„Synchronuhr“ – Versionsunterschied

[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
→‎Ganggenauigkeit: +Deutliche Ungenauigkeiten Anfang 2018
Abweichung von bis zu 6 Minuten: in der Einleitung auf Detailabschnitt verwiesen
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Telechron clock 2H07-Br Administrator.JPG|miniatur|Synchronuhr (um 1940)]]
[[Datei:Telechron clock 2H07-Br Administrator.JPG|miniatur|Synchronuhr (um 1940)]]


Eine '''Synchronuhr''' ist eine [[Uhr]], die für den Antrieb des Werkes statt einer Feder und einer [[Hemmung (Uhr)|Hemmung]] das elektrische [[Stromnetz|Wechselstromnetz]] verwendet. Ihr Name ergibt sich aus dem Umstand, dass sie synchron zur [[Netzfrequenz]] läuft.<ref>wissen.de: [https://web.archive.org/web/20111114025838/http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/technik/index,page=1252952.html Synchronuhr]</ref> Durch diese Abhängigkeit kommt es bei [[Netzfrequenz#Störungen|Abweichungen der Netzfrequenz]] von ihrem Nennwert zwangsläufig zu einem [[Gangfehler]] der Synchronuhr. Eine solche Störung mit einer Abweichung von einigen Minuten geschah im [[Europäisches Verbundsystem#Störungen|europäischen Verbundnetz]] im Februar/März 2018.
Eine '''Synchronuhr''' ist eine [[Uhr]], die für den Antrieb des Werkes statt einer Feder und einer [[Hemmung (Uhr)|Hemmung]] das elektrische [[Stromnetz|Wechselstromnetz]] verwendet. Ihr Name ergibt sich aus dem Umstand, dass sie synchron zur [[Netzfrequenz]] läuft.<ref>wissen.de: [https://web.archive.org/web/20111114025838/http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/technik/index,page=1252952.html Synchronuhr]</ref> Durch diese Abhängigkeit kommt es bei [[Netzfrequenz#Störungen|Abweichungen der Netzfrequenz]] von ihrem Nennwert zwangsläufig zu einem [[Gangfehler]] der Synchronuhr. Im 1. Quartal 2018 kam es in Europa hinsichtlich der Ganggenauigkeit von Synchronuhren zu außergewöhnlich [[#Deutliche Ungenauigkeiten Anfang 2018|deutlichen Abweichungen von bis zu 6&nbsp;Minuten]].


Die Blütezeit der mechanischen Synchronuhr war von den 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren. Mit der Einführung der elektronischen [[Quarzuhr]] hat die mechanische Synchronuhr mehr und mehr an Bedeutung verloren, findet jedoch unter anderem noch in [[Zeitschaltuhr]]en Verwendung.
Die Blütezeit der mechanischen Synchronuhr war von den 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren. Mit der Einführung der elektronischen [[Quarzuhr]] hat die mechanische Synchronuhr mehr und mehr an Bedeutung verloren, findet jedoch unter anderem noch in [[Zeitschaltuhr]]en Verwendung.

Version vom 10. März 2018, 02:04 Uhr

Synchronuhr (um 1940)

Eine Synchronuhr ist eine Uhr, die für den Antrieb des Werkes statt einer Feder und einer Hemmung das elektrische Wechselstromnetz verwendet. Ihr Name ergibt sich aus dem Umstand, dass sie synchron zur Netzfrequenz läuft.[1] Durch diese Abhängigkeit kommt es bei Abweichungen der Netzfrequenz von ihrem Nennwert zwangsläufig zu einem Gangfehler der Synchronuhr. Im 1. Quartal 2018 kam es in Europa hinsichtlich der Ganggenauigkeit von Synchronuhren zu außergewöhnlich deutlichen Abweichungen von bis zu 6 Minuten.

Die Blütezeit der mechanischen Synchronuhr war von den 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren. Mit der Einführung der elektronischen Quarzuhr hat die mechanische Synchronuhr mehr und mehr an Bedeutung verloren, findet jedoch unter anderem noch in Zeitschaltuhren Verwendung. Heutzutage finden sich rein elektronische Synchronuhren in vielen Radioweckern, oder Küchengeräten wie Backofen und Mikrowellenherd.[2]

Aufbau und Besonderheiten

Synchronuhrwerk mit Fallblattanzeige. Links hinten der Synchronmotor

Für ein mechanisches Uhrwerk ist eine separate Antriebsquelle, bestehend aus Feder oder Uhrgewicht, sowie eine Hemmung, bestehend aus Pendel oder Unruh, erforderlich. Beim Synchronuhrwerk sind diese beiden Bauteile durch einen Einphasen-Synchronmotor ersetzt. Dieser treibt das Räderwerk der Uhr an und nutzt so die überwachte Netzfrequenz des Wechselstromnetzes von 50 Hz bzw. 60 Hz als Zeitbasis. Als Anzeige der Uhrzeit dient i. A. ein analoges Zifferblatt. In manchen Fällen wird die Uhrzeit auch über eine Fallblattanzeige dargestellt.

Das Räderwerk eines Synchronuhrwerkes ähnelt daher dem vollmechanischer Uhren: Messingplatinen tragen Messingräder mit Stahlwellen. Die Hemmung und das Federhaus bzw. Gewichte entfallen. Da die ersten Synchronmotoren nicht von selbst anlaufen konnten, besaßen frühe Synchronuhrwerke häufig eine Starteinrichtung in Form eines selbstrückstellenden Handhebels. Nach Anschluss an das Stromnetz bzw. nach Netzausfall musste dieser Hebel betätigt werden, um den Synchronmotor anzuwerfen.

Digitale netzsynchrone Uhren sind unter anderem elektronische Radiowecker mit digitalen Zeitanzeigen auf der Basis von Segmentanzeigen. In älteren Geräten wurden dafür Nixie-Röhren verwendet, in neueren Geräten Leuchtdioden. Die eingebaute Uhrenschaltung besteht im Wesentlichen aus Zählbausteinen, die die Schwingungen der Netzfrequenz zählen und die Zeitanzeige entsprechend weiterschalten. Um bei einem Stromausfall die Uhrzeit nicht zu verlieren, sind manche digitale Synchronuhren zusätzlich mit einer Batterie und einem Quarzuhrwerk ausgestattet.

Mauthe-Synchronuhr mit Gangreserve

Mauthe-Synchronwerk mit Gangreserve. Die Unruhe B wird durch einen Exzenter A über den Synchronmotor zu einer zeitstabilen Schwingung angeregt.

Die Tatsache, dass ein Synchronuhrwerk bei Netzausfall abrupt stehen bleibt und die Synchronuhr dadurch (möglicherweise unbemerkt) nachgeht, auf jeden Fall aber eines Eingriffs zum Stellen bedarf, führte beim Uhrenhersteller Mauthe zu der Entwicklung eines Synchronwerkes mit einigen Stunden Gangreserve.

Dies wurde dadurch erreicht, dass ein konventionelles Uhrwerk mit Unruhe und Federwerk aufgebaut wurde. Der Aufzug des Werkes geschah dabei jedoch kontinuierlich durch einen Synchronmotor. Dieser Motor betrieb gleichzeitig einen Exzenter (Pfeil A auf der Abbildung), der mit der Unruhspirale (Pfeil B auf der Abbildung) verbunden war. Dadurch wurde die Unruhe zu einer erzwungenen Schwingung angeregt, und ihre Frequenz war fest mit der Netzfrequenz gekoppelt.

Bei Netzausfall schwang die Unruhe auf konventionelle Weise über die Hemmung vom Federwerk angetrieben weiter, und die Uhr hatte damit während dieser Zeit die Genauigkeit einer konventionellen mechanischen Uhr.

Dieses Uhrwerk konnte mehrere Stunden Stromausfall ohne nennenswerte Gangabweichung überbrücken und vermied damit einen wesentlichen Nachteil der Synchronuhren, ohne auf die Vorteile extremer Genauigkeit und Wegfalls des Aufziehens zu verzichten. Diese Uhren konnten damit in der Realität jahrelang ohne jede Wartung betrieben werden – ein Vorteil insbesondere an schlecht erreichbaren (hohen) Orten wie z. B. der Wand eines großen Büros oder einer Produktionshalle.

Vor- und Nachteile

Synchronuhrwerke besitzen eine Reihe von Vorteilen:

  • Kompaktere Bauweise als entsprechende mechanische Uhrwerke
  • Hohes Antriebsmoment, sodass auch große Zeiger montiert werden können
  • Betrieb in beliebiger Lage möglich
  • Keine Notwendigkeit, die Uhr aufzuziehen und zu stellen
  • Langfristig hohe Ganggenauigkeit
  • vor Einführung der Sommerzeit, also in der Blütezeit der Synchronuhren, über Jahre Betrieb ohne Eingriff möglich (sofern die Stromversorgung niemals unterbrochen ist).

Demgegenüber stehen als Nachteile:

  • Notwendigkeit eines Anschlusses an das Stromnetz, d. h. Kosten und Einschränkungen bei der Platzwahl
  • Sicherheitsaspekte durch spannungsführende Elemente im Innern machen den Aufbau der gesamten Uhr teurer
  • Bei mechanischen Synchronuhren der Energiebedarf für den mechanischen Antrieb, da der Motor bei größeren Uhren typ. 2 W bis 3 W Leistungsaufnahme durchgängig betrieben wird. Bei mechanischen Zeitschaltuhren mit Synchronantrieb liegt der Leistungsbedarf unter 100 mW.
  • Nach Unterbrechung der Spannungsversorgung gehen Uhren ohne Gangreserve nach.
  • Die Netzfrequenz ist heutzutage nicht mehr als stabile Zeitbasis zu betrachten

Anwendungsbereich

Synchronuhr als Werbemittel

Früher wurden Synchronuhren gern als Werbemittel eingesetzt. Sie wurden in einem Geschäft oder Restaurant an geeigneter Stelle fest installiert und waren häufig mit einer Beleuchtung hinter dem (mit Werbung versehenen) Zifferblatt versehen. Die Uhren brauchten weder aufgezogen noch nachgestellt zu werden. Dies machte die synchronen Großuhren als Werbeträger in einer Zeit attraktiv, als die wenigsten Menschen eine Armband- bzw. Taschenuhr besaßen.

Synchronuhren waren und sind oft mit Zeitschaltern kombiniert, da sie eine hohe Antriebsleistung bzw. ein hohes Drehmoment besitzen. Heute gibt es Tages- und Wochen-Zeitschaltuhren, die als Synchronuhren arbeiten. Sie haben oft die Form von Zwischensteckern.

Weitere Anwendungen des Synchronantriebes waren mechanische Schaltwerke von Waschmaschinen, Geschirrspülern und Mikrowellenherden. Der Synchronantrieb wird hier wegen seines hohen Antriebsmomentes und seiner Drehzahlkonstanz unabhängig von der Belastung eingesetzt.

Die wohl häufigste Anwendung erfuhr die Synchronuhr in Form der Radiowecker, bevor in diesen die Quarzuhr oder Funkuhr Einzug hielt. Die frühen Ausführungen verfügten über ein Klappwerk, bei dem zu jeder Minute ein Plastikplättchen nach unten klappte und auf diese Weise die Uhrzeit in digitaler Form anzeigte. Spätere Ausführungen bedienten sich roter Nixie-Röhren, grüner Digitrons oder LED-Anzeigen.

Ganggenauigkeit

Die hohe mittlere Ganggenauigkeit und damit die Möglichkeit, die Uhr (vor Einführung der Sommerzeit) über Jahre ohne Eingriff betreiben zu können, war zur Blütezeit der Synchronuhrwerke das Alleinstellungsmerkmal dieser Uhren.

Die hohe mittlere Ganggenauigkeit beruht darauf, dass das Zeitnormal der Synchronuhr die Netzfrequenz ist und diese im europäischen Verbundsystem, zu dem auch das deutsche Stromnetz gehört, durch Vergleich mit der koordinierten Weltzeit (UTC) im Mittel auf 50 Hz stabil gehalten wird. Es kommt zwar laufend zu Schwankungen der Netzfrequenz, sodass über kurze Zeiträume die Ganggenauigkeit nicht vollständig sichergestellt ist; über längere Zeiträume werden Abweichungen jedoch mithilfe der Quartärregelung wieder kompensiert, sodass der Gangfehler der Synchronuhren im Fall ohne Fehler seitens Quartärregelung im Verbundnetz keine 20 Sekunden überschreitet. Damit sind mit Synchronuhren kleinere Gangabweichungen als mit Quarzuhren erreichbar. Im europäischen Verbundnetz erfasst Swissgrid die laufenden Abweichungen der Netzfrequenz und koordiniert die Korrekturen der Nennwerte im Rahmen der Quartärregelung.[3]

Ist eine Quartärregelung im Stromnetz nicht vorhanden, wie es vor 1991 auf dem Gebiet der DDR sowie im gesamten Ostblock der Fall war, weisen Synchronuhren erhebliche Gangfehler auf, sodass sie im Prinzip kaum einsetzbar sind. Das führte auch dazu, dass beispielsweise nach der Wende West-Berliner Synchronuhren falsch gingen, da das Netz in das Versorgungssystem von Berlin-Ost eingegliedert wurde. Erst durch die Umstrukturierung zwei Jahre später war in Berlin und Ostdeutschland die mittlere Netzfrequenz stabil bei 50 Hz – ganz Deutschland war nun in das westeuropäische Energieversorgungssystem eingebunden.

Ein an einem 60-Hz-Stromnetz betriebenes Synchronuhrwerk, das für 50 Hz ausgelegt ist, läuft entsprechend 20 % zu schnell, die Uhr geht also pro Stunde 12 min vor. Umgekehrt geht eine für 60 Hz ausgelegte Synchronuhr an einem 50-Hz-Stromnetz knapp 16,6 % nach, verliert pro Stunde also 10 Minuten.

Deutliche Ungenauigkeiten Anfang 2018

Die systembedingte ständige leichte Ungenauigkeit der Netzfrequenz, die sich im Allgemeinen bei Synchronuhren durch Abweichung der angezeigten Uhrzeit im Bereich von deutlich unter einer Minute gegenüber der Internationalen Atomzeit bemerkbar macht, stieg im 1. Quartal 2018 deutlich an. Ursache hierfür waren Unstimmigkeiten zwischen den Energieversorgern Serbiens und des Kosovo, die dazu führten, dass Synchronuhren im Bereich des europäischen Verbundsystems bis zu 6 Minuten „nachgingen“.[4]

Am 8. März 2018 teilte der für die Stabilität der Netzfrequenz zuständige Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) mit, dass die Unstimmigkeiten beseitigt seien.[5] Betroffene Uhren würden „bald wieder richtig“ laufen.[6]

Ende der Synchronuhren als Wanduhren

Ab Beginn der achtziger Jahre wurden Quarzuhren immer billiger verfügbar. Sie hatten ebenfalls eine ausreichend hohe Ganggenauigkeit und konnten batteriegespeist über Jahre ohne Wartung arbeiten. Das Fehlen von Netzspannung führenden Bauteilen machte den Aufbau preisgünstig, der Platz für die Uhr konnte ohne Rücksicht auf Anschluss an das Stromnetz frei gewählt werden, Installationsaufwand entfiel, ein Nagel in der Wand reichte. Bei Netzausfall entstand zudem keine Gangabweichung, diese konnte nur durch entleerte Batterien entstehen, was aber durch den stehen gebliebenen Sekundenzeiger schnell bemerkt wurde.

Gegen diese Vorteile konnte sich die Synchronuhr selbst im Bereich der Werbeuhren nicht mehr behaupten und verschwand mehr und mehr. Lediglich wo hohe Antriebskräfte für große Zeiger gefordert sind und kein großes mechanisches Werk eingebaut werden kann, werden vereinzelt noch von einem Synchronmotor angetriebene Uhrwerke verwendet.

Die analoge Synchronwanduhr lässt sich in ihrer Bauform meist dadurch identifizieren, dass der Sekundenzeiger kontinuierlich, also ohne springende Sekunde, läuft. Bei analogen Wanduhren mit Uhrenquarz wird durch den Lavet-Schrittmotor eine springende Sekunde erzeugt.

Vereinzelt sind preiswerte netzbetriebene Elektronikuhren ebenfalls Netzwechsel-Synchronuhren. Über einen Spannungsteiler wird die Netzfrequenz von der Sekundärwicklung des eingebauten Transformators abgenommen und über Frequenzteiler auf 1 Hz heruntergeteilt. Zeitweise war dieser Frequenzteiler zusammen mit der übrigen Uhrenelektronik in einem einzigen IC integriert. Diese gab es auch für 60 Hz Netzwechselfrequenz; oder der IC konnte über einen Eingang zwischen 50 und 60 Hz umgeschaltet werden.

Einzelnachweise

  1. wissen.de: Synchronuhr
  2. Michael Heussen: Wenn Uhren plötzlich anders ticken. In: tagesschau.de. 7. März 2018, abgerufen am 8. März 2018.
  3. swissgrid zu Netzzeitabweichung
  4. Markus Grabitz: Warum so viele Uhren gerade nachgehen. In: Der Tagesspiegel. 8. März 2018, abgerufen am 8. März 2018.
  5. Deviations affecting frequency in Continental Europe have ceased; ENTSO-E working on step 2. ENTSO-E, 8. März 2018, abgerufen am 10. März 2018 (englisch, Pressemitteilung).
  6. Uhren laufen bald wieder richtig. In: faz.net. 9. März 2018, abgerufen am 10. März 2018.