„St. Martini (Braunschweig)“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Änderungen von 87.152.232.11 (Diskussion) auf die letzte Version von EddieGP zurückgesetzt
→‎Ausstattung: Epitaph Martin Chemnitz
Zeile 19: Zeile 19:


An der Außenwand und im Kircheninneren befinden sich zahlreiche [[Epitaph]]ien verdienter Braunschweiger Bürger. Die meisten Epitaphien stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der älteste Epitaph stammt von 1554 und erinnert an den Bürgermeister Gerhard von Pawel und seine zweite Frau Anna von Windheim.<ref>Verena Friedrich: ''St. Martini Braunschweig.'' Kunstverlag-PEDA, Passau 1995, ISBN 3-930102-75-7, S. 20.</ref>
An der Außenwand und im Kircheninneren befinden sich zahlreiche [[Epitaph]]ien verdienter Braunschweiger Bürger. Die meisten Epitaphien stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der älteste Epitaph stammt von 1554 und erinnert an den Bürgermeister Gerhard von Pawel und seine zweite Frau Anna von Windheim.<ref>Verena Friedrich: ''St. Martini Braunschweig.'' Kunstverlag-PEDA, Passau 1995, ISBN 3-930102-75-7, S. 20.</ref>

Einer der bekanntesten Epitaphien ist der an exponierter Stelle südlich des Hochaltars hängende Epitaph des Braunschweiger Reformators [[Martin Chemnitz]]. Das ca. 2,40 m hohe Werk beinhaltete ein Gemälde des Theologen, an einem Tisch sitzend und mit einem Buch, einem Tintenfaß samt zugehöriger Schreibfeder ausgestattet. Das Gemälde wird der Umgebung von [[Lucas Cranach der Jüngere|Lucas Cranach dem Jüngeren]] zugeschrieben. <ref>http://www.inschriften.net/braunschweig/inschrift/nr/di056-0574.html#content</ref> Unterhalb der Tafel findet sich in lateinischer Sprache die Bibelstelle Galater 2,20, die Chemnitz selbst testamentarisch festgelegt hatte ("Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben.", Luther-Übersetzung 1984).


=== Orgel ===
=== Orgel ===

Version vom 2. September 2013, 19:02 Uhr

Blick auf die Martinikirche mit Umgebung
Martinikirche von Westen
Die Martinikirche mit flachen Turmspitzen zur Zeit des Wiederaufbaus der Stadt

Die Martinikirche ist eine Pfarrkirche in Braunschweig. Sie wurde ab dem 12. Jahrhundert als Haupt- und Pfarrkirche des Weichbildes Altstadt errichtet. Der Baubeginn erfolgte ungefähr 1190/1195. Als Initiator gilt Heinrich der Löwe. Sie ist die einzige mittelalterliche doppeltürmige Kirche in Braunschweig mit vollendetem Westbau (siehe auch: Sächsischer Westriegel). Sie befindet sich westlich des Altstadtmarktes und ist an drei Seiten umgeben von der Straße An der Martinikirche.

Geschichte

Der Bau der ursprünglichen St.-Martini-Kirche dauerte bis etwa 1225/1230.[1] Sie wurde wie der Braunschweiger Dom als romanische Pfeilerbasilika mit kreuzförmigem Grundriss errichtet,[2] die zwischen 1250 und 1400 zu einer gotischen Hallenkirche ausgebaut wurde. Kennzeichnend für die gotischen Erweiterungsbauten sind insbesondere die vielen Jochgiebel an den Außenseiten, die für die Region als typisch angesehen werden.

1400 erfolgte dann der Anbau des Chorabschlusses sowie 1434 der Anbau der Annenkapelle, die der Braunschweiger Wasmod von Kemme gestiftet hatte und langen von einem Turm mit spitzem, später mit kuppelförmigem Dach bedeckt wurde. Im Innern birgt sie sechs große Statuen (um 1440): Maria, die heiligen drei Könige, Joachim und Anna selbdritt. Über den Kielbögen sind Apostel- und Heiligenfiguren zu sehen, in der Mitte die Marienkrönung. Die weiteren, nur von unten erkennbaren Figuren zeigen unter anderem musizierende Gestalten und Köpfe von Braunschweiger Bürgern und Mönchen der damaligen Zeit.

Am südlichen Giebel des vormaligen Querhauses befinden sich mehrere Sandsteinskulpturen aus dem 14. Jahrhundert. Über den Eingängen auf der Nordseite hängen Tympanons, die das Lamm Gottes sowie die Grablegung Mariens darstellen. Es handelt sich hierbei um die einzigen erhaltenen originalen Tympanons in Braunschweig.

1441 wurde das bronzene Taufbecken von Barthold Sprangken gegossen. Es zeigt sieben Szenen aus dem Leben Jesu. 1528 wurde die Kirche evangelisch. 1616 erhielt das Taufbecken einen hölzernen, dreistöckigen Baldachin, auf dem ebenfalls biblische Geschichten dargestellt sind, 1675 folgte ein schmiedeeisernes Gitter.[2] 1899 wurde das Taufbecken an seinen heutigen Platz in der Annenkapelle versetzt. Die Werkstatt von Jürgen Röttger, in der der Baldachin entstand, schuf 1617 bis 1621 auch die reich verzierte Kanzel, die ebenfalls zahlreiche biblische Motive enthält, etwa Figuren der fünf klugen und fünf törichten Jungfrauen.[3] Um 1700 wurden die Zwerchgiebel des Chores mit gotisierendem Blendmaßwerk ausgestattet, wie es das benachbarte Altstadtrathaus bereits besaß.[4] Zwischen 1722 und 1725 entstand der von Anton Detlev Jenner aus Marmor und Alabaster geschaffene, vollständig erhaltene barocke Hochaltar, der unter anderem eine Abendmahlsszene zeigt.[2]

Im 19. Jahrhundert wurde ein Turm entfernt, der zwischen den beiden hohen Türmen stand. In den Jahren 1897 bis 1899 führte Max Osterloh umfangreiche Erneuerungen durch. Unter anderem wurde die Empore an der Südwand verkleinert und neu verziert. Im Zweiten Weltkrieg brannten der Dachstuhl und das Westwerk vollständig aus. Der Innenraum der Kirche jedoch blieb weitgehend vom Feuer verschont. 1956 wurde die Kirche wieder eingeweiht, 1979 bis 1987 restaurierte man sie von außen. Erst 1980 wurden die beiden gleich hohen Türme wiederhergestellt. Die Annenkapelle erhielt erneut einen spitzen, aber flacheren Turm. Ein gotischer Dachreiter, in dem die Stimmglocken aufgehängt waren, wurde nicht wieder errichtet.[5] 1991 bis 1992 erfolgte eine Innenausmalung nach mittelalterlichen Farbbefunden.[1]

Ausstattung

Von der romanischen Bauphase sind der Westbau mit Teilen einer romanischen Glockenstube sowie die beiden westlichen, beim Umbau versetzten Seitenschiffportale erhalten. Hinter dem Orgelprospekt verbirgt sich die ehemalige herzogliche Loge mit ihrem Sichtdurchlass in Form von drei romanischen Rundbögen.

An der Außenwand und im Kircheninneren befinden sich zahlreiche Epitaphien verdienter Braunschweiger Bürger. Die meisten Epitaphien stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der älteste Epitaph stammt von 1554 und erinnert an den Bürgermeister Gerhard von Pawel und seine zweite Frau Anna von Windheim.[6]

Einer der bekanntesten Epitaphien ist der an exponierter Stelle südlich des Hochaltars hängende Epitaph des Braunschweiger Reformators Martin Chemnitz. Das ca. 2,40 m hohe Werk beinhaltete ein Gemälde des Theologen, an einem Tisch sitzend und mit einem Buch, einem Tintenfaß samt zugehöriger Schreibfeder ausgestattet. Das Gemälde wird der Umgebung von Lucas Cranach dem Jüngeren zugeschrieben. [7] Unterhalb der Tafel findet sich in lateinischer Sprache die Bibelstelle Galater 2,20, die Chemnitz selbst testamentarisch festgelegt hatte ("Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben.", Luther-Übersetzung 1984).

Orgel

Orgelprospekt

Die erste Orgel der Kirche wurde 1510 von Johann Sporleder gebaut. Der heutige Orgelprospekt stammt aus dem Jahr 1631 und wurde von Jonas Weigel und Friedrich Stellwagen errichtet. Kurz nach Fertigstellung wurde Delphin Strungk Organist an der Martinikirche. Der historische Prospekt und die – bis Ende des 19. Jahrhunderts anders verlaufende – Emporenbrüstung sind reichlich mit Abbildern der zwölf Apostel und Szenen aus der Passionsgeschichte verziert. Die zentrale Inschrift stammt aus Psalm 150, Verse 1 und 6.

Die heutige Orgel wurde, nachdem ein Nachfolger des ursprünglichen Orgelwerkes im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, 1969–1972 von den Gebrüdern Hillebrand erbaut. Die Klangdisposition war eine Rekonstruktion der Orgel von 1631.[8]

Glocken

Die Martinikirche in Braunschweig birgt mit der Glocke „Großer Adler“ (Gewicht: 5172 kg, Schlagton: fis0) die größte Glocke des Braunschweiger Landes. Das gesamte Geläut der Kirche umfasst elf Glocken:[9]

  1. Großer Adler, Gussjahr 1624, 5172 kg, Ton fis0.
  2. Predigt- oder Martinsglocke, Gussjahr 1665, ca. 3300 kg, Ton a0.
  3. Trauglocke, Gusstag 1. März 1967, 2154 kg, Ton cis.
  4. Ruferglocke, Gusstag 10. April 1981, 1535 kg, Ton e.
  5. Dreikönigsglocke, Gussjahr 13./14. Jahrhundert, 1250 kg, Ton fis.
  6. Reformations-Gedächtnis-Glocke, Gusstag 25. Oktober 1985, 760 kg, Ton gis.
  7. Martin-Chemnitz-Glocke, Gusstag 18. September 1987, 660 kg, Ton a.
  8. Johann-Arndt-Glocke, Gusstag 18. September 1987, 565 kg, Ton h.
  9. Thomasglocke, Gusstag 14. Mai 1982, 489 kg, Ton cis.
  10. Stimmglocke, um 1300, 55,2 kg, Ton h.
  11. Stimmglocke, um 1300, 17 kg, Ton e.

Die beiden Stimmglocken sind nach Erkenntnissen aus dem August 2011 die ältesten Glocken der Stadt Braunschweig.[5]

Nutzung und Umgebung

In der Kirche werden regelmäßig Gottesdienste abgehalten, ferner dient sie Kasualien. Sonnabends finden während des Wochenmarktes „Marktandachten“ statt. Gelegentlich werden Konzerte veranstaltet, darunter Orgelkonzerte. Es werden Führungen zur Kirche und Kirchengeschichte angeboten.

Zu den Gebäuden rings um die Martinikirche zählen – von Norden im Uhrzeigersinn – die ehemalige Zentrale des Bankhauses Löbbecke, das Altstadtrathaus, das ehemalige Rüninger Zollhaus, das Gewandhaus und das ehemalige Landschaftliche Haus – heute das Amtsgericht.

Südlich der Martinikirche liegt ein Platz, der wie die westlich und nördlich liegenden Straßen „An der Martinikirche“ heißt. Dort befand sich bis 1758 der Martinifriedhof, auf dem die Paulskapelle stand, die 1311 erstmals erwähnt wurde und 1791 abgerissen wurde.[10] Heute wird der Platz als Parkplatz genutzt.

Galerie

Literatur

Commons: St. Martini (Braunschweig) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Norbert Koch: Braunschweiger Kirchen-Führer. Stadtkirchenverband und Propstei Braunschweig, Braunschweig 1994
  2. a b c St.-Martini-Kirchengemeinde (Hrsg.): Ein Kurzführer der St. Martinikirche zu Braunschweig. Braunschweig, ohne Jahrgang
  3. Verena Friedrich: St. Martini Braunschweig. Kunstverlag-PEDA, Passau 1995, ISBN 3-930102-75-7, S. 15.
  4. Verena Friedrich: St. Martini Braunschweig. Kunstverlag-PEDA, Passau 1995, ISBN 3-930102-75-7, S. 5.
  5. a b Bericht zum Fund der beiden Stimmglocken bei propstei-braunschweig.de, abgerufen am 17. Mai 2013
  6. Verena Friedrich: St. Martini Braunschweig. Kunstverlag-PEDA, Passau 1995, ISBN 3-930102-75-7, S. 20.
  7. http://www.inschriften.net/braunschweig/inschrift/nr/di056-0574.html#content
  8. Verena Friedrich: St. Martini Braunschweig. Kunstverlag-PEDA, Passau 1995, ISBN 3-930102-75-7, S. 19.
  9. Das Geläut von St. Martini (PDF-Datei, 582 kB)
  10. Porträt der Kapelle beim Kultur- und Geschichtsverein Schunteraue, abgerufen am 19. Mai 2013

Koordinaten: 52° 15′ 45″ N, 10° 30′ 59″ O