Park Fiction

Park Fiction (Fiction wie Fiktion in Science Fiction) war ein künstlerisches und gesellschafts-politisches Projekt in Hamburg Ende der 90er Jahre. Die Anwohner der Gegend um den Pinnasberg in St. Pauli forderten einen Park für ihr Viertel anstatt eines von der Stadt geplanten Bürogebäudes. Sie fertigten Pläne für diesen Park an, und Künstler nutzten ihre Medien-Macht und Fähigkeiten, um dem Projekt Öffentlichkeit zu verleihen. Nach zähem Ringen und zahlreichen Veranstaltungen in Hamburg, insbesondere aber nachdem Park Fiction 2002 auf der Documenta XI in Kassel, vorgestellt wurde, konnte der Park nach langem zähem Ringen umgesetzt werden und ist heute keine Utopie mehr, sondern Realität.

Geschichte

... Deshalb fordern wir, AnwohnerInnen und MitarbeiterInnen aus sozialen und kulturellen Einrichtungen, einen Park am Pinnasberg.

Diese Forderung stellten Bürger von St. Pauli (einem sozialen Brennpunkt) seit 1994 immer wieder an die Stadt Hamburg, nachdem diese eine der wenigen Grünflächen am innerstädtischen Elbufer mit Bürogebäuden hatte bebauen wollen. Als die Künstler Christoph Schäfer und Margit Czenki auf den Konflikt aufmerksam wurden, beschlossen sie, einen "öffentlichen Planungsprozess" zur Entwicklung eines Parks in die Wege zu leiten. Sie und die Anwohner debattierten die Frage:

Wer bestimmt eigentlich über den öffentlichen Raum, wie kann man ihn für die privaten Wünsche öffnen?

Eine Gruppe Park Fiction bildete sich, Mitglieder waren u.a. die Künstler Günther Greis, Dirk Mescher, Thomas Ortmann, Klaus Petersen, Sabine Stoevesand und Axel Wiest. 1997 wurde dann ein Planungscontainer vor Ort aufgestellt. Anwohner von Kindern und Jugendlichen bis Senioren beteiligten sich mit Ideen und Zeichnungen, konzipierten u.a. ein Seeräuberinnen-Brunnen, ein Open-Air-Solarium, wellenförmige Rasenstücke, mobile Palmeninseln oder Postfächer für Jugendliche, die unkontrolliert Post erhalten wollen. Die Künstler fertigten nach den Vorgaben der Bürger dann Planungszeichnungen an.

Es gab in St. Pauli verschiedene Veranstaltungen zum Thema, Walkman-Führungen, Workshops, Diskussionen, eine Gartenbibliothek. Ein Film (Park Fiction - die Wünsche werden die Wohnung verlassen und auf die Straße gehen, BRD 1999, 16 mm, 61 Minuten.) wurde von Margit Czenki produziert und in lokalen Kinos aufgeführt. Lokale und überregionale Medien berichteten immer wieder über das Vorhaben. Die Diskussion wurde damit international.

Schließlich wurde das Projekt 2002 auch auf der renommierten Kunstausstellung Documenta in Kassel ausgestellt, obwohl seine Realisierung immer wieder fraglich war und auf harten Widerstand stieß. Nach Diskussionen an einem runden Tisch empfahl dann die zuständige Kunstkommission der Kulturbehörde der Stadt das Vorhaben einstimmig zur Realisierung.

Die Bürogebäude mussten verworfen werden, seit 2002 wurde der postmodern gestaltete Park in der Nähe des Golden Pudel Clubs (teilweise auf den Dächern einer Turnhalle) nach den Wünschen der Anwohner am Pinnasberg errichtet und ist heute beliebte Erholungsfläche.

Das Kunstprojekt steht in der Tradition des Kunstbegriffs der Situationisten (Stadtplanung) oder der Sozialen Plastik von Joseph Beuys. Der gemeinsam gestaltete öffentliche Raum, die Bürger selbst und ihre Ideen bildeten das Kunstwerk.

Zitat

Es geht bei der kollektiven Wunschproduktion darum, neu zu bestimmen was die Stadt ist, darum, ein anderes Netz ueber die Stadt zu legen, sich die Stadt anzueignen, ueberhaupt sich vorzustellen wie es anders laufen koennte und dann das Spiel nach anderen Regeln zu spielen.

(Christoph Schäfer in dem Film Park Fiction - die Wünsche werden die Wohnung verlassen und auf die Straße gehen)

Siehe auch

Kunst, Kunstbegriff, St. Pauli, Hamburg, Parkanlage, Utopie, Selbstorganisation