„Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild“ – Versionsunterschied

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'''Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild, geb. von Friedlaender-Fuld, gesch. Mitford, gesch. von Kühlmann''' (* [[17. Januar]] [[1892]]<ref>Zum Geburtsjahr gibt es verschiedene Angaben, sie selbst hat als Geburtsjahr 1898 angegeben, was später zu Schwierigkeiten bei der Restitution führte.</ref> in [[Berlin]]; † [[30. November]] [[1973]] in [[Paris]]), auch Marianne oder Baby genannt, war die Tochter des oberschlesischen Montanindustriellen und 1906 geadelten Friedrich Victor von Friedlaender-Fuld (* 30. August 1858 in Gleiwitz/OS; gest. 16. Juli 1917 in Lanke b. Bernau) und dessen Ehefrau Milly Antonie Fuld (*5. Januar 1866 in Amsterdam; gest. 28. September 1943 in Cannes<ref>Wenn nicht anders angegeben liegen den folgenden Angaben die Wiedergutmachungs- und Entschädigungsakten des Landesarchivs Berlin (LAB) und des Landesverwaltungsamt Berlin, Abt. III Entschädigungsbehörde zugrunde.</ref>), einer Amsterdamer Bankierstochter. Sie hatten 1891 geheiratet, nach dem Tod des Ehemanns wurde sie wieder niederländische Staatsbürgerin(1921).<ref>http://www.shgv.nl/Naturalisaties%20det-hen.htm.</ref>
'''Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild, geb. von Friedlaender-Fuld, gesch. Mitford, gesch. von Kühlmann''' (* [[17. Januar]] [[1892]]<ref>Zum Geburtsjahr gibt es verschiedene Angaben, sie selbst hat als Geburtsjahr 1898 angegeben, was später zu Schwierigkeiten bei der Restitution führte.</ref> in [[Berlin]]; † [[30. November]] [[1973]] in [[Paris]]), auch Marianne oder Baby genannt, war die Tochter des oberschlesischen Montanindustriellen und 1906 geadelten [[Fritz von Friedlaender-Fuld| Friedrich Victor von Friedlaender-Fuld]] und dessen Ehefrau Milly Antonie Fuld (*5. Januar 1866 in Amsterdam; gest. 28. September 1943 in Cannes<ref>Wenn nicht anders angegeben liegen den folgenden Angaben die Wiedergutmachungs- und Entschädigungsakten des Landesarchivs Berlin (LAB) und des Landesverwaltungsamt Berlin, Abt. III Entschädigungsbehörde zugrunde.</ref>), einer Amsterdamer Bankierstochter. Sie hatten 1891 geheiratet, nach dem Tod des Ehemanns wurde sie wieder niederländische Staatsbürgerin(1921).<ref>http://www.shgv.nl/Naturalisaties%20det-hen.htm.</ref>
Die Eltern traten 1896 aus der jüdischen Gemeinde aus und in die evangelische Kirche über,<ref>LAB A PR.Br. Rep. 030 Polizeipräsidium 9940; Briefadlige Häuser, Bd. 1929, S. 186.</ref> aber Marie-Anne war ''élevée sans religion'', bei einem Vater, ''qui aimait tant la vie et ne croyait en rien''.<ref>Gilbert 1956, S. 15, 20; der Übertritt des Vaters zur katholischen Kirche war ein Gerücht aus Schlesien, vgl. LAB A PR.Br. Rep. 030 Polizeipräsidium 9940.</ref>
Die Eltern traten 1896 aus der jüdischen Gemeinde aus und in die evangelische Kirche über,<ref>LAB A PR.Br. Rep. 030 Polizeipräsidium 9940; Briefadlige Häuser, Bd. 1929, S. 186.</ref> aber Marie-Anne war ''élevée sans religion'', bei einem Vater, ''qui aimait tant la vie et ne croyait en rien''.<ref>Gilbert 1956, S. 15, 20; der Übertritt des Vaters zur katholischen Kirche war ein Gerücht aus Schlesien, vgl. LAB A PR.Br. Rep. 030 Polizeipräsidium 9940.</ref>
Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild ist heute bekannt durch ihren Briefwechsel mit [[Rainer Maria Rilke]] aus den Jahren 1914 bis 1918, den sie 1956 in französischer Übersetzung unter dem Pseudonym [[Marianne Gilbert]] herausgab, ergänzt mit autobiografischen Erzählungen, die einen Dialog mit dem ''poète ami''<ref>Gilbert 1956; Storck 1982.</ref> darstellen.
Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild ist heute bekannt durch ihren Briefwechsel mit [[Rainer Maria Rilke]] aus den Jahren 1914 bis 1918, den sie 1956 in französischer Übersetzung unter dem Pseudonym [[Marianne Gilbert]] herausgab, ergänzt mit autobiografischen Erzählungen, die einen Dialog mit dem ''poète ami''<ref>Gilbert 1956; Storck 1982.</ref> darstellen.

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Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild, geb. von Friedlaender-Fuld, gesch. Mitford, gesch. von Kühlmann (* 17. Januar 1892[1] in Berlin; † 30. November 1973 in Paris), auch Marianne oder Baby genannt, war die Tochter des oberschlesischen Montanindustriellen und 1906 geadelten Friedrich Victor von Friedlaender-Fuld und dessen Ehefrau Milly Antonie Fuld (*5. Januar 1866 in Amsterdam; gest. 28. September 1943 in Cannes[2]), einer Amsterdamer Bankierstochter. Sie hatten 1891 geheiratet, nach dem Tod des Ehemanns wurde sie wieder niederländische Staatsbürgerin(1921).[3] Die Eltern traten 1896 aus der jüdischen Gemeinde aus und in die evangelische Kirche über,[4] aber Marie-Anne war élevée sans religion, bei einem Vater, qui aimait tant la vie et ne croyait en rien.[5] Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild ist heute bekannt durch ihren Briefwechsel mit Rainer Maria Rilke aus den Jahren 1914 bis 1918, den sie 1956 in französischer Übersetzung unter dem Pseudonym Marianne Gilbert herausgab, ergänzt mit autobiografischen Erzählungen, die einen Dialog mit dem poète ami[6] darstellen. Zwei weitere Bücher erscheinen unter dem gleichen Pseudonym 1958 und 1962.

Leben

Berlin und Schloss Lanke

Nach der Heirat lebte die Familie zuerst in einer herrschaftlichen Wohnung in der Berliner Voßstraße 33. 1895 erwarb der Vater am Pariser Platz ein bebautes Grundstück (Nr. 6), ließ einen Teil abreißen und durch den Architekten Ernst von Ihne ein Stadthaus im Stil eines Pariser Stadtpalais’ errichten (Nr. 5a)[7], neben der französischen Botschaft (Nr. 5). Um 1900 baute ein Pariser Architekt einen Theatersaal zum Hof hin an, den der Architekt Alfred Breslauer 1926 zu einer zweistöckigen Stadtwohnung für Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild umbaute.[8]

1894 hatte Fritz Friedlaender Schloss und Domäne Lanke bei Bernau von Graf Wilhelm Redern gepachtet[9], wo der Vater – leidenschaftlicher Reiter und Jäger – wohl auch ganzjährig lebte, wenn er nicht in Oberschlesien seinen Geschäften nachging, deren Zentralverwaltung Unter den Linden 8 in Berlin lag. Die Gutsherrschaft Lanke, eine der größten in Brandenburg, und als Unternehmen Teil seiner Berliner Zentralverwaltung, diente dem Industriellen für den Ausbau einer modernen Landwirtschaft, nicht zuletzt um die chemischen Produkte seiner Unternehmen zu testen (Düngemittel). In Lanke wurde Marie-Anne auch von Privatlehrern, nebst einer englischen Gouvernante, unterrichtet. Natur und Landschaft bestimmten zeitlebens ihre Gefühle und waren für sie ein prägender Gegenpol zum städtischen Gesellschaftsleben. In einem Brief an Walther Heymel schrieb sie, dass sie ein bisel wild und frei […] aufgewachsen [sei] und darum sag ich meistens ganz was ich meine ...[10]. In den zwanziger Jahren wurden Schloss und Garten Lanke zu einem kleinen Musenhof, wo mit jungen Künstlern und Künstlerinnen Rollen studiert und originelle Pläne für die Wintersaison geschmiedet wurden, schrieb Kurt von Reibnitz 1929 und sagte ihr eine Zukunft als Berliner Gesellschaftsdame[11] voraus. Anderer Meinung war Ursula von Mangoldt, die Nichte Walther Rathenaus: Kühlmann war eine Zeitlang mit der kapriziösen ‘Baby’ von Friedländer-Fuld verheiratet, die dank ihres großen Reichtums alles zum Hintergrund ihrer Selbstdarstellung machen konnte und ihre vielfältigen Begabungen spielerisch vergeudete.[12] Das Haus am Pariser Platz füllte Frau Milly – keine glänzende Schönheit, aber eine wahre Damemit Gästen von Rang, wenngleich dieser schnelle Aufstieg nicht immer ganz reibungslos verlief, denn Berlin war in den Kreisen der Hofgesellschaft noch sehr konventionell und an soviel Glanz nicht gewöhnt, erinnerte sich Carl Fürstenberg an den Geschäftspartner und langjährigen Familienfreund Fritz Friedlaender, deren Kinder gemeinsam aufwuchsen. Bei ihm liest man aber auch von dem späteren deprimierenden Eheverhältnis der Eltern.[13] Während die elterliche Wohnung im Stil des XVIII. Jahrhunderts, passend zum Louis XV.-Stil des Palais’, eingerichtet war, erwarb die Tochter – sehr zum Verdruss des Vaters – zeitgenössische Werke von Cézanne, Van Gogh, Gauguin, Picasso, Zeichnungen von Rodin und ließ sich ihre Wohnräume nach dem revolutionären Pariser Modeschöpfer und Gestalter Paul Poiret ausstatten.[14] Ein anderes Bild als in den Fürstenberg-Erinnerungen übermittelt Harry Graf Kessler in seinen Tagebüchern; hier sind die Einladungen von Mutter und Tochter in ihrer Mischung von Faszination und (antisemitischer) Ablehnung nachzulesen, die der Familie des „Kaiserjuden“ entgegenschlug und bis heute das einseitige Bild der Familie prägen:

Wir mußten nach Tisch alle auf der Erde herumkriechen, um in gigantisch großen Mappen zwei oder drei Rodinzeichnungen zu sehen, von denen die Kühlmann die ganze Zeit bei Tisch gesprochen hatte, als ob es mindestens fünfzig wären. Für sie ist alle Kunst nur Hintergrund zu ihrer eigenen Person als Kennerin, als Sammlerin, als schöne Frau, als schwangere Frau , als Baby mit Ponylocken usw., alle Kunst nur ‚Schmuck’. Sie ist drollig, sehr hübsch (jetzt) und nicht sehr achtbar. Schließlich zeigte sie, was zu ihr am besten paßt, eine Bändersammlung, lauter bunte Seidenbänder aus den verschiedensten Epochen. (Tagebuch v. 25. November 1922)

Dinner bei Frau von Friedlaender-Fuld in ihrem Palais am Pariser Platz. Grosse Pracht der Aufmachung. Viele galanierte Lakaien. Salon-Fluchten. Der amerikanische Botschafter, Gevers, Reischachs, Lancken, Schuberts, Frau Stresemann (ohne ihn), Annette Kolb (die zu spät kam). Ich führte die Baby Goldschmidt-Rothschild (sehr schlank u. hübsch in rotem Sammet und Perlen) u sass neben Renate Schubert... (Tagebuch v. 1. Februar 1926)

Gegessen bei Baby Goldschmidt-Rothschild am Pariser Platz. Acht bis zehn Personen, kleines Diner, äußerster Luxus, vier unschätzbare Meisterwerke von Manet, Cezanne, van Gogh, Monet an den Wänden. Dreißig Briefe von van Gogh in einem überreichen, häßlichen Einband wurden nach Tisch zu Zigaretten und Kaffee herumgereicht. Armer van Gogh! Man empfindet schließlich pogromhaft: diese Leute müßte man totschlagen. Nicht Neid, sondern Ekel über die Verfälschung und Verflachung geistiger und künstlerischer zu bloß materiellen Werten, zu Gegenständen des ‚Luxus’. (Tagebuch v. 8. Dezember 1929)

Marianne Mitford

Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild war dreimal verheiratet. Die erste, am 5. Januar 1914 geschlossene Ehe mit dem britischen Lord John Mitford (1884–1963), wurde am Pariser Platz mit einer Soiree am 4. Januar gefeiert, während der das Deutsche Theater Szenen von Shakespeares Sommernachtstraum in der Inszenierung von Max Reinhardt aufführte und das Philharmonische Orchester Mendelssohn-Bartholdy spielte.[15] Die Trauung wurde in der evangelischen Dreifaltigkeitskirche zelebriert. Doch die Eheleute waren bereits im Mai wieder getrennt und im Dezember wurde die Ehe für nichtig erklärt.[16] Ein Grund dazu dürfte in einem Brief von Marie de Castellane-Radziwill zu finden sein, die am 21. November 1913 anlässlich der Verlobung schrieb:

Friedlander est très malade; c’est le mariage de sa fille avec un lord anglais qui en est cause. Il craint la disgrace de l’Empereur, qui lui avait toujours répété qu’il ne voulait pas que sa fille épousait un étranger, afin de garder tout cet argent en Allemagne. Ne trouvez-vous pas que Sa Majesté ferait mieux de ne pas s’en meler?[17]

Bösartig und antisemitisch dagegen waren die umlaufenden Gerüchte zur Trennung.[18] Noch am 5. Januar stellte sie, die mit der Heirat die englische Staatsbürgerschaft erhalten hat, den Antrag, gleichzeitig auch wieder deutsche Staatsbürgerin zu werden zu wollen; der Vater schrieb dazu die Begründung.[19]

Ende 1914 waren im leer stehenden Haus in der Bendlerstraße 6, dem Hochzeitsgeschenk des Vaters, nicht nur stille ostpreußische Flüchtlinge untergebracht, sondern hier verbrachte auch Rainer Maria Rilke mit Lulu Albert-Lazard die Weihnachtsfeiertage;[20] im November 1914 hatte Rilke Marianne Mitford, wie sie damals noch hieß bevor sie ihren Mädchennamen wieder annahm, anlässlich des Todes von Walter Heymel am 26. November 1914 kennengelernt. Rainer Maria Rilke beschrieb die enttäuschte junge Frau verständnisvoll:

Sie ist ein wunderschönes Geschöpf aus dem Kindsein, von dem sie noch ganz dunkel ist, plötzlich durch einen Tropfen Schicksal selbständig klar geworden, durchsichtig bis auf den Grund, alles in sich lösend ... Sahen Sie sie jemals? Jetzt hat sie in dem Elternhaus am pariser Platz Wohnung und Leben ganz für sich, beides ist schön und phantastisch, sehr gesichert im Geschmack, man möchte sich die ganze kleine Person ausgedacht haben und sie erzählen, hinter geschlossenen Augen; freilich, wer wüßte, wie’s weitergeht? (Rilke an Marie von Thurn und Taxis, 15. Januar 1915).

Ein Jahr später, im Dezember 1915, trug er auf ihren Wunsch hin zwei Gedichte in ein Heft ein: Der Tod Moses und Der Tod.[21]

Kurz nach der Hochzeit erwarb Marianne Mitford im April 1914 aus dem Besitz von Carl und Thea Sternheim Carl Sternheim das Gemälde L’Arlesienne (1888) von Vincent van Gogh, das sie kurz zuvor in einer Ausstellung der Berliner Galerie Cassirer gesehen hatte und von dem sie spontan angetan war, ohne den Maler zuvor gekannt zu haben. Liest man die Worte von Hermann von Wedderkop zu diesem Bild:

Stark in ihrem schmerzlichen und mitfühlend zarten Ausdruck ist auch die große ‘Arlesienne’ (82). Er liebte anscheinend diese Charaktere, die das Leben rücksichtslos mitnimmt und die bei aller Zartheit doch zu vornehm sind, um sich überwältigen zu lassen und ihren Schmerz nur verhalten zeigen.[22]

– so ahnt man die Projektion der verletzten jungen Frau auf die Dargestellte, denn nach dem Ehedesaster wird sie sich ähnlich niedergeschlagen gefühlt haben wie die dargestellte Madame Ginoux. Finanzielle Gründe hatten die Sternheims zu diesem für sie lukrativen Verkauf bewogen, was Thea Sternheim der Käuferin zeitlebens übel nahm.[23] Die Geschichte dieses Erwerbs und die abenteuerliche Ausfuhr der Arlesienne wie auch der übrigen Kunstwerke bei ihrer Emigration 1940 aus Frankreich nach Übersee schilderte Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild in ihrem Rilke-Buch von 1956. Die Befreiung von Paris am 25. August 1944 war ihr dann Anlass, das Werk van Goghs dem Louvre zu übereignen.[24] Ein weiteres Werk aus ihrem ehemaligen Besitz, das sie 1916 verkaufte, hängt heute in der Staatsgalerie Stuttgart[25]: Picassos Mutter und Kind (Gaukler), eine Gouache von 1905. Sie selbst ließ sich 1927 von dem spanischen Maler Ignacio Zuloaga malen.[26]

Die Erbin

Am 16. Juli 1917 starb der Vater in Lanke an Nierenkrebs.[27] Die Tochter wurde die alleinige Erbin, denn mit der Mutter Milly war bereits vor Jahren ein Ehevertrag geschlossen worden. Die Friedfuld Vermögensverwaltung GmbH wurde von den testamentarisch eingesetzten Vermögensverwaltern, dem Rechtsanwalt Franz Oppenheimer[28] und langjähriger Gesellschafter, dem Kaufmann Robert Friedlaender-Prechtl, Neffe und Geschäftspartner, sowie dem Geheimen Oberfinanzrat Ernst Springer[29] verwaltet. Zu den Aufgaben der Nachlass-Verwaltung gehörte auch die vom Vater verfügte Stiftung, die drei Millionen Mark in ein Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung in Breslau einbrachte. Energisch hatten Mutter und Tochter darauf bestanden, dass dieses Institut entgegen den Regelungen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), deren Gründungsmitglied (1911) der Industrielle gewesen war, den Namen des Stifters trug: Friedlaender-Fuldsche Kohlenforschungsinstitut, 1922 umbenannt in Kohlenforschungsinstitut der KWG (begründet von der Fritz von Friedländer-Fuld-Stiftung. Spätestens 1925 verschwand der Eigenname und es hieß künftig Schlesisches Kohlenforschungsinstitut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, nachdem die drei Millionen in der Inflation verloren gegangen waren; zweimal zuvor hatte die Erbin noch das Haushaltsdefizit des Instituts ausgeglichen.[30]

1922 trat Marianne von Kühlmann als Kommanditistin in die Firma Emanuel Friedlaender & Co. ein, wobei die väterliche Einlage von 7 Mio Mark bestehen blieb.[31] 1936 musste sie ausscheiden, als die Firma nach dem Ausschluss der jüdischen Mitarbeiter unter dem Namen Berve Kraske & Co. weiter geführt wurde.[32]

Marie-Anne von Kühlmann

Die zweite Eheschließung mit dem verwitweten Diplomaten a.D. Richard von Kühlmann (1873–1948) fand am 4. März 1920 im Schloss Lanke im kleinen Kreis statt, der lutherische Pfarrer Graf von Lüttichau vollzog die Trauung.[33] Die Wohnung war (kurzzeitig) in der Berliner Wilhelmstr. 66. Wenige Wochen vor der Scheidung in München am 13. April 1923[34] kam die Tochter Antoinette von Kühlmann, genannt Nina, zur Welt.[35]

Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild

Am 28. Juni 1923 heiratete sie in dritter Ehe den Maler Rudolf von Goldschmidt-Rothschild (1881–1962)[36] aus der gleichnamigen Frankfurter Bankiersfamilie.[37] Für diese Ehe war sie zum jüdischen Glauben übergetreten, was die Frankfurter Familientradition erfordert hatte.[38] Noch vor der Emigration 1938 war sie wieder geschieden.[39] Die abenteuerliche Hochzeitsreise ging in den Süden des afrikanischen Kontinents und mit „südafrikanischen Briefen“ wollte sie sich später für den PEN-Club qualifizieren (Kessler, Tagebuch v. 17. Februar 1926) Am 26. April 1925 kam der Sohn Gilbert zur Welt.[40] Ihre Kinder sollen weitgehend in Frankreich aufgewachsen sein. In der winterlichen Theatersaison veranstaltete Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild Aufführungen und Feste am Pariser Platz. Bei Gelegenheit einer Aufführung im Jahr 1929 von Curt Götz’ „Märchen“ fand Hermann von Wedderkop, Chefredakteur von Der Querschnitt, eine treffende Charakterisierung der ganzen Person:

„[…] Diese Rolle ist für die Baronin Goldschmidt-Rothschild direkt geschrieben, es ist eine Paraderolle mit allen schillernden Eigenschaften, die damit verbunden sind. Sie sah aus, wie ein Märchen aussehen muß: dunkel, hübsch und zart, und doch dabei ungemein praktisch und direkt, so daß es eine Selbstverständlichkeit ist, daß der Lord eingefangen wird. Sehr märchen-like, aber das nächste Mal möchte man vielleicht mehr Wirklichkeit.“[41]

Möglicherweise hat dieses märchen-like Rainer Maria Rilke angesprochen. Doch stimmten auch beide in der politischen Ablehnung des ausgebrochenen Krieges überein, vor allem mit beider Affinität zu Frankreich; eine weitere Freundin im Bunde der deutschen Kriegsgegner und Pazifisten war die Schriftstellerin Annette Kolb. Als Kolb 1915 Geld für die Internationale Rundschau[42] sammelte, gehörte die reiche „Baronin“ zu den Spendern. Auch der gesellschaftliche Umgang entsprach nicht den meist nationalistischen Einstellungen ihrer Umgebung. So notierte Graf Kessler nach einem Besuch in Lanke:

„Internationale Gesellschaft, merkwürdig in dieser Kriegszeit: der Holländer Mosselmans, ein span. Botschaftsrat, der Monsignore [Vay von Vaja], der russisch-polnische Virtuose Hubermann: wie vor dem Krieg.“ (Tagebuch v. 3. September 1916)

Im Herbst 1914 war im Palais am Pariser Platz eine Schutzwache einquartiert, aber im November 1918, der Vater war tot, soll am Friedlaenderschen Palais die rote Fahne geweht haben, erinnerte sich Marie von Bunsen.[43] 1919 war Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild Mitunterzeichnerin des Programms des Arbeitsrat für Kunst und spendete die ansehnliche Summe von 5000 Mark.[44] Als 1923 die französische Armee das Rheinland besetzte, „luden lediglich einige der großen weltoffenen Familien – die von Helene von Nostitz oder von Frau von Friedlaender-Fuld, deren Palais neben der Botschaft lag – die Franzosen in ihre Salons ein“.[45] Und Graf Kessler notierte am 11. Februar nach einem Tee bei „Baby Kühlmann“ deren entrüstete Aussagen über den „irrsinnigen Nationalismus“ in Gegenwart des britischen Botschafters Edgar Vincent Viscount D’Abernon. Auf Kesslers spöttische Nachfrage, was ihr Mann, Richard von Kühlmann dazu meine, zitiert er sie:

... er sei wohl nicht sehr überzeugter Republikaner (!); vor Allem sei er Baier u. sehe Alles aus dem bairischen Gesichtswinkel. Danach aus dem Deutschen. Weiter reiche es nicht. Ihm fehle das Herz, um humanitär und europäisch zu denken! […] Wenn wir Geld nötig hätten, um den Kampf gegen den Nationalismus zu führen, so sei sie bereit, Geldopfer zu bringen. Ich täte ihr einen Gefallen damit, wenn ich ihr die Möglichkeit böte, mit Geld zu helfen.“ (Tagebuch v. 11. Februar 1923). Es gibt Hinweise, dass Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild bei verschiedenen Gelegenheiten großzügig handelte, auch wenn sie wohl immer die nüchtern rechnende Kaufmannstochter blieb. Nach 1933, als die ersten Emigranten nach Frankreich kamen, hat sie ihre Häuser in Frankreich zur Verfügung gestellt. Überliefert ist es für den Breslauer Maler Eugen Spiro. Ihm hat sie das Haus in Paris, Rue de la Faisanderie 33, eingeräumt[46] und mehrere Gemälde zeugen von einem Aufenthalt 1936 in Vaisseau.[47]

Auswanderung 1938 nach Frankreich

Wie viele jüdisch-assimilierte Bürger in Deutschland mag auch Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild den heraufziehenden Nationalsozialismus trotz vieler Anzeichen nicht recht ernst genommen haben. Das änderte sich erst mit dem herannahenden Krieg.

1930, als sich die Aufgabe von Schloss und Park Lanke abzeichnete, wurde Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild Teil-Eigentümerin, 1936 für zwei Jahre Eigentümerin des Grundstücks Inselstraße 7 auf der Halbinsel Schwanenwerder in Berlin. Ein seit September 1930 als Ersatz für Schloss Lanke groß geplantes Landhaus der Berliner Architekten A. Campell & Paul Huldschincky mit Wirtschaftsgebäuden, Unterkünften für das Personal, Pferdeboxen für die „Luxuspferde“ und einem Bootshafen kamen nicht mehr zustande und bereits Ende April 1932 ließ sie die Bauarbeiten einstellen; ob dieser Rückzug mit der Finanzkrise zusammenhing, wegen der u.a. ihr direkter Nachbar Rudolph Karstadt in diesem Jahr sein Vermögen verlor, ist ungewiss.[48] 1931 bis 1936 mietete sie ganzjährig das Haus der Familie Kurt Oppenheim, Kl. Seestr. (seit 1933: Am Kleinen Wannsee) 14, die in die Schweiz gezogen war und nicht mehr zurückkehrte.[49]

Im Februar/März 1938 zog Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild, um der öffentlichen Aufmerksamkeit zu entgehen, wie sie 1956 schrieb, vom Pariser Platz in Berlin-Mitte fort und in die Wohnung von Käthe v. Nagy, Wernerstr. 10 in Wannsee; die ungarische Schauspielerin lebte seit 1935 in Paris. Am 23. Juni 1938 erhielt sie per Dekret des französischen Botschafters André François-Poncet die französische Staatsbürgerschaft.[50] Er war nicht nur der Nachbar am Pariser Platz, sondern der Diplomat muss aufgrund seiner langjährigen Verbandsarbeit für die französische Kohle- und Stahlindustrie die Firma des Vaters Fritz gekannt haben.[51] Am 4. Oktober 1938 verließ Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild Deutschland für immer.

Die langwierigen Verhandlungen mit den nationalsozialistischen Behörden zwecks Abwicklung der Vermögensgeschäfte für Mutter Milly und Tochter Marie-Anne führte Herbert Jessel (* 20. Mai 1892 Breslau). Der Rechtsanwalt und Notar hatte seit Jahren zur Geschäftsführung der Firma Emanuel Friedlaender & Co. gehört und war seit 1937 Vermögensverwalter der „Friedfuld Vermögensverwaltung GmbH, die er bis zur eigenen englischen Emigration nach Abschluss der Geschäfte im August 1939 in seiner Wohnung in Berlin-Wilmersdorf, Westfälische Straße 17/18 bis zur Liquidation weiter geführt hatte. Bevollmächtigter der Mutter Milly war Albrecht Graf von Bernstorff. Als Mit-Testamentsvollstrecker des Nachlasses Friedlaender-Fuld unterzeichnete Botschafter a.D. Friedrich Wilhelm von Prittwitz und Gaffron die Verkaufsverträge der Wohnungen. Nachfolger von Herbert Jessel wurde der als Devisentreuhänder und Sequester amtlich eingesetzte Jurist Walther Schreiber (1953 kurzzeitig Berliner Regierender Bürgermeister der CDU), zuständig für das im Reich, d.h. auf den Sperrkonten, verbliebene Vermögen. Zu seinen Verdiensten schrieb Robert Friedlaender(-Prechtl), als die arisierte Firma Berve Kraske & Co. im Januar 1941 an die Hermann-Göring-Werke verkauft wurde:

„Streng vertrauliche Nachricht: Rybnik und die Annexe sind an die HGW [Hermann-Göring-Werke] verkauft! Schr. [Schreiber] war bez. ist zum Verwalter des Vermögens GR [Goldschmidt-Rothschild] amtlich bestellt worden. Er hat ungemein geschickt und zäh verhandelt und herausgeholt was herauszuholen war.“[52]

Ein dutzend Millionen seien auf ein Sperrkonto gegangen. Die „Centner“ an Akten der Friedfuld-Vermögensverwaltung ruhten bis 1948 im Keller der Westfälischen Straße, bevor sie ein Pariser Anwalt 1951 abholen ließ.[53] Die Firmenunterlagen in der Zentralverwaltung Unter den Linden 61 waren mit der Zerstörung des Hauses verloren.[54]

Im August und September 1939 wurden durch den Makler Ernst Hirsche die Häuser am Pariser Platz, Nr. 5a und 6, die jetzt zum Eigentum der Tochter umgeschrieben worden waren wie auch das Hinterhaus, jetzt Eigentum der Mutter, an die Stadt Berlin für den Preis von 1,65 Mio Mark verkauft, 1,5 Mio Mark wurden als Reichsfluchtsteuer für die Tochter einbehalten,[55] der Rest kam auf das Sperrkonto beim Bankhaus A.E. Wassermann; 1946 wurden als Vorkriegswert der Grundstücke 6,218 Mio Mark errechnet, als aktuellen Wert setzte man 1946 3.730.800 RM an. Die „musealen[56] Einrichtungsgegenstände der Häuser – Bilder, Möbel und Kunstobjekte – wurden von dem Juwelier Richard Gießel und Schmidt-Bangel begutachtet, die einen Wert von rund 500.000 Mark feststellten – 1956 wurde der Wiederbeschaffungswert auf 1.253.895,-- RM festgelegt. Sie wurden teils verkauft, teils von den Auktionshäusern Ferdinand Knapp und Hans W. Lange versteigert, der wohl größere Teil in mehreren Möbelwagen mit der Speditionsfirma Berthold Jacoby nach Amsterdam verfrachtet und dort bei De Gruyter eingelagert. Nach der Besetzung der Niederlande durch deutsche Truppen konfiszierte die Sammelverwaltung feindlicher Hausgeräte 1941 die Kunstware und ließ sie am 20. Oktober 1941, 27. Januar 1942, und 24. Februar 1942 durch das Haager Auktionshaus Van Marle & Bignell versteigern. Ein Teil wurde nach dem Krieg aus dem niederländischen Kunsthandel an Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild als Erbin ihrer Mutter zurückgegeben, zwei Porträtgemälde noch 2004 und 2006 an deren Erben restituiert.[57]

Um die obligate Reichsfluchtsteuer von 2,7 Millionen RM samt den zusätzlichen finanziellen Pressionen (Rechtsmittelkosten und Säumniszuschlag), die dann zusammen 3.189.972 RM für die Tochter betrugen,[58] zu entrichten, wurde durch die Firma Berve Kraske & Co. ein Millionen-Kredit gewährt und noch vorhandene Grundstücke in Niederbarnim verkauft.

Emigration 1940 nach Mexiko und USA

Aus den autobiografischen Erzählungen im Rilke-Buch von 1956 erfahren wir von den Umständen der Flucht. Ein Amsterdamer Onkel hatte ihr vor der Besetzung der Niederlande zur Pflicht gemacht:

Si les Allemands prennent notre pays, pars pour les Etats-Unis. Ton devoir sera d’y aller pour t’occuper des affaires de ta mère.“[59]

Die Mutter wollte nicht mit in die Emigration. Man kann davon ausgehen, dass der Emigrantin, anders als vielen anderen Flüchtlingen, ausländisches Geld der Bankiersfamilie zur Verfügung stand. Nach dem Einfall der Deutschen in den Niederlanden brachten sich der Onkel und seine Frau um.

Mit den Kindern, jetzt 17 und 15 Jahre alt, der Kunst und einem Radio für die täglichen Kriegsnachrichten verließ man im Mai zusammen mit vielen anderen Franzosen im vollgepackten Citroen Paris über die Porte d’Orléans und überschritt die Grenze zu Spanien im Juni am Pyrenäen-Übergang Hendaye-Irun, an der portugiesischen Grenze hörte sie von der Einnahme von Paris (14. Juni). In Lissabon lagen die Papiere für die Überfahrt nach Mexiko auf dem für Flüchtlinge umgebauten portugiesischen Frachtschiff Quanza.[60] Nach dreizehn Tagen angekommen in Vera Cruz, wurden nur 35 der 317 Passagiere ins Land gelassen, darunter Frau von Goldschmidt-Rothschild mit ihren Kindern, für die anderen begann eine Suche nach einem aufnahmebereiten Land. Weitere Stationen ihrer Emigration waren dann Kalifornien, Beverly Hills, 602 North Bedfort[61] und New York. Hier empfand sie ihre Einsamkeit und Fremdheit am stärksten, denn an das Leben in den USA und dessen Kultur konnte sie sich nicht gewöhnen, im Gegensatz zu ihren Kindern. Inzwischen hatte Antoinette (Nina) Miness einen Amerikaner geheiratet und lebte noch 2010 hoch betagt in New York;[62] ihr Sohn Gilbert, der spätere Filmproduzent, kam 1944 als US-Soldat nach Europa zurück. So bald wie möglich kehrte Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild 1946 mit dem Flugzeug nach Paris und Vaisseau zurück.

Wiedergutmachung und Entschädigung

1948 erteilte Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild dem Berliner Rechtsanwalt und Notar Dr. Alfred Karpen die Vollmacht, für sie bei der alliierten Treuhandstelle Berlin Rückerstattungsansprüche ihres „entzogenen“ Privatvermögens zu vertreten. Die Anträge der Jewish Restitution Successor Organization (IRSO), die ab 1950 eingereicht wurden, betrafen im einzelnen:

  • das Insel-Grundstück auf Schwanenwerder;
  • das Grundstück Pariser Platz 5a und 6 mit Hinterhaus;
  • die Kommanditistische Beteiligung an der ehemaligen Firma Emanuel Friedlaender & Co., jetzt Berve, Kraske & Co;
  • Einrichtungsgegenstände Pariser Platz 5a + 6 sowie Hinterhaus;
  • Hausrat in den Wohnungen Pariser Platz;
  • Bankguthaben (Kuponzinsen und Überweisungen bei der „Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden“);
  • Fünf Waggons Kunstschätze;
  • Wertpapiere.

Abgesehen von den damals üblichen langwierigen bürokratischen, oft misstrauischen Verläufen von Wiedergutmachungen – die entsprechenden Gesetze entwickelten sich teilweise parallel zu den Erfahrungen und hatte durch den Berliner Vier-Mächte-Status eigene Problemstellungen – zog sich auch bei Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild die Wiedergutmachung über Jahrzehnte hin. Das Grundstück auf Schwanenwerder, das der Generalinspekteur Albert Speer 1938 für einen lächerlichen Kaufpreis erworben hatte, erhielt Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild 1952 zurück und verkaufte es 1962 günstig an den Bezirk Steglitz, der es als Freizeitgelände nutzte. Im September 1963 wurden 637.994,40 DM für die Reichsfluchtsteuer rückerstattet.[63] Der Schadenersatz für die Bankguthaben wurde 1960 rechtskräftig zurückgewiesen.[64] Im Oktober 1966 wurde ein Vergleich rechtskräftig, wonach sie 800.000 DM für das Umzugsgut zurück erhielt.[65] Auf die Häuser am Pariser Platz, die jetzt im sowjetischen Sektor Berlins lagen und nur noch (später abgetragene) Ruinen waren, wurde der Anspruch 1967 zurückgenommen. Im Namen der verstorbenen Milly von Friedlaender-Fuld erhielt die Erbin für deren Reichsfluchtsteuer (M 147.284,00) einschließlich der Umzugskosten 33.772,80 DM zurück. In dem gesonderten Verfahren um ihren Gesellschafteranteil am ehemals schlesischen Firmenvermögen kämpfte sie, immer noch mit Hilfe Ihres Rechtsanwaltes Dr. Alfred Karpen, bis in die späten 1970er Jahre, ohne dass ein Ende abzusehen war; in den 1990er Jahren konnten dann wieder Restitutionsanträge gestellt werden.

Buchtitel 1956
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Illustration Marie-Anne Goldschmidt-Rothschild 1954

Werke

Pseudonym „Marianne Gilbert“:

  • Le Tiroir entr’ouvert. Précédé d’une introduction de Marcel Brion avec trente et une lettres inédites de R.-M. Rilke, traduites par Blaise Brion; huit dessins de l’auteur. Paris: Bernard Grasset 1956
  • Le Bois de Boulogne. Avec la collab. de Annette F. Henrion et Robert Joffet. Textes de Thomas Blaikie, Honoré de Balzac, Daniel Stern etc. 159 S., 44 pl. ill. Paris: la Bibliothèque des Arts 1958, 2. Aufl. 1969
  • Un Musée sur la lune [Texte imprimé]. Postface de Marcel Brion. Paris: 1962; 87 p., illustrations en noir et en couleur

Literatur

  • Abercron, Wilko von: Eugen Spiro 1874 Breslau – 1972 New York. Spiegel seines Jahrhunderts. Alsbach 1990
  • Berg, Christiane: Rilkes Berliner Begegnung mit Marianne von Friedländer-Fuld. In: Aus dem Antiquariat 1975/I, Beilage zum Börsenblatt f. d. Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausg. Nr. 9, 31, S. A 37–A 39
  • Breslauer, Alfred: Ausgeführte Bauten 1897–1927. Mit einer Einleitung Wilhelm von Bodes unter Mitarbeit von Hermann Schmitz. Berlin 1927
  • Bunsen, Marie von: Zeitgenossen, die ich erlebte: 1900–1930. Leipzig 1932
  • Die Dame, 53. Jg. 1925, H. 6, S. 15; Aufn. Rieß, Ullstein
  • Demps, Lorenz: Der Pariser Platz – Der Empfangssalon Berlins. Berlin 1995
  • Fürstenberg, Hans : Die Lebensgeschichte eines deutschen Bankiers 1870–1914. ungekürzte Neuauflage Wiesbaden 1961; 1. Aufl. Berlin 1931
  • Fürstenberg, Hans: Carl Fürstenberg. Erinnerungen. Mein Weg als Bankier und C.F.'s Altersjahre. Wiesbaden 1965
  • Gestalten rings um Hindenburg. Führende Köpfe der Republik und die Berliner Gesellschaft von heute. Hrsg. Anonym (d.i. Kurt von Reibnitz). Dresden 1928, 2. verb. Aufl. 1929
  • Une Grande Dame d’avant Guerre. Lettres de la Princesse Radziwill au Genéral de Robilant 1889-1914. Bologna 1934, Bd. 4
  • Kessler, Harry Graf: Das Tagebuch 1880-1937. Hrsg. von Roland S. Kamzelak und Ulrich Ott. Unter Beratung von Hans-Ulrich Simon, Bd. 2–7, 1892-1923. Stuttgart 2005 ff
  • Der Querschnitt, 7.1927, H. 4, 5, 6; 9.1929, H. 1, 4, 5
  • Rasch, Manfred: Das Schlesische Kohlenforschungsinstitut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft: Ein Gegenbeispiel zum angeblichen Harnack-Prinzip. In: * *Bernhard vom Brocke, Hubert Laitko: Das Harnack-Prinzip. Die Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft und ihre Institute. Berlin 1996
  • Reif, Janin, Horst Schumacher, Lothar Uebel: Schwanenwerder, ein Inselparadies in Berlin. Berlin 2000
  • Rilke, Rainer Maria: Gedichte 1910 bis 1926. Hrsg. von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Werke Bd. 2. Frankfurt a.M. 1996
  • Rilke, Rainer Maria: Briefe an Hertha Koenig 1914 – 1921. Hrsg. von Theo Neteler. Bielefeld 2009
  • Rilke, Rainer Maria und Marie von Thurn und Taxis: Briefwechsel. Mit einem Geleitwort von Rudolf Kassner. Besorgt durch Ernst Zinn. Zürich 1951
  • Rilke, Rainer Maria: Briefe zur Politik. Hrsg. von Joachim W. Storck. Frankfurt a. M. [u.a.] 1992
  • Sander, Oliver: Ernst von Ihne (1848–1917) und seine Berliner Bauten. In: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz, 35.1998, S. 104ff
  • Schnack, Ingeborg: Rainer Maria Rilke. Chronik seines Lebens und seines Werkes 1875-1926 Erweiterte Neuausgabe hrsg. von Renate Scharffenberg. Frankfurt am Main und Leipzig 2009
  • Sonderbundausstellung Köln 1912; 1912 – Mission Moderne. Die Jahrhundertschau des Sonderbundes. Köln 2012
  • Sternheim, Briefe II. Briefwechsel mit Thea Sternheim, Dorothea und Klaus Sternheim 1906 - 1942. Hrsg. von Wolfgang Wendler. Frankfurt a.M. 1988
  • Sternheim, Thea: Erinnerungen. Hrsg. von Helmtrud Mauser in Verbindung mit Traute Hensch, 1995
  • Sternheim, Thea: Tagebücher 1905 – 1927. Die Jahre mit Carl Sternheim. Hrsg. von Bernhard Zeller. Bearb. von Heidemarie Gruppe. Mainz 1995
  • Storck, Joachim W.: »Zeitgenosse dieser Weltschande«. Briefe Rilkes an Marianne Mitford geb. Friedlaender-Fuld aus dem Kriegsjahr 1915. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft, Jg. 26, 1982, S. 40–80

Einzelnachweise

  1. Zum Geburtsjahr gibt es verschiedene Angaben, sie selbst hat als Geburtsjahr 1898 angegeben, was später zu Schwierigkeiten bei der Restitution führte.
  2. Wenn nicht anders angegeben liegen den folgenden Angaben die Wiedergutmachungs- und Entschädigungsakten des Landesarchivs Berlin (LAB) und des Landesverwaltungsamt Berlin, Abt. III Entschädigungsbehörde zugrunde.
  3. http://www.shgv.nl/Naturalisaties%20det-hen.htm.
  4. LAB A PR.Br. Rep. 030 Polizeipräsidium 9940; Briefadlige Häuser, Bd. 1929, S. 186.
  5. Gilbert 1956, S. 15, 20; der Übertritt des Vaters zur katholischen Kirche war ein Gerücht aus Schlesien, vgl. LAB A PR.Br. Rep. 030 Polizeipräsidium 9940.
  6. Gilbert 1956; Storck 1982.
  7. Sander 1998, S. 104ff; Demps 1995.
  8. Breslauer 1927, S. 61f.
  9. Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA) Rep. 37 Lanke, 55, 56, 50, 51, 52, 53.
  10. Deutsches Literaturarchiv Marbach (DLA) Sign. A: Heymel, 62.1440/2, Ende Febr./Anfang März 1913.
  11. Gestalten 1929, S. 187.
  12. Mangoldt: Auf der Schwelle zwischen Gestern und Morgen. Weilheim/OBB 1963, S. 88.
  13. Fürstenberg 1965, S. 128f.
  14. Gilbert 1956, S. 18: Das van-Gogh-Bild hing auf einer goldfarbenen Tapete.
  15. Landesverwaltungsamt Berlin, Entschädigungsbehörde, Reg.Nr. 53.660; Vossische Zeitung v. 5. Januar 1914
  16. LAB A PR. Br. Rep. 030 Nr. 9940 Polizeipräsidium.
  17. Grande Dame 1934, Bd. 4, S. 247.
  18. LAB A PR. Br. Rep. 030 Nr. 9940 Polizeipräsidium mit Zeitungsausschnitt aus Die Wahrheit v. 13. Juni 1914.
  19. LAB A PR. Br. Rep. 030 Nr. 9940 Polizeipräsidium.
  20. Rilke an Marie Taxis v. 5. Januar 1915; in dieser Zeit ligiert Rilke gelegentlich seine Unterschrift, wie es bei den Friedlaenders Tradition war; Rilke an Koenig, 4. Januar 1915.
  21. Rilke, Gedichte, 1996, Bd. 2, S. 126ff., 134f, FN S. 528 und S. 534.
  22. Sonderbundausstellung Köln 1912, S. 30.
  23. Sternheim Briefe II, 1988, S. 164, 360, FN 552: gekauft 1910 für 13.000 Mark; Sternheim: Tagebücher, 1995, S. 138f, Eintrag 9. Juni 1914: verkauft für 125.000 Mark; Sternheim: Erinnerungen, 1995, S. 207: Um diese Zeit verkauft Carl van Goghs Arlésienne für 110.000 Mark an Frau Mitford. Der Verkauf dieses Bildes kommt mir wie Verrat an dem Meister vor, aber wie sollen wir nach erneuten Zahlungen für den alten Sternheim, nach den durch ihn verlorenen drei Hypotheken den Umbau bestreiten?
  24. http://www.musee-orsay.fr/de/kollektionen/werkkatalog/notice.html?no_cache=1&nnumid=014058&cHash=3e204aba82
  25. http://www.staatsgalerie.de/digitalerkatalog
  26. Abb. in Der Querschnitt 7.1927, H. 4, S. 255 und Die Dame 54.1927, H. 17, S. 30. Storck 1982, S. 80: Verbleib unbekannt.
  27. Gilbert 1956, S. 20.
  28. LAB B Rep. 025-06, Nr. WGA 3467/50: Der Jurist Franz Oppenheimer (1. August 1871–26. April 1950 New York) war seit 1902 in leitender Stellung in der Fa. Emanuel Friedlaender & Co. tätig.
  29. Ernst Springer (1860–1944), Sohn des Verlagsgründers Julius S., kam am 30. April 1944 im KZ Theresienstadt um.
  30. Rasch 1996, S. 173–209.
  31. LAB B Rep 025-06, Nr. 6 WGA 2279/51.
  32. LAB B Rep. 025-06, Nr. WGA 3467/50.
  33. Berliner Lokalanzeiger v. 5. März 1920.
  34. Gothaische Taschenbücher Hofkalender und Almanach, bearb. v. Fritsch, Thomas Frh. von. Limburg: Starke 1968, S. 187.
  35. Vgl. Kessler, Tagebuch v. 11. Februar 1923.
  36. vgl. Mathilde von Rothschild
  37. Vossische Zeitung v. 29. Juni 1923.
  38. Gestalten 1929, S. 189.
  39. LAB B Rep 025-02, WGA Nr. 10230/59: Abschrift der Verkaufsverhandlungen und des Kaufvertrags v. August bis September 1939, dort als „geschieden“ genannt.
  40. Die Dame, 53.1925, H. 6 (Dez.), S. 15; Aufn. Rieß, Ullstein: Abb. Mutter und Kind.
  41. Der Querschnitt 1929, H. 1, S. 61.
  42. Die Zeitschrift erschien 1915/16 in Zürich; vgl. Storck 1982, FN 104; Schack 2009, S. 493.
  43. Bunsen 1932, S. 167.
  44. Arbeitsrat für Kunst Berlin 1918–1919. Ausstellung und Dokumentation. Akademie der Künste Berlin, 1980, S. 16, 117; der Arbeitsrat war nach Vorbesprechungen mit der französischen Gruppe La Clarté entstanden.
  45. Pariser Platz 5. Die französische Botschaft in Berlin. Berlin 2004, S. 41.
  46. Ernst Scheyer: Eugen Spiro – Clara Sachs. Beiträge zur neueren schlesischen Kunstgeschichte (Silesia Folge 19). München 1977, S. 21.
  47. von Abercron 1990, S. 134, 179–181.
  48. LAB LAB B Rep. 025, Nr. JRSO 318/51; Reif u.a. 2000, S. 120f, 199.
  49. Brandenburgisches LHA (BLHA), Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg G 2477: Mietvertrag v. 23. März 1931.
  50. Landesverwaltungsamt Berlin, Entschädigungsbehörde, Reg.Nr. 58.168.
  51. Annette Messmer: André François-Poncet und Deutschland. Die Jahre zwischen den Kriegen. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 39.1991, H. 4.
  52. Friedlaender-Prechtl an Richert von Koch, Brief v. 8. Januar 1941, Privatbesitz Berlin.
  53. LAB B Rep. 025, Nr. 21 WGA 6863/59.
  54. Ehem. Nr. 8, die Straße wurde 1937 vollständig umnummeriert
  55. Entschädigungsamt Berlin, Reg. 58 168: im Ergebnis des Häusertauschs musste die Mutter „nur“ 147.284 M Steuer zahlen.
  56. SMB-ZA, IV/NL Bode 1915, 1916: Korrespondenz mit Wilhelm Bode in der Zeit, als sie das Palais am Pariser Platz einrichtete.
  57. http://www.restitutiecommissie.nl/en/recommendations/recommendation_126.html und http://www.dhm.de/datenbank/ccp/dhm_ccp_add.php?seite=6&fld_3=3810&fld_3_exakt=exakt&suchen=Suchen (Abruf Jan. 2013); das Bildnis von Rigaud war für das Linzer Museum vorgesehen.
  58. LAB B Rep. 025-02 WGA Nr. 10230/59.
  59. Gilbert 1956, S. 92.
  60. http://www.nytimes.com/2007/07/08/nyregion/08quanza.html?pagewanted=print&_r=2&%20 http://www.nytimes.com/2007/07/08/nyregion/08quanza.html?pagewanted=print&_r=2&
  61. Landesverwaltungsamt Berlin, Entschädigungsbehörde, Reg.Nr. 58.168, genannt für 1943.
  62. http://www.newyorksocialdiary.com/node/3250/print Foto: Kristen Cramer and Nina Miness (2007) und http://www.patrickmcmullan.com/site/search.aspx?t=person&s=Nina+Miness (2010), Abruf Jan. 2013.
  63. LAB B Rep. 025, Nr. 21 WGA 10230/59.
  64. LAB B Rep. 032, Treuhänder Reg. Nr. D/3830/G.
  65. LAB B Rep. 025, Nr. 21 WGA 6863/59; der Wiederbeschaffungswert der Einrichtung wurde 1956 auf 1.253.895,-- RM festgelegt.