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* Althaus, Marco: Wahlkampf als Beruf. Die Professionalisierung der Political Consultants in den USA. Frankfurt am Main, 1998.
* Althaus, Marco: Wahlkampf als Beruf. Die Professionalisierung der Political Consultants in den USA. Frankfurt am Main, 1998.
* Florian Busch-Janser, Sandra Gerding und Mario Voigt (Hrsg.): Politikberatung als Beruf ISBN 3-938456-01-9
* Florian Busch-Janser, Sandra Gerding und Mario Voigt (Hrsg.): Politikberatung als Beruf ISBN 3-938456-01-9
* Dagger, Steffen; Lianos, Manuel: Public Affairs in Brüssel - Neues Spiel, altes Glück, in: politik&kommunikation, 11/2004 [http://www.euractiv.com/31/images/pk21_bruessel1_tcm31-133107.pdf]
* Dagger, Steffen / Greiner, Christoph / Leinert, Kirsten / Meliss, Nadine / Menzel, Anne (Hrsg.): Politikberatung in Deutschland - Praxis und Perspektiven, Verlag für Sozialwissenschaften 2004, ISBN 3-531-14464-2 (Mit Beiträgen von Angela Merkel, Wolfgang Gerhardt, [[Peter Radunski]], Wolf-Dieter Zumpfort, Gunnar Bender, Wigan Salazaar, Marco Althaus etc.)
* Dagger, Steffen / Greiner, Christoph / Leinert, Kirsten / Meliss, Nadine / Menzel, Anne (Hrsg.): Politikberatung in Deutschland - Praxis und Perspektiven, Verlag für Sozialwissenschaften 2004, ISBN 3-531-14464-2 (Mit Beiträgen von Angela Merkel, Wolfgang Gerhardt, [[Peter Radunski]], Wolf-Dieter Zumpfort, Gunnar Bender, Wigan Salazaar, Marco Althaus etc.)
* Köppl, Peter : Power-Lobbying: Das Praxishandbuch der Public Affairs, Linde International 2003, 276 Seiten, ISBN 3-7143-0010-4
* Köppl, Peter : Power-Lobbying: Das Praxishandbuch der Public Affairs, Linde International 2003, 276 Seiten, ISBN 3-7143-0010-4

Version vom 20. Februar 2006, 18:15 Uhr

Public Affairs (PA) arbeitet an der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. PA ist eine professionelle Dienstleistung, die Organisationen berät, um ihre Beziehung zum politischen Feld zu organisieren. Ein sich teilweise überschneidender Bereich ist die Politikberatung.

PA stammt aus den USA und ist in Deutschland eine noch junge und aufstrebende Disziplin, die 1999 einen starken Entwicklungsschub mit dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin erhielt. Seitdem wird PA zunehmend als Dienstleistung von Agenturen und externen Beratern und immer weniger von den Verbänden betrieben. Den Mittelpunkt der deutschen PA-Branche bildet das Berliner Regierungsviertel, wo sich ein Großteil der auf PA spezialisierten Akteure angesiedelt hat. Die deutsche Plattform für die Vertreter von Public Affairs ist die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung.


Begriffsdefinition

Public Affairs (PA) bezeichnet das strategische Management von Entscheidungsprozessen an der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie beschreibt jenen Ausschnitt der professionellen Beratung und Kommunikation von Unternehmen und Verbänden, der die Beziehung zu Gruppen in Politik und Bürokratie und zu gesellschaftlichen Einflussgruppen analysiert und planvoll managt. PA organisiert die externen Beziehungen einer Organisation, vor allem zu Regierungen, Parlamenten, Behörden, Gemeinden sowie Verbänden und Institutionen ― und zur Gesellschaft selbst. PA ist aufgrund ihrer hohen Relevanz als Managementaufgabe zu verstehen. Politische Entscheidungen betreffen nicht nur die Entwicklung eines einzelnen Unternehmens, sondern ganzer Wirtschaftszweige. Daher ist es Aufgabe von PA, den unternehmerischen Erfolg durch gezielte Eingriffe nachhaltig zu sichern und Krisen zu vermeiden. Damit ist PA ein aktiver, strategisch geplanter, dialogorientierter Prozess. PA meint Interessenvertretung im politischen Kontext. Sie bedient sich dabei sowohl der Methoden klassischer Public Relations (Presse- und Medienarbeit, Issues Management etc.) als auch spezifischer Instrumente wie Lobbying (Kommunikation mit und Beratung von relevanten Entscheidungsträgern, direkt oder über Meinungsbildner und Medien), politisches Monitoring, CSR (Corporate Social Responsibility) etc. Da sich die Gesetzmäßigkeiten von Wirtschaft und Politik ständig verändern (besonders im Rahmen der fortschreitenden Globalisierung), ist es notwendig, dass Unternehmen fähig sind, äußerst flexibel auf neue Themen und Probleme zu reagieren. Dabei ist es Aufgabe der PA, Beziehungen zu den relevanten Dialoggruppen eines Unternehmens zu schaffen, aufrecht zu halten und gleichzeitig bei diesen Gruppen die Interessen des Unternehmens zu vertreten. Da kein Unternehmen isoliert von Gesellschaft und Politik agieren kann, haben die Interessen eines Unternehmens immer auch Auswirkungen auf gesellschaftliche Bereiche.

Eine allgemein akzeptierte Definition von PA gibt es (noch) nicht. Bei dem Ausdruck handelt es sich um einen in den USA geprägten, international gebräuchlichen Fachbegriff. PA ist nach Ansicht des deutschen Berufsverbandes de’ge’pol (Deutsche Gesellschaft für Politikberatung) neben Kampagnenberatung und Politikfeldberatung eines der drei Tätigkeitsfelder der Politikberatung. Das Ziel von PA ist die aktive und nachhaltige Involvierung von Unternehmen bzw. Organisationen in gesellschaftliche und politische Prozesse und geht somit über das reine Lobbying weit hinaus. Es geht also darum, in der Öffentlichkeit, der politischen und der medialen Arena Aufmerksamkeit und Akzeptanz für bestimmte Themen zu schaffen. Dabei können aktiv Themen gesetzt und gestaltet werden. Es geht aber auch um die Beobachtung von Themen und Akteuren sowie um die Analyse ihrer Entwicklung. So kann frühzeitig festgestellt werden, welche Krisen entstehen könnten und wie auf bestimmte Themen reagiert werden muss. PA wird entweder intern von Unternehmen, Verbänden, NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen), Gewerkschaften etc. betrieben oder extern von spezialisierten Dienstleistern wie Agenturen angeboten.

Das Verhältnis von Public Affairs und Public Relations

Der Begriff PA bleibt bis heute unscharf, nicht nur auf der semantischen Ebene, sondern auch in seiner Positionierung gegenüber der benachbarten Disziplin Public Relations (PR). In der Literatur gibt es viele Versuche, die beiden Begriffe PA und PR inhaltlich voneinander abzugrenzen. Dabei kommen Praxis und Wissenschaft überein, dass PR die Beziehung mit Öffentlichkeiten pflegt und entwickelt, die für die entsprechende Organisation von Bedeutung sind. PA ist jene Praxis der PR, die sich an Politik und Öffentlichkeit richtet, um die Politik zu beeinflussen. Aber es gibt auch jene Sichtweise, die beide Disziplinen unverbunden nebeneinander stehend betrachtet. Bis heute gibt es demnach keine eindeutige Definition, ob PR ein Teil von PA sind, oder ob PA ein Teil der PR sind. Der Wiener Kommunikationswissenschaftler Peter Köppl sieht die Hauptaufgabe von PA darin, die Interessen eines Unternehmens oder einer Organisation gegenüber einer internationalen, nationalen oder regionalen Regierung, einer lokalen politischen Verwaltung, öffentlichen Behörden, Politikern oder Beamten zu vertreten. Dabei geht es zum einen um den Aufbau konstruktiver Beziehungen und zum anderen um die nachhaltige, punktuelle Vertretung spezifischer Interessen. Die PR hingegen sieht PA lediglich als ein Instrument zur Ansprache der politischen Zielgruppen. Dabei wird außer Acht gelassen, daß es sich bei PA nicht nur um die Weitergabe von Informationen an politische Entscheidungsträger handelt, sondern dass es auch um die Involvierung in die politischen Prozesse geht. PR aber beschreibt die Kommunikation mit allen anderen Öffentlichkeiten. Dr. Marco Althaus, akademischer Direktor und Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Public Affairs, hält die Trennung der beiden Disziplinen jedoch für unangemessen, da PA ebenso strategische Managementaufgabe wie PR sei, die wie letztere ganzheitlich integriert gesteuert werden müsse. Darüber hinaus wird PR mittlerweile ebenso wie PA genutzt, um Politikformulierung und die öffentliche Agenda zu beeinflussen.


Geschichte

USA

Der Begriff PA bedeutet übersetzt „öffentliche Angelegenheiten“. Er stammt aus den USA, wo 1954 auf Veranlassung des amerikanischen Präsidenten Eisenhower in Washington (D.C.) das Public Affairs Council (PAC) als Gegenorganisation zu den Gewerkschaften gegründet wurde. Da Unternehmensentscheidungen direkt und indirekt von der Politik und den durch diese gesetzten Rahmenbedingungen beeinflusst werden, galt es als Ziel der PA, die politischen Aktivitäten der Unternehmen zu aktivieren. Gemeint ist damit die bewusste Mitgestaltung, Lenkung und Entwicklung der politischen Steuerungsprozesse, die ein Unternehmen und damit auch seinen wirtschaftlichen Erfolg gefährden könnten. Dazu zählen Gesetze, Verordnungen, Genehmigungen und Auflagen auf sämtlichen politischen Ebenen. Daher werden PA auch oftmals als Government Relations oder Community Relations bezeichnet. Zunächst handelte es sich bei den Akteuren überwiegend um Juristen aus gehobenen Unternehmenspositionen, die einen nicht-offiziellen Kontakt zu politischen Akteuren pflegten, der hauptsächlich aus dem Zuspielen von Informationen bestand. Diese Arbeit war in erster Linie reaktiv, da die Unternehmen politische Entscheidungen erst abwarteten, um sie dann anzunehmen oder Einspruch gegen sie zu erheben. In den sechziger Jahren gründeten sich während der Eisenhower Administration einflussreiche Gewerkschaften. Unternehmen sahen sich infolge dessen gezwungen, ihre Governmental Relations aktiver zu gestalten. Sie nutzten dafür das Public Affairs Council und ließen dort ihre Manager gezielt in politischem Sachwissen weiterbilden. Dem Public Affairs Council gehören heute über 500 der größten US-amerikanischen Unternehmen an. Mit der Zeit verlagerte sich der Fokus dieser Organisation auf das Vertreten der Unternehmensinteressen gegenüber der Lobby der Konsumenten- und Umweltschützer. Dabei sah die Organisation ihre Aufgabe in der Schulung von Managern, insbesondere bezüglich der Effizienzverbesserung ihres politischen Engagements. Damit widmete sich das Council vorrangig der Ausbildung in Sachen PA anstelle der Einflussnahme auf die Politik.

In den 1970er Jahren verzeichnete der amerikanische PA-Sektor ein enormes Wachstum, was zu einer Verdopplung der Mitgliederzahlen des Public Affairs Councils führte. Die PR-Stäbe der Unternehmen wuchsen schnell und die Zahl der sog. PA-Professionals verdreifachte sich sogar. Aufgrund zunehmender politischer Markteingriffe erkannten immer mehr Unternehmen die Bedeutung des Managements politischer Prozesse. Eskalierende Auseinandersetzungen mit Gewerkschaften, NGOs, Politikern und Regulierungsbehörden sorgten zusätzlich für einen Bedarf an externer Beratung, der durch die sich gerade entwickelnden Beratungsagenturen der Political Consultants gewährleistet wurde. Unternehmen und Verbände hatten aus ihren Auseinandersetzungen mit dem linksradikalen Empowerment und Community Organizing gelernt und bewegten sich aus der Defensive in die Offensive.

In den 1980er Jahren brach der amerikanische Public Affairs Sektor aufgrund der Rezession, zahlreichen Unternehmenszusammenschlüssen und dem damit verbundenen abnehmenden Engagement im PA-Sektor zusammen. Statt dessen konzentrierten sich die meisten Unternehmen vorrangig auf ihr kommerzielles Umfeld. Die Phase des Corporate Activism hatte sich erschöpft.

Erst ab den 1990er Jahren erlangte PA wieder einen höheren Stellenwert. Gekoppelt mit einer Rückverlagerung politischer Macht auf die Einzelstaaten und Kommunen, reaktivierte die Rezession und ein polarisierender Streit um Wirtschaftspolitik, Gesundheitssystem und die grundlegende Reform des Wohlfahrtsstaates den PA Sektor. Die amerikanischen Unternehmen sahen aufgrund der Auswirkungen national-politischer Entscheidungen auf ihre internationale Konkurrenzfähigkeit wieder die Notwendigkeit von PA als nicht-kommerzieller und externer Kommunikationsarbeit. Treibende Kraft dieser Entwicklung waren vor allem die Tabakindustrie sowie Chemie- und Pharmazie-Unternehmen, welche durch das von der Lobby der Konsumenten- und Umweltschützer forcierte Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein der Öffentlichkeit zunehmend unter Druck geraten waren.

Deutschland

In Deutschland ist PA eine noch relativ junge Disziplin. Der Begriff taucht eigentlich erst seit dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin auf und verbreitet sich seitdem stetig, mittlerweile auch über Fachkreise hinweg. Ein wichtiger Motor hierfür war die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung im Jahr 2002.

In den 1980er Jahren kam es in Deutschland unter dem Druck von Umweltverbänden und durch eine Zunahme des umweltpolitischen Diskurses verstärkt zu Wirtschaftsregulierungen, was viele Unternehmen dazu veranlasste, in Dialog mit der Politik zu treten, um diese zu verhindern oder in ihren wirtschaftlichen Folgen abzumildern.

Dieser Diskurs wurde zumeist von Interessenverbänden geführt, was den Begriff Verbändestaat (Korporatismus) prägte.

1999 fand mit dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin zugleich ein grundlegender Wandel im Verständnis der politischen Kommunikation statt. Während sich in der Bonner Republik vorrangig die Verbände um die Vertretung der Unternehmensinteressen im politischen Feld bemühten, wird dieser Aufgabenbereich in Berlin zunehmend durch PA-Agenturen, Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmensrepräsentanzen und freien Beratern wahrgenommen.

Dies hat vielschichtige Ursachen. So gelingt es den etablierten Verbänden in zunehmendem Maße nicht mehr, sämtliche Mitgliedsinteressen glaubwürdig zu vertreten. Zudem gelten viele eher als Bremser und Bewahrer und weniger als Modernisierer, die in teuren und bürokratischen Strukturen gefangen sind. PA-Agenturen sind diesbezüglich im Vorteil, da sie über flexible Mitarbeiterstrukturen verfügen, gezielt die Interessen ihrer Auftraggeber vertreten und als Makler zwischen der Politik und den Unternehmen die richtige Sprache sprechen. Durch diesen erfolgreichen Lobbyismus finden wirtschaftliche Interessen heute vorrangige Beachtung in der Politik.

Die Aufgabe von PA-Beratern ist es demnach, die kommunikative Kluft zwischen Politik und Wirtschaft zu überbrücken sowie die Anliegen der Auftraggeber seriös und professionell in den politischen Prozess einzubringen. So kommt es mittlerweile vermehrt zur Beschäftigung von ehemaligen politischen Führungspersönlichkeiten in PA-Agenturen und Unternehmen, die über das entsprechende Know-How verfügen, also die Beherrschung der Kommunikationstechniken sowie die Erfahrung im Umgang mit politischen Entscheidungsträgern und Interessengruppen. So beschäftigt beispielsweise die Agentur Pleon Public Affairs (ehemals ECC Kohtes Klewes) den früheren Minister für Europaangelegenheiten in Nordrhein-Westfalen, Detlev Samland, und den ehemaligen Berliner Senator für Stadtentwicklung, Peter Strieder.

Ausblick

Europäisierung

In den USA entwickelte sich PA wie oben beschrieben über einen langen Zeitraum hinweg. In Deutschland formierte sich ein Bewusstsein für die hohe Bedeutung von PA erst in den 1990er Jahren. Zu dieser Zeit expandierten große amerikanische PR-Agenturen wie Weber-Shandwick und Burson-Marsteller vermehrt in Richtung Europa, womit sich die Disziplin auch in Deutschland langsam zu etablieren begann. Diese Agenturen verfügten bereits über Erfahrungen aus dem amerikanischen Markt. Gleichzeitig wuchs die Zahl der in Europa tätigen amerikanischen Konzerne, die nun auch in Deutschland auf die vom amerikanischen Heimatmarkt gewohnten PA-Dienstleistungen nicht verzichten wollten.

Als jüngste Entwicklung lässt sich der Trend zu einer europäischen Public Affairs-Kultur beobachten. Diese Loslösung von den amerikanischen Wurzeln lässt sich durch die gänzlich andere europäische Kommunikationskultur erklären. Dieser Trend zeigt sich vor allem an der Entstehung europäischer Kommunikationsagenturen. Europa spielt unabhängig von den USA und Asien eine ganz eigene kulturelle, wirtschaftliche und politische Rolle in der Welt. Gleichzeitig wird Europa zunehmend von globalen Trends und Entwicklungen beeinflusst. Im europäischen Markt gelten andere politische, kulturelle und soziale Bedingungen als in den USA. Darauf müssen sich die Agenturen, die sowohl nationale als auch internationale Kommunikationsberatung betreiben, einstellen. Europa bedeutet zum einen eine enorme Vielfalt (Sprach- und Medienvielfalt, zahlreiche Institutionen, unzählige am Meinungsbildungsprozess beteiligte und der europäische Grundsatz, auch Minderheitenpositionen zu berücksichtigen), zum anderen aber auch Einheit (gemeinsame Werte, gemeinsame EU-Institutionen, ähnliche psychosoziale Merkmale von Konsumgruppen in den Mitgliedsstaaten). Der Wegfall der Grenzen zwischen den Mitgliedsstaaten bedeutet aber auch, dass Unternehmen effektiver kommunizieren müssen, um die ständig wachsenden Zielgruppen zu erreichen. Dabei müssen europäische Unternehmen alle zentralen Kommunikationsformen (Marketing, PR, PA) nutzen, um eine integrierte und einheitliche europäische Identität zu entwickeln. Dafür sind fundierte Kenntnisse der verschiedenen Märkte und Know-How im Umgang mit komplexen politischen Angelegenheiten notwendig. Hier profitieren vor allem europäisch ausgerichtete Agenturen, die über Präsenzen in den europäischen Schlüsselmärkten verfügen und so lokale Faktoren berücksichtigen können. Es sind also eine weiterhin zunehmende europäische Ausrichtung sowie Zusammenschlüsse zu Agenturnetzwerken zu erwarten, um so dem Bedarf an europäischer Kommunikationsberatung der Unternehmen durch Präsenz vor Ort wie auch der entsprechenden Expertise gerecht zu werden.


Multi-Voice-Lobbying

Als zukünftiger Trend der PA lässt sich eine Entwicklung zum so genannten Multi-voice-lobbying erkennen. Unternehmen nutzen zunehmend mehrere Kommunikationskanäle um ihre Interessen im politischen Raum zu artikulieren. Während Konzernrepräsentanzen die Funktion einer Botschaft des Unternehmens in der Hauptstadt übernehmen, kommt den PA-Agenturen eine Mittlerfunktion zu, die speziell die Interessen eines Unternehmens adressiert. Der Sachverstand der Verbände wird hingegen für allgemeine und die gesamte Branche betreffende Anliegen genutzt. Für kurzfristige Themen lässt sich hingegen der Trend zur Gründung von zeitlich begrenzten Initiativen beobachten.


Wachstumsmarkt PA

Insgesamt richten sich Unternehmen zunehmend international aus. Dabei richten immer mehr Unternehmen PA-Repräsentanzen in Brüssel ein. Für die in Deutschland tätigen Unternehmen werden die politischen Rahmenbedingungen auf internationaler, besonders aber auch europäischer Ebene immer wichtiger. Koalitionen und Interessenbündelungen gewinnen dabei enorm an Bedeutung. Darüber hinaus ist die Bereitschaft der Politik, externe Kompetenz in den Entscheidungsprozess einfließen zu lassen, gestiegen. Was die PA-Arbeit der Unternehmen betrifft, so bleiben persönliche Kontakte nach wie vor das wichtigste Kommunikationsinstrument. Informelle Meetings gewinnen allerdings zunehmend an Bedeutung. Im Vergleich zu den Vorjahren wurde von Unternehmensseite zunehmend mehr Geld und Zeit in PA-Aktivitäten investiert – es lässt sich also vermuten, dass die PA-Arbeit auch in Zukunft einen hohen Stellenwert für Unternehmen haben wird. Der Schwerpunkt der politischen Arbeit wird dabei im nächsten Jahr auf der nationalen Ebene wie auch in den Jahren zuvor in der Wirtschaftspolitik gesehen. Die Bereiche Wissenschafts- und Technologiepolitik nehmen jedoch kontinuierlich an Bedeutung zu.


Professionalisierung

In der deutschen PA-Branche ist ein deutlicher Trend in Richtung Professionalisierung zu beobachten, der sich besonders in der Entwicklung eigener Berufskodizes durch die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (degepol) und der vermehrten Schaffung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten wie z.B. am neu gegründeten Deutschen Institut für Public Affairs oder an eigens eingerichteten Universitätsstudiengängen zeigt. Auch die Gründung des deutschen Berufsverbandes de’ge’pol im Mai 2002 gliedert sich in diesen Prozess ein. Dieser widmet sich intensiv der Aufgabe, die Professionalisierung der Politikberatung voranzutreiben. Dabei geht es vor allem darum, Qualität, Transparenz und Glaubwürdigkeit als Standards für professionelle Dienstleistungen durchzusetzten. Spätestens seit der heftigen öffentlichen Kritik des reinen Adressbuch-Lobbyismus im Zuge der Hunzinger-Affäre scheint sich die professionelle Variante der politischen Interessenvermittlung in Form externer PA-Beratung durch Agenturen durchzusetzen. Seit dem Regierungsumzug nach Berlin ist die Zahl dieser spezialisierten Agenturen stark angestiegen. Kanzleien und freie Berater, die den externen Beratungsmarkt in Brüssel dominieren, spielen in Berlin eher eine unbedeutende Rolle. Da die politischen Prozesse und Strukturen in Berlin komplexer geworden sind, werden viele Entscheidungen für Unternehmen nur noch schwer durchschaubar. Mittlerweile werden wichtige die Unternehmen betreffenden Entscheidungen sowohl in Berlin als auch in Brüssel im gleichen Maß getroffen. Dabei erscheinen nicht nur auf nationaler Ebene, sondern insbesondere auf europäischer Ebene einer wachsenden Zahl von Unternehmen die politischen Entscheidungen immer schwerer nachvollziehbar und die Entscheidungsträger immer schwerer identifizierbar. Hier bieten spezialisierte Agenturen individuell auf den Kunden zugeschnittene Dienstleistungen. Der Vorteil der Agenturen liegt dabei in ihrer großen Flexibilität im Gegensatz zu den festen Strukturen der Verbände und Unternehmensrepräsentanzen. Dieser Trend zeigt sich bereits an der steigenden Bedeutung von direkten Politikkontakten ohne die Einschaltung der Verbände. Es wird also bereits verstärkt mit externen Agenturen und Beratern zusammengearbeitet. Die Agenturen verfügen dabei über Berater mit Spezialkompetenzen und umfangreichen Netzwerken an Kontakten zu politischen Entscheidern. Der Markt für Agenturen wird weiter wachsen, da die Komplexität politischer Prozesse zunimmt und damit zusätzlicher externer Beratungsbedarf entsteht. Das betrifft insbesondere europäische Prozesse. Des weiteren ist ein Konzentrationsprozess in der Agenturszene zu beobachten, eine Spezialisierung der Agenturen auf bestimmte Politikfelder zu erwarten. Andere Akteure der Interessenvertretung wie Verbände und Unternehmenslobbyisten werden sich auch weiterhin neben den Agenturen behaupten können; der Aufgabenzuschnitt wird sich allerdings auf die Wahrnehmung unternehmensübergreifender Interessen beschränken.


Studien:

  • Publicis: Public Affairs-Umfrage 2005. GPRA.
  • Publicis : Public Affairs-Umfrage 2004.
  • Milinewitsch, Mirko : Professionalisierung der Interessenvermittlung durch externes Public Affairs Management. Berlin / München 2005.
  • Plato Kommunikation: Plato Survey 2002: Verbände im Wettbewerb. Neue Herausforderungen an die organisierte Interessenvertretung. Berlin 2002.
  • Plato Kommunikation: Plato Survey 2001: Public Affairs in Deutschland – Neue Dialogformen zwischen Wirtschaft und Politik. Berlin 2001.

Literatur

  • Ahrens, Rupert / Eberhard Knödler-Bunte (Hrsg.): Die Affäre Hunzinger. Ein PR-Missverständnis. Berlin 2003.
  • Marco Althaus, Michael Geffken, Sven Rawe: Handlexikon Public Affairs, Lit, Münster 2005 ISBN 3-8258-8144-x
  • Althaus, Marco / Meier, Dominik: Politikberatung - Praxis und Grenzen, Lit, Münster 2004
  • Althaus, Marco: Wahlkampf als Beruf. Die Professionalisierung der Political Consultants in den USA. Frankfurt am Main, 1998.
  • Florian Busch-Janser, Sandra Gerding und Mario Voigt (Hrsg.): Politikberatung als Beruf ISBN 3-938456-01-9
  • Dagger, Steffen; Lianos, Manuel: Public Affairs in Brüssel - Neues Spiel, altes Glück, in: politik&kommunikation, 11/2004 [1]
  • Dagger, Steffen / Greiner, Christoph / Leinert, Kirsten / Meliss, Nadine / Menzel, Anne (Hrsg.): Politikberatung in Deutschland - Praxis und Perspektiven, Verlag für Sozialwissenschaften 2004, ISBN 3-531-14464-2 (Mit Beiträgen von Angela Merkel, Wolfgang Gerhardt, Peter Radunski, Wolf-Dieter Zumpfort, Gunnar Bender, Wigan Salazaar, Marco Althaus etc.)
  • Köppl, Peter : Power-Lobbying: Das Praxishandbuch der Public Affairs, Linde International 2003, 276 Seiten, ISBN 3-7143-0010-4
  • Köppl, Peter : Public-Affairs-Management: Strategien & Taktiken erfolgreicher Unternehmenskommunikation, Wien Linde, 2000, ISBN 3-7073-0072-2
  • Gregor Schönborn, Dagmar Wiebusch: PA Agenda Luchterhand 2002, ISBN 3472045760
  • Christian H. Schuster: Politikberatungsagenturen in Deutschland ISBN 3-938456-52-3

Fachzeitschriften:

Ausbildung

Public Affairs-Agenturen

Wiktionary: Public Affairs – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen