Maguire Seven

Die Maguire Seven waren sieben im Jahre 1975 fälschlicherweise als Terroristen verurteilte Personen, die der Unterstützung der Bombenanschläge auf zwei Pubs in Guildford, England, beschuldigt wurden.[1]

Vorgeschichte und Verhaftung

Nach den Bombenanschlägen auf zwei Pubs im englischen Guildford vom 5. Oktober 1974 wurden vier Nordiren, später bekannt als die Guildford Four verhaftet. Unter ihnen war auch Gerald "Gerry" Conlon. Dessen Vater Patrick, genannt Giuseppe, Conlon reiste von Belfast nach London, um seinen inhaftierten Sohn zu unterstützen. Er wohnte während dieser Zeit bei seiner Schwägerin Anne Maguire und deren Familie. Am 3. Dezember 1974 führte die Polizei eine Razzia im Hause von Anne Maguire durch und verhaftete sie, Patrick Conlon, vier weitere Familienmitglieder und einen Freund der Familie. Alle sieben wurden der Unterstützung der Bombenanschläge von Guildford beschuldigt. Eine unmittelbar nach der Verhaftung durchgeführte kriminaltechnische Untersuchung, deren Gültigkeit später in Zweifel gezogen wurde, wies bei allen Verhafteten Spuren von Nitroglycerin nach. Patrick Conlon selbst wurde als Bomben- bzw. Sprengstoffkurier zwischen Nordirland und England beschuldigt.

Nach über einjähriger Untersuchungshaft wurden die Maguire Seven zu den folgenden Haftstrafen verurteilt:

BeschuldigterVerwandtschaftsgrad/BeziehungAlter bei
Urteilsverkündung
Urteil
Anne Maguire4014 Jahre
Patrick MaguireEhemann der Anne Maguire4214 Jahre
Patrick MaguireSohn von Anne und Patrick144 Jahre
Vincent MaguireSohn von Anne und Patrick175 Jahre
Sean SmythBruder von Anne Maguire3712 Jahre
Patrick O'NeillFreund der Familie3512 Jahre
Patrick "Guiseppe" ConlonSchwager von Anne5212 Jahre

Patrick "Guiseppe" Conlon, der aufgrund widriger Arbeitsbedingungen (Bleifarben) in der Lackiererei einer Werft in Belfast an Lungenproblemen litt, starb am 23. Januar 1980 in Gefangenschaft. Die anderen sechs Verurteilten saßen ihre Strafen in Gänze ab und wurden anschließend freigelassen.

Berufung und politische Nachwirkungen

Wie auch die Guildford Four legten die Maguire Seven unmittelbar nach Urteilsverkündung Berufung gegen die Urteile ein. Diese wurden jedoch in allen Fällen abgelehnt. Erst später, nachdem die Mehrzahl der Maguire Seven wieder auf freiem Fuß waren, begannen - auch aufgrund von massivem öffentlichen Druck - politische Nachermittlungen über das Zustandekommen der Urteile und die Hintergründe der Verhaftung. Am 12. Juli 1990 veröffentlichte der britische Innenminister David Warrington den Interimsreport zum Maguire-Fall - Untersuchung über die Umstände der Urteile, die sich aus den Bombenanschlägen in Guildford und Woolwich im Jahr 1974 ergaben[2]. In diesem Report wurde die Prozessführung des damaligen Richters John Donaldson kritisiert. Zudem wurden Unregelmäßigkeiten in der Erhebung und dem Umgang mit den kriminaltechnischen Erkenntnissen herausgestellt. Der Report empfahl daher eine Rücküberweisung des Falls an ein Berufungsgericht.

Kassation der Urteile und Nachwirkung

Die Verurteilung aller Mitglieder der Maguire Seven wurden im Jahre 1991 aufgehoben. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die britische Polizei Geständnisse einiger Beteiligter unter Gewaltanwendung erwirkt hatte und entlastende Aussagen und Beweise zurückhielt. Darüber hinaus wurde die kriminaltechnische Untersuchung, die Spuren von Nitroglycerin nachgewiesen hatte, als unzulänglich bezeichnet[3]. Diese Untersuchung sei von einem achtzehnjährigen Auszubildenden unter Missachtung wissenschaftlicher Grundsätze mit einer Dünnschichtchromatographie, die mittlerweile in der Kriminaltechnik nicht mehr erlaubt ist, durchgeführt worden.

Weder die Bombenanschläge noch die Gewaltanwendung während der Verhöre und die falschen Urteile führten zu Verurteilungen der beteiligten Polizisten und Juristen. Drei beteiligte Polizeibeamte wurden zwar angeklagt, jedoch nicht verurteilt. Die wahren Täter der Bombenanschläge, vermutlich die Balcombe Gang der Provisional Irish Republican Army, waren bereits aufgrund anderer Verbrechen zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt und im Rahmen des Good Friday Agreements freigelassen worden. Am 9. Februar 2005 entschuldigte sich Premierminister Tony Blair öffentlich bei den elf fälschlicherweise Verurteilten der Maguire Seven und Guildford Four[4]:

„I am very sorry that they were subject to such an ordeal and injustice... they deserve to be completely and publicly exonerated."
dt.: „Ich bedauere es sehr, dass sie von solch einer Qual und Ungerechtigkeit betroffen wurden ... sie verdienen es, vollständig und öffentlich rehabilitiert zu werden.

Veröffentlichungen

Die Autobiographie des jüngsten Mitglieds der Maguire Seven, Patrick Maguire wurde im Jahre 2008 unter dem Titel "My Father's Watch: The Story of a Child Prisoner in 70s Britain" veröffentlicht.[5]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Victory, Patrick (2002): Justice and Truth: The Guildford Four and Maguire Seven. Sinclair-Stevenson, 2. illustrierte Auflage
  2. Parlamentsdebatte zum Maguire-Fall
  3. Review der Zeitung The Independent
  4. Zeitungsbericht des Guardian zur Entschuldigung von Tony Blair
  5. Maguire, Patrick; Gébler, Carlo (19 May 2008). My Father's Watch: The story of a child prisoner in 70s Britain. Fourth Estate. ISBN 978-0007242139.