Casavant Frères

Casavant Frères
RechtsformLimitée
Gründung1879
SitzSaint-Hyacinthe, Kanada
LeitungJacquelin Rochette
BrancheMusikinstrumentenbau
Websitewww.casavant.ca/

Casavant Frères (frz.: „Gebrüder Casavant“) ist die älteste heute noch bestehende Orgelbaufirma Nordamerikas.

Geschichte

Das bis heute bedeutende Unternehmen wurde von den kanadischen Brüdern Joseph-Claver und Samuel-Marie Casavant (1859–1929), den Söhnen des Schmiedes und Orgelbauers Joseph Casavant, gegründet. Die Brüder gingen 1878 nach Frankreich, wo sie in Versailles bei den Orgelbauern E. et J. Abbey, den Söhnen Edwin Eugéne (1840–1895) und John Albert (1843–1940) von John Abbey, und bei Aristide Cavaillé-Coll lernten. Sie besuchten Orgelbauer und besichtigten bedeutende Orgeln in Frankreich, Italien, der Schweiz, Deutschland, Belgien und England. Nach ihrer Rückkehr nach Kanada gründeten sie 1879 in Saint-Hyacinthe die Firma Casavant Frères. Im Folgejahr entstand ihre erste zweimanualige Orgel für die Chapelle Notre-Dame-de-Lourdes in Montreal. Ihre erste dreimanualige Orgel, entstanden 1885 für die Saint-Hyacinthe Cathedral, wurde 1999 von der Organ Historical Society in die Liste historisch bedeutender Orgeln Nordamerikas aufgenommen.

Internationale Anerkennung fand die viermanualige Orgel für die Notre-Dame-Basilika in Montreal aus dem Jahr 1891. 1895 folgte die erste Orgel in den Vereinigten Staaten in Holyoke, Massachusetts. Neben weiteren Orgeln in Nordamerika entstanden Instrumente in Frankreich, Westindien, Süd- und Zentralamerika, Südafrika und Japan. 1930 wurde Casavant Frères mit dem Großen Preis der Weltausstellung in Antwerpen ausgezeichnet. Casavant-Orgeln wurden von Organisten wie Alexandre Guilmant, Louis Vierne, Charles-Marie Widor, Joseph Bonnet, Edwin Henry Lemare, Gaston Dethier, Charles-Marie Courboin und Seth Bingham gespielt.

Nach dem Tod von Claver Casavant wurde der Organist und Orgelbauer Stephen Stoot künstlerischer Leiter der Firma. Seine Orgel in der Kirche von Saint Roch ist ein frühes Beispiel für eine nordamerikanische Orgel, die den Vorstellungen der Orgelbewegung entsprach.

Anfang der 1960er Jahre kehrte Casavant unter maßgeblicher Beteiligung des deutschen Orgelbauers Karl Wilhelm und des Schweizer Orgelbauers Hellmuth Wolff zu Orgeln mit mechanischer Traktur zurück. Unter der künstlerischen Leitung von Gerhard Brunzema (1972–79) näherten sich die Casavant-Orgeln weiter dem Ideal der norddeutschen Barockorgel an. Jean-Louis Coignet, künstlerischer Leiter ab 1981 brachte die sinfonische Klangvorstellung des französischen Orgelbaus in die Firma ein. Seit 2004 ist Jacquelin Rochette der Nachfolger von Coignet.

Präsidenten von Casavant Frères waren nach Clavers Tod der Sohn seines Bruders Samuel, Aristide Clave (bis 1938), und Samuels Schwiegersohn Fred N. Oliver (bis 1959). Dann folgten Jules Laframboise (1959–61), Charles Perrault (1961–71 und 1972–74), Lawrence I. Phelps (1971–72), Paul Falcon (1974–76), Bertin Nadeau (1976–80) und seit 1980 Pierre Dionne.

Casavant Frères baute ihre 100. Orgel 1899, die 500. 1912, die 1000. 1923, und bis 1996 waren es 3750 Instrumente.

Werke (Auswahl)

JahrOpusOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1885Saint-HyacintheCathédrale Saint-Hyacinthe-le-ConfesseurIII/P38Mechanische Spieltraktur, pneumatische Registertraktur, 1885; vier Manuale, Pedal, 41 Register, elektropneumatische Traktur, 1912
1891Saint-François-du-LacÉglise Saint-François-XavierII/P15Mechanische Traktur
1891Sainte Cécile-de-MiltonÉglise Sainte-CécileII/P16Mechanische Traktur
1891MontréalNotre-Dame de Montréal
IV/P82
1896Oswego (New York)St. Louis Catholic ChurchII/P21Mechanische Traktur
189779MontrealSt. George’s Anglican Church
III/P45Elektro-pneumatische Traktur, 2862 Pfeifen, vordere Seiten-Orgel als Ersatz für S.R. Warren and Sons unbefriedigende Orgel von 1870
1900115MontrealSt. George’s Anglican Church
II/P13Elektro-pneumatische Traktur, Galerie-Orgel auf der Rückseite der Kirche (Solo und Echo)
1909369Québec (Stadt)Holy Trinity
III/P45Elektro-pneumatische Traktur, 3058 Pfeifen
1918741Québec (Stadt)Notre-Dame-des-Victoires (Québec)
II/P13von Guilbault-Thérien 1988 umfassend restauriert
1919BaltimoreCharlestown Retirement CenterIII/P35Elektro-pneumatische Traktur
1921906Halifax (Nova Scotia)St. Matthew’s United Church
1957 überarbeitet und 1998 komplett renoviert, jetzt als Opus 2409A IVP/46 mit 3252 Pfeifen
1923CharlottetownSt. Dunstan's Basilica
19271192La BaieSt-Alphonse de Liguori
II/P17pneumatische Traktur
19271217Québec (Stadt)Notre-Dame de Québec
IV/P70Hauptorgel,
elektro-pneumatische Traktur, 1983/84 von der Firma Guilbault-Thérien restauriert; 2 weitere Orgeln in dieser Kirche ebenfalls von Casavant Frères
19361518CharlottetownSt. Paul’s Anglican Church
III/P34Elektro-pneumatische Traktur
1938Lewiston (Maine)Cathedral Church of Saints Peter and PaulIV/P53Elektro-pneumatische Traktur
Monroe (Michigan)Immaculate Heart of Mary MotherhouseIII/P51Elektro-pneumatische Traktur
19552256CharlottetownTrinity Church (Charlottetown)
III/P48Englisch Romantische Orgel mit barocken Anpassungen, 2978 Pfeifen
19572409AHalifax (Nova Scotia)St. Matthew’s United ChurchIV/P57(1921 als Opus 906), 1957 überarbeitet und 1998 komplett renoviert, mit 3252 Pfeifen
19602570HalifaxSt. Mary’s Basilica
III/P38Elektro-pneumatische Traktur, 2856 Pfeifen
19963875Kansas CityKauffman-Center
IV/P79

Literatur

  • Antoine Bouchard: Canada's Oldest Organbuilding Firm. In: The Tracker. Band 43, Nr. 2, 1999, S. 9–20.
  • Norbert Dufourcq: Beckerath et Casavant. In: L'Orgue. Nr. 102, 1962, S. 38–42.
  • Kurt Ludwig Forg: Gegensätze souverän vereint. Casavant Frères – 100-jährige Erfolgsbilanz kanadischen Orgelbaus. In: Organ – Journal für die Orgel. Band 4, Nr. 1, 2001, S. 4–11.
  • Stephen Pinel: Casavant (Frères Limitée), Familie. In: Musik in Geschichte und Gegenwart 2. Personenteil Band 4. Bärenreiter/Metzler, Kassel/Stuttgart 2000, Sp. 342–345.
  • Tom Stocker und Stan Scheer: Casavant Celebrates 125th Anniversary. In: The American Organist. Band 39, Nr. 1, 2005, S. 72.
Commons: Casavant Frères pipe organs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien