„Lieferantenkredit“ – Versionsunterschied

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== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 19. Juni 2012, 15:01 Uhr

Der Lieferantenkredit, auch Handelskredit oder Warenkredit genannt, ist ein kurzfristiger Kredit, den ein Lieferant (Kreditor) seinen Kunden (Debitoren) durch Gewährung einer Valutafrist und/oder eines Zahlungsziels von 30 bis 90 Tagen für die Bezahlung seiner Lieferung einräumt. Dieser Kredit ist nur unter Kaufleuten üblich und stellt eine Form der Finanzierung des Warenumschlags dar. Für die vorfristige Zahlung innerhalb einer Skontofrist wird als Preisnachlass ein Skonto gewährt. Als Sicherung des Lieferantenkredits wird vom Gläubiger meist der Eigentumsvorbehalt gewählt.

Bedeutung

Der Lieferantenkredit ist zusammen mit den kurz- und langfristigen Bankfinanzierungen die zweitwichtigste Finanzierungsform für mittelständische Unternehmen. Hauptfinanzierungsquelle ist in der Regel das Eigenkapital.

Die Unterscheidung zwischen Bankkredit und Lieferanten- bzw. Handelskredit ist von besonderer Bedeutung, da für die Kreditierung von eigenen Handelswaren keine Zulassung als Kreditinstitut bzw. Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes erforderlich ist.

Zinssatz

Die Formel zur näherungsweisen Berechnung des effektiven Zinssatzes eines Lieferantenkredits lautet:

Beispiel:

  • Skontosatz = 3 %
  • Zahlungsziel = 30 Tage
  • Skontofrist = 10 Tage


Die Formel zur exakten Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes lautet[1]:

Im Beispiel gilt:

Der effektive Zinssatz des Lieferantenkredits ist also sehr hoch. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich dieser Zinssatz nur auf die Skontobezugsspanne (= Zahlungsziel - Skontofrist) bezieht. Der Zinssatz für die gesamte Kreditfrist (= Zahlungsziel) ist wesentlich niedriger, weil der Lieferantenkredit während der Skontofrist unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Setzt man in der obigen Formel anstelle der Skontobezugsspanne von 20 Tagen das Zahlungsziel von 30 Tagen ein, so beträgt der effektive Zinssatz nur 37,11 Prozent pro Jahr.[2] Außerdem ist zu berücksichtigen, dass viele Lieferanten ihren Kunden auch Valutafristen von bis zu sechs Monaten einräumen, in denen der Kredit ebenfalls unentgeltlich ist. Nimmt man im vorliegenden Beispiel eine Valutafrist von 60 Tagen an, beträgt die gesamte Kreditfrist (= Valutafrist + Zahlungsziel) 90 Tage. Setzt man diese Frist in die obige Formel ein, beträgt der effektive Zinssatz des Lieferantenkredits nur 12,37 %/Jahr. Wenn der Kunde das vereinbarte Zahlungsziel überschreitet, befindet er sich im Zahlungsverzug. Falls der Lieferant keine Verzugszinsen berechnet oder durchsetzen kann, sinkt der effektive Zinssatz des Kredits weiter.

Kunden bekommen von ihren Lieferanten in den Zahlungsbedingungen häufig ein Zahlungsziel von beispielsweise 30 Tagen für ihre Rechnungen eingeräumt. Innerhalb dieser Zahlungsfrist gibt es eine weitere Frist von beispielsweise 10 Tagen, innerhalb derer dem Kunden ein Abzug von Skonto ermöglicht wird. Überzieht der Kunde diese Frist, ist der Lieferantenkredit in der Regel sehr teuer. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ist es häufig sinnvoller, einen Kontokorrentkredit aufzunehmen und die Rechnung am Ende der Skontofrist zu bezahlen.

Zinsberechnung

Die Zinsen für die Inanspruchnahme des Zahlungszieles werden üblicherweise als Abschlag vom Umsatz zu Zielpreisen berechnet, wobei der Abschlagsatz dem Skontosatz entspricht.

Beispiel:

  • Beschaffungsmenge = 500 Stück/Auftrag
  • Zielpreis = 100 Euro/Stück
  • Skontosatz = 3 %

Zinsen = Beschaffungsmenge x Zielpreis x Abschlagsatz = 500 Stück/Auftrag x 100 €/Stück x 3 % = 1500 €/Auftrag

Die Zinsen können auch als Aufschlag auf den Umsatz zu Barpreisen berechnet werden:

Zinsen = Beschaffungsmenge x Barpreis x Aufschlagsatz = 500 Stück/Auftrag x 97 €/Stück x 3,093 % = 1500 €/Auftrag

Zwischen Abschlag- und Aufschlagsatz besteht folgende Beziehung [3]:

Aufschlagsatz = (Abschlagsatz x 100):(100 - Abschlagsatz) = (3 % x 100):(100 - 3 %) = 3,093 %

Abschlagsatz = (Aufschlagsatz x 100):(100 + Aufschlagsatz) = (3,093 % x 100):(100 + 3,093 %) = 3 %

Besicherung

Ein Lieferantenkredit wird üblicherweise durch Eigentumsvorbehalt gesichert. Das heißt der Lieferant (= Kreditgeber) kann die gelieferte Ware zurückverlangen, wenn keine Bezahlung erfolgt. [4] Der Eigentumsvorbehalt kann jedoch die Forderung des Lieferanten nicht vollständig sichern. Selbst wenn die gelieferte Ware bei Nichtbezahlung wieder erlangt wird, bleiben noch Ansprüche wegen Schadensersatz, z.B. Wertminderung der gelieferten Sache. Ein Lieferantenkredit setzt daher üblicherweise eine gute Kreditwürdigkeit des Käufers voraus und weist damit auch Merkmale eines Blankokredits auf. Das Entstehen einer (teilweise) ungesicherten Forderung kann vermieden werden, indem weitere Sicherheiten, insbesondere Bürgschaften durch Kreditinstitute oder Versicherer ("Lieferantenkreditbürgschaft", "Bürgschaft auf Warenlieferung")[5] gestellt werden oder kreditwürdige Dritte auf andere Weise die Haftung übernehmen. [6]

Der Lieferant kann sich auch durch echtes Factoring absichern, bei dem der Factor nicht nur für die Refinanzierung des Lieferanten sorgt, sondern auch dessen Kreditrisiko übernimmt.

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Lauer: Konditionen-Management, Zahlungsbedingungen optimal gestalten und durchsetzen. Düsseldorf 1998, ISBN 3-87881-124-1
  • Hans-Otto Schenk: Psychologie im Handel, 2. Aufl., München/Wien 2007, ISBN 978-3-486-58379-3

Einzelnachweise

  1. Vgl. Lauer (1998), S. 64 ff.
  2. Vgl. Lauer (1998), S. 64 ff.
  3. Vgl. Lauer (1998), S. 61.
  4. [1] Jung: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, München 2006, S. 779, abgerufen am 21. April 2011.
  5. [2] Südwestfalen Manager 4/2011: Der moderne Weg: Bürgschaft ohne Bank, PDF-Datei, abgerufen am 26. April 2011.
  6. [3] Günter Franke, Herbert Hax: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, Berlin 2004, S. 534, abgerufen am 21. April 2011.