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== Bild ==
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Dem Wikipedianer, der dieses Bild in der Accademia in Florenz fotographierte, gebührt Dank. Der Zusammenhang mit dem berühmten Antonio Vivaldi sollte weiter erforscht werden.
Dem Wikipedianer, der das Bild „Ferdinando de’ Medici und seine Musiker“ von Anton Domenico Gabbiani in der Accademia in Florenz fotographierte, gebührt Dank. Der naheliegende Zusammenhang mit Antonio Vivaldi läd zu spannenden Forschungen ein.


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==

Aktuelle Version vom 13. Juli 2024, 11:15 Uhr

Anton Domenico Gabbiani: Prinz Ferdinando de' Medici (Ferdinando III.) und seine Musiker

Die Musik spielte bei den Medici eine große Rolle. Im Barock zeigte speziell Prinz Ferdinando de’ Medici (1663–1713) (Ferdinando III.) eine große musikalische Begabung sowie ein Mäzenatentum, das den florentinischen Maler Anton Domenico Gabbiani (1652–1726) zu mehreren Gemälden anregte, die heute in der Accademia di Belle Arti (Florenz) aufbewahrt bzw.  ausgestellt sind. Von diesen interessiert insbesondere das hier beschriebene Bild (bzw.  Foto eines Wikipedianers). Es trägt den Titel „Prinz Ferdinand de Medici und seine Musiker“, ohne Zeitangabe. Obwohl außer Ferdinand III. alle Musiker unbenannt sind, lassen sich an deren Darstellung insgesamt musikhistorische Zusammenhänge sowie die Möglichkeit einer überraschende Abbildung Antonio Vivaldis erkennen.

Raum und Zeit

Im Unterschied zu den anderen Bildern mit Musikern vom selben Maler Gabbiani, die im Freien dargestellt sind,[1] handelt es sich hier um einen geistlichen Vor-Raum mit korinthischem Säulenpaar und, hinten links, dem Wandgemälde eines Engels – dieses fast ganz verdeckt. Zwei Priester, zu erkennen an ihren weißen Hals-Dekors, sogenannten „Beffchen“ – der eine im Mittelpunkt, der andere rechts an der Wand im Schatten stehend – zählen auf dem Gemälde zur achtköpfigen Musikerrunde, nach den Noten in ihren Händen zu deuten. In der rechten Bildhälfte ist das Bildnis eines Verstorbenen eingereiht, erkennbar an der unwirklich erscheinenden Farbe. Wer ist das? Francesco Maria de’ Medici (1660–1711)? Damit wäre an einen Kardinal und weiteren Musikmäzen der Medici erinnert, der hier symbolisch dazugehört. Tomaso Albinoni widmete diesem anfangs des 18. Jahrhunderts sein op. 4, 12 Kantaten. Sein Sterbejahr 1711 wäre eine zeitliche Eingrenzung des Gemäldes nicht vor diesem Jahr. Die Hauptfigur des Bildes, der genannte Medici-Musikmäzen Ferdinando III. (zweiter von rechts), ist der Neffe dieses Kardinals, der 1713 50jährig starb. Der florentinische Maler Anton Domenico Gabbiani müsste das Bild also zwischen 1711 und 1713 gemalt haben.[2]

Instrumente und Musiker

Titelblatt des Erstdruckes verlegt durch Estienne Roger, Amsterdam

Von den auf dem Bild dargestellten drei Bassinstrumenten hat das Zupfinstrument in der Mitte eine besondere Bedeutung. Es ist eine große Theorbe mit sehr langem Hals, dessen Ende mit den darauf gespannen Basssaiten nicht im Bild ist. Sie wird von einem Jüngling mit auffällig ernstem, konzentrierten Blick gespielt. Er ist der einzig aktive, die anderen Musiker verharren. Dazu gehören zwei genial ausschauende Kollegen oben links ohne Instrumente. Auch der linke von beiden hält Noten (Bildrand), wie zu erkennen. Vielleicht gehört zu ihm die vor ihm abgestellte Gambe. Deren breiter Steg mit seinen Griffeinteilungen mündet in eine auffällig große, ovale Verzierung, einem Wappen ähnlich (Wappen der Medici?). Und dieser Musiker am linken Bildrand schaut deutlich in Richtung des Priesters im Schatten des rechten Bildrandes. Rechts neben der Gambe hält der wohl Älteste der Gruppe, Cosimo III. de' Medici(?) (Vater des Ferdinando) mit seiner Griffhand den Hals eines halbverdeckten Cellos und mit der Linken dessen Bogen. Saitenhalter und „Schnecke“ des Cellos sind vom Maler besonders schön ausgeführt, im Gegensatz zum Verschwinden des Theorbenhalses im Dunkeln.

Die beiden involvierten Priester scheinen eine zentrale Bedeutung zu haben: Der mittlere hält eine Notenrolle, wie sie damals auch als Dirigierhilfe benutzt wurde und vermittelt mit blassem Gesichtsausdruck eine ernste Stimmung. Zu seinen Füßen blickt ein Hund zu ihm auf, was die Szene als private, nicht-kirchliche erklärt. Ganz rechts demonstriert der andere Priester ein einzelnes Notenblatt mit Fingerzeig auf eine der Notenzeilen. Offenbar geht es ihm um ein musikalisch-spieltechnisches Moment, das mit dem Theorbenspieler zusammenhängt. Dessen Instrument ist speziell für die akkordisch-harmonische Unterstützung der tiefen Lage der Musik dieser Zeit gebaut, die später das „Generalbasszeitalter“ genannt wird.[3] Diese Thematik erklärt, warum auf dem Bild allein die Theorbe gespielt wird: sie ist für die Ausführung in Arpeggio- und Akkordgrifftechnik gebaut, während Gambe und Cello die Basslinie der Musik einstimmig, wie notiert spielen, aber das steht hier im Moment nicht zur Debatte.

Auf allein Ferdinando III. (1663–1713) in Florenz, den Gönner der Musiker („ […] und seine Musiker“), wird in der Bilderklärung namentlich hingewiesen. Er, der Gran Principe, zweiter von rechts, ist an seinem auffällig noblen, seidig-grünem Anzug als Hauptfigur zu erkennen. Er weist auf das Cello seines Vaters, während er freundlich mit dem neben ihm stehenden Priester mit dem einzelnen Notenblatt kommuniziert. Dessen Profil mit Hakennase gibt zu denken, weil es an die bekannte Vivaldi-Karikatur des römischen Malers Pier Leone Ghezzi denken lässt, denn bei dem Priester im Schatten des rechten Bildrandes dürfte es sich wahrscheinlich um eine Darstellung Antonio Vivaldis handeln, den „prete rosso“, dessen rote Haarfarbe hier vom Halbdunkel (oder einer Perücke) verschluckt ist.

Antonio Vivaldi, Kupferstich

Ein besonderes Dokument lässt diese Überlegung zu: Antonio Vivaldi widmete Ferdinando III. im Jahr 1711 sein opus 3 L’Estro Armonico, die Harmonische Eingebung.[4] Wenn die zeitliche Eingrenzung der Entstehung dieses Bildes zwischen 1713, dem Todesjahr Ferdinandos und 1711 demjenigen des „Verblichenen" zutrifft, müsste es sich um eine bisher unbekannte Darstellung Vivaldis handeln (?), nämlich im Zusammenhang mit der Widmung seiner Opera Terza an Ferdinando, die „Harmonische Eingebung“, die er 1711 bei Estienne Roger in Amsterdam drucken ließ.

Nase

A. D. Gabbiani: Ausschnitt
Vivaldi, Karikatur von Pier Leone Ghezzi (1723)

Freilich ist die Karikatur Ghezzis überdimensional ausgefallen. Betrachtet man die wenigen als echt verbürgten von-vorn-Darstellungen des Komponisten Vivaldi, müsste sich eine solch vergrößerte Nase auch dort bemerkbar machen. Hier und bei Ghezzi ist die Hakennase nur im Profil zu sehen. Diese sowie die Nasen der anderen sieben Musiker des Bildes (alle von vorn) sind zeichnerisch differenziert gearbeitet.

Wenn man nun mittels Cursor speziell die im Ausschnitt vergrößerte Nase weiter vergrößert, erkennt man, dass Nasenflügel und großes Nasenloch in der natürlichen, nicht übertriebenen Darstellung Gabbianis durchaus das Ghezzi-Bild von 1723 bestätigen könnten.

Bild

Dem Wikipedianer, der das Bild „Ferdinando de’ Medici und seine Musiker“ von Anton Domenico Gabbiani in der Accademia in Florenz fotographierte, gebührt Dank. Der naheliegende Zusammenhang mit Antonio Vivaldi läd zu spannenden Forschungen ein.

Anmerkungen

  1. Abbildungen im Wikipedia-Artikel des Malers
  2. vorausgesetzt, dass die angenommenen Identitäten der Personen zutreffen.
  3. Hugo Riemann: Handbuch der Musikgeschichte, 2 Bd., Leipzig 1912
  4. Siehe zu opus 3 Kordula Knaus: Musikgeschichte ‚Barock‘, Bärenreiter Studienbücher Musik. Band 24, 2023, S. 164f.

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Johannes Baptist de La Salle (1651–1719)