Säbelzahnkatzen

Säbelzahnkatzen

Schädel der Säbelzahnkatze Smilodon mit den markanten stark verlängerten Eckzähnen

Zeitliches Auftreten
Miozän bis Pleistozän
15 Mio. Jahre bis 10.000 Jahre
Fundorte
Systematik
Höhere Säugetiere (Eutheria)
Laurasiatheria
Raubtiere (Carnivora)
Katzenartige (Feliformia)
Katzen (Felidae)
Säbelzahnkatzen
Wissenschaftlicher Name
Machairodontinae
Gill, 1872

Die Unterfamilie der Säbelzahnkatzen (Machairodontinae) ist eine ausgestorbene Linie der Katzen. Sie zählen damit zu den Raubtieren (Carnivora), einer Ordnung der Säugetiere (Mammalia). Man nimmt an, dass sich die Raubtiere schon im frühen Paläozän in die beiden Raubtier-Überfamilien, die Katzenartigen (Feliformia) und die Hundeartigen (Caniformia), aufgespalten haben. Als älteste Gruppe der ersteren galt bisher die ausgestorbene Familie Viverravidae, die bereits im Paläozän nachgewiesen ist. Eine der ältesten Familien aus dem Katzenzweig sind die Nimravidae, die sehr stark an Katzen (Felidae) erinnern, aber als separate Familie angesehen werden. Sie traten erstmals im späten Eozän Nordamerikas und Eurasiens auf. Eine weitere Familie, die Barbourofelidae, wurden ursprünglich als Unterfamilie der Nimravidae angesehen, doch gelten sie heute als eigene Familie. Die Barbourofelidae starben erst im späten Miozän mit der nordamerikanischen Gattung Barbourofelis aus. Gelegentlich werden auch einige Arten der Nimravidae und der Barbourofelidae als Säbelzahnkatzen bezeichnet, obwohl diese weder echte Katzen noch echte Säbelzahnkatzen sind und daher als Scheinsäbelzahnkatzen gelten.

Der eigentliche Zweig der echten Säbelzahnkatzen wird als die Unterfamilie der Machairodontinae bezeichnet.

Aussehen

Säbelzahnkatzen erhielten ihren Namen wegen der extrem langen gebogenen Eckzähne, die bei der größten Art bis zu 28 cm lang werden konnten. Die Tiere konnten ihren Unterkiefer im 95-Grad-Winkel aufreißen, was auch nötig war, um die langen Zähne voll einsetzen zu können. Heutige Katzen können ihre Kiefer nur um 65 bis 70 Grad öffnen. Im Habitus glichen sie heutigen Katzen, obwohl die meisten Formen gedrungener gebaut und damit wohl weniger elegant als die uns vertrauten Arten waren. Viele besaßen einen relativ kurzen Schwanz, wie wir ihn vom heutigen Luchs (Lynx lynx) her kennen.

Schädelpräparat eines Smilodon fatalis mit maximaler Kieferöffnung (128°)
Zum Vergleich der Schädel einer Hauskatze (Felis silvestris f. catus) mit einer maximalen Kieferöffnung von 80°

Eine weit verbreitete Vorstellung ist, dass Säbelzahnkatzen durchweg sehr groß waren. Tatsächlich waren aber einige relativ klein, teilweise kleiner als Leoparden. Zu den kleinsten Formen zählten Vertreter der Gattung Paramachairodus, die eine Schulterhöhe von etwa 60 cm erreichten. Die größten Arten der Gattungen Smilodon, Machairodus und Homotherium hatten in etwa die Größe eines heutigen Löwen. Eine der größten Arten war der südamerikanische Säbelzahntiger Smilodon populator; er erreichte eine Schulterhöhe von etwa 1,2 Meter. Ähnlich groß oder sogar etwas größer, aber dafür weniger massig gebaut waren Machairodus giganteus und große Formen der Gattung Homotherium.[1]

Taxonomie

Die Säbelzahnkatzen wurden ursprünglich in drei Tribus aufgeteilt. Eine davon, die Tribus der Metailurini, zu der neben unbekannteren Formen wie Metailurus und Adelphailurus auch Dinofelis gehört, werden heute aber zu den Felinae gerechnet. Daher verbleiben hier heute nur noch zwei Tribus, die Machairodontini mit den ursprünglicheren Gattungen Machairodus und Xenosmilus sowie der moderneren Gattung Homotherium und die Smilodontini mit Megantereon und Smilodon.[2][3][4][5]

Kladogramm

Innere Systematik der Machairodontinae nach Piras et al. 2018[6]

 Machairodontinae  

  Homotheriini  

 Machairodus


   

 Amphimachairodus


   

 Lokotunjailurus


   


 Xenosmilus


   

 Dinobastis



   

 Homotherium






   
  Smilodontini  


 Promegantereon


   

 Paramachaerodus



   


 Megantereon


   

 Smilodon



   

 Rhizosmilodon




  Metailurini  

 Fortunictis


   

 Adelphailurus


   

 Stenailurus


   


 Metailurus


   

 Yoshi



   

 Dinofelis



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 Miomachairodus



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Genetik

Stellung der Machairodontinae innerhalb der Feloidea nach Paijmans et al. 2017[7]
 Feliformia  

 Nandiniidae (Pardelroller)


   


 Herpestidae (Mangusten)


   

 Hyaenidae (Hyänen)



   

 Viverridae (Schleichkatzen)


   

 Prionodontidae (Linsangs)


  Felidae (Katzen)  
  Machairodontinae  

 Smilodon


   

 Homotherium



   

 Pantherinae (Großkatzen)


   

 Felinae (Kleinkatzen)








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Molekulargenetische Untersuchungen an Fossilresten von Smilodon und Homotherium sprechen für eine monophyletische Gruppe der Säbelzahnkatzen innerhalb der Katzen. Der letzte gemeinsame Vorfahre der Säbelzahnkatzen und der heutigen Katzen lebte im Unteren Miozän vor rund 20 Millionen Jahren. Smilodon und Homotherium spalteten sich vor rund 18 Millionen Jahren voneinander ab, was noch vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem sich die heutigen Katzen zu verzweigen begannen. Diese weit zurückliegende Diversifizierung von Smilodon und Homotherium unterstützt den Verweis der beiden Gattungen in jeweils unterschiedliche Triben. Von Homotherium wurden mehrere Individuen sowohl aus Nordamerika als auch aus Europa untersucht. Alle zeigen eine enge Verwandtschaft, deren Trennung erst vor rund 216.000 bis 77.000 Jahren erfolgte, also im Übergang vom Mittleren zum Oberen Pleistozän. Da die eurasischen und nordamerikanischen Tiere genetisch miteinander verzahnt sind, spricht dies gegen die gegenwärtige Aufsplittung von Homotherium in mehrere, kontinental getrennte Arten (H. latidens in Eurasien und H. serum in Nordamerika).[8][7]

Liste

Smilodon-Skelett
Homotherium-Skelett

Die Gattungen der Säbelzahnkatzen:[9]

Tribus Machairodontini

Tribus Homotherini

Tribus Smilodontini

  • Paramachairodus:[1] mittleres bis oberes Miozän; Europa und Asien
  • Megantereon: spätestes Miozän bis Mittelpleistozän; Europa, Asien, Afrika, Nordamerika
  • Rhizosmilodon: frühes Pliozän; Nordamerika[13]
  • Smilodon: oberes Pliozän bis oberstes Pleistozän; Nord- und Südamerika

Lebensweise und Verhalten

Säbelzahnkatzen waren aller Wahrscheinlichkeit nach aktive Räuber, obwohl gelegentlich darauf hingewiesen wird, dass diese Tiere auch reine Aasfresser gewesen sein könnten, was aber aus vielerlei Gründen äußerst unwahrscheinlich ist. Aufgrund des teilweise recht großen Körpers darf man annehmen, dass einige Arten recht stattliche Beutetiere erlegen konnten. Ob sie allerdings auch solch riesige Tiere wie Elefanten und Mammuts oder zumindest deren Jungtiere angegriffen haben, ist nicht klar. Zahlreiche Funde von Mammutskeletten, die neben einigen Skeletten der Scimitar-Katze (Homotherium serum) in der Friesenhahn-Höhle in Texas gefunden wurden, weisen darauf hin.

Die Aufgabe der charakteristischen Säbelzähne (Dentes canini) ist bis heute umstritten. Im Oberkiefer ist der Eckzahn nach dem Zwischenkieferbein (Prämaxillare) der vorderste Zahn im Oberkieferknochen (Maxillare).[14] Möglicherweise gebrauchten die Tiere sie, um sehr großen Beutetieren tiefe Stich- und Reißwunden beizubringen, an denen die Opfer dann verbluteten. Kritiker dieser Annahme weisen darauf hin, dass die Zähne bei solch einer Belastung leicht brechen würden. Sie vermuten daher, dass diese Katzen ihre Zähne gebrauchten, um der bereits am Boden liegenden, kampfunfähigen Beute gleichzeitig Halsschlagader (Arteria carotis communis) und Luftröhre (Trachea) zu durchtrennen. Darauf deuten auch die bei einigen Arten wie Smilodon extrem kräftig ausgebildeten Vordergliedmaßen hin, die wohl dazu dienten, Beutetiere gegen den Boden zu drücken, um dann einen präzisen Tötungsbiss zu setzen. Möglicherweise dienten die langen Eckzähne aber nur zum Imponieren gegenüber Artgenossen.

Auch denkbar ist, dass die Zähne auf unterschiedliche Weise genutzt wurden, da sie bei verschiedenen Arten zum Teil recht verschieden ausgebildet waren. Eine weitere Theorie ist, dass Säbelzahnkatzen sich von Blut, Eingeweiden und sonstigen weichen, leicht abzufressenden Körperteilen ernährten, welche die Säbelzähne nicht gefährdeten. Wahrscheinlich hatten sie wie die heutigen Katzen auch verhornte Geschmacksknospen (Papillen) auf der Zunge, welche es ihnen erlaubte, ohne Gefährdung der Zähne Fleisch von den Knochen zu lösen.

Fundorte und Verbreitung

Rekonstruktion der Säbelzahnkatze Megantereon im Naturhistorischen Museum Wien

Überreste von Säbelzahnkatzen wurden bislang auf allen Kontinenten mit Ausnahme von Australien und der Antarktis gefunden. Die ältesten Funde sind etwa 15 Millionen Jahre alt. In Europa sind diese Tiere mit den Gattungen Machairodus, Paramachairodus, Megantereon und Homotherium nachgewiesen. Der geologisch jüngste Fund von Homotherium ist rund 28.000 Jahre alt und wurde von einem niederländischen Fischkutter vom Grund der Nordsee, die während der letzten Kaltzeit Festland (s. Doggerland) war, ans Tageslicht geholt. In Nordamerika verschwanden vor etwa 10.000 Radiokohlenstoffjahren die beiden Gattungen Smilodon und Homotherium fast gleichzeitig. Mit ihnen starben im Zuge der quartären Aussterbewelle auch zahlreiche weitere Großtierarten aus. Als Ursache für das plötzliche Verschwinden der eiszeitlichen Großtierfauna (siehe auch Megaherbivorenhypothese) werden klimatische Schwankungen oder menschliche Einflüsse diskutiert.

Die Säbelzahnkatze Smilodon fatalis ist das Staatsfossil des US-Bundesstaates Kalifornien. Von ihr wurden in den La Brea Tar Pits in Kalifornien insgesamt 166.000 Einzelknochen freigelegt. Geschätzt verendeten in den Asphaltgruben von Los Angeles über einen Zeitraum von 25.000 Jahren mindestens 2.500 Säbelzahnkatzen.

In Afrika und Südasien starb die letzte dort heimische Säbelzahnkatze Megantereon schon erheblich früher, vor etwa 500.000 Jahren, aus. Fossilien von Säbelzahnkatzen wurden auch in Deutschland entdeckt:

Aus dem Miozän stammen die rund zehn Millionen Jahre alten Funde von Eppelsheim und die etwa 8,5 Millionen Jahre alten Fossilien von Dorn-Dürkheim. Aus dem Eiszeitalter stammen die etwa eine Million Jahre alten Funde von der Fossillagerstätte Ur-Werra zwischen Meiningen und Untermaßfeld sowie die ungefähr 600.000 Jahre alten Fossilien von Wiesbaden-Mosbach, Mauer bei Heidelberg und Neuleiningen bei Grünstadt. In Meiningen kamen die Säbelzahnkatzen Homotherium und Megantereon zusammen vor. In Wiesbaden-Mosbach und Mauer waren sie Zeitgenossen riesiger Löwen.

In der archäologischen Grabungsstätte Schöningen (Niedersachsen) wurden 2012 vier Zähne sowie wenige Beinknochen der Säbelzahnkatze Homotherium latidens entdeckt. Ihr Alter wird mit 300.000 Jahren angegeben.[15]

Ähnliche Tierformen

Bevor Smilodon im Pliozän Südamerika über die mittelamerikanische Landbrücke erreichte, gab es dort Tiere, die den Säbelzahnkatzen mit ihren extrem langen Eckzähnen verblüffend ähnlich sahen. Sie gehörten zur Gattung Thylacosmilus, waren aber mit den Säbelzahnkatzen nicht verwandt, sondern gehörten zu den Beuteltieren. Sie starben mit der Ankunft der echten Säbelzahnkatzen aus. Das Prinzip der überlangen Eckzähne hat sich also neben den Scheinsäbelzahnkatzen aus der Familie Nimravidae unabhängig ein drittes Mal entwickelt. Auch bei einigen frühen säugetierähnlichen Reptilien, die vor den Dinosauriern lebten, bildeten sich Formen mit langen Säbelzähnen aus, etwa Inostrancevia.

Literatur

  • Miles Barton: Wildes Amerika. Zeugen der Eiszeit. Vgs, Köln 2003, ISBN 3-8025-1558-7.
  • Alan Turner, Mauricio Antón: The big cats and their fossil relatives. An illustrated guide to their evolution and natural history. Columbia University Press, New York 1997, ISBN 0-231-10229-1.
  • Dick Mol, Wilrie van Logchem, Kees van Hooijdonk, Remie Bakker: The Saber-Toothed Cat of the North Sea. DrukWare, Norg 2008, ISBN 978-90-78707-04-2.
  • Ernst Probst: Säbelzahnkatzen. Von Machairodus bis zu Smilodon. GRIN, München 2009, ISBN 978-3-640-32794-2.
Commons: Säbelzahnkatzen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Alan Turner: The Big Cats and their fossil relatives. Columbia University Press, New York 1997, ISBN 0-231-10228-3, S. 60.
  2. Paleobiology Database.
  3. Alan Turner: The evolution of the guild of larger terrestrial carnivores during the Plio-Pleistocene in Africa. In: Geobios. 23 (3), 1990, S. 349–368. doi:10.1016/0016-6995(90)80006-2.
  4. L. D. Martin, J. P. Babiarz, V. L. Naples, J. Hearst: Three Ways To Be a Saber-Toothed Cat. In: Naturwissenschaften. 87(1), 2000, S. 41–44. doi:10.1007/s001140050007.
  5. Alan Turner: The Big Cats and their fossil relatives. Columbia University Press, New York 1997, ISBN 0-231-10228-3, S. 60.
  6. Paolo Pirasa, Daniele Silvestro, Francesco Carotenuto, Silvia Castiglione, Anastassios Kotsakis, Leonardo Maiorino, Marina Melchionna, Alessandro Mondanaro, Gabriele Sansalone, Carmela Serio, Veronica Anna Vero, Pasquale Raia: Evolution of the sabertooth mandible: A deadly ecomorphological specialization. In: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. 496, 2018, S. 166–174, doi:10.1016/j.palaeo.2018.01.034
  7. a b Johanna L. A. Paijmans, Ross Barnett, M. Thomas P. Gilbert, M. Lisandra Zepeta-Mendoza, Jelle W. F. Reumer, John de Voss, Grant Zazula, Doris Nagel, Gennady F. Baryshnikov, Jennifer A. Leonard, Nadine Rohland, Michael V. Westbury, Axel Barlow, Michael Hofreiter: Evolutionary history of sabre-toothed cats based on ancient mitogenomics. In: Current Biology. 27, 2017, S. 3330–3336, doi:10.1016/j.cub.2017.09.033.
  8. Chris Widga, Tara L. Fulton, Larry D. Martin, Beth Shapiro: Homotherium serum and Cervalces from the Great Lakes Region, USA: geochronology, morphology and ancient DNA. In: Boreas. 41, 2012, S. 546–556, doi:10.1111/j.1502-3885.2012.00267.x.
  9. M. McKenna, K. Bell: Classification of Mammals: Above the Species Level. Neuauflage. Columbia University Press, 2000.
  10. Alan Turner: The Evolution of the guild of larger terrestrial carnivores during the Plio-Pleistocene in Africa. In: Geobios. no 23, fasc. 3, 1990, S. 349–368.
  11. L. D. Martin u. a.: Three Ways To Be a Saber-Toothed Cat. In: Naturwissenschaften. Springer, Berlin/ Heidelberg 1999. (online)
  12. Lars W. van den Hoek Ostende, Michael Morlo, Doris Nagel: Fossils explained 52 Majestic killers: the sabre-toothed cats. In: Geology Today. (Blackwell Publishing). Vol. 22, No. 4, Juli–August 2006. (online)
  13. Steven C. Wallace, Richard C. Hulbert: A New Machairodont from the Palmetto Fauna (Early Pliocene) of Florida, with Comments on the Origin of the Smilodontini (Mammalia, Carnivora, Felidae). In: PLoS ONE. 8 (3), 2013, S. e56173. doi:10.1371/journal.pone.0056173
  14. Ulrich Lehmann: Paläontologisches Wörterbuch. 4. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1996, S. 39.
  15. Christina Sticht: Reste einer Säbelzahnkatze aus der Eiszeit entdeckt. In: Weser Kurier. 2. April 2014, S. 14.