„Hundebiss“ – Versionsunterschied

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Version vom 8. Januar 2011, 12:12 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
W54 Gebissen- oder Gestoßenwerden von Hund
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Hundebiss nach drei Tagen

Ein Hundebiss ist eine durch den Biss eines Haushunds verursachte Verletzung eines Menschen oder anderen Tieres, die in der Medizin, der Veterinärmedizin und der Rechtsprechung eine Rolle spielt.

In den Jahren 1990–2001 belegen die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum Thema Hundebiss beim Menschen in Deutschland 1–6 Sterbefälle pro Jahr, im Schnitt ca. 3,9 Sterbefälle. Die in früheren Jahren für das Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik erhobenen Zahlen unterscheiden sich davon nur unmaßgeblich.

Beißstatistik

Deutschland

Es gibt keine gemeinsame Beißstatistik für das gesamte Bundesgebiet. Nach einer Statistik aus Nordrhein-Westfalen, die auf Meldungen der Kommunen aufbaut, wurden im Jahr 2001 insgesamt 841 gemeldete Angriffe von Hunden (ohne Rassenpräferenz) auf Menschen mit Verletzungsfolgen sowie 1146 Angriffe auf Hunde, davon 58 mit tödlichem Ausgang, amtlich gezählt.

Im Jahr 2004 wurden in Nordrhein-Westfalen 859 Menschenbeißvorfälle (bei 462.315 Hunden in NRW) amtlich gemeldet.

Über Ursache und Ausmaß der Verletzungen sagen diese Zahlen nichts aus. Es sind ebenso Unfälle wie auch schwerwiegende Fälle mit sehr schweren Bissverletzungen durch angreifende Hunde enthalten.

Todesfälle

Deutschlandweite amtliche Zahlen liegen lediglich vor für Todesfälle, die durch Gebissen- oder Gestoßenwerden durch einen Hund verursacht wurden. Diese Fälle werden unter dem Kürzel W54 statistisch erfasst. Die jährliche Fallzahl schwankt zwischen einem und sechs.

Die Balkengrafik zeigt die Anzahl der Todesfälle in den alten Bundesländern in blauer Farbe und die Zahl in den neuen Bundesländern in rot. Im Zehnjahreszeitraum 1998-2007 sind gesamt 24 (62%) Tote in den alten und 15 (38%) in den neuen Bundesländern festzustellen.

Anzahl Getötete (W54) pro 1 Mio Einwohner nach Bundesländern im Zeitraum 1998-2007 [1]
Bundesland Bevölkerungszahl Anzahl W54-Todesfälle 1998-2007 Anz. W54 pro 1 Mio Einwohner
Baden-Württemberg 10749755 5 0,465
Bayern 12523000 3 0,239
Berlin 3420786 0 0
Brandenburg 2535737 3 1,18
Bremen 548477 0 0
Hamburg 1770629 1 0,564
Hessen 6070425 5 0,823
Mecklenburg-Vorpommern 1679682 5 2,977
Niedersachsen 7973800 5 0,627
Nordrhein-Westfalen 17996621 3 0,166
Rheinland-Pfalz 4046860 2 0,494
Saarland 1036598 0 0
Sachsen 4220200 2 0,473
Sachsen-Anhalt 2414917 4 1,657
Schleswig-Holstein 2837810 0 0
Thüringen 2289219 1 0,436
Deutschland gesamt 82114516 39 0,474

Schweiz

Nach einer großanlegten Studie im Zeitraum September 2000 bis August 2001 wird die Zahl jährlich behandelter Bissverletzungen in der Schweiz auf etwa 10.000/Jahr geschätzt. Davon waren in 34 % der Fälle Hunde von Bekannten, in 24 % der Fälle sogar der eigene Hund Verursacher. Kinder werden doppelt so oft gebissen wie Erwachsene. Rüden beißen dreimal häufiger als Hündinnen und jüngere Hunde (<5 Jahre) häufiger als ältere. Überproportional häufig vertreten sind Schäferhunde und Rottweiler.[2]

Haftung

In Deutschland haftet der Halter eines Hundes grundsätzlich verschuldensunabhängig für alle Schäden, die sein Hund verursacht (Gefährdungshaftung). Außer Sachschäden wie beschmutze Kleidung und durch entlaufene Hunde verursachte Verkehrsunfälle kommt insbesondere die Schadenersatzpflicht für Bissverletzungen in Betracht. Neben den Heilungskosten kann auch ein Schmerzensgeldanspruch entstehen. Die Beträge können leicht die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Hundehalters übersteigen. Es gibt keine allgemeine, deutschlandweite Versicherungspflicht für Haftpflichtschäden für Hundehalter. In einzelnen Hundegesetzen sind Versicherungspflichten in unterschiedlichem Umfang für verschiedene Teilbereiche der Hundepopulation festgeschrieben. Beispielsweise besteht in NRW für große Hunde (ab 20 kg Körpermasse oder 40 cm Schulterhöhe) eine Versicherungspflicht. In Niedersachsen müssen jene Hunde versichert werden, deren Gefährlichkeit amtlich festgestellt wurde. Die Haftpflichtversicherung ist mit einer Mindestversicherungssumme in Höhe von 500.000 Euro für Personenschäden und in Höhe von 250.000 Euro für Sachschäden und sonstige Vermögensschäden abzuschließen und aufrecht zu erhalten (Niedersächsisches Gesetz über das Halten von Hunden, § 10[3]). Als erstes Bundesland hat Hamburg im Hundegesetz eine Versicherungspflicht (1 Mio € bei höchstens 500 € Selbstbeteiligung) für alle Hunde vorgeschrieben. In Berlin ist für Hunde eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Hund verursachten Personen- und Sachschäden über eine Mindestdeckungssumme von einer Million Euro je Versicherungsfall abzuschließen.

Ursachen und Vermeidung von Beißunfällen

Wichtigste Ursachen für das Beißen eines Hundes sind Aggressions- und Jagdverhalten. Beim Aggressionsverhalten ist zwischen offensiver Aggression (Angriff) und defensiver Aggression (Abwehrbeißen) zu unterscheiden. Der überwiegende Teil aggressiver Reaktionen beim Hund geschieht aus Angst.[4]

Neben anderen Randbedingungen wie falscher Zuchtauswahl und unzureichender Sozialisation führt vor allem fehlende Sachkunde des Hundehalters dazu, dass der betreffende Hund gefährlich werden kann.

Eine Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover ergab, dass Halter von nicht-beißenden Hunden ihre Hunde besser beeinflussen konnten, die Interaktionen entspannter waren und die Halter den Hunden mehr Sicherheit vermitteln konnten. Außerdem konnten sie das Verhalten ihrer Hunde besser einschätzen. Im Hinblick auf von Nichtfachleuten häufig geforderte Maßnahmen wie ständige Leinenpflicht und allgemeinen Maulkorbzwang zeigte Bruns auf, dass dadurch arttypische Sozialkontakte verhindert werden und mangelnde Auslastung und Frustration entstehen können, die als Stressauslöser die Hemmschwelle zu aggressivem Verhalten senken können. Zudem werden Hunde, die einen Maulkorb tragen, nicht selten intensiv angeschaut, was für die Hunde einen bedrohlichen Charakter hat.[4]

Praktische Unfallverhütung wird in Merkblättern, beispielsweise von Stadtverwaltungen oder tierärztlichen Vereinigungen[5], beschrieben:

  • niemals einen fremden Hund ohne Besitzer streicheln,
  • niemals einen Hund von hinten anfassen,
  • niemals einem zurückweichenden Hund nachgehen und ihn bedrängen,
  • niemals einem Hund längere Zeit in die Augen sehen oder ihn anstarren, da er sich bedroht fühlen könnte,
  • niemals davonrennen, da die meisten Hunde Interesse an sich bewegenden Lebewesen zeigen und hinterher rennen, im schlimmsten Fall ein Kind als zu jagende Beute ansehen könnten,
  • niemals laut schreien, da der Hund dadurch irritiert wird und aggressiv reagieren könnte.

Einen bestehenden Angriff abzuwehren, ist nur bedingt möglich. Als polizeiliche Maßnahmen werden gelehrt[6]:

  • Anbieten eines Beißobjektes, um den Hund auf Distanz zu halten
  • Einsatz von Pfefferspray (mit dem Hinweis auf mögliche sehr unterschiedliche Wirkungen einschließlich verstärkter Aggression)
  • Schusswaffengebrauch

Unfallprävention bei Hunden und Kindern

Der wichtigste Punkt bei der Unfallprävention für Kinder ist, Hunde und Kleinkinder nie unbeaufsichtigt zu lassen. Grund für diese Empfehlung ist das mangelnde Einschätzungsvermögen von Kindern für das Verhalten von Hunden sowie die Tatsache, dass es zu Situationen kommen kann, in denen aggressives Verhalten des Hunds gegenüber dem Kind als völlig normal und arttypisch zu betrachten ist (beispielsweise eine Bedrohungssituation aus der Perspektive des Hunds).

Schulhunde

Das Heranführen von Kindern an das richtige Verhalten im Umgang mit Hunden wird von verschiedenen Vereinen gefördert. Es gibt speziell geprüfte Schulhunde, die in Schulklassen eingesetzt werden können, um den Kindern zu helfen, Angst abzubauen und richtiges Verhalten zu üben. Durch den Verein Hunde helfen Menschen sind bereits über 350.000 Kinder in ihren Klassen geschult worden. Das Unterrichtskonzept ist auf 9–12jährige Kinder ausgerichtet; dies ist ein Alter, in dem Kinder offen sind für Argumente und bereit, ihre Emotionen zu kontrollieren.

Folgen

Aufgrund der kräftigen Kaumuskulatur, der langen spitzen Fangzähne und den scherenartig ineinander greifenden Reißzähne können Hundebisse erhebliche Schäden anrichten. Es können Hautverletzungen, aber auch tiefere Wunden mit Zerreißungen der Muskulatur, von Sehnen oder Verletzungen von Gelenken und Knochen auftreten. Da die Mundhöhle eines Hundes niemals steril ist, besteht außerdem eine große Gefahr für Wundinfektionen durch Bakterien. Infektionen mit dem Tollwut-Virus spielen in Mittel- und Nordeuropa aufgrund der hohen Durchimpfung der Haushunde bzw. Tollwutfreiheit keine große Rolle, sie müssen dennoch bei jedem Biss in Betracht gezogen werden. Bei den v. a. in Südeuropa häufiger vorkommenden streunenden Hunden ist eine Tollwut-Notimpfung des gebissenen Menschen angebracht.

Ein Hundebiss sollte stets polizeilich angezeigt werden. Eine ärztliche Behandlung ist bei allen die Haut durchtrennenden Wunden angezeigt. Kann der Halter ermittelt werden, so wird dieser verpflichtet, den Hund tierärztlich auf Tollwut untersuchen zu lassen. Aufgrund einer möglichen Virusausscheidung über den Speichel vor Ausbruch der Tollwut beim betreffenden Hund (Inkubationszeit) ist diese bei ungeimpften Hunden nach 10 Tagen zu wiederholen.

Geringe Größe eines Hundes stellt keinen Hinderungsgrund für schwerwiegende Bissverletzungen dar. Es sind in Deutschland zwei Fälle von durch Dackel getöteten Menschen bekannt. Tödliche Verletzungen entstehen oft durch Bisse in den empfindlichen menschlichen Hals (Halsschlagader, Luftröhre, Kehlkopf).

Beißverhalten bei Artgenossen

In den meisten Fällen können Hunde sich durch Drohen, Abschnappen (ohne Körperberührung) und diverse Unterwerfungsgesten einigen, wer der Stärkere ist. In manchen Fällen reichen diese Verhaltensweisen nicht aus, um einen Konflikt zwischen Hunden zu klären. Es kann zu einem Kommentkampf kommen, der sich durch große Lautstärke und beeindruckende Gesten auszeichnet, jedoch ohne Verletzungen ausgehen soll. Kleine Verletzungen können versehentlich passieren.

Ein vergleichsweise seltener Ernst- oder Beschädigungskampf wirkt hingegen für die meisten Beobachter weniger gefährlich, da die Hunde nicht versuchen, einander zu beeindrucken, sondern schnell und meist lautlos kräftig beißen.[7]

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 23. März 2006 trägt diesen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung: Beißende Hunde, deren Attacken sich lediglich auf Artgenossen richten, sind noch nicht zwangsläufig als gefährliche Hunde im Sinne des schleswig-holsteinischen Gefahrhundegesetzes einzustufen. Ein Hund, der einen anderen beißt, ist erst dann als gefährlich einzustufen, wenn dieser nicht die artübliche Unterwerfungsgeste des gegnerischen Hundes beachtet und zubeißt. Unter Umständen gehört ein Biss zum natürlichen Verhalten eines Hundes, ohne dass damit eine Gefährlichkeit im Sinne des Gefahrhundegesetzes begründet wird.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. auf der Basis der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
  2. Ursula Horisberger: Medizinisch versorgte Hundebissverletzungen in der Schweiz: Opfer – Hunde – Unfallsituationen. Diss. Universität Bern 2002.
  3. NHundG
  4. a b Sandra Bruns: Fünf Hunderassen und ein Hundetypus im Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung vom 5. Juli 2000. Dissertation Hannover 2003
  5. Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V.: Kind und Hund. Wie sind Verletzungen von Kindern durch Hunde zu verhindern? Merkblatt Nr. 104 (PDF, 74,5 KB) abgerufen am 23. April 2010
  6. Merkblatt für polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Hunden
  7. Erik Zimen: Der Hund – Abstammung, Verhalten, Mensch und Hund. Goldmann, 1992, ISBN 3-442-12397-6. S. 350 ff.