„Paulusbriefe“ – Versionsunterschied

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Als '''Paulusbriefe''' ('''paulinische Briefe''' oder '''Corpus Paulinum''') bezeichnet man insgesamt 13 [[Epistel]]n des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] (NT), die [[Paulus von Tarsus]] als Autor nennen.
Als '''Paulusbriefe''' ('''paulinische Briefe''' oder '''Corpus Paulinum''') bezeichnet man insgesamt 13 [[Epistel]]n des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] (NT), die [[Paulus von Tarsus]] als Autor nennen.


Sieben davon ([[1. Thessalonicherbrief|1 Thess]], [[Korintherbriefe|1 und 2 Kor,]] [[Galaterbrief|Gal]], [[Römerbrief|Röm]], [[Philipperbrief|Phil]] und [[Philemonbrief|Phlm]]) gelten als authentisch. Sie sind die ältesten Schriften des [[Urchristentum]]s, entstanden zwischen 50 und 60 n. Chr. In ihnen werden weitere Paulusbriefe erwähnt ({{B|1 Kor|5|9}}; {{B|2 Kor|2|4}}; {{B|2 Kor|10|9-10}}; {{B|Phil|3|1}}), die jedoch nicht überliefert sind.<ref>Peter Stuhlmacher: ''Biblische Theologie des Neuen Testaments 1: Grundlegung. Von Jesus zu Paulus.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, [https://books.google.de/books?id=pe18KDS3P9EC&pg=PA223 S. 223]</ref>
Sieben davon ([[1. Thessalonicherbrief|1 Thess]], [[Korintherbriefe|1 und 2 Kor,]] [[Galaterbrief|Gal]], [[Römerbrief|Röm]], [[Philipperbrief|Phil]] und [[Philemonbrief|Phlm]]) gelten als authentisch. Sie sind die ältesten Schriften des [[Urchristentum]]s, entstanden zwischen 50 und 60 n. Chr. Darin werden weitere Paulusbriefe erwähnt ({{B|1 Kor|5|9}}; {{B|2 Kor|2|4}}; {{B|2 Kor|10|9-10}}; {{B|Phil|3|1}}), die jedoch nicht überliefert sind.<ref>Peter Stuhlmacher: ''Biblische Theologie des Neuen Testaments 1: Grundlegung. Von Jesus zu Paulus.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, [https://books.google.de/books?id=pe18KDS3P9EC&pg=PA223 S. 223]</ref>


Bei drei weiteren Briefen ([[Epheserbrief|Eph]], [[Kolosserbrief|Kol]], [[2. Thessalonicherbrief|2 Thess]]) ist umstritten, ob sie von Paulus oder von einzelnen seiner Schüler verfasst wurden. Die [[Pastoralbrief]]e ([[1. Timotheusbrief|1 Tim]], [[2. Timotheusbrief|2 Tim]], [[Titusbrief|Tit]]) gelten meist als Werke von Paulusschülern.
Bei drei weiteren Briefen ([[Epheserbrief|Eph]], [[Kolosserbrief|Kol]], [[2. Thessalonicherbrief|2 Thess]]) ist umstritten, ob sie von Paulus oder von einzelnen seiner Schüler verfasst wurden. Die [[Pastoralbrief]]e ([[1. Timotheusbrief|1 Tim]], [[2. Timotheusbrief|2 Tim]], [[Titusbrief|Tit]]) gelten meist als Werke von Paulusschülern.

Version vom 14. Dezember 2016, 03:23 Uhr

Als Paulusbriefe (paulinische Briefe oder Corpus Paulinum) bezeichnet man insgesamt 13 Episteln des Neuen Testaments (NT), die Paulus von Tarsus als Autor nennen.

Sieben davon (1 Thess, 1 und 2 Kor, Gal, Röm, Phil und Phlm) gelten als authentisch. Sie sind die ältesten Schriften des Urchristentums, entstanden zwischen 50 und 60 n. Chr. Darin werden weitere Paulusbriefe erwähnt (1 Kor 5,9 EU; 2 Kor 2,4 EU; 2 Kor 10,9-10 EU; Phil 3,1 EU), die jedoch nicht überliefert sind.[1]

Bei drei weiteren Briefen (Eph, Kol, 2 Thess) ist umstritten, ob sie von Paulus oder von einzelnen seiner Schüler verfasst wurden. Die Pastoralbriefe (1 Tim, 2 Tim, Tit) gelten meist als Werke von Paulusschülern.

Echtheit

Während die Alte Kirche auch den Hebräerbrief, der keinen Autor nennt, als paulinisch ansah und ihn deswegen in das Corpus Paulinum aufnahm, stellte die historisch-kritische NT-Forschung seit etwa 1800 die Echtheit jedes Paulusbriefs in Frage. Daraus wuchs ein relativer Forschungskonsens, welche Paulus zugeschriebenen Briefe des NT tatsächlich von ihm stammen und welche nicht. Die Echtheit von sieben Paulusbriefen ist heute unumstritten und wird in NT-Einleitungen vorausgesetzt, vor allem weil Paulus darin selbst auf Vorläuferbriefe und Schüler hinweist. Spätere Briefe lassen sich sprachlich und inhaltlich deutlich von den älteren Paulusbriefen abgrenzen und auf Paulusschüler zurückführen, die an seine Theologie anknüpften und seine Tradition bewahrten.[2]

Umstritten ist vor allem die Echtheit des Eph, Kol und 2 Thess. Weitgehend unumstritten ist dagegen, dass die Pastoralbriefe (1 und 2 Tim, Tit) wegen stilistischer und inhaltlicher Unterschiede von Paulusschülern stammen. Diese Pseudepigraphen nennt man „Deuteropaulinen“. Forscher, die bereits Eph, Kol und 2 Thess dazu zählen, nennen die späteren Pastoralbriefe dann „Tritopaulinen“ oder „tritopaulinisch“.[3]

Einzelne Neutestamentler bestritten im Forschungsverlauf die Echtheit sämtlicher Paulusbriefe, vor allem indem sie diesen widersprechende Angaben der Apostelgeschichte des Lukas für authentisch erklärten. Der englische Deist Edward Evanson bestritt 1792 die Echtheit des Römerbriefs. Der deutsche Philosoph Bruno Bauer bestritt 1850 die Echtheit auch der vier Briefe, die die Tübinger Schule damals mindestens für echt hielt (Röm, Gal, 1 und 2 Kor). Ihm folgten ab 1878 einige niederländische Neutestamentler, deren Thesen später als Holländische Radikalkritik bezeichnet wurden. Bereits 1904 wies William Wrede die These einer Unechtheit aller Paulusbriefe als „schwere Verirrung der Kritik“ zurück.[4] Sie hat heute keine Relevanz mehr für die Paulusforschung.[5]

Forschungsstand Brief Kürzel
paulinisch

(authentisch)

  • 1 Thess
  • 1 Kor
  • 2 Kor
  • Gal
  • Röm
  • Phil
  • Phlm
eventuell deuteropaulinisch
  • Eph
  • Kol
  • 2 Thess
deutero- bzw. tritopaulinisch
  • 1 Tim
  • 2 Tim
  • Tit

Entstehung

Die authentischen Paulusbriefe sind bis zu 20 Jahre vor den vier kanonischen Evangelien entstanden. Der erste Thessalonicherbrief gilt als älteste erhaltene urchristliche Schrift, entstanden zwischen 49 und 51. Der Galaterbrief entstand wahrscheinlich auf der zweiten Missionsreise des Paulus in Ephesus um 54, ebenso der erste Korintherbrief. Etwa im Jahr 57 folgten der zweite Korintherbrief, um 63 der Philipperbrief und der Philemonbrief. Noch zu Lebzeiten des Paulus verfassten Paulusschüler wahrscheinlich den zweiten Thessalonicherbrief (um 51) und den Epheserbrief (um 63). Der Kolosserbrief, der dem Epheser theologisch und sprachlich nahesteht, wird dagegen erst auf etwa 90 bis 100 datiert.[6]

Sehr früh entstanden Sammlungen dieser Briefe, die in den von Paulus gegründeten oder besuchten sowie weiteren Gemeinden zirkulierten und im Gottesdienst verlesen wurden. Diese Sammlung, das Corpus Paulinum, war ein erster Schritt zur Kanonisierung des späteren NT. Es wurde eventuell redaktionell bearbeitet, indem einige ursprünglich selbstständige Briefe zu einem gemeinsamen Paulusbrief zusammengestellt wurden. So könnte der verloren geglaubte und in 2 Kor 7,8-13 EU erwähnte Tränenbrief heute tatsächlich in Kapitel 10 bis 13 des 2. Korintherbriefs erhalten sein.[7] Das Corpus Paulinum wurde zunächst in einem eigenen Handschriftenband zusammengefasst. Eine weitere Sammlung war das Corpus Apostolicum aus der Apostelgeschichte des Lukas und den katholischen Briefen. Die vier kanonischen Evangelien kursierten als Evangeliare ebenso eigenständig. Diese drei Sammelschriften bildeten den Grundstock des NT, dem am Schluss die Offenbarung des Johannes hinzugefügt wurde.

Apokryphe Paulusschriften

Der Kanon Muratori erwähnt zwei ausdrücklich als Fälschungen bezeichnete Paulusbriefe: den Laodizenerbrief und einen Brief des Paulus an die Alexandriner, von dem nur der Name bekannt ist. In einigen Handschriften der Vulgata ist ein lateinisch abgefasster Laodizenerbrief enthalten. So befindet sich eine Abschrift beispielsweise im Buch von Armagh, die zugleich in einer Warnung als Fälschung gekennzeichnet ist. Es ist umstritten, ob dieser identisch ist mit dem Laodizenerbrief, der im Kanon Muratori erwähnt wird, eine andere Schrift mit demselben Namen ist, oder mit ihm zusammenhängt.[8] Unter den Nag-Hammadi-Schriften gibt es das Gebet des Apostels Paulus, das aber gnostische Begriffe verwendet und eindeutig nicht auf Paulus zurückzuführen ist. Der 3. Korintherbrief ist ebenfalls eine Pseudepigraphie. Aus dem vierten Jahrhundert existiert ein fiktiver Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus, den keiner von beiden verfasst hat. Bei den Paulusakten handelt es sich um eine apokryphe Apostelgeschichte aus dem 2. Jahrhundert, die aus Kleinasien stammt.

Siehe auch

Literatur

  • Daniel Kosch, Sabine Bieberstein: Paulus und die Anfänge der Kirche: Neues Testament Teil 2. Theologischer Verlag, Zürich 2012, ISBN 3290200817
  • Arthur J. Dewey, Roy W. Hoover, Lane C. McGaughy, Daryl D. Schmidt: The Authentic Letters of Paul: A New Reading of Paul's Rhetoric and Meaning: the Scholars Version. Polebridge Press, 2010, ISBN 1598150197
  • Udo Schnelle: Die Paulusbriefe. In: Einleitung in das Neue Testament. 7. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8252-1830-0, S. 31-167.
  • Alfred Suhl: Die Briefe des Paulus: eine Einführung. Katholisches Bibelwerk, 2007, ISBN 3460030542
  • Hans Conzelmann, Andreas Lindemann: Arbeitsbuch zum Neuen Testament. 14. Auflage, UTB, Mohr Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 978-3-8252-0052-7.

Einzelnachweise

  1. Peter Stuhlmacher: Biblische Theologie des Neuen Testaments 1: Grundlegung. Von Jesus zu Paulus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, S. 223
  2. Udo Schnelle: Einleitung in das Neue Testament, 3. Auflage 1999, S. 44–48.
  3. David Meade: Pseudonymity and Canon: An Investigation into the Relationship of Authorship and Authority in Jewish and Earliest Christian Tradition, WUNT 39, Tübingen: Mohr, 1986, S. 118.
  4. Emmanuel L. Rehfeld: Relationale Ontologie bei Paulus: Die ontische Wirksamkeit der Christusbezogenheit im Denken des Heidenapostels. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, Mohr Siebeck, Tübingen 2012, ISBN 3161520122, S. 4, Fn. 11
  5. Michael Wolter: Der Brief an die Römer: Teilband 1: Röm 1-8. Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 3788728833, S. 24.
  6. Ernst Lautenbach (Hrsg.): Lexikon Bibel Zitate, 2006, S. 91
  7. Claus Westermann: Abriss der Bibelkunde, S. 187.
  8. Karl August Credner: Zur Geschichte des Kanons, Halle 1847, S. 88.