Bürger für Thüringen

Bürger für Thüringen
Partei­vorsitzender Steffen Teichmann
General­sekretär Clarsen Ratz
Stell­vertretender Vorsitzender Mathias Goldhan
Landes­schatz­meister Stefan Sandmann
Gründung 2020
Gründungs­ort Suhl
Auflösung 2024
Haupt­sitz Ilmenau
Farbe(n) Lila
Mitglieder­zahl 44 (Stand: 12. Januar 2023)[1]
Website www.buerger-fuer-thueringen.de

Bürger für Thüringen (Kurzbezeichnung BfTh) war eine 2020 bis 2024 in Thüringen aktive Kleinpartei. Sie war nach Parteiübertritten mit vier Mandaten im dortigen Landtag vertreten.[2] Der gleichnamige Verein, aus dem die Partei entstand, existiert weiter.

Geschichte

Birger Gröning, Tosca Kniese, Ute Bergner und Lars Schütze (v. l. n. r.) bei der Pressekonferenz zur Gründung der parlamentarischen Gruppe 2022

Die Partei Bürger für Thüringen ging aus dem gleichnamigen Verein hervor, der im März 2020 im Zusammenhang mit der Regierungskrise in Thüringen gegründet worden war und sich gegen den Rücktritt des mit Stimmen von AfD, CDU und FDP gewählten Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) eingesetzt hatte. Die Partei wurde schließlich am 27. November 2020 im Suhler Ringberghotel mit neun Mitgliedern gegründet. Zwischen Verein und Partei bestanden nahezu keine personellen Unterschiede.[3][4]

Am 1. September 2021 wurde Ute Bergner, zuvor Mitglied der FDP-Landtagsfraktion, Parteimitglied und vertrat die BfTh zunächst als Einzelperson im Thüringer Landtag. Im Jahr 2022 traten drei vormalige Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion der Partei bei: Birger Gröning und Tosca Kniese waren zuvor aus der AfD ausgetreten, Lars Schütze war von der AfD ausgeschlossen worden.[5][6] Im Juli 2022 wurde dem Antrag der vier Abgeordneten stattgegeben, als parlamentarische Gruppe im Thüringer Landtag anerkannt zu werden; die Bildung einer Fraktion ist erst ab fünf Abgeordneten möglich.[7] Bergner übernahm den Vorsitz der Gruppe.[8] Mitte Dezember 2022 wurde bekannt, dass die Partei Gröning und Schütze wegen „parteischädigenden Verhaltens“ ausschließen möchte.[9] Kurz darauf traten Gröning und Schütze selbst aus der Partei und der Landtagsgruppe aus. Im Zuge dessen verloren die Bürger für Thüringen ihren Gruppenstatus im Thüringer Landtag.[10]

Im März 2023 wurde bekannt, dass die aufgelöste Landtagsgruppe wegen mutmaßlicher Untreue angezeigt wurde. Den Parlamentariern wird vorgeworfen, Landesmittel von 80.000 Euro zur Beschaffung von Büromaterial von einem befreundeten Unternehmen verwendet zu haben, ohne die erforderliche öffentliche Ausschreibung durchzuführen.[11]

Zur Landtagswahl 2024 planten die Bürger für Thüringen den Wahlantritt mit einer gemeinsamen Liste mit dem Verein Freie Wähler Thüringen e.V. (nicht identisch mit der Partei Freie Wähler in Thüringen) und dem thüringischen Landesverband der Basisdemokratischen Partei Deutschland.[12] Am 25. März 2024 wurde bekanntgegeben, dass sich die Partei Bürger für Thüringen auflösen und deren Mitglieder sich der Werteunion anschließen wollen, um gemeinsam bei der Landtagswahl anzutreten.[13] Der Verein Bürger für Thüringen blieb dagegen bestehen.

Politisch-ideologische Einordnung

Bürger für Thüringen bezeichnete sich selbst als „ökologisch-liberal“.[14]

Die Frankfurter Rundschau ordnete die Partei dem rechten Parteienspektrum zu.[15] Politikjournalist Ulli Sondermann-Becker kommentierte zur Bildung der parlamentarischen Gruppe 2022: „Dass die Bürger für Thüringen die drei ehemaligen AfD-Politiker kommentarlos schlucken, zeigt […], wohin die Bürger künftig politisch reisen werden.“[3]

Die Partei agierte vielfach im Zusammenspiel mit radikalen Vertretern der sogenannten Querdenker-Bewegung und rechtsextremistischen Einzelpersonen.[4] So verbreitete beispielsweise der selbsternannte „Querdenker-Anwalt“ Ralf Ludwig, der zuvor als Mitgründer von Widerstand2020 und Fürsprecher von dieBasis in Erscheinung getreten war, bei einer von Clarsen Ratz, Generalsekretär der Bürger für Thüringen, initiierten Kundgebung „zahlreiche Inhalte,[16] wegen derer der Verfassungsschutz Teile der Querdenken-Bewegung auf dem Radar hat“.[4] Im Jahr 2021 fanden sich Texte auf der Website der Bürger für Thüringen, in denen Extremismusforscher „wesentliche Merkmale von Verschwörungserzählungen“ sahen, die die Diskreditierung demokratischer Strukturen zum Ziel hatten.[4]

Weblinks

Commons: Bürger für Thüringen – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. mdr.de: Thüringer Landtag löst Gruppe „Bürger für Thüringen“ einstimmig auf. In: mdr.de. 21. Dezember 2022, abgerufen am 12. Januar 2023.
  2. Neue Parlamentsgruppe steht für wechselnde Mehrheiten. In: n-tv.de. 23. Juni 2022.
  3. a b Ulli Sondermann-Becker: Gestern noch AfD - heute schon Bürger für Thüringen. In: mdr.de. 22. Juni 2022, abgerufen am 14. September 2022.
  4. a b c d „Bürger für Thüringen“: Linksfraktion fragt nach Nähe der Partei zu Extremisten. In: mdr.de. 6. Mai 2022, abgerufen am 14. September 2022.
  5. sueddeutsche.de: Bürger für Thüringen: Landtag erkennt neue Gruppe an, 15. Juli 2022, abgerufen am 30. November 2022.
  6. tlz.de: Thüringer Landtag: AfD-Fraktion schließt Abgeordneten Lars Schütze aus, 13. Oktober 2021, abgerufen am 30. November 2022.
  7. Anerkennung des Zusammenschlusses. Abgerufen am 24. November 2022.
  8. Ex-Abgeordnete von AfD und FDP gründen Gruppe im Thüringer Landtag. In: mdr.de. 22. Juni 2022, abgerufen am 14. September 2022.
  9. „Bürger für Thüringen“ im Landtag vor dem Aus | MDR.DE. In: mdr.de. Mitteldeutscher Rundfunk, 16. Dezember 2022, abgerufen am 16. Dezember 2022.
  10. Landespolitik: Partei Bürger für Thüringen: Gröning und Schütze ausgetreten. In: zeit.de. 20. Dezember 2022, abgerufen am 12. Januar 2023.
  11. mdr.de: Untreue-Verdacht: Anzeige gegen aufgelöste "Bürger für Thüringen". In: mdr.de. MDR Thüringen, 11. März 2023, abgerufen am 18. April 2023.
  12. Landtagswahl 2024: „Bürgerbündnis für Thüringen“ tritt mit gemeinsamer Liste an. In: mdr.de. 22. Oktober 2023, abgerufen am 6. November 2023.
  13. Fusion mit der WerteUnion. In: Bürger für Thüringen. 25. März 2024, abgerufen am 1. April 2023.
  14. zeit.de: Partei Bürger für Thüringen gegründet, 27. November 2020.
  15. fr.de: Bürgermeister greift Journalisten an: Finstere Zeiten im Thüringer Wald, 24. November 2022.
  16. Ronen Steinke: Verfassungsschutz warnt vor Verschwörungsideologen. In: sueddeutsche.de. 7. Juni 2022, abgerufen am 15. April 2023.