Musculus gluteus maximus

Musculus gluteus maximus
Musculus gluteus maximus (in rot dargestellt)
Ursprung
oberflächlicher Anteil:

tiefer Anteil:

  • Darmbeinschaufel (Ala ossis ilium) hinter der Linea glutea posterior
  • Kreuzbein-Sitzbein-Band (Ligamentum sacrotuberale)
  • mittlere Gesäßmuskel-Faszie ('"Aponeurosis glutea" bzw. 'Fascia m. glutaei medii)
Ansatz
Gesäßmuskel-Aufrauung (Tuberositas glutea) und Oberschenkel-Faszienstreifen (Tractus iliotibialis), Septum intermusculare laterale
Funktion
Streckung (Extension), Auswärtsdrehung (Außenrotation), Abspreizen (Abduktion) (kraniale Fasern) und Heranführen (Adduktion) (kaudale Fasern) im Hüftgelenk

Verhindern des Abkippen des Rumpfes nach vorne

Innervation
Nervus gluteus inferior
Spinale Segmente
L5-S2

Der Musculus gluteus maximus,[1] kurz Gluteus maximus, auch Musculus glutaeus maximus[2][3][4] (lat. für größter Gesäßmuskel oder großer Gesäßmuskel) ist ein Skelettmuskel der unteren Extremität, genauer der hinteren (dorsalen) Schicht der hinteren Hüftmuskulatur. Er ist der dem Volumen nach größte Muskel des Menschen und einer der kräftigsten. Der große Gesäßmuskel bedeckt den mittleren Gesäßmuskel (Musculus gluteus medius) und den kleinen Gesäßmuskel (Musculus gluteus minimus).

Bei den vierfüßigen Säugetieren ist er nicht der größte der Kruppenmuskeln, hier wird er aufgrund der ebenfalls oberflächlichen Lage als oberflächlicher Kruppenmuskel (Musculus gluteus superficialis) bezeichnet. Bei den Paarhufern ist dieser Muskel mit dem zweiköpfigen Oberschenkelmuskel (Musculus biceps femoris) verschmolzen und wird Musculus gluteobiceps genannt. Dieser ist bei Schlachttieren Teil der Unterschale.

Deskriptive Anatomie

Der Gluteus maximus ist ein großflächiger Muskel mit weitgefächertem Ursprung und kräftiger Ansatzsehne. Er ist wie der Deltamuskel durch eine besonders grobe Bündelung seiner Fasern ausgezeichnet, die von medial-oben nach lateral-unten ziehen. Der Maximus liegt oberflächlich und bedeckt mit Ausnahme des oberen Teiles vom Glutaeus medius alle übrigen Gesäßmuskeln. Er zieht über den Trochanter major hinweg.

Er gliedert sich seinem Ursprung nach in einen oberflächlichen und einen tiefen Anteil. Der oberflächliche Anteil entspringt vom Darmbein (Os ilium), genauer vom Darmbeinkamm (Crista iliaca), vom hinteren oberen Darmbeinstachel (Spina iliaca posterior superior), von der bindegewebigen Hülle (Faszie) im Lendenbereich (Fascia thoracolumbalis) und von der Rückfläche des Kreuzbeines (Os sacrum) und des Steißbeines (Os coccygis). Der tiefe Anteil nimmt seinen Ursprung von der Darmbeinschaufel (Ala ossis ilium) hinter der Linea glutea posterior, vom Band zwischen Kreuzbein und Sitzbein (Os ischii) (Ligamentum sacrotuberale) und von der Faszie des mittleren Gesäßmuskels (Aponeurosis glutea bzw. Fascia glutaei medii).

Die Muskelfasern laufen zu einer gemeinsamen kräftigen Ansatzsehne zusammen (konvergieren). Die oberen zwei Drittel des Muskels strahlen in den Tractus iliotibialis, einen Verstärkungszug des Faszienstreifens (Fascia lata) an der Außenseite des Oberschenkels, ein. Das untere Drittel inseriert an der Aufrauung für die Gesäßmuskulatur (Tuberositas glutaea) am Oberschenkelknochen (Femur) sowie an der Scheidewand an der Seite des Oberschenkels (Septum intermusculare femoris laterale).

Der Muskel ist durch seine oberflächliche Lage wohlbekannt. Jedoch fällt sein unterer Rand nicht, wie man meinen könnte, mit der Gesäßfurche zusammen, sondern überschneidet sie unter spitzem Winkel. Beim Stehen bedeckt er das Tuber ischiadicum, beim Sitzen und bei Beugung der Hüfte dagegen nicht.

Die Ansatz- und Auflagestellen des Muskels sind durch weiträumige Schleimbeutel (Bursae) gepolstert, u. a.:

  • Bursae glutaeofemorales (zwischen der Sehne des Glutaeus maximus und der Tuberositas glutaealis).
  • Bursa trochanterica m. glutaei maximi (zwischen der Ansatzsehne des Glutaeus maximus und dem Trochanter major)
  • Bursa ischiadica m. glutaei maximi

Die Blutversorgung erfolgt vor allem über die Arteria glutaea inferior.

Funktionelle Anatomie

Die Wirkungen des großen Gesäßmuskels auf die Bewegung des Oberschenkels im Hüftgelenk sind vielfältig und je nach Muskelportion unterschiedlich:

Eine unter anderem für den aufrechten Gang des Menschen unerlässliche Funktion ist die Streckung (Extension) im Hüftgelenk und die Stabilisierung des Oberschenkels in der Streckung. Der große Gesäßmuskel ist daher der stärkste Strecker (Extensor) des Hüftgelenkes und ermöglicht die Aufrichtung des Rumpfes, wie es z. B. beim Aufstehen aus dem Sitzen der Fall ist. Entsprechend ist der Muskel bei den vierfüßigen Säugetieren wesentlich schwächer ausgebildet.

Wenn sich der große Gesäßmuskel bei festgestelltem Oberschenkel (z. B. in der Standbeinphase des Gehens) zusammenzieht, kommt es zur Streckung. So verhindert er ein Abkippen des Beckens (Pelvis) nach vorne und hilft z. B. beim Treppensteigen oder beim Springen.

Durch seine verschiedenen Ansätze kann der Muskel sowohl als Abspreizer (Abduktor) als auch als Heranführer (Adduktor) des Beines wirken: Der obere, kopfwärts gelegene (kraniale) Anteil unterstützt die anderen Gesäßmuskeln beim Abspreizen (Abduktion) und spannt die Faszie am äußeren Oberschenkel; der untere, schwanzwärts gelegene (kaudale) Anteil dagegen unterstützt das Heranführen (Adduktion) des Oberschenkels.

Weiterhin bewirkt der Muskel die Auswärtsdrehung (Außenrotation) des Oberschenkels.

Über den Tractus iliotibialis wirkt er auch auf das Knie streckend, valgisierend und außenrotierend.

Zudem unterstützt der Muskel auch den Sphincter ani externus durch das Zusammenklemmen der Gesäßbacken (Nates) und schiebt durch doppelseitige Kontraktion beim Coitus das Becken vor.

Mit dem Quadriceps und den Plantarflexoren ist er wesentlicher Bestandteil der Standbeinkette. Synergistisch richtet er mit den Bauchmuskeln das Becken auf und verkleinert damit die Lendenlordose. Die distalen, in das Septum intermusculare laterale einstrahlenden Fasern dehnen den von dort beginnenden Vastus lateralis des Quadriceps femoris für eine kraftvolle Knieextension vor (Vasto-glutaeale Schlinge nach Hoepke). Diese setzt sich nach kranial in die Fascia thoracolumbalis und somit in den Latissimus dorsi der Gegenseite fort.

Training

Durch gezielte und wiederholt ausgeführte typische Bewegungen kann der Muskel trainiert werden, beispielsweise durch Strecken des Beines nach hinten und durch Bewegung nach oben und unten im Vierfüßlerstand. Im Kraftdreikampf zählen Kniebeugen und Kreuzheben zu wirkungsvollen Übungen zur Stärkung des großen Gesäßmuskels. Im Krafttraining wird der Muskel auch durch die Beinpresse beansprucht.

Im Stehen liegt der große Gesäßmuskel über dem Sitzbeinhöcker (Tuber ischiadicum). Er wird jedoch beim Sitzen nicht gequetscht, weil der Unterrand des Muskels dabei zur Seite gleitet.

Erkrankungen

Eine Lähmung des großen Gesäßmuskels hat weitreichende Folgen. Streckbewegungen des Oberschenkels im Hüftgelenk sind stark eingeschränkt, wodurch das Gehen, Aufstehen, Springen und Treppensteigen kaum durchzuführen sind. Da die aufrichtende Funktion wegfällt, muss der Körperschwerpunkt hinter der Transversalebene bleiben, sonst kippt der Körper vornüber. Auch die Auswärtsdrehung ist stark geschwächt.

Bei chronischer Druckbelastung des Muskels (vor allem durch sitzende Tätigkeiten[5]) können Entzündungen der ansatznahen Schleimbeutel (Bursitis) entstehen, die klinisch als Webersknopf, andernorts auch als Hauerknopf, bezeichnet werden.

Bilder

Siehe auch

Commons: Gluteus maximus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Herwig Hahn von Dorsche, Reinhard Dittel: Anatomie des Bewegungssystems. 2. Auflage. Neuromedizin, Bad Hersfeld 2006. S. 269, S. 274–277.

Einzelnachweise

  1. Federative Committee on Anatomical Terminology (FCAT). Terminologia Anatomica. Thieme, Stuttgart 1998
  2. W. His: Die anatomische Nomenclatur. Nomina Anatomica. Der von der Anatomischen Gesellschaft auf ihrer IX. Versammlung in Basel angenommenen Namen. Verlag Veit & Comp., Leipzig 1895.
  3. F. Kopsch: Die Nomina anatomica des Jahres 1895 (B.N.A.) nach der Buchstabenreihe geordnet und gegenübergestellt den Nomina anatomica des Jahres 1935 (I.N.A.). 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, Leipzig 1941.
  4. H. Stieve: Nomina Anatomica. Zusammengestellt von der im Jahre 1923 gewählten Nomenklatur-Kommission, unter Berücksichtigung der Vorschläge der Mitglieder der Anatomischen Gesellschaft, der Anatomical Society of Great Britain and Ireland, sowie der American Association of Anatomists, überprüft und durch Beschluß der Anatomischen Gesellschaft auf der Tagung in Jena 1935 endgültig angenommen. 4. Auflage. Verlag Gustav Fischer, Jena 1949.
  5. W. Wachsmuth: Praktische Anatomie: ein Lehr- und Hilfsbuch der anatomischen Praxis. Band 5, wegen Hauerknopf als Folgemöglichkeit sitzender Tätigkeit, books.google.de