Kammerwahl 2013

2009Kammerwahl 20132018
Endgültiges Ergebnis[1]
(6,8 % ungültige Stimmen)
 %
40
30
20
10
0
34,1
19,2
19,1
10,3
6,8
4,5
3,0
1,7
1,4
n. k.
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2009
 %p
   6
   4
   2
   0
  -2
  -4
−3,9
−2,4
+4,1
−1,4
−1,3
+1,2
+3,0
+0,2
+1,4
−0,8
2
13
6
13
23
3
13 13 23 
Insgesamt 60 Sitze

Die 23. Wahl zur Luxemburgischen Kammer (luxemburgisch Chamberwal) fand nach dem Verlust der parlamentarischen Unterstützung für die amtierende Regierung Juncker-Asselborn II am 20. Oktober 2013 statt.[2]

Ausgangslage

Logo der Chambre des Députés, der Abgeordnetenkammer.

Jean-Claude Juncker von der Christlich Sozialen Volkspartei (CSV) stand seit 1995 an der Spitze der luxemburgischen Regierung. Seit 1984 koalierte die CSV mit einer Unterbrechung (1999 bis 2004) mit der sozialdemokratischen Lëtzebuerger Sozialistesch Arbechterpartei (LSAP). Diese Koalition konnte ihre Mehrheit bei der Kammerwahl 2009 bei Gewinnen für die CSV und Verlusten für die LSAP leicht ausbauen.

Nachdem die LSAP Juncker wegen einer Geheimdienstaffäre das Vertrauen entzogen hatte, schlug dieser Großherzog Henri vorgezogene Neuwahlen für die Abgeordnetenkammer vor. Daraufhin wurde die Abgeordnetenkammer vom Großherzog mit Wirkung für den 8. Oktober 2013 aufgelöst.

Wahlrecht

Wahlbezirke mit der Anzahl an Sitzen

Wahlberechtigt waren alle Luxemburger ab 18 Jahre. In Luxemburg besteht Wahlpflicht. Davon ausgenommen sind Wahlberechtigte über 75 Jahren und im Ausland, die als einzige per Brief wählen können.

Die Verfassung schreibt Verhältniswahl vor und legt die Einteilung des Landes in die vier Wahlbezirke Süden, Zentrum, Norden und Osten fest. Die Verteilung der insgesamt 60 Sitze auf die Wahlbezirke wird durch ein Gesetz bestimmt, das von der Kammer mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden muss. Die Zahl der Wahlberechtigten pro Sitz ist im Wahlbezirk Zentrum deutlich kleiner als in den anderen drei Wahlbezirken.

Wahlbezirk Sitze Wahlbe-
rechtigte
2009
[3]
Wahlbe-
rechtigte
je Sitz
2009
Gebiet des Wahlbezirks
Süden 23 89898 3909 Kantone Capellen und Esch/Alzette
Zentrum 21 63391 3019 Kantone Luxemburg und Mersch
Norden 9 39739 4415 Kantone Clerf, Diekirch, Redingen, Vianden und Wiltz
Osten 7 30814 4402 Kantone Echternach, Grevenmacher und Remich
Luxemburg 60 223842 3731

Es gibt keine explizite Sperrklausel, durch die Verteilung der Mandate nach dem D’Hondt-Verfahren ergeben sich aber implizite Sperrklauseln von zum Beispiel 3,23 bis 4,55 % im Süden und 6,67 bis 12,5 % im Osten.[4]

Parteien

Zur Wahl traten neun Parteien mit jeweils 60 Kandidaten an. Die Reihenfolge auf dem Stimmzettel wurde am 22. August 2013 von der Präsidentin des Hauptwahlbüros Eliette Bauler wie folgt ausgelost:[5]

Liste Partei Politische Ausrichtung Anzahl an Sitzen vor der Wahl europäische Assoziation
1     Déi Lénk sozialistisch 01 EL (Linke)
2 Alternativ Demokratesch Reformpartei (ADR) rechtskonservativ 02[6] AECR (Konservative)
3 Kommunistesch Partei Lëtzebuerg (KPL) kommunistisch keine
4 Demokratesch Partei (DP) liberal 09 ELDR (Liberale)
5 Piratepartei Lëtzebuerg (PPLU) Piratenpartei keine PPEU (Piraten)
6 Déi Gréng Grüne 07 EGP (Grüne)
7 Lëtzebuerger Sozialistesch Aarbechterpartei (LSAP) sozialdemokratisch 13 SPE (Sozialdemokraten)
8 Chrëschtlech Sozial Vollekspartei (CSV) christlich-sozial 26 EVP (Christdemokraten)
9 Partei fir Integral Demokratie (PID) 01[7]

Resultate

Amtliches Muster eines Stimmzettels des Wahlbezirks Süden

Parteien

Partei Prozent 2009 Sitze 2009 Prozent 2013 +/− Sitze 2013 +/−
Chrëschtlech Sozial Vollekspartei 38,0 26 33,7 −4,3 23 −3
Lëtzebuerger Sozialistesch Aarbechterpartei 21,6 13 20,3 −1,3 13 0
Demokratesch Partei 15,0 9 18,3 +3,3 13 +4
Déi Gréng 11,7 7 10,1 −1,6 6 −1
Alternativ Demokratesch Reformpartei 8,1 4 (2)⁠* 6,6 −1,5 3 −1 (+1)*
Déi Lénk 3,3 1 4,9 +1,6 2 +1
Kommunistesch Partei Lëtzebuerg 1,5 0 1,6 +0,1 0 0
Piratepartei Lëtzebuerg 2,9 +2,9 0 0
Partei fir integral Demokratie (1)* 1,5 +1,5 0 0 (−1)*
* 
Zwei Abgeordnete der ADR traten während der Legislatur aus der ADR aus, einer davon gründete die PiD.

Resultate nach Wahlbezirk

Jeder Wähler hatte so viele Stimmen, wie im Wahlbezirk Abgeordnete zu wählen waren. Die Ergebnisse der einzelnen Wahlbezirke:[8]

Wahlbezirk Süden Wahlbezirk Osten Wahlbezirk Zentrum Wahlbezirk Norden Luxemburg insgesamt
Anzahl % Sitze Anzahl % Sitze Anzahl % Sitze Anzahl % Sitze Anzahl %
unge-
wichtet
%
ge-
wichtet *
Sitze
Wahlberechtigte 95.397 33.841 67.232 43.198 239.668
Wähler 87.574 91,8 30.911 91,3 60.472 89,9 39.917 92,4 218.874 91,32
Gültige Stimmzettel 81.294 92,8 28.907 93,5 56.600 93,6 37.210 93,2 204.011 93,21
Gültige Stimmen 1.672.663 194.458 1.091.453 318.099 3.276.673
Sitze insgesamt 23 7 21 9 60
CSV 539.306 32,2 8 71.727 36,9 3 385.405 35,3 8 107.163 33,7 4 1.103.601 33,68 34,05 23
LSAP 421.519 25,2 7 28.385 14,6 1 159.875 14,6 3 54.788 17,2 2 664.567 20,28 19,21 13
DP 213.182 12,7 3 36.237 18,6 2 273.092 25,0 6 75.426 23,7 2 597.937 18,25 19,08 13
Déi Gréng 163.641 9,8 2 25.486 13,1 1 114.142 10,5 2 28.646 9,0 1 331.915 10,13 10,32 6
ADR 125.826 7,5 2 16.901 8,7 54.709 5,0 1 20.246 6,4 217.682 6,64 6,78 3
Déi Lénk 95.819 5,7 1 5.941 3,1 51.859 4,8 1 8.138 2,6 161.757 4,94 4,47 2
Piratepartei 50.676 3,0 5.226 2,7 29.631 2,7 10.733 3,4 96.266 2,94 2,96
PID 22.571 1,3 3.018 1,6 13.318 1,2 10.384 3,3 49.291 1,50 1,70
KPL 40.123 2,4 1.537 0,8 9.422 0,9 2.575 0,8 53.657 1,64 1,44
* 
Stimmenanteile unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Stimmenzahlen pro Wähler in den einzelnen Wahlbezirken

Regierungsbildung

Nationalflagge Gambias

Am 24. Oktober ernannte der Großherzog den Vorsitzenden der Demokratischen Partei und Bürgermeister der Stadt Luxemburg, Xavier Bettel, zum Formateur. Er führte Gespräche zur Bildung einer Drei-Parteien-Koalition aus LSAP, DP und Grünen. Diese Konstellation wird von der Presse als „Gambia-Koalition“ bezeichnet, da die Farben der beteiligten Parteien denen der Nationalflagge des afrikanischen Landes entsprechen.[9][10] Obwohl die LSAP nach Wählerstimmen die stärkste der drei Regierungsparteien ist, überließ sie Bettel den Vortritt bei der Regierungsbildung. Grund dafür war u. a., dass die DP die stärksten Zugewinne bei der Wahl hatte, während die LSAP Verluste verzeichnen musste.

Die CSV zeigte sich empört, dass sie als mit Abstand stimmenstärkste Partei von der Regierungsbildung ausgeschlossen wurde und die DP nicht einmal auf Gesprächsangebote eingegangen sei.[11] Ihre Europaparlamentarierin Astrid Lulling sprach von „Piraterie am Wählerwillen“.[12] Der scheidende Staatsminister Jean-Claude Juncker kündigte an, als Oppositionsführer in der luxemburgischen Politik bleiben zu wollen und weiterhin kein Spitzenamt auf europäischer Ebene anzustreben.[13] Zur Europawahl 2014 kandidierte er jedoch als Präsidentschaftskandidat der EU-Kommission für die EVP und wurde im November 2014 Kommissionspräsident.

Am 4. Dezember 2013 wurden Bettel und sein aus 15 Ministern und drei Staatssekretären bestehendes Kabinett vereidigt.[14]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nationales Ergebnis auf elections.public.lu
  2. Die nächsten Schritte. Tageblatt
  3. Wahlergebnis 2009
  4. siehe Faktische Sperrklausel. wahlrecht.de
  5. Listennummern für die Wahl stehen fest. Wort.lu, 22. August 2013.
  6. aufgrund zweier Austritte seit 2009
  7. Sitz durch Parteineugründung. Colombera folgt Jaerling: Parteigründung als Fluchtweg wort.lu, 26. Juni 2013, abgerufen am 21. Oktober 2013
  8. Luxemburgische Regierung: élections législatives 2013 (PDF; 3,4 MB)
  9. Großherzog: Xavier Bettel zum Formateur genannt. Tageblatt Online, 25. Oktober 2013.
  10. Bettel zum Formateur ernannt. Wort.lu, 24. Oktober 2013.
  11. CSV: „Einigung mit DP möglich.“ Tageblatt Online, 25. Oktober 2013.
  12. Astrid Lulling: Gambia-Koalition ist Piraterie am Wählerwillen. Wort.lu, 26. Oktober 2013.
  13. Jean-Claude Juncker: „Bleibe in der luxemburgischen Politik.“ Tageblatt Online, 25. Oktober 2013.
  14. Bettel löst Juncker in Luxemburg ab. In: NZZ, 4. Dezember 2013.