Energiepreispauschale

Die Energiepreispauschale (auch: Energiebonus oder Energiepauschale, Abkürzung: EPP) ist eine Einmalzahlung zur Entlastung von gestiegenen Energiekosten. Sie wurde in Deutschland im Jahr 2022 in Höhe von 300 Euro bzw. im Jahr 2023 an Studenten und Fachschüler in Höhe von 200 Euro ausgezahlt. Anspruch hatten nach § 1 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unbeschränkt Steuerpflichtige, die entweder erwerbstätig waren, eine gesetzliche Rente erhielten oder bestimmte Versorgungsbezüge. Rechtsgrundlagen waren das Einkommensteuergesetz (§§ 112 bis 122 EStG), das Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetz (RentEPPG) für Rentner, das Versorgungsrechtliche Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz (VEPPGewG) für Versorgungsempfänger des Bundes und das Studierenden-Energiepreispauschalengesetz (EPPSG) für Studenten und Fachschüler.

Hintergrund und Rechtsentwicklung

Ursprünglich sollte die Energiepreispauschale erwerbstätige Bevölkerungsgruppen von „kurzfristig und drastisch gestiegenen erwerbsbedingten“ Fahrtkosten entlasten,[1][2] die sich aufgrund der Energiekrise im ersten Halbjahr 2022 zusammen mit den Kraftstoffpreisen erhöht hatten. Die Pauschale wurde auf Empfehlung des Finanzausschusses im Rahmen des sogenannten Zweiten Entlastungspakets durch das Steuerentlastungsgesetz 2022[3] in das Einkommensteuergesetz aufgenommen.[4] Nach Kritik an der Beschränkung des Empfängerkreises auf Erwerbstätige wurde dieser Kreis im zweiten Halbjahr 2022 erweitert; am 11. Oktober 2022 beschloss die Koalitionsfraktion im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf für die Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende aufgrund der „weiterhin zu erwartenden hohen Preissteigerungen im Energiebereich“,[5] dem der Bundestag am 20. Oktober 2022 zustimmte. Rechtsgrundlage war nicht das Einkommensteuergesetz, sondern eigenständige Gesetze, die neu erlassen wurden. Diesen folgte im Dezember 2022 ein weiteres eigenständiges Gesetz für Studierende als Berechtigte.

EPP für Erwerbstätige

Anspruchsberechtigte

Anspruchsberechtigt waren alle unbeschränkt Steuerpflichtigen, die im Veranlagungszeitraum 2022

erzielten.

Der Anspruch entstand am 1. September 2022.

Auszahlung der Energiepreispauschale

Auszahlung an Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, die am 1. September 2022 in einem Beschäftigungsverhältnis standen und in die Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht waren, erhielten die Energiepreispauschale in der Regel im September 2022 durch den Arbeitgeber mit dem Lohn oder Gehalt ausgezahlt. Das galt auch für geringfügig Beschäftigte (Minijob), sofern ihr Arbeitgeber eine Lohnsteuer-Anmeldung beim Finanzamt abgab und sie ihrem Arbeitgeber schriftlich bestätigten, dass es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis um das erste Dienstverhältnis handelt.

Arbeitgeber, die im Kalenderjahr insgesamt mehr als 1.080 Euro Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen hatten, aber nicht mehr als 5.000 Euro, konnten die Pauschale im Oktober 2022 auszahlen. Wenn die abzuführende Lohnsteuer im Kalenderjahr weniger als 1.080 Euro betrug, konnte der Arbeitgeber auf die Auszahlung verzichten.

In der Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers minderte die Pauschale die abzuführende Lohnsteuer. Zur Kennzeichnung, dass einem Arbeitnehmer die Energiepreispauschale ausgezahlt wurde, war in die elektronische Lohnsteuerbescheinigung der Großbuchstabe E einzutragen.

Anrechnung auf die Einkommensteuervorauszahlung

War eine Einkommensteuer-Vorauszahlung für Gewinneinkünfte (§§ 13, 15 oder 18 EStG) für den 10. September 2022 festgesetzt worden, war diese Vorauszahlung um 300 Euro zu mindern. Betrug die Vorauszahlung weniger als 300 Euro, wurde sie auf 0 Euro gemindert. Verfahrensrechtlich sollte die Herabsetzung der Vorauszahlung durch Allgemeinverfügung erfolgen oder durch einen geänderten Vorauszahlungsbescheid.

Auszahlung in anderen Fällen

Anspruchsberechtigte, denen die Energiepreispauschale nicht vom Arbeitgeber ausgezahlt wurde oder die ihre Steuervorauszahlung nicht um 300 Euro mindern konnten, erhalten die Vergünstigung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2022 ausgezahlt, also frühestens im Jahr 2023 nach Abgabe einer Einkommensteuererklärung beim Finanzamt.

Steuerpflicht der Energiepreispauschale

Die Energiepreispauschale galt als Einnahme im Rahmen der sonstigen Einkünfte, genauer als Einnahme aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG, und war damit voll einkommensteuerpflichtig. Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitslohn nicht pauschal versteuert wird, galt die Pauschale als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit. In diesem Fall wurde sie – weil sozialabgabenfrei – bei der Berechnung der Vorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht berücksichtigt. Bei Minijobbern wird auf eine Versteuerung verzichtet.

Die Steuerpflicht führte dazu, dass lediglich Anspruchsberechtigte mit einem zu versteuernden Einkommen unterhalb des Grundfreibetrages (10.347 Euro) die Energiepauschale in vollem Umfang erhielten. Den übrigen Anspruchsberechtigten verblieb dagegen nur ein um den individuellen Grenzsteuersatz gekürzter Betrag, der sich in einigen Fällen noch um den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer vermindern konnte.

Auf die Energiepreispauschale wurden keine Sozialabgaben abgeführt, da es sich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV handelte.

Nichtberücksichtigung bei Sozialleistungen

Die Energiepreispauschale wurde bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen berücksichtigt (§ 122 EStG). Bei sogenannten Aufstockern wurde sie daher nicht nach § 11 SGB II auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Wer nur Arbeitslosengeld II bezog, ohne zugleich Aufstocker zu sein, erhielt die Energiepreispauschale nicht.

Kritik

Der Sozialverband VdK plante im Juni 2022 eine Musterklage gegen Ungleichbehandlung bei der neuen Energiepauschale,[6] die nach Ausweitung des Kreises der Berechtigten auf Rentner und Versorgungsempfänger nicht mehr weiterverfolgt wurde.[7]

EPP für Rentner/Versorgungsempfänger

Die Energiepreispauschale erhielt, wer zum Stichtag 1. Dezember 2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Beamten- oder dem Soldatenversorgungsgesetz und seinen Wohnsitz im Inland hatte. Die Auszahlung erfolgte bis zum 15. Dezember 2022 durch die Rentenzahlstellen bzw. auszahlenden Stellen der Versorgungsbezüge; ein Antrag war nicht erforderlich.[8][9] Bis zum 30. Juni 2023 konnte gem. § 5 RentEPPG die nachträgliche Auszahlung bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See beantragt werden.[10]

Rentenbezugsberechtigte Unfallopfer (§ 56 SGB VII), Gewaltopfer (§ 1 OEG) und Versorgungsempfänger der berufsständischen Versorgungswerke werden von dem Gesetz nicht erfasst, da für sie „auf die Schnelle keine Lösung gefunden werden konnte“.[11]

Die Versorgung von Landesbeamten beruht auf Landesrecht mit der Folge, dass ein Anspruch auf eine Energiepreispauschale in den einzelnen Bundesländern durch Landesgesetz geregelt werden müsste.[12] Bis Dezember 2022 hatten einige Bundesländer – jedoch nicht alle – angekündigt, die Pauschale ebenfalls auszuzahlen.[13]

EPP für Studierende

Studierende und Fachschüler haben Anspruch auf eine Einmalzahlung von 200 Euro, wenn sie am 1. Dezember 2022 an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert oder an einer Berufsfachschule angemeldet waren (§ 1 EPPSG). Die Pauschale ist steuerfrei und wird bei einkommensabhängigen Leistungen, Sozialleistungen und Sozialversicherungsbeiträgen nicht berücksichtigt.[14] Das Bundesbildungsministerium hatte ursprünglich geplant, die EPP über eine Gutschrift auf die Studienbeiträge auszuzahlen; dies wurde jedoch von den Landesministern abgelehnt. Daher ist, im Gegensatz zu den EPP für Erwerbstätige und Rentner, eine Antragstellung erforderlich. Dies war vom 15. März und bis zum 2. Oktober 2023 digital über die Antragsplattform Einmalzahlung200.de möglich. Voraussetzung ist ein Nutzerkonto Bund (BundID) sowie ein entsprechender Zugangscode der jeweiligen Hochschule. Die Auszahlung erfolgt auf das angegebene Bankkonto.[15]

Kritik

Die Auszahlung von 200 Euro für Studenten ist Gegenstand heftiger Kritik. Dies liegt daran, dass die Auszahlung für Senioren automatisch erfolgt, während Studenten mit mehreren Plattformen interagieren müssen, um ihre Auszahlung zu erhalten. Darüber hinaus erhalten Studenten 100 Euro weniger und müssen ein halbes Jahr länger warten als Senioren. Die erforderlichen Plattformen sind BundID, Elster, ein digitaler Personalausweis mit mehreren zugehörigen Apps, ein PIN der Hochschule sowie die Website einmalzahlung200.de. Es ist zu bemängeln, dass letztere wie eine Phishing-Webseite klingt.[16] In den ersten Tagen kam es zum Zusammenbruch der Server der verschiedenen Dienste. Die Website „einmalzahlung200“ hatte einen digitalen Warteraum mit einer Wartezeit von etwa einer Stunde, und bei fehlerfreier Bedienung gelangte man nur dreimal in den Warteraum. Da abhängige Dienste wie BundID oder der digitale Personalausweis zusammenbrachen, mussten viele Studenten und Fachschüler immer wieder von vorne anfangen. Einige hatten Schwierigkeiten, weil die Website „einmzahlung200“ fehlerhaft war, z. B. konnte man keinen PIN eingeben oder man erhielt den Fehler, dass man zu lange gebraucht habe, um das Formular auszufüllen.[17] Dies führte bei vielen Studenten zu Frustration.[16] Einige Hochschulen hatten am ersten Tag die PINs noch nicht herausgegeben.[18]

Weitere steuerfinanzierte Einmalzahlungen

Heizkostenzuschuss für Wohngeld- und BAföG-Empfänger

Wohngeld- und BAföG-Empfänger, die keine der genannten Einkünfte erzielten, erhielten im Jahr 2022 unter bestimmten Voraussetzungen einen zunächst als Einmalzahlung vorgesehenen Heizkostenzuschuss nach dem Heizkostenzuschussgesetz.[19][20] Die Höhe hing ab von der Anzahl der bei der Wohngeldbewilligung berücksichtigten Haushaltsmitglieder. Bei BAföG-Empfängern betrug sie 230 Euro (§ 2 HeizkZuschG). Wegen der anhaltenden Krisensituation wurde im zweiten Halbjahr 2022 die Zahlung eines zweiten Heizkostenzuschusses für diesen Empfängerkreis beschlossen (§ 2a HeizkZuschG).

Zahlungen nach dem Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz

Nach Änderungen des SGB II, SGB III und SGB XII durch das Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz[21] erhielten Personen, die für den Monat Juli 2022 Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatten, eine 200 Euro betragende Einmalzahlung zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen (§ 73 SGB II). Diese Einmalzahlung erhielten auch Leistungsberechtigte, denen für den Monat Juli 2022 Sozialhilfe oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII gezahlt wurde (§ 144 SGB XII).[22] Personen, die im Monat Juli 2022 für mindestens einen Tag Anspruch auf Arbeitslosengeld hatten, erhielten eine Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro (§ 421d Abs. 4 SGB III).[23]

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Grundsicherungsbeziehern in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 35 Abs. 4 SGB XII).

Österreich

Die vergleichbare Pauschale wurde in Österreich als Energiekostenausgleich bezeichnet. Die finanzielle Entlastung von Haushalten erfolgte durch einen Gutschein in Höhe von 150 Euro zur Verminderung der Kostenbelastung aus einer Stromrechnung (§ 1 Abs. 1 des Energiekostenausgleichsgesetzes 2022).[24]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses BT-Drs. 20/1765 vom 11. Mai 2022, S. 23
  2. FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“. I. Allgemeines. Bundesministerium der Finanzen, abgerufen am 27. November 2022.
  3. Steuerentlastungsgesetz 2022 vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 749) (PDF)
  4. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses BT-Drs. 20/1765 vom 11. Mai 2022, S. 2, 10 ff.
  5. Entwurf eines Gesetzes zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs BT-Drs. 20/3938 vom 11. Oktober 2022, S. 1
  6. Sozialverband VdK Hessen-Thüringen e.V.: Energiepreispauschale: VdK plant Musterklage gegen Ungleichbehandlung. Abgerufen am 5. Juli 2022.
  7. Sozialverband VdK Deutschland e.V.: Was Sie über die geplante Klage des VdK zur 300-Euro-Pauschale wissen sollten. Abgerufen am 11. November 2022.
  8. Artikel 1 und 2 des Gesetzes zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs vom 7. November 2022 (BGBl. I S. 1985)
  9. § 1 des Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetzes; § 1 Abs. 1 und 2 des Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetzes.
  10. Energiepreispauschale. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, abgerufen am 2. November 2023.
  11. Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsempfänger beschlossen. bundestag.de, 20. Oktober 2022.
  12. Energiepreispauschale für Rentnerinnen und Rentner und Entlastungen bei Midijobs. Bundesregierung, 5. Oktober 2022.
  13. vgl. 300 Euro Energiepauschale für Pensionäre und Versorgungsempfänger zum 1. Dezember 2022. Öffentlicher Dienst News, abgerufen am 27. November 2022.
  14. Energiepreispauschale für Studierende. In: bundesregierung.de. 16. Dezember 2022, abgerufen am 4. Januar 2023.
  15. Einmalzahlung200: FAQ. BMBF, 15. März 2023, abgerufen am 15. März 2023.
  16. a b Wie ich die 200-Euro-Einmalzahlung beantragen wollte – und fast durchgedreht bin. Abgerufen am 18. März 2023.
  17. Morgenmagazin: Netzreporter: #Einmalzahlung 200. In: ARD Mediathek. Abgerufen am 18. März 2023.
  18. Überlastung, lange Wartezeiten: 200 Euro Einmalzahlung für Studierende wird zum Desaster. Abgerufen am 18. März 2023.
  19. Gesetz zur Gewährung eines einmaligen Heizkostenzuschusses aufgrund stark gestiegener Energiekosten (Heizkostenzuschussgesetz – HeizkZuschG) vom 29. April 2022, BGBl. I S. 698
  20. Energiekosten | Höherer Heizkostenzuschuss kommt. Die Bundesregierung, 8. April 2022, abgerufen am 10. Juli 2022.
  21. Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen sowie zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und weiterer Gesetze vom 23. Mai 2022, BGBl. I S. 760
  22. Peter Piekarz: Erhalten Hartz 4 Aufstocker zusätzlich 300 € Energiepauschale? In: HartzIV.org. 23. Juli 2022, abgerufen am 3. August 2022 (deutsch).
  23. Unterstützung in der Krise: Einmalzahlungen und Sofortzuschläge von Familienkasse, Jobcenter und Agentur für Arbeit. Bundesagentur für Arbeit, 2. Juni 2022.
  24. Energiekostenausgleichsgesetz 2022