Isborsk-Klub

Der Isborsk-Klub (russisch Изборский Клуб, auch Isborskij Klub oder Isborsky Club, englisch Izborsk Club) ist ein von dem Publizisten Alexander Prochanow im September 2012 gegründeter Think Tank, dem mehrere bekannte nationalistische und traditionalistische Intellektuelle Russlands angehören.[1][2]

Name

Benannt wurde der Klub nach dem Ort Isborsk in der Oblast Pskow in der Nähe der estnischen Grenze, wo das erste Treffen stattfand. Diese Benennung erfolgte in Anlehnung an den etablierten Waldai-Klub, dem Prochanow ebenfalls angehört. Weitere Treffen fanden unter anderem in Sankt Petersburg, Chimki, Jekaterinburg und Uljanowsk statt.[1][3]

Mitglieder

Zu den Mitgliedern des Isborsk-Klubs gehören bekannte antiwestliche und antimodern orientierte Intellektuelle. Prochanows Stellvertreter sind Witalij Awerjanow und Alexander Nagornyj, die Vorsitzenden des Institutes des dynamischen Konservatismus, das der russisch-orthodoxen Kirche nahesteht.[4] Beim Gründungstreffen war der russische Kulturminister Wladimir Medinski anwesend.[1]

Öffentliche Aufmerksamkeit erregten die Mitgliedschaft des Putin-Beraters Sergei Glasjew, der im April 2014 auf eine Sanktionsliste der EU gesetzt wurde, und die Alexander Dugins, der durch radikale Thesen zum Ukraine-Konflikt auffiel.[5][6] In der russischen Öffentlichkeit prägen auch die Fernsehmoderatoren Michail Leontjew und Maxim Schewtschenko das Erscheinungsbild des Isborsk-Klubs.[4]

Dugin zufolge ist auch der Stellvertretende Ministerpräsident Dmitri Rogosin Mitglied der Denkfabrik, auch wenn dessen Name nicht auf offiziellen Listen erscheint.[7] Weitere Mitglieder sind u. a. Leonid Iwaschow, Natalija Narotschnizkaja[1] und Maxim Kalaschnikow[4], Nikolai Starikow[8], Iwan Ochlobystin[9] etc.

Einfluss

Die Vereinigung scheint gut finanziert zu sein und verfügt über Verbindungen zum Kreml, wo Dmitri Rogosin in öffentlichen Aussagen häufig die Argumente des Isborsk-Klubs wiederholt, dasselbe trifft auf die Gesamtrussische Nationale Front zu.[10] Dennoch ist der tatsächliche Einfluss umstritten. Der Klub repräsentiert ein politisches Lager, das hinter den Kulissen des Moskauer Establishments aktiv ist, dort aber auch durchaus einflussreiche Rivalen hat.[11]

Für den Kreml ist der Klub durchaus nützlich, argumentiert der britische Historiker Mark Galeotti: „Wenn du erst mal eine Ansammlung kläffender rechtsextremer Menschen hast... wirkst du selbst gemäßigt.“[12]

Als Witali Awerianow, einer der führenden Köpfe, Anfang Juli 2014 in einem Interview nach dem Einfluss des Klubs auf die pro-russischen Kämpfer im Osten der Ukraine gefragt wurde, räumte er ein, dass es eine „tiefe Verbindung“ gäbe.[13]

Positionen

Die Mitglieder sprechen sich einhellig gegen den Individualismus aus und fordern stattdessen einen Kollektivismus. Westliche Werte werden als schädliche Einflüsse betrachtet, gegen die nur ein starkes Russland helfe, das auf Expansion ausgerichtet sei.[11] Ziel ist die Errichtung eines Eurasischen Reiches.[14]

Ein im Januar 2013 veröffentlichtes Manifest des Isborsk-Klubs fordert die beschleunigte Entwicklung des militärisch-industriellen Komplexes,[15] die Aufstellung des öffentlichen Sektors als Zentrum der Volkswirtschaft und eine "geistige Erneuerung" der Elite Russlands. Grundlage ist die Vorstellung, die geopolitischen Konflikte um die Kontrolle von Ressourcen würden sich in der nahen Zukunft verschärfen, was zu regionalen Krisen ebenso führen werde wie zu Kriegen und bewaffneten Interventionen in zahlreiche Ländern, vor allem den rohstoffreichen. Als mögliche historische Vorbilder für die heutige Politik werden Peter der Große und Josef Stalin genannt.[10]

Auf einem Treffen in Sankt Petersburg am 19. Juni 2014 forderte Witali Awerianow, die Elite Russlands müsse sich „erneuern“ und ethnische Unterschiede ebenso wie individualistische Denkweisen überwinden, damit das Land wieder zu einer imperialen Macht werden könne. Andere Redner brachten ähnliche Ziele zum Ausdruck. Der Publizist Nikolai Starikow forderte eine ideelle Restauration des russischen Reiches und bezeichnete die Eurasische Wirtschaftsunion als Schritt in diese Richtung. Waleri Korowin stellte in seiner Rede die westlichen „Seemächte“, die ihre Kolonien versklavt hätten, der russischen „Landmacht“ gegenüber, die Kultur, Wissen und Wohlstand in ihre Grenzregionen bringe.[3]

Einzelnachweise

  1. a b c d Andreas Umland: Analyse: Neue rechtsextreme Intellektuellenzirkel in Putins Russland: das Anti-Orange Komitee, der Isborsk-Klub und der Florian-Geyer-Klub, Bundeszentrale für Politische Bildung, 3. Mai 2013. Abgerufen am 10. Oktober 2014 
  2. Paul Goble: Is the Izborsky Club Losing Its Clout?, 7. Juli 2014. Abgerufen am 9. Oktober 2014 
  3. a b Paul Goble: Izborsky Club Leader Calls for ‘Renewal’ of Russia Elite to Build Empire, Interpreter Mag, 24. Juni 2014. Abgerufen am 9. Oktober 2014 
  4. a b c Analyse: Der Isborsker Klub - Russlands antiwestliche Ideologen, Bundeszentrale für politische Bildung, 17. März 2015. Abgerufen am 29. Juli 2015 
  5. Die Moskau-Connection der „Donezker Volksrepublik“, Tiroler Tageszeitung, 12. Mai 2014. Abgerufen am 10. Oktober 2014 
  6. Julia Smirnova: Die Höflinge des Zaren, Die Welt, 28. Juli 14. Abgerufen am 10. Oktober 2014 
  7. Marius Laurinavicius: Dmitry Rogozin’s clan: Visionaries and executors behind aggression towards Ukraine, Delfi, 19. August 14. Abgerufen am 10. Oktober 2014 
  8. http://www.izborsk-club.ru/content/articles/980/
  9. http://www.izborsk-club.ru/content/articles/4248/
  10. a b Andrei Yakovlev: Kyrgyzstan flirts with Russian ambitions, Journal of Eurasian Studies (Hanyang University), 4. September 2013. Abgerufen am 12. Oktober 2014 
  11. a b Jens Berger: Separatisten in der Ostukraine – die Geister, die wir riefen, Nachdenkseiten.de, 14. Juli 2014. Abgerufen am 10. Oktober 2014 
  12. Natasha Bluth: The Club That Wants Russia To Take Over The World. In: https://codastory.com. 8. Februar 2018, abgerufen am 8. Februar 2018 (englisch).
  13. Paul A. Goble: Russian nationalist group connected to Strelkov, says “Ukraine is not a state”, Euromaidan Press, 8. Juli 14. Abgerufen am 12. Oktober 2014 
  14. Dmitry Shlapentokh: Kyrgyzstan flirts with Russian ambitions, Asia Times, 10. Oktober 2012. Abgerufen am 10. Oktober 2014 
  15. Susanne Oxenstierna (Hsg.): The Challenges for Russia's Politicized Economic System, Routledge Contemporary Russia and Eastern Europe Series, Verlag Routledge, 2015 ISBN 9781317634218, Seite 71