„Wanderfeldbau“ – Versionsunterschied

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Der Begriff '''Wanderfeldbau''' wird in der deutschen Literatur heute häufig durch den englischen Begriff "''Shifting Cultivation''" ersetzt. Wanderfeldbau wird vor allem von [[Naturvolk|Naturvölkern]] in [[Tropen|tropischen]] und [[Subtropen|subtropischen]] Waldgebieten betrieben, wo sie Ländereien für 1-3 Jahre bewirtschaften und die Felder anschließend auf erneute Brandrodungsflächen verlegen, so dass die vorherige Rodungsfläche in den folgenden Jahren durch [[Sekundärwald]] überwuchert werden kann. Die Übergänge vom Wanderfeldbau zu räumlich enger begrenzten und stationäreren Wirtschaftsformen mit dem Wechsel zwischen Anbau und Brache sind fließend. Werden nur die Wirtschaftsflächen und nicht die Hofstellen im wechselnden Turnus verlegt, spricht man von '''Landwechselwirtschaft'''.
Der Begriff '''Wanderfeldbau''' wird in der deutschen Literatur heute häufig durch den englischen Begriff "''Shifting Cultivation''" ersetzt. Wanderfeldbau wird vor allem von [[Naturvolk|Naturvölkern]] in [[Tropen|tropischen]] und [[Subtropen|subtropischen]] Waldgebieten betrieben, wo sie Ländereien für 1-3 Jahre bewirtschaften und die Felder anschließend auf erneute Brandrodungsflächen verlegen, so dass die vorherige Rodungsfläche in den folgenden Jahren durch [[Sekundärwald]] überwuchert werden kann. Die Übergänge vom Wanderfeldbau zu räumlich enger begrenzten und stationäreren Wirtschaftsformen mit dem Wechsel zwischen Anbau und Brache sind fließend. Werden nur die Wirtschaftsflächen und nicht die Hofstellen im wechselnden Turnus verlegt, spricht man von '''Landwechselwirtschaft'''.


==Übergänge zu anderen Wirtschaftsformen==

Auch [[Kulturvolk|Kulturvölker]] haben lange Zeit zumindest zum Teil Wirtschaftsformen betrieben, die eine langandauernde Brache beinhalteten. In dieser Weise findet sich Wanderfeldbau bzw. heutzutage Landwechselwirtschaft zum Beispiel in Mittelamerika ([[Milpa]]-Wirtschaft), z.T. durch Bewässerungsmaßnahmen ergänzt, oder auch bei den westafrikanischen Bauernvölkern. Auch im frühen europäischen Mittelalter wurde z.T. Wanderfeldbau betrieben. Ein bemerkenswerter Übergang von der Brandrodungswirtschaft zur andauernden Intensivnutzung findet sich historisch bei den [[Tupi]] im Amazonasgebiet: In den letzten Jahren verdichten sich die Hinweise darauf, dass die so genannte "[[Terra preta]]" künstlich hergestellt wurde, indem die durch Brandrodung entstandene kurzfristige Bodenverbesserung ([[Melioration]]) durch die Beigabe von bewusst hergestellter Holzkohle (die sich länger im Boden hält) deutlich verlängert wurde.


==Nährstoffkreislauf und Regenerationsphase==
==Nährstoffkreislauf und Regenerationsphase==
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==Durchführung==
==Durchführung==
Bei der kleinflächigen Brandrodung werden auf dem zukünftigen Feld kurz vor den Trockenzeit zunächst kleinere Bäume und Sträucher mit einer Machete oder einem Beil gerodet. Am Ende der Trockenzeit wird dann die gefällte Vegetation abgebrannt. Nach dieser Brandrodung ist das Feld übersät mit gefällten und nicht gefällten Baumstrünken, Asche und verkohlten Stämmen. Erst durch die Asche, die wertvolle Nährstoffe erhält und als Dünger dient, wird eine Bewirtschaftung möglich. Die Aussaat von Mais, Gemüse und Maniok erfolgt dann vor der Regenzeit; manchmal werden auch Bananen angepflanzt. Nach zwei bis drei Jahren müssen neue Flächen gerodet, abgebrannt und bestellt werden. Je nachdem wie viel Anbaufläche benötigt wird, reichen die Flächen in der Nähe eines Dorfes nicht mehr aus, um die Bewohner zu ernähren. Dann wandert das gesamte Dorf in andere Gebiete, wo neue Felder angelegt werden können.
Bei der kleinflächigen Brandrodung werden auf dem zukünftigen Feld kurz vor den Trockenzeit zunächst kleinere Bäume und Sträucher mit einer Machete oder einem Beil gerodet. Am Ende der Trockenzeit wird dann die gefällte Vegetation abgebrannt. Nach dieser Brandrodung ist das Feld übersät mit gefällten und nicht gefällten Baumstrünken, Asche und verkohlten Stämmen. Erst durch die Asche, die wertvolle Nährstoffe erhält und als Dünger dient, wird eine Bewirtschaftung möglich. Die Aussaat von Mais, Gemüse und Maniok erfolgt dann vor der Regenzeit; manchmal werden auch Bananen angepflanzt. Nach zwei bis drei Jahren müssen neue Flächen gerodet, abgebrannt und bestellt werden. Je nachdem wie viel Anbaufläche benötigt wird, reichen die Flächen in der Nähe eines Dorfes nicht mehr aus, um die Bewohner zu ernähren. Dann wandert das gesamte Dorf in andere Gebiete, wo neue Felder angelegt werden können.

==Siehe auch==
[[Entwicklungsland|Entwicklungsländer]], [[Landwirtschaft]], [[Subsistenzwirtschaft]], [[Tropischer Regenwald]]

[[Kategorie:Feldwirtschaft]]
[[en:shifting cultivation]]

Version vom 10. Dezember 2006, 17:43 Uhr

Unter Wanderfeldbau oder Wanderwirtschaft (engl. Shifting Cultivation) versteht man verschiedene Formen der Landnutzung, bei welchem Felder für einen bestimmten Zeitraum intensiv genutzt und anschließend aufgegeben werden. Eng mit dem Wanderfeldbau verknüpft steht die Brandrodung, so dass häufig auch von "Brandrodungswirtschaft" gesprochen wird. Bei der Brandrodung bleiben die in den Pflanzen enthaltenen Nährstoffe in der Asche auf der zukünftigen Anbaufläche zurück und sorgen so für Fruchtbarkeit. Der Wanderfeldbau ist eine der ältesten landwirtschaftlichen Nutzungsformen der Erde, und nach Schätzungen der FAO (Food and Agriculture Organization) leben und wirtschaften heute noch etwa 250 Millionen Menschen in diesem Agrarsystem.

Der Begriff Wanderfeldbau wird in der deutschen Literatur heute häufig durch den englischen Begriff "Shifting Cultivation" ersetzt. Wanderfeldbau wird vor allem von Naturvölkern in tropischen und subtropischen Waldgebieten betrieben, wo sie Ländereien für 1-3 Jahre bewirtschaften und die Felder anschließend auf erneute Brandrodungsflächen verlegen, so dass die vorherige Rodungsfläche in den folgenden Jahren durch Sekundärwald überwuchert werden kann. Die Übergänge vom Wanderfeldbau zu räumlich enger begrenzten und stationäreren Wirtschaftsformen mit dem Wechsel zwischen Anbau und Brache sind fließend. Werden nur die Wirtschaftsflächen und nicht die Hofstellen im wechselnden Turnus verlegt, spricht man von Landwechselwirtschaft.

Übergänge zu anderen Wirtschaftsformen

Auch Kulturvölker haben lange Zeit zumindest zum Teil Wirtschaftsformen betrieben, die eine langandauernde Brache beinhalteten. In dieser Weise findet sich Wanderfeldbau bzw. heutzutage Landwechselwirtschaft zum Beispiel in Mittelamerika (Milpa-Wirtschaft), z.T. durch Bewässerungsmaßnahmen ergänzt, oder auch bei den westafrikanischen Bauernvölkern. Auch im frühen europäischen Mittelalter wurde z.T. Wanderfeldbau betrieben. Ein bemerkenswerter Übergang von der Brandrodungswirtschaft zur andauernden Intensivnutzung findet sich historisch bei den Tupi im Amazonasgebiet: In den letzten Jahren verdichten sich die Hinweise darauf, dass die so genannte "Terra preta" künstlich hergestellt wurde, indem die durch Brandrodung entstandene kurzfristige Bodenverbesserung (Melioration) durch die Beigabe von bewusst hergestellter Holzkohle (die sich länger im Boden hält) deutlich verlängert wurde.

Nährstoffkreislauf und Regenerationsphase

Die Länge der erforderlichen Erholungsphase hat direkte Auswirkungen auf die Bevölkerungsdichte: Je länger sie andauert, umso weniger Menschen können in einem bestimmten Gebiet vom Wanderfeldbau leben. Die Länge der Erholungsphase ist von der Art der Nutzung und der Nutzpflanzen, klimatischen Bedingungen und der Bodenqualität abhängig. Bei tropischen Böden, welche meist tiefgründig verwittert und nährstoffarm sind, kann die Regenerationsphase bis zu 25 Jahren dauern. Durch die tropischen Rahmenbedingungen wie Feuchtigkeit und Temperatur und durch das hohe Alter der Böden ist deren Fähigkeit zur Speicherung von Nährstoffen stark eingeschränkt (geringe Kationen-Austausch-Kapazität, KAK). Die Nährstoffe sind deshalb in den immerfeuchten Tropen in einem ständigen Kreislauf (tropischer Nährstoffkreislauf). Fast die gesamten Nährstoffe des tropischen Regenwaldes sind dadurch in den Pflanzen und Tieren enthalten.

Ökologische Bedeutung

In seiner ursprünglichen Form ist der Wanderfeldbau ökologisch nicht bedenklich, wenn die aufgegebenen Flächen einige Jahrzehnte in Ruhe gelassen werden. Gerade im tropischen Regenwald wird durch diese Form der Bewirtschaftung verhindert, dass die dünne Humusdecke abgespült und dauerhaft Nährstoffe (Kationen) in tiefere Bodenbereiche geschwemmt werden, wo sie für die Pflanzen nicht mehr erreichbar sind. Aufgrund der mangelnden Fläche werden die Brachezeiten jedoch zunehmend verkürzt. In der Regel wanderten, in einem Turnus von 10-15 Jahren, auch die Siedlungen in vorher unberührte Waldgebiete, wo ein neues Dorf mit neuen Feldern eingerichtet wurde. Heute bleiben die Siedlungen jedoch meist an Ort und Stelle, da durch Bevölkerungswachstum und zusätzliche Nutzungsformen (Plantagen, etc.) kein Raum mehr für die Verlegung der Siedlung ist. Zum Teil wurden die Brachephasen dadurch auf bis unter 5 Jahre reduziert, woraus sich schwerwiegende ökologische Probleme ergeben. Der Wanderfeldbau ist bei weitem nicht so effektiv wie z.B. die Fruchtwechselwirtschaft, welche in den feuchten Tropen jedoch nur mit großem technischen Aufwand realisierbar und in der Regel nur für die Selbstversorgung geeignet ist. Viele junge Menschen verlassen die traditionellen Dörfer in Richtung Stadt, um den schweren Lebensbedingungen zu entkommen und um Geld zu erwirtschaften. Nur so können sie die „neuen“ Bedürfnisse (z.B. Kleidung, Radio, Fernseher, etc.) befriedigen.

Durchführung

Bei der kleinflächigen Brandrodung werden auf dem zukünftigen Feld kurz vor den Trockenzeit zunächst kleinere Bäume und Sträucher mit einer Machete oder einem Beil gerodet. Am Ende der Trockenzeit wird dann die gefällte Vegetation abgebrannt. Nach dieser Brandrodung ist das Feld übersät mit gefällten und nicht gefällten Baumstrünken, Asche und verkohlten Stämmen. Erst durch die Asche, die wertvolle Nährstoffe erhält und als Dünger dient, wird eine Bewirtschaftung möglich. Die Aussaat von Mais, Gemüse und Maniok erfolgt dann vor der Regenzeit; manchmal werden auch Bananen angepflanzt. Nach zwei bis drei Jahren müssen neue Flächen gerodet, abgebrannt und bestellt werden. Je nachdem wie viel Anbaufläche benötigt wird, reichen die Flächen in der Nähe eines Dorfes nicht mehr aus, um die Bewohner zu ernähren. Dann wandert das gesamte Dorf in andere Gebiete, wo neue Felder angelegt werden können.

Siehe auch

Entwicklungsländer, Landwirtschaft, Subsistenzwirtschaft, Tropischer Regenwald