“ – Versionsunterschied

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Die Theorie des botanischen Sexismus wurde in den USA stark in [[soziale Medien|sozialen Medien]] diskutiert, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist sie anfechtbar. Rita Sousa-Silva, Assistenzprofessorin für Ökologie an der Universität Leiden, entgegnet, dass das OPALS-Bewertungssystem „keinen wissenschaftlichen Hintergrund“ habe.<ref>{{Literatur |Autor=Chad Zanocco, Rita Sousa-Silva |Titel=Extreme heat experience influences public support for local climate adaptation policies in Germany |Sammelwerk=Urban Climate |Band=52 |Datum=2023-11 |DOI=10.1016/j.uclim.2023.101759 |Seiten=101759 |Online=https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S221209552300353X |Abruf=2024-06-18}}</ref> Einige Wissenschaftler haben darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Baumarten (~75 % weltweit) kosexuell sind, was bedeutet, dass sie Blüten mit sowohl männlichen als auch weiblichen Teilen produzieren. Infolgedessen gilt für die meisten Bäume keine menschliche Geschlechtsbinarität, da nur 5 % weltweit zweihäusig sind, obwohl dies die Möglichkeit nicht ausschließt, dass städtische Bäume größtenteils männlich sein könnten.<ref>{{Internetquelle |url=https://newswire.caes.uga.edu/story/3391/tree-sex.html |titel=Are your trees boys or girls — or both? |sprache=en |abruf=2024-06-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Elisabeth Bauer |url=https://www.moment.at/story/allergie-botanischer-sexismus/ |titel=Botanischer Sexismus: Grund für mehr Allergien? |werk=Moment.at |datum=2024-06-14 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-22}}</ref> William Elmendorf, Professor für städtisches Forstmanagement an der Penn State University, betont, dass Begriffe wie „fruchtlos“ oder „hülsenlos“ früher häufiger verwendet wurde für zweihäusige Bäume mit geringer Fruchtproduktion wie z. B. Ginkgos.<ref>{{Internetquelle |autor=Nicole Fallert |url=https://www.buzzfeednews.com/article/nicolefallert/botanical-sexism-male-trees-theory-controversy |titel=The “Botanical Sexism” Theory On Male Trees Went Viral After It Was Posted On TikTok. Here’s What Experts Say. |datum=2021-08-27 |sprache=en |abruf=2024-06-18}}</ref> Es gibt nur begrenzte Daten gibt, um die Behauptung zu bestätigen oder zu widerlegen, dass männliche Bäume in der städtischen Landschaft häufiger vorkommen als weibliche Bäume.<ref>{{Literatur |Autor=Jane C. Hu |Titel=The Complicated Truth Behind “Botanical Sexism” |Sammelwerk=Slate |Datum=2021-10-20 |ISSN=1091-2339 |Online=https://slate.com/technology/2021/10/botanical-sexism-viral-idea-myth.html |Abruf=2024-06-18}}</ref> Auch die Idee, dass zusätzliche weibliche Bäume den Pollen erheblich reduzieren würden, wurde in Frage gestellt, eher wird vorgeschlagen, weniger [[Anemophilie|windblütige Arten]] zu pflanzen.<ref>{{Internetquelle |url=http://extension.msstate.edu/news/feature-story/2003/male-plants-are-not-blame-for-allergies |titel=Male plants are not to blame for allergies {{!}} Mississippi State University Extension Service |abruf=2024-06-18}}</ref>
Die Theorie des botanischen Sexismus wurde in den USA stark in [[soziale Medien|sozialen Medien]] diskutiert, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist sie anfechtbar. Rita Sousa-Silva, Assistenzprofessorin für Ökologie an der Universität Leiden, entgegnet, dass das OPALS-Bewertungssystem „keinen wissenschaftlichen Hintergrund“ habe.<ref>{{Literatur |Autor=Chad Zanocco, Rita Sousa-Silva |Titel=Extreme heat experience influences public support for local climate adaptation policies in Germany |Sammelwerk=Urban Climate |Band=52 |Datum=2023-11 |DOI=10.1016/j.uclim.2023.101759 |Seiten=101759 |Online=https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S221209552300353X |Abruf=2024-06-18}}</ref> Einige Wissenschaftler haben darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Baumarten (~75 % weltweit) kosexuell sind, was bedeutet, dass sie Blüten mit sowohl männlichen als auch weiblichen Teilen produzieren. Infolgedessen gilt für die meisten Bäume keine menschliche Geschlechtsbinarität, da nur 5 % weltweit zweihäusig sind, obwohl dies die Möglichkeit nicht ausschließt, dass städtische Bäume größtenteils männlich sein könnten.<ref>{{Internetquelle |url=https://newswire.caes.uga.edu/story/3391/tree-sex.html |titel=Are your trees boys or girls — or both? |sprache=en |abruf=2024-06-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Elisabeth Bauer |url=https://www.moment.at/story/allergie-botanischer-sexismus/ |titel=Botanischer Sexismus: Grund für mehr Allergien? |werk=Moment.at |datum=2024-06-14 |sprache=de-DE |abruf=2024-06-22}}</ref> William Elmendorf, Professor für städtisches Forstmanagement an der Penn State University, betont, dass Begriffe wie „fruchtlos“ oder „hülsenlos“ früher häufiger verwendet wurde für zweihäusige Bäume mit geringer Fruchtproduktion wie z. B. Ginkgos.<ref>{{Internetquelle |autor=Nicole Fallert |url=https://www.buzzfeednews.com/article/nicolefallert/botanical-sexism-male-trees-theory-controversy |titel=The “Botanical Sexism” Theory On Male Trees Went Viral After It Was Posted On TikTok. Here’s What Experts Say. |datum=2021-08-27 |sprache=en |abruf=2024-06-18}}</ref> Es gibt nur begrenzte Daten gibt, um die Behauptung zu bestätigen oder zu widerlegen, dass männliche Bäume in der städtischen Landschaft häufiger vorkommen als weibliche Bäume.<ref>{{Literatur |Autor=Jane C. Hu |Titel=The Complicated Truth Behind “Botanical Sexism” |Sammelwerk=Slate |Datum=2021-10-20 |ISSN=1091-2339 |Online=https://slate.com/technology/2021/10/botanical-sexism-viral-idea-myth.html |Abruf=2024-06-18}}</ref> Auch die Idee, dass zusätzliche weibliche Bäume den Pollen erheblich reduzieren würden, wurde in Frage gestellt, eher wird vorgeschlagen, weniger [[Anemophilie|windblütige Arten]] zu pflanzen.<ref>{{Internetquelle |url=http://extension.msstate.edu/news/feature-story/2003/male-plants-are-not-blame-for-allergies |titel=Male plants are not to blame for allergies {{!}} Mississippi State University Extension Service |abruf=2024-06-18}}</ref>

In einem Aufsatz über die Effekte des Baumpflanzens auf die Produktion allergenen Pollens in New York City kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass der sogenannte botanische Sexismus hier wahrscheinlich keine Rolle spiele. Von den großen Pollenproduzenten in New York City seien nur die Arten der Gattung [[Maulbeere]] zweihäusig, und unter ihnen sei der Anteil der angepflanzten Exemplare sehr gering, die meisten seien durch natürliche Verbreitung entstanden. Es sei aber nicht auszuschließen, dass in anderen Regionen ein überproportionales Pflanzen männlicher Bäume einen negativen Einfluss haben könne, wenn dort zweihäusige Bäume große Produzenten allergenen Pollens seien.<ref>Daniel S. W. Katz, Guy S. Robinson, Alexis Ellis, David J. Nowak: ''The effects of tree planting on allergenic pollen production in New York City''. In: ''Urban Forestry & Urban Greening'' 92 (2024) 128208, https://doi.org/10.1016/j.ufug.2024.128208.</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 23. Juni 2024, 18:08 Uhr

Eine Reihe Ginkobäume im beginnenden Herbstlaub neben einer Autostraße
Städtische Bepflanzung mit männlichem Ginkgo biloba in Riverside, Illinois

Botanischer Sexismus ist ein Begriff, der die bevorzugte Pflanzung mit männlichen Blütenorganen in städtischen Gebieten beschreibt. Diese wird damit begründet, dass die männlichen Pflanzen keine Früchte oder Blüten erzeugen, welche die Gegend verschmutzen. Weil aber männliche Pflanzen Pollen erzeugen, kann die Luft in Gegenden mit vielen männlichen Pflanzen sehr stark mit Pollen belastet sein, was für Menschen mit Pollenallergien problematisch ist.

Beschreibung

Laut dem amerikanischen Gärtner Tom Ogren, der den Begriff geprägt hat, wurden Pollenallergien durch das Anpflanzen männlicher Klone in städtischen Gebieten verstärkt, weil diese die Pollenmenge in der Luft erhöhten. Das Anpflanzen von mehr weiblichen Pflanzen würde die Gesamtpollenmenge verringern, da sie keinen Pollen produzieren, sondern sogar Pollen zur Bestäubung aus der Luft entfernen.

Pflanzenarten mit zwittrigen Blüten (weibliche und männliche Fortpflanzungsorgane innerhalb einer Blüte) sind von der Tendenz her eher auf Insektenbestäubung als auf Windbestäubung ausgerichtet. An diese Bestäubungsform sind auch die Eigenschaften der Pollenkörner häufig angepasst. So ist der Pollen mehrheitlich klebrig und schwer und verfügt dementsprechend über eine geringe Reichweite. Baumarten mit zwittrigen Blüten sind beispielsweise solche aus der Gattung Magnolie, Prunus oder auch Judasbaum. Nach Ogren hat Pollen dieser Baumarten (mit zwittrigen Blüten und Insektenbestäubung) ein geringes allergieauslösendes Potential. Bei zweihäusigen Arten kommen weibliche und männliche Blüten auf getrennten Individuen vor. Häufig sind sie auf Windbestäubung angewiesen. Daran angepasst sind die Pollenkörner kleiner als bei insektenbestäubten Arten, auch ist die Menge des produzierten Pollens deutlich höher. Hintergrund ist, dass der Fortpflanzungserfolg, in dem Sinne, dass der Pollen ein Exemplar der gleichen Art erreicht, bei Windbestäubung stärker vom Zufall abhängt als bei der Insektenbestäubung. Orgren bewertet das allergieauslösende Potential dieser großen Mengen kleiner Pollenkörner als relativ hoch.[1]

Die Bepflanzung von Bäumen mit ausschließlich männlichen Blüten wurde in den USA ab 1949 eingeführt und verstärkt im Rahmen der städtischen Begrünungen ab Mitte der 1980er Jahre durchgeführt.[2][3] Die Theorie des botanischen Sexismus gibt es seit mindestens den 2000er Jahren. Biologischer Sexismus wird in der Ogren Plant Allergy Scale (OPALS) verwendet, die vom US-Landwirtschaftsministerium übernommen wurde.[4] Botanischer Sexismus wurde mit einer gewissen wissenschaftlichen Akzeptanz als Grund für erhöhte Allergien und Asthma gefunden;[5] andere Wissenschaftler haben ihn jedoch auch kritisiert und erklärt, dass er nur für bestimmte Bäume gelte und nicht so weit verbreitet sei, wie Ogren behauptet.

Bei zweihäusigen Baumarten, wie zum Beispiel solchen der Gattung Weiden, wurden die männlichen Individuen klonal vermehrt und ins Straßenbild integriert. Von Natur aus einhäusig vorkommende Arten, bei denen sich männliche und weibliche Blüten auf einem Individuum befinden, wurden über Holzabschnitte von Sprossen mit männlichen Blüten, Exemplare mit ausschließlich männlichen Blüten erzeugt. Hierdurch entstanden Bäume, die in der Natur nicht vorkommen, wie zum Beispiel Zypressen ausschließlich mit samenlosen Zapfen oder Amerikanische Gleditschien ohne Hülsenfrüchte..[3][2]

In Europa ist dieses Phänomen eher nicht bekannt.[3]

Kritik

Die Theorie des botanischen Sexismus wurde in den USA stark in sozialen Medien diskutiert, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist sie anfechtbar. Rita Sousa-Silva, Assistenzprofessorin für Ökologie an der Universität Leiden, entgegnet, dass das OPALS-Bewertungssystem „keinen wissenschaftlichen Hintergrund“ habe.[6] Einige Wissenschaftler haben darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Baumarten (~75 % weltweit) kosexuell sind, was bedeutet, dass sie Blüten mit sowohl männlichen als auch weiblichen Teilen produzieren. Infolgedessen gilt für die meisten Bäume keine menschliche Geschlechtsbinarität, da nur 5 % weltweit zweihäusig sind, obwohl dies die Möglichkeit nicht ausschließt, dass städtische Bäume größtenteils männlich sein könnten.[7][8] William Elmendorf, Professor für städtisches Forstmanagement an der Penn State University, betont, dass Begriffe wie „fruchtlos“ oder „hülsenlos“ früher häufiger verwendet wurde für zweihäusige Bäume mit geringer Fruchtproduktion wie z. B. Ginkgos.[9] Es gibt nur begrenzte Daten gibt, um die Behauptung zu bestätigen oder zu widerlegen, dass männliche Bäume in der städtischen Landschaft häufiger vorkommen als weibliche Bäume.[10] Auch die Idee, dass zusätzliche weibliche Bäume den Pollen erheblich reduzieren würden, wurde in Frage gestellt, eher wird vorgeschlagen, weniger windblütige Arten zu pflanzen.[11]

In einem Aufsatz über die Effekte des Baumpflanzens auf die Produktion allergenen Pollens in New York City kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass der sogenannte botanische Sexismus hier wahrscheinlich keine Rolle spiele. Von den großen Pollenproduzenten in New York City seien nur die Arten der Gattung Maulbeere zweihäusig, und unter ihnen sei der Anteil der angepflanzten Exemplare sehr gering, die meisten seien durch natürliche Verbreitung entstanden. Es sei aber nicht auszuschließen, dass in anderen Regionen ein überproportionales Pflanzen männlicher Bäume einen negativen Einfluss haben könne, wenn dort zweihäusige Bäume große Produzenten allergenen Pollens seien.[12]

Einzelnachweise

  1. Ogren: Safe sex in the garden 11 (2003) zitiert in: Brian Sawers: "Regulating Pollen" (2014).Minnesota Law Review: Headnotes. 30.
  2. a b Thomas Leo Ogren: Botanical Sexism Cultivates Home-Grown Allergies. Abgerufen am 18. Juni 2024 (englisch).
  3. a b c Wie botanischer Sexismus Allergien verschlimmert. In: holz-magazin.com. -magazin.com, 2019, abgerufen am 23. Juni 2024 (deutsch).
  4. Alex Lee, WIRED UK: The reason your hay fever is so bad? Blame botanical sexism. In: Wired. ISSN 1059-1028 (wired.com [abgerufen am 18. Juni 2024]).
  5. Brian Sawers: Regulating Pollen.
  6. Chad Zanocco, Rita Sousa-Silva: Extreme heat experience influences public support for local climate adaptation policies in Germany. In: Urban Climate. Band 52, November 2023, S. 101759, doi:10.1016/j.uclim.2023.101759 (elsevier.com [abgerufen am 18. Juni 2024]).
  7. Are your trees boys or girls — or both? Abgerufen am 18. Juni 2024 (englisch).
  8. Elisabeth Bauer: Botanischer Sexismus: Grund für mehr Allergien? In: Moment.at. 14. Juni 2024, abgerufen am 22. Juni 2024 (deutsch).
  9. Nicole Fallert: The “Botanical Sexism” Theory On Male Trees Went Viral After It Was Posted On TikTok. Here’s What Experts Say. 27. August 2021, abgerufen am 18. Juni 2024 (englisch).
  10. Jane C. Hu: The Complicated Truth Behind “Botanical Sexism”. In: Slate. 20. Oktober 2021, ISSN 1091-2339 (slate.com [abgerufen am 18. Juni 2024]).
  11. Male plants are not to blame for allergies | Mississippi State University Extension Service. Abgerufen am 18. Juni 2024.
  12. Daniel S. W. Katz, Guy S. Robinson, Alexis Ellis, David J. Nowak: The effects of tree planting on allergenic pollen production in New York City. In: Urban Forestry & Urban Greening 92 (2024) 128208, https://doi.org/10.1016/j.ufug.2024.128208.