Fanny Carlsen

Fanny Carlsen, auch Frank Carlsen bzw. Fan Carlsen, (geboren 18. September 1874 als Fanny Kahane in Warschau, Russisches Kaiserreich;[1] gestorben 18. Dezember 1944 in Paris, Frankreich) war eine österreichische Schriftstellerin und Drehbuchautorin mit intensiver Tätigkeit beim (überwiegend stummen) Film der Weimarer Republik.

Leben und Wirken

Die Tochter des Kaufmanns Carl Kahane und seiner Frau Helene, geb. Ettinger, verbrachte ihre Kindheit und Jugend überwiegend in Bukarest und Wien. Rasch entwickelte sie Interesse an der Schriftstellerei und begann noch vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, zunächst unter dem männlichen Pseudonym Frank Carlsen, Novellen (z. B. Evas Tagebuch und Ein Brief) zu veröffentlichen.[2] Weitere Carlsen-Werke trugen Titel wie Die Ehe des Herrn Terbrügge, Kriegstrauung und andere feldgraue Geschichten und Der Handschuh der Lucrezia[3]. 1918 stieß sie in Berlin zum Film. In den Jahren 1918/19 verfasste sie nahezu ausschließlich Manuskripte für Inszenierungen Lupu Picks, seit 1920 stand Fanny Carlsen, bisweilen auch als Fan Carlsen firmierend, meist in Diensten von Friedrich Zelnik und wurde die Dramaturgin von dessen Produktionsfirma. Carlsen-Drehbücher bedienten zahlreiche Genres, neben Melodramen, Kostümfilmen und Historiendramen vor allem Adaptionen von Literaturvorlagen – von Leo Tolstoi über Henrik Ibsen und George Sand bis zu Edgar Wallace.

In diesem literarischen Umfeld lieferte Fanny Carlsen 1927/28 ihre wichtigsten Manuskripte: zu Zelniks Adaption von Gerhart Hauptmanns Die Weber und Jacques Feyders Version von Émile Zolas Thérèse Raquin unter dem Titel Therese Raquin. Nahezu zeitgleich lieferte Carlsen mit Der Biberpelz eine weitere Hauptmann-Adaption, die unter der Regie von Erich Schönfelder umgesetzt wurde. Bei einigen ihrer zentralen Arbeiten kollaborierte die Autorin mit dem eine Generation jüngeren Kollegen Willy Haas. Eine nicht zu bestreitende Beliebigkeit ihrer zum Teil im Fließbandmodus angefertigten Drehbuchbeiträge brachte ihr denn auch vor allem in der linken Presse bisweilen den Vorwurf ein, sie sei eine „Courths-Mahler des deutschen Films“[4].

Nach Beginn der Tonfilmzeit blieb Fanny Carlsen zunächst kinoabstinent. Es kam nur noch zu einer Drehbuchtätigkeit: Gemeinsam mit Hans Behrendt lieferte Fanny Carlsen 1932 das Manuskript zu Zelniks Kostümstück Die Tänzerin von Sanssouci. Darüber hinaus verfasste die Autorin für diesen Film auch die Textzeilen zu Marc Rolands Tangostück Willst du ein bißchen Glück an mich verschwenden. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten änderte sich die private wie berufliche Situation der Jüdin Fanny Carlsen-Kahane schlagartig, und sie konnte nicht mehr publizieren. Nachdem am 21. Februar 1935 ihr Antrag auf Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer abgelehnt worden war,[5] emigrierte die Schriftstellerin nach Paris. Dort starb sie, ohne noch einmal für den Film tätig geworden zu sein, kurz nach der Befreiung der französischen Hauptstadt von nationalsozialistischer Besatzung, zum Jahresende 1944 im Alter von 70 Jahren.[6]

Filmografie

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arolsen Archives, Meldekarten von jüdischen Einwohner/-innen Berlins (online).
  2. Artikel in: Grazer Tagblatt / Grazer Tagblatt. Organ der Deutschen Volkspartei für die Alpenländer / Neues Grazer Tagblatt / Neues Grazer Morgenblatt. Morgenausgabe des Neuen Grazer Tagblattes / Neues Grazer Abendblatt. Abendausgabe des Neuen Grazer Tagblattes / (Süddeutsches) Tagblatt mit der Illustrierten Monatsschrift „Bergland“, 9. Februar 1914, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/gtb
  3. Auf der Suche nach Fanny Carlsen. Essay von Josef Jünger in: Sinn und Cinema
  4. Artikel in: Arbeiter-Zeitung, 5. Juni 1927, S. 13 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/aze
  5. Ablehnungsbescheid in: Archiv für die Geschichte des Buchwesens, Band XX, Frankfurt am Main 1979, S. 229 f.
  6. Archives de Paris, Sterberegister 16. Arrondissement, Nr. 2934/1944 (online, Scan 16).