„Hanebüchen“ – Versionsunterschied

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== Herkunft ==
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Ursprünglich bedeutet der Ausdruck ''aus dem Holz der Hagebuche''. Das knorrige, besonders harte und schwer zu bearbeitende Holz der Hagebuche,<ref>Christoph Gutknecht: ''Lauter blühender Unsinn: erstaunliche Wortgeschichten von Aberwitz bis Wischiwaschi''. C.H. Beck, München 2001, S. 135.</ref> heute meist [[Hainbuche]] genannt, bildete die Grundlage für Redewendungen wie ''hagebüchener Kerl''; aus dem [[Berlin]] des 19.&nbsp;Jahrhunderts sind auch ''hambüchen'' und sonst vereinzelt ''hânebüchen'' belegt.<ref>Franz Sandvoss: ''So spricht das Volk: volksthümliche Redensarten und Sprichwörter''. 2. Auflage. E. Schotte & Co., Berlin 1861, S. 23, {{archive.org|bub_gb_9igPAAAAQAAJ|Blatt=n38}}.</ref> Die übertragene Bedeutung des Begriffs blieb dabei zunächst bei „handfest, derb, knorrig, grob“, dann auch „steif, schwer zu bewegen“.<ref>{{Deutsches Wörterbuch |Lemma=hagebüchen |Band=10 |Sp= |lemid=GH00685}}</ref> Im [[Hessen|oberhessischen Hinterland]] um [[Michelbach (Marburg)|Michelbach]], [[Dilschhausen]] und [[Weitershausen (Gladenbach)|Weitershausen]] kannte man bis 1840 ''hagebüchene Gulden'', die von geringerem Wert als normale Gulden waren.<ref>[[August Friedrich Christian Vilmar]]: ''Idiotikon von Kurhessen''. Elwert’sche Universitätsbuchhandlung, Marburg/Leipzig 1868, S. 143, {{archive.org|bub_gb_P5gSAAAAIAAJ|Blatt=n152}}.</ref> Während des [[18. Jahrhundert|18. Jahrhunderts]] erfuhr der Begriff einen Bedeutungswandel hin zur noch heute gebräuchlichen Bedeutung „abwegig, absurd“. In gängigen [[Redewendungen]] ist von „hanebüchenen [[Lüge]]n“<ref>Christa Pöppelmann: ''Ich glaub’ mein Schwein pfeift! Die bekanntesten Redensarten und was dahinter steckt''. Compact Verlag, München 2009, S. 42.</ref> oder „hanebüchenen Fehlern“<ref>[[Jens Petersen (Schriftsteller)|Jens Petersen]]: ''Die Sprachpanscher. Polemiken, Glossen, Texte.'' tredition, Hamburg 2008, S. 14.</ref> die Rede, womit ausgedrückt werden soll, dass die betreffende Person eine grobe oder unerhörte ,Verfehlung‘ begangen hat.<ref>Boris D Paraškevov: ''Wörter und Namen gleicher Herkunft und Struktur: Lexikon etymologischer Dubletten im Deutschen''. Walter de Gruyter, Berlin [u.&nbsp;a.] 2004, S. 131&nbsp;f.</ref>
Ursprünglich bedeutet der Ausdruck ''aus dem Holz der Hagebuche''. Das knorrige, besonders harte und schwer zu bearbeitende Holz der Hagebuche,<ref>Christoph Gutknecht: ''Lauter blühender Unsinn: erstaunliche Wortgeschichten von Aberwitz bis Wischiwaschi''. C.H. Beck, München 2001, S. 135.</ref> heute meist ZVA [[Hainbuche]] genannt, bildete die Grundlage für Redewendungen wie ''hagebüchener Kerl''; aus dem [[Berlin]] des 19.&nbsp;Jahrhunderts sind auch ''hambüchen'' und sonst vereinzelt ''hânebüchen'' belegt.<ref>Franz Sandvoss: ''So spricht das Volk: volksthümliche Redensarten und Sprichwörter''. 2. Auflage. E. Schotte & Co., Berlin 1861, S. 23, {{archive.org|bub_gb_9igPAAAAQAAJ|Blatt=n38}}.</ref> Die übertragene Bedeutung des Begriffs blieb dabei zunächst bei „handfest, derb, knorrig, grob“, dann auch „steif, schwer zu bewegen“.<ref>{{Deutsches Wörterbuch |Lemma=hagebüchen |Band=10 |Sp= |lemid=GH00685}}</ref> Im [[Hessen|oberhessischen Hinterland]] um [[Michelbach (Marburg)|Michelbach]], [[Dilschhausen]] und [[Weitershausen (Gladenbach)|Weitershausen]] kannte man bis 1840 ''hagebüchene Gulden'', die von geringerem Wert als normale Gulden waren.<ref>[[August Friedrich Christian Vilmar]]: ''Idiotikon von Kurhessen''. Elwert’sche Universitätsbuchhandlung, Marburg/Leipzig 1868, S. 143, {{archive.org|bub_gb_P5gSAAAAIAAJ|Blatt=n152}}.</ref> Während des [[18. Jahrhundert|18. Jahrhunderts]] erfuhr der Begriff einen Bedeutungswandel hin zur noch heute gebräuchlichen Bedeutung „abwegig, absurd“. In gängigen [[Redewendungen]] ist von „hanebüchenen [[Lüge]]n“<ref>Christa Pöppelmann: ''Ich glaub’ mein Schwein pfeift! Die bekanntesten Redensarten und was dahinter steckt''. Compact Verlag, München 2009, S. 42.</ref> oder „hanebüchenen Fehlern“<ref>[[Jens Petersen (Schriftsteller)|Jens Petersen]]: ''Die Sprachpanscher. Polemiken, Glossen, Texte.'' tredition, Hamburg 2008, S. 14.</ref> die Rede, womit ausgedrückt werden soll, dass die betreffende Person eine grobe oder unerhörte ,Verfehlung‘ begangen hat.<ref>Boris D Paraškevov: ''Wörter und Namen gleicher Herkunft und Struktur: Lexikon etymologischer Dubletten im Deutschen''. Walter de Gruyter, Berlin [u.&nbsp;a.] 2004, S. 131&nbsp;f.</ref>


Im Gegenwartsdeutsch tritt das Wort auch in der Bedeutung von ''unverständliche Entscheidung'' oder ''an den Haaren herbeigezogen'' auf, zum Beispiel als ''hanebüchener Unsinn''.<ref>Christoph Gutknecht: ''Von Treppenwitz bis Sauregurkenzeit: die verrücktesten Wörter im Deutschen.'' C.H. Beck, München 2008, S.&nbsp;112.</ref><ref>Als Beispiel für den Sprachgebrauch selbst in der [[Wissenschaftstheorie]]: Lutz Danneberg: ''Epistemische Situationen, kognitive Asyemtrien und kontrafaktische Imaginationen.'' In: Lutz Raphael, Heinz-Elmar Tenorth (Hrsg.): ''Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit: Beiträge für eine erneuerte Geistesgeschichte.'' Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, S. 206 (Anm. 30).</ref><ref>''Wahrig – ein Wort, eine Schreibung: die Wahrig-Hausorthografie von A–Z.'' Wissen-Media-Verlag, Gütersloh 2006, S. 226.</ref>
Im Gegenwartsdeutsch tritt das Wort auch in der Bedeutung von ''unverständliche Entscheidung'' oder ''an den Haaren herbeigezogen'' auf, zum Beispiel als ''hanebüchener Unsinn''.<ref>Christoph Gutknecht: ''Von Treppenwitz bis Sauregurkenzeit: die verrücktesten Wörter im Deutschen.'' C.H. Beck, München 2008, S.&nbsp;112.</ref><ref>Als Beispiel für den Sprachgebrauch selbst in der [[Wissenschaftstheorie]]: Lutz Danneberg: ''Epistemische Situationen, kognitive Asyemtrien und kontrafaktische Imaginationen.'' In: Lutz Raphael, Heinz-Elmar Tenorth (Hrsg.): ''Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit: Beiträge für eine erneuerte Geistesgeschichte.'' Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, S. 206 (Anm. 30).</ref><ref>''Wahrig – ein Wort, eine Schreibung: die Wahrig-Hausorthografie von A–Z.'' Wissen-Media-Verlag, Gütersloh 2006, S. 226.</ref>

Version vom 27. April 2020, 09:53 Uhr

Als hanebüchen (auch hagebüchen, von mittelhochdeutsch: hagenbüechin)[1] bezeichnet man im heutigen Deutsch Ideen oder Handlungen, um sie als abwegig, haarsträubend oder empörend zu bewerten. Der Ausdruck hat damit seit seinen Ursprüngen einen größeren Bedeutungswandel durchgemacht; er leitet sich ursprünglich von dem Baum Hainbuche bzw. Hagebuche ab.

Holzquerschnitt der Hainbuche mit Falschkern

Herkunft

Ursprünglich bedeutet der Ausdruck aus dem Holz der Hagebuche. Das knorrige, besonders harte und schwer zu bearbeitende Holz der Hagebuche,[2] heute meist ZVA Hainbuche genannt, bildete die Grundlage für Redewendungen wie hagebüchener Kerl; aus dem Berlin des 19. Jahrhunderts sind auch hambüchen und sonst vereinzelt hânebüchen belegt.[3] Die übertragene Bedeutung des Begriffs blieb dabei zunächst bei „handfest, derb, knorrig, grob“, dann auch „steif, schwer zu bewegen“.[4] Im oberhessischen Hinterland um Michelbach, Dilschhausen und Weitershausen kannte man bis 1840 hagebüchene Gulden, die von geringerem Wert als normale Gulden waren.[5] Während des 18. Jahrhunderts erfuhr der Begriff einen Bedeutungswandel hin zur noch heute gebräuchlichen Bedeutung „abwegig, absurd“. In gängigen Redewendungen ist von „hanebüchenen Lügen[6] oder „hanebüchenen Fehlern“[7] die Rede, womit ausgedrückt werden soll, dass die betreffende Person eine grobe oder unerhörte ,Verfehlung‘ begangen hat.[8]

Im Gegenwartsdeutsch tritt das Wort auch in der Bedeutung von unverständliche Entscheidung oder an den Haaren herbeigezogen auf, zum Beispiel als hanebüchener Unsinn.[9][10][11]

In seinen Davidsbündlertänzen, op. 6 (1837), hatte Robert Schumann den dritten Tanz ursprünglich mit „etwas hahnbüchen“ überschrieben. In der zweiten Edition wurde diese Bezeichnung durch „Mit Humor“ ersetzt.[12][13]

Die bairische Variante

Knorrige Hagebuche (Hainbuche)

Im bairischen Sprachraum leiten sich die Begriffe hagelbuchern, hagelbuachern oder hoglbuachan gleichfalls von der Hagebuche ab. Etwas abweichend von der Bedeutung von hanebüchen bezeichnet dies einmal einen direkten, knorrigen, oftmals groben Menschen oder eine derbe, schlichte, aber unverwüstliche und grundsolide Sache, beispielsweise bezogen auf Kleidung, Werkzeug oder Haushaltsgegenstände.[14] Eine bayerische Band, die – nach eigenen Worten – bayerische Folklore ohne Kitsch und Strom darbietet, nennt sich De Hoglbuachan.[15]

Literatur

Wiktionary: hanebüchen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vgl. Franz Pfeiffer: Deutsche Classiker des Mittelalters. Mit Wort- und Sacherklärungen. 4. Band, 1. Theil, Hartmann von Aue. Êrec der Wunderbære. Hrsg. von Fedor Bech, Brockhaus, Leipzig 1867, S. 244.
  2. Christoph Gutknecht: Lauter blühender Unsinn: erstaunliche Wortgeschichten von Aberwitz bis Wischiwaschi. C.H. Beck, München 2001, S. 135.
  3. Franz Sandvoss: So spricht das Volk: volksthümliche Redensarten und Sprichwörter. 2. Auflage. E. Schotte & Co., Berlin 1861, S. 23, Textarchiv – Internet Archive.
  4. hagebüchen. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 10: H, I, J – (IV, 2. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1877 (woerterbuchnetz.de).
  5. August Friedrich Christian Vilmar: Idiotikon von Kurhessen. Elwert’sche Universitätsbuchhandlung, Marburg/Leipzig 1868, S. 143, Textarchiv – Internet Archive.
  6. Christa Pöppelmann: Ich glaub’ mein Schwein pfeift! Die bekanntesten Redensarten und was dahinter steckt. Compact Verlag, München 2009, S. 42.
  7. Jens Petersen: Die Sprachpanscher. Polemiken, Glossen, Texte. tredition, Hamburg 2008, S. 14.
  8. Boris D Paraškevov: Wörter und Namen gleicher Herkunft und Struktur: Lexikon etymologischer Dubletten im Deutschen. Walter de Gruyter, Berlin [u. a.] 2004, S. 131 f.
  9. Christoph Gutknecht: Von Treppenwitz bis Sauregurkenzeit: die verrücktesten Wörter im Deutschen. C.H. Beck, München 2008, S. 112.
  10. Als Beispiel für den Sprachgebrauch selbst in der Wissenschaftstheorie: Lutz Danneberg: Epistemische Situationen, kognitive Asyemtrien und kontrafaktische Imaginationen. In: Lutz Raphael, Heinz-Elmar Tenorth (Hrsg.): Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit: Beiträge für eine erneuerte Geistesgeschichte. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, S. 206 (Anm. 30).
  11. Wahrig – ein Wort, eine Schreibung: die Wahrig-Hausorthografie von A–Z. Wissen-Media-Verlag, Gütersloh 2006, S. 226.
  12. Janina Klassen: Clara Schumann: Musik und Öffentlichkeit. Böhlau, Köln 2008, S. 199.
  13. Arnfried Edler: Robert Schumann. C.H. Beck, München 2009, S. 38 f.
  14. Bairisches Wörterbuch
  15. Homepage von De Hoglbuachan