Martinete

Der Martinete ist ein Palo des Flamenco, das heißt eine seiner musikalischen und tänzerischen Formen.

Herkunft

Einer verbreiteten Annahme zufolge ist der Martinete als Gesang der Arbeiter in Hammerschmieden (etwa in Triana (Sevilla)) entstanden; die Toná aus Cádiz sei die Vorgängerform gewesen.[1][2] Die Bälge in den Schmieden habe man Martinetes genannt.[3]

Der Lärm in den Schmieden und die körperlich sehr anstrengende Arbeit sprechen jedoch dagegen, dass die Arbeiter sie mit Gesang begleiteten. Der Martinete ist, noch mehr als andere Palos des Flamencos, eng mit der musikalischen Kultur der Gitanos verbunden. Ältere Einflüsse werden in alten sakralen Liedern vermutet, die in Synagogen gesungen wurden. Auch islamische Einflüsse sind möglich, neben autochthonen spanischen Einflüssen aus Andalusien und Asturien. Die Autoren Manuel Molina und Manuel Mairena vermuten, dass verschwundene Carceleras Vorgängerformen des Martinete waren. Laut Navarro Rodríguez war El Planeta in seinen späten Lebensjahren Schöpfer des Martinete; der Name beziehe sich auf den großen Industriekomplex von Málaga namens El Martinete.[4]

Charakter

Der Martinete ist ein Cante a palo seco, das heißt ohne Instrumentalbegleitung.[3] Er verlangt vom Sänger höchste Hingabe und Ausdruckskraft.[4] González Climent charakterisierte ihn so:

«El martinete es grito antropológico, sin falsías expresivas, verdad de a puño. Esta siempre al rojo vivo.»

„Der Martinete ist menschlicher Schrei, ohne falschen Ausdruck, nackte Wahrheit. Er ist stets rotglühend.“

González Climent[4]

Für gewöhnlich steigert der Sänger beim Vortrag die Tonhöhe. Gelegentlich wird der Martinete als Höhepunkt am Ende einer Toná oder Debla eingesetzt.[1]

Tonalität

Im Gegensatz zur Toná wird der Martinete überwiegend in Dur gesungen, mit gelegentlichen Einsprengseln der im Flamenco häufig verwendeten phrygischen Tonart.[1]

Rhythmus

Der Martinete hat keinen festen Rhythmus.[4] Antonio Ruiz Soler schuf 1952 einen Tanz zum Martinete.[5] Er wählte dafür den versetzten 12/8-Rhythmus der Seguiriya. Seinem Vorbild folgend ist es üblich, sich bei einem getanzten Martinete an diesen Rhythmus zu halten.[1]

Verse

Die Strophen des Martinete bestehen aus vier achsilbigen Versen, entsprechend der spanischen Gedichtform Romance. Im Martinete redoblado werden Verse wiederholt, im Martinete natural hingegen nicht.[1]

Beispiel[6]
NaturalRedoblado
Nadie diga que es locura
Lo que estoy aparentando
Que la locura se cura
Y yo vivo agonizando.
Nadie diga que es locura
nadie diga que es locura
esto que estabaíto yo aparentando
que la locura
que la locura se cura
y yo vivo agonizando.
  
Niemand sage, es sei Wahnsinn
was ich darstelle
dass der Wahnsinn heilt
und es mit mir zu Ende geht.
Niemand sage, es sei Wahnsinn
niemand sage, es sei Wahnsinn
was ich darstellen werde
dass der Wahnsinn
dass der Wahnsinn heilt
und es mit mir zu Ende geht.

Häufiges Motiv war auch die harte Arbeit und die Unterdrückung in den Bergwerken Andalusiens:[7]

Los gitanitos der Puerto
Fueron las más esgrasiaos
Que a las minas del asogue
Se los llevan sentenciaos

Y al otro día siguente
Les pusieron una gorra
Con alpargatas de esparto,
Que er sentimiento m’ajoga.

Y al otro día siguente
Les pusieron un maestro
Que a aquer que no andaba listo
E un palo lo echara ar suelo.

Die kleinen Gitanos von Puerto
Waren die Unglücklichsten von allen
Die in die Quecksilberminen
Verdammt sich fanden.

Und am nächsten Tag
Setzte man ihnen eine Mütze auf
Gab ihnen Schuhe aus Espartogras
Sodass das Mitleid mir die Kehle zuschnürte.

Und am nächsten Tag
Wies man ihnen einen Meister zu
Wer nicht einsatzbereit war
Den warf er mit dem Stock zu Boden.

Anmerkungen

  1. a b c d e Martinetes. In: Flamencopolis. Faustino Núñez, abgerufen am 23. März 2018 (europäisches Spanisch).
  2. Vgl. auch Kersten Knipp: Flamenco. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-45824-8, S. 244 (Martinete: „eine der ältesten Flamencogesänge, begleitet vom Rhythmus eines Ambosses“).
  3. a b Martinete. In: FlamencoViejo. Miguel Ortiz, 15. März 2010, abgerufen am 23. März 2018 (europäisches Spanisch).
  4. a b c d Ángel Álvarez Caballero: El cante flamenco. Alianza Editorial, Madrid 2004, ISBN 978-84-206-4325-0, S. 50–52.
  5. José Luis Navarro García: Historia del Baile Flamenco. Volumen II. Signatura Ediciones de Andalucía, Sevilla 2010, ISBN 978-84-96210-71-4, S. 234–235.
  6. Martinetes-Letras. In: Miflamenko.com. 7. Januar 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. März 2018; abgerufen am 23. März 2018 (spanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/miflamenko.com
  7. Francisco Gutiérrez Carbajo: La poesía del Flamenco. Editorial Almuzara, Córdoba (Spanien) 2007, ISBN 978-84-96710-61-0, S. 98 (spanisch).