Pförtner (schlesisches Adelsgeschlecht)

Wappen derer von Pförtner in Siebmachers Wappenbuch

Pförtner (auch Pförtner von der Hölle, Pförtner von der Hell) ist der Name eines alten, weitverzweigten schlesischen Adels- und Patriziergeschlecht, das später in den Landadel aufging. Die in den böhmischen Adels- und Reichsritterstand erhobene Familie schloss im Laufe der Jahrhunderte Allianzen mit zahlreichen schlesischen Uradelsgeschlechtern und ratsfähigen Breslauer Patriziergeschlechtern. Außer in Schlesien waren die Pförtner auch in der Niederlausitz und der Mark Brandenburg ansässig und begütert.[1]

Geschichte

Das Geschlecht stammte aus dem Herzogtum Schweidnitz-Jauer. Erst von Schweidnitz aus breiteten sich Linien im 15. und 16. Jahrhundert nach Breslau, Neumarkt und Freystadt aus. Bereits Sinapius berichtete von einem Heinze Pförtner († 1299), welcher auf Grund seiner Kriegsverdienste von Herzog Bolko I. von Schweidnitz 1274 das Gut Weizenrodau bei Schweidnitz erhielt und mit dem auch die Stammreihe beginnt.[2] 1320 ist Heinrich Pfortner als Bürger von Reichenbach beurkundet.[3] Im Oktober 1418 erwarb der Urenkel von Heinze, Ernst Pförtner das Gut Höllen bzw. Höllau, einem nach Pusch heute nicht mehr existierenden Ort bei Löwenberg. In Folge nannten sich seine Nachkommen Pförtner von der Hölle bzw. Pförner von der Hell.[4]

Linien Breslau, Neumarkt und Schweidnitz

Unter den Söhnen von Ernst Pförtner teilte sich der Stamm in drei Linien. Hieronymus Pförtner auf Weizenrodau gründete die Linie Breslau, der kaiserliche Rittmeister und Kriegsrat Heinrich Pförtner die Linie Neumarkt, sowie Balthasar Pförtner die dort verbliebene Linie Schweidnitz.[3] Heinrich Pförtner erhielt am 24. November 1438 einen kaiserlichen Adels- und Wappenbrief. Der Sohn von Balthasar, Dominikus Pförtner († 1540) war Ratsherr, Bürgermeister von Schweidnitz sowie 1520 Kanzler des Fürstentums Schweidnitz-Jauer.[5] Am 8. August 1563 erlangte Ernst Pförtner von der Hölle den Adelsstand und Bestätigung seiner vier Heerschilde.[6] Von 1596 bis 1657 waren zwei Pförtner im Breslauer Rat vertreten.[7] Als eines der bedeutendsten Angehörigen der Linie Breslau diente Ernst von Pförtner († 1657), auf Pöpelwitz und Pilsnitz, als königlicher Mann- und Landesältester sowie als Präses von Breslau und Direktor des Burglehens Namslau.[8] Darüber hinaus war er in diplomatischer Tätigkeit am kaiserlichen Hof in Wien. Im Fürstentum Breslau besaß er u. a. die Güter Pöpelwitz, Pilsnitz, Schweinern, Groß und Klein Schottgau, Sibischau, Jäschgüttel usw. Seinem Wappen mit der Jahreszahl 1657 zu Folge wurde er in der Elisabethkirche in Breslau beigesetzt.[9]

Linie Freystadt

Die bei Pusch nicht aufgeführte Linie Freystadt ging auf den Ratsherren und Bürgermeister von Freystadt Tiburtius Pförtner von der Hölle († 1553) zurück. Seinem Urenkel Johann Melchior Pförtner wurde am 2. Mai 1722 in Laxenburg der böhmische Adelsstand und am 4. Oktober 1723 in Prag der Reichsritterstand verliehen,[10] sowie durch ein kaiserliches Reskript an die Breslauer Oberamtsregierung vom 2. Mai 1722 bzw. 4. Oktober 1723 bekannt gemacht.[11] 1806 erscheint Karl Gottlob von Pförtner auf Döhringau und Netschütz als Landrat des Kreises Freystadt.[12]

Standeserhebungen

  • 24. November 1438: kaiserlicher Adels- und Wappenbrief
  • 8. August 1563: Wappenbesserung und Adelsbestätigung
  • 2. Mai 1722: böhmischer Adelsstand
  • 4. Oktober 1723: Reichsritterstand

Wappen

„Im geteilten Schild einen gelb und blauen Schach, auf welchem im blauen Ober-Theil ein weißer Wind Hund sitzt. Auf der Krone des Helmes dergleichen sitzender Hund zwischen zwei mit gelb und blau wechselnden Hörnern. Die Helm-Decken gelb und blau.“

Johannes Sinapius: Schlesischer Curiositäten Erste Vorstellung, 1720, S. 702

Genealogie (Auswahl)

Linien Breslau, Neumarkt und Schweidnitz

  1. Ernst Pförtner von der Hölle († Oktober 1418), Herr auf Weizenrodau und Höllen, ⚭ Barbara Schlottknecht
    1. Hieronymus Pförtner (+ 14. August 1460), Herr auf Weizenrodau, Ratsherr in Schweidnitz, 1.) ⚭ Katharina Hörnig, 2.) Agnes von Poplau
      1. Hieronymus Pförtner († 5. Mai 1503), ⚭ Hedwig Prockendorf
        1. Adam Pförtner († 5. Mai 1532), Herr auf Tunkendorf und Pilzen, Schöffe in Schweidnitz, ⚭ Beatrix Herdan von Teichenau
          1. Paul Pförtner († 1560 in Breslau), ⚭ Juliana von Jenkwitz genannt Posadowsky
            1. Anna Pförtner (* 1552), ⚭ Gregor von Barth, kaiserlicher Rentmeister und Oberbergmeister in Schlesien
            2. Magdalena Pförtner († 1612), ⚭ Martin von Barth
            3. Prisca Pförtner († 1581), ⚭ Niklas von Heugel
          2. Katharina Pförtner († 21. Januar 1578), ⚭ Vipert Schwab von Buchen, Syndikus in Breslau
          3. Siegmund Pförtner († 1577), Herr auf Tunkendorf und Pilzen, Barbara von Reibnitz
            1. Adam Pförtner († 20. September 1633), Herr auf Pilzen
        2. Eva Pförtner, ⚭ Melchior Münzer
        3. Barbara Pförtner, ⚭ Wenzel Fürstenauer von Fürstenau
        4. Kaspar Pförtner von Hellen († 18. Juni 1554), Herr auf Pöpelwitz, ⚭ 1.) Kunigunde von Heiland, ⚭ 2.) NN von Schindel
          1. Hedwig von Pförtner, ⚭ Balthasar Lange
          2. Martha von Pförtner, ⚭ Balthasar Betsch bzw. Petz
          3. Kaspar von Pförtner († 5. Januar 1610), ⚭ 1.) Anna von Uthmann, ⚭ 2.) Martha John von Cosel
            1. Kaspar von Pförtner, kaiserlicher Leutnant, ⚭ Susanna Rötel von Reichenau
            2. Katharina von Pförtner († 10. August 1621), ⚭ Matthes Ashelm
            3. Georg von Pförtner und der Höllen († August 1607), Herr auf Pöpelwitz und Wilkau, Schöffe und Konsul in Breslau, ⚭ 1.) Magdalena von Uhtmann und Rathen, ⚭ 2. Magdalena von Ladebach
              1. Magdalena Pförtner, ⚭ 1.) Daniel von Dobschütz, ⚭ 2.) Valentin Kötzler von Steinach, ⚭ 3.) Leonhard Mühlberg, kaiserlicher Rittmeister, ⚭ 4.) Jakob Hessler von Waldau
              2. Susanna von Pförtner, ⚭ Lukas Schachtmann
              3. Kunigunde von Pförtner († 1621), ⚭ Jakob von Rindfleisch
              4. Heinrich von Pförtner († 1660), Herr auf Wilkau, ⚭ Elisabeth Seyfert von Rakowitz
              5. Ernst von Pförtner († 27. November 1657), Herr auf Pöpelwitz und Pilsnitz, Präses von Breslau und Direktor des Burglehens Namslau, ⚭ Sidonia Susanna Haniwald von Eckersdorf
                1. Maria Katharina von Pförtner, ⚭ George von Mutschelnitz, Hauptmann in Breslau
                2. Sidonia Susanna von Pförtner, ⚭ Niklas von Vogt
                3. Ernst Moritz von Pförtner (* 12. Oktober 1632 in Pöpelwitz; † 22. November 1653 in Breslau)
                4. Anna Barbara von Pförtner, ⚭ Balthasar von Knobelsdorf
    2. Heinrich Pförtner († 22. März 1486), kaiserlicher Kriegsrat und Rittmeister
      1. Thomas Pförtner genannt Zimmermann († 14. Januar 1531), ⚭ 1.) Barbara Seiffersdorf, ⚭ 2.) Anna von Strachwitz
        1. Blasius Pförtner († 22. November 1568), Stadtschreiber in Neumarkt, ⚭ Anna von der Heyde
        2. Jakob Pförtner († 14. November 1552 in Schweidnitz)
        3. Anton Pförtner († 21. November 1596), Herr auf Flämischdorf
    3. Balthasar Pförtner, Senator in Schweidnitz, ⚭ Anna Rothe
      1. Dominikus Pförtner († 1540), Kanzler des Fürstentums Schweidnitz-Jauer, Bürgermeister von Schweidnitz
        1. Heinrich Pförtner († 14. Dezember 1607), ⚭ Rebecca Stöpler
          1. Dominikus Pförtner (* 1584), ⚭ Maria Magdalena von Rindfleisch

Linie Freystadt

  1. Tiburtius Pförtner von der Hölle († 17. September 1553), Bürgermeister von Freystadt
    1. Balthasar Pförtner († 25. Februar 1567), Senator in Freystadt
      1. Melchior Pförtner, zu Schlawe
    2. Melchior Pförtner († 1573), Ratsherr in Freystadt
      1. Joachim Pförtner († 1606)
      2. David Pförtner († 20. Mai 1626)
      3. Caspar Pförtner († 1630), Ratsherr in Freystadt
      4. Melchior Pförtner († 17. Januar 1626)
      5. Balthasar Pförtner
        1. Johann Melchior von Pförtner, 1722 böhmischer Adelsstand, 1723 Reichsritterstand
          1. Carl Gottlieb von Pförtner, Leutnant
          2. Ernst Ludwig von Pförtner, Fahnenjunker, 1762 Leutnant

Literatur

  • Pförtner v. der Hölle. In: Genealogisches Handbuch des Adels. C.A. Starke, 2002, ISBN 978-3-7980-0829-8, S. 289–290.
  • Oskar Pusch: Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter von 1241 bis 1741 Band 3, Forschungsstelle Ostmitteleuropa, Dortmund 1986, S. 224–235
  • Gothaisches genealogisches taschenbuch der adeligen Häuser. J. Perthes, Gotha 1925, S. 684 ff.
  • Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon. T.O. Weigel, Leipzig 1867, S. 133.
  • Leopold von Zedlitz-Neukirch: Neues preussisches Adels-Lexicon. Gebrüder Reichenbach, Leipzig 1839, S. 363.
  • Andreas von Assig: Antwort, Auff Beschehene Abdanckung, Bey (Titul) H. Ernst. Moritz von Pförtner und der Höllen, Leichbegängnüß, in Gegenwart Hochansehlicher, Fürstlicher, und anderer Herren Abgesandten, So wol Volckreicher Versam[m]lung Hoch-Adelicher und Vornehmer Leichbegleitenden Personen An deß Wol-Edlen, Gestrengen und Hochbenambten Herrn Ernst von Pförtner un der Höllen, auf Pöppelwitz, Pilßnitz, GroßSchottkaw, Sibischaw und Jäschkittel, Deß Breßlauischen Fürstenthums und zugehörigen Weichbilder Königlichen Manns, Lands-Eltistens, Wolverordneten Praesidis in Breßlaw, und deß Nambßlauischen Burglehns Directoris, Herren Tochterman, un bey diesem actu Stethaltern Dehn Wol-Elden und Gestrengen Herren Georgen von Mutschelnitz und Pulsen, Wie auch Die Wol-Edle, Viel-Ehren und Tugendreiche Fraw Sidonia Susanna Pförtnerin, gebohrne von Handwladin. in der Baumannischen Druckerey, 1653 (google.de [abgerufen am 13. Juli 2024]).

Einzelnachweise

  1. Genealogisches Taschenbuch der Ritter- und Adels-Geschlechter. Buschak & Irrgang, 1879, S. 419.
  2. Gotha (1925), S. 684.
  3. a b Pusch (1986), S. 224.
  4. Pusch (1986), S. 225.
  5. Pusch (1986), S. 229.
  6. Österreichisches Staatsarchiv, AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 712.26 Pförtner von der Hölle (Hell), Ernst, Adelsstand und Bestätigung der vier Heerschilde, Abschrift 1920, 1563.08.08, abgerufen am 14. Juli 2024.
  7. Rudolf Stein: Der Rat und die Ratsgeschlechter des alten Breslau. Holzner-Verlag, 1963, S. 239.
  8. Kneschke (1867), S. 133.
  9. Pusch (1986), S. 228–229.
  10. Genealogisches Handbuch des Adels (2002), S. 289.
  11. Der Deutsche Herold. 1911, S. 78.
  12. Zedlitz-Neukirch (1839), S. 363.