„Lehnswesen“ – Versionsunterschied

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Man versteht unter '''Kacken''' (ausleien, Lehnrecht, lat. Feudum, Feodum, Beneficium) das ausgedehnteste erbliche Nutzungsrecht an einer fremden Sache, welches sich auf eine Verleihung seitens des Eigentümers gründet, die zugleich zwischen diesem und dem Berechtigten das Verhältnis wechselseitiger Treue hervorruft.
Man versteht unter '''Lehen''' (ausleien, Lehnrecht, lat. Feudum, Feodum, Beneficium) das ausgedehnteste erbliche Nutzungsrecht an einer fremden Sache, welches sich auf eine Verleihung seitens des Eigentümers gründet, die zugleich zwischen diesem und dem Berechtigten das Verhältnis wechselseitiger Treue hervorruft.


Lehen (Lehnsgut) wird auch diese Sache selbst, zumeist ein Grundstück oder ein Komplex von Grundstücken, genannt. Der betreffende Eigentümer ist der Lehnsherr (Lehnsgeber, [[Dominium|dominus]] feudi, senior), der Berechtigte der Vasall ([[Lehnsmann]], vassus, vasallus=der Knecht), beide schwören einen ''Lehns[[eid]]''.
Lehen (Lehnsgut) wird auch diese Sache selbst, zumeist ein Grundstück oder ein Komplex von Grundstücken, genannt. Der betreffende Eigentümer ist der Lehnsherr (Lehnsgeber, [[Dominium|dominus]] feudi, senior), der Berechtigte der Vasall ([[Lehnsmann]], vassus, vasallus=der Knecht), beide schwören einen ''Lehns[[eid]]''.

Version vom 14. Dezember 2006, 11:44 Uhr

Der Begriff Lehnswesen, auch Feudalwesen (Feudalismus) oder Benefizialwesen, bezeichnet das politisch-ökonomische System der Beziehungen zwischen Lehnsherren und belehnten Vasallen. Es bildete die Grundlage der hochmittelalterlichen Gesellschaftsordnung der abendländischen Staaten, vor allem aber des Heiligen Römischen Reichs. Auch in anderen Kulturen, insbesondere in Japan (siehe Samurai) entstanden Strukturen, die sich mit dem europäischen Lehnswesen vergleichen lassen. Diese sollen hier aber nicht behandelt werden.

Im Frühmittelalter bildete sich das Lehnswesen nach dem Vorbild des römischen Klientelwesens und aus dem germanischen Gefolgschaftswesen. Der Lehnsherr, welcher der rechtliche Eigentümer von Grund und Boden oder bestimmter Rechte war, verlieh diese dem Lehnsempfänger auf Lebenszeit. Dafür musste der Lehnsempfänger dem Lehnsherrn persönliche Dienste leisten. Beide verpflichteten sich zu gegenseitiger Treue: Der Lehnsherr zu Schutz und Schirm, der Lehnsempfänger zu Rat und Hilfe.

Oberster Lehnsherr war der jeweilige oberste Landesherr, König oder Herzog, der Lehen an seine Fürsten vergab. Diese konnten wiederum Lehen an andere Adelige vergeben, die sich von ihnen belehnen lassen wollten und oft in der Adelshierarchie unter dem Lehnsgeber standen.

Abnahme des Lehnseids (1512)

Begriffe

Man versteht unter Lehen (ausleien, Lehnrecht, lat. Feudum, Feodum, Beneficium) das ausgedehnteste erbliche Nutzungsrecht an einer fremden Sache, welches sich auf eine Verleihung seitens des Eigentümers gründet, die zugleich zwischen diesem und dem Berechtigten das Verhältnis wechselseitiger Treue hervorruft.

Lehen (Lehnsgut) wird auch diese Sache selbst, zumeist ein Grundstück oder ein Komplex von Grundstücken, genannt. Der betreffende Eigentümer ist der Lehnsherr (Lehnsgeber, dominus feudi, senior), der Berechtigte der Vasall (Lehnsmann, vassus, vasallus=der Knecht), beide schwören einen Lehnseid.

Sprachlich hängt der Ausdruck „Lehen“ mit leihen zusammen, bedeutet also so viel wie geliehenes Gut (vgl. heute „Darlehen“), während das Wort „Feudum“ nach Ansicht Einiger vom lat. fides (Treue), richtiger aber wohl vom altdeutschen feo (das heißt Vieh, dann überhaupt „Gut“) abzuleiten ist.

Den Gegensatz zum Lehen bildet das freie Eigentum, Allodium.

Die dem Vasallen zustehende Berechtigung nähert sich tatsächlich dem Eigentum so sehr, dass man dieselbe oft als nutzbares Eigentum (dominium utile) und das Recht des eigentlichen Eigentümers als Obereigentum (dominium directum) bezeichnet.

Die Rechtsgrundsätze über das Lehnswesen bilden das Lehnsrecht im objektiven Sinn.

Geschichte des Lehnswesens

Geschichtliche Entwicklung des Lehnsrechts

In der Spätantike entwickelten sich aus dem römischen Patronat (Klientelverhältnis) und aus den Gentilbeziehungen der Völkerwanderungszeit (germanische Reiche auf römischen Boden) die Beziehung zwischen herrschenden Personen und Untergebenen auf einem herrschenden Konsens, der allgemein üblich und anerkannt war.

In der römischen Kultur war es üblich, dass ein Patron (reicher römischer Bürger) automatisch seine freigelassenen Sklaven weiterhin in einem Abhängigkeitsverhältnis behielt (Klientelverhältnis). Dieses besagte, dass die Klientel ihren Patron, wenn dieser es wünschte, im Kriegsfall zu begleiten und zu beschützen hatte, an Gerichtstagen diesen als lautstarke Partei zu begleiten sowie wenn dieser im öffentlichen Leben stand, ihm als Assistenten zu dienen und zu Repräsentationszwecken in die Öffentlichkeit zu begleiten hatte.

Hiergegen hatte der Patron seinen Klienten rechtliche und tatsächliche Unterstützung in allen Lebensbeziehungen zu gewährleisten. Auch ein römischer Bürger, Nichtrömer und sogar ganze Völker im römischen Reich konnten sich in ein Klientelverhältnis begeben.

In der Spätantike und damit im ausgehenden römischen Reich verlagerte sich dieses Verhältnis zusehends auf den ländlichen Raum, weil die römische Nomenklatura ihre riesigen Latifundien als ihr Rückzugsgebiet und gleichzeitig als wirtschaftlich wichtigstes Standbein ansah, auf dem sie sogar vereinzelt eigene Gerichtsbarkeit und befestigte Gefängnisse unterhielt.

Die Klientel wurden zu dieser Zeit meistens mit der Vergabe von Grund und Boden an den Patron gebunden.

In der auslaufenden Gentilgesellschaft der germanischen Reiche auf römischen Boden war es üblich, dass aller Grund und Boden dem König gehörte. Nur dieser konnte den Grund und Boden an ihm Untergebene verteilen. Bei diesen Untergebenen handelte es sich zumeist um Familienangehörige, Krieger mit herausragenden Leistungen und adlige Personen.

Dieses Land ging aber nicht in das Eigentum des "Beliehenen" über, sondern wurde ihm nur in persona übergeben. Mit dem Tod des Königs oder dem Tod des "Beliehenen" fiel de facto der Grund und Boden an den neuen König zurück. Im Laufe der Zeit entwickelte sich aber eine Übung, dass die "beliehene" Person und dessen Familie zu den Nutznießern der Beleihung verschmolz und immer mit demselben Lehen (Grund und Boden) verbunden blieb. Im Falle des Todes einer Seite konnte und musste ein neuer "Lehnseid" (formal juristische Zeremonie) erfolgen.

Diese Übergänge waren fließend und es gab in der Lehnsvergabe Ausnahmen.

Der Beliehende weiterhin vergab den Grund und Boden als weiteres, zumeist in kleinere Stücke aufgeteiltes Lehen an Untergefolgsleute, die wiederum ihm den Lehnseid schwören mussten.

Im Gegenzug zur Beleihung mit Grund und Boden konnte der König vom Beliehenen und dieser wieder von seinen Unterbeliehenen Treue und Gefolgsrechte verlangen. Dies heißt im Kriegsfall Soldaten und Hilfe zu stellen, im Falle knapper Kasse und Lösegeldforderungen den König zu unterstützen usw..

Das römische Klientelverhältnis und das frühe gentile Lehnsverhältnis der germanische Reiche verschmolz im Laufe des frühen Mittelalters zum Lehnsrecht.

Hierbei stellte das Lehnsrecht ein rechtliches und soziales Beziehungsgeflecht dar, welches pyramidenartig von der Spitze mit dem König nach unten verlief.

Es gibt Annahmen, dass die Durchsetzung des Lehnsrechtes gerade dadurch erfolgte, dass in der Spätantike und im frühen Mittelalter der Geldumlauf sehr vermindert war. Nicht die Weitergabe von Geld konnte einen Gefolgsmann an einen König binden - er hatte einfach keines -, sondern eben nur Grund und Boden. Dieser war ausreichend vorhanden.

Auch Könige (siehe Richard Löwenherz - zwangsweiser Lehnseid) und zumindest im frühen Mittelalter der Klerus (siehe Ottonisch-salisches Reichskirchensystem) konnten Lehnsleute eines Königs bzw. eines anderen Königs werden.

Entstehung der Lehnsabhängigkeit

Im Lehen kamen verschiedene Rechtsinstitute karolingischer Zeit zusammen, die bisher unabhängig voneinander bestanden. Diese Institutionen waren

  • Die Antrustiones - das war das engere Gefolge des Königs, sie zeichneten sich dadurch aus, dass für sie ein Vielfaches des üblichen Wergeldes gezahlt werden musste.
  • Die vassi - Freie, die nicht mehr selbst für sich sorgen konnten, konnten sich in die Hand eines Mächtigeren kommendieren, erhielten dafür Schutz und Unterhalt und waren im Gegenzug zu Treue und Dienst verpflichtet. Ihren Status als Freie verloren sie durch die Kommendation nicht, das Königsgericht war weiter für sie zuständig. Die Kommendation geschah durch den sogenannten Handgang, das heißt, der künftige vassus legte seine gefalteten Hände in die seines Herrn, die dieser umschloss. Diese Geste macht das Verhältnis der beiden sehr deutlich.
  • Das beneficium - schon im frühen Mittelalter wurde Land verpachtet, es kam aber auch vor, dass man Land ohne Gegenleistung verlieh, etwa unter Zwang oder um jemanden einen Gefallen zu tun. Man blieb dann zwar Eigentümer des Landes, war aber nicht mehr sein Nutznießer.

Erst aus der Verbindung dieser Institutionen und insbesondere als sich immer mehr Herren mit hoher sozialer Stellung kommendierten, entstand das Lehnswesen. Dabei blieb der Handgang, der zusammen mit dem Treueid später als „homagium“ (lat.), „hommage“ (franz.), oder „mannschaft“ (dt.), bezeichnet wurde, bis ins 12. Jahrhundert der entscheidende rechtliche Akt. Erst mit der Verbreitung des Urkundenwesens wurde der Handgang vom Treueid, der sich viel besser schriftlich fixieren lässt, abgelöst.

Kommendationen kamen weiterhin in allen Schichten vor. In niederen Schichten entstand daraus die Grundherrschaft, in hohen Schichten das Lehnswesen.

Die Vergabe von Lehen ersetzte oft auch den Arbeitslohn. Das war nötig, weil das Geldwesen im frühen Mittelalter für regelmäßige Zahlungen zu unterentwickelt war.

Weitere Entwicklung

Da die Dienste des Lehnsmannes insbesondere Kriegsdienste umfassten, wurde das Lehnswesen in der fränkischen Monarchie Jahrhunderte lang die Grundlage der Heerverfassung und der sozialen Organisation des Heiligen Römischen Reichs. (siehe Personenverbandsstaat)

Dabei nahm nicht nur der König Vasallen auf, sondern dieses Verfahren wurde bald von weltlichen und geistlichen Großen nachgeahmt. Nach und nach bildete sich dann der Grundsatz der Erblichkeit der Lehen und der Zulässigkeit des Weitervergebens in Afterlehen aus. Letztere wurden 1037 von Konrad II. ebenfalls für erblich erklärt. So kam es, dass im 12. Jahrhundert bereits alle Herzogtümer und Grafschaften als Lehen vergeben waren.

Innerhalb dieser einzelnen geistlichen und weltlichen Territorien bestand aber wiederum ein vielgliedriges Lehnswesen.

Mit dem Sinken der kaiserlichen Macht entwickelte sich dann aus dem Lehnswesen die Landeshoheit der Reichsfürsten, deshalb hat die schließliche Auflösung des Deutschen Reichs seine Wurzel zum Teil im mittelalterlichen Lehnswesen.

In England wurde schon durch die Revolution von 1649 und dann durch eine ausdrückliche Verordnung Karls II. von 1660 der Lehnsverband beseitigt, ebenso in Frankreich durch die Beschlüsse der Nationalversammlung vom 4. und 5. August 1789.

In Deutschland war die Auflösung des Lehensverbandes ein länger Prozess; in gesetzlicher Form erfolgte er unter anderem in der Rheinbundakte, im Reichsdeputationshauptschluss und in der Verfassung der Paulskirche von 1849.

Auflösungserscheinungen

Ursprünglich war eine Lehnsbindung ein lebenslanges Treueverhältnis, das nur der Tod beenden konnte. Es war auch unvorstellbar, dass man mehreren Herren Lehnsdienst leistete. Tatsächlich entstand mehrfache Vasallität sehr bald und lockerte die Treuepflicht des Lehnsmanns erheblich. Auch die Möglichkeit, ein Lehen zu vererben, minderte die Eingriffsmöglichkeiten des Lehnsherrn und lockerte die persönliche Treuepflicht des Lehnsmanns. Mit der Zeit nahm die Bedeutung des Lehnsgutes immer mehr zu, während die Treuepflicht immer mehr in den Hintergrund trat, und am Ende war ein Lehen einfach ein Landgut, für das der Erbe eine bestimmte Zeremonie durchführen musste.

Wesentliche Grundsätze des Lehnsrechts im Heiligen Römischen Reich

Im Allgemeinen wurde der Lehnsmann als Gegenleistung für seine Dienste mit Land oder Freihäusern ausgestattet. Es kam auch vor, dass er am Hof des Herrn Dienste versah und dort verpflegt wurde. Meist erhielten diese sogenannten servi non cassati aber ein Lehen, sobald eines frei wurde.

Aber auch Ämter und Hoheitsrechte über ein bestimmtes Territorium (feuda regalia) konnten als Lehen vergeben werden. Auf diese Weise kam das Haus Thurn und Taxis an sein Postlehen.

Dazu kommen dann zahlreiche Lehen an Kirchensachen und kirchlichen Rechten, Kirchenlehen (Stiftslehen, feuda ecclesiastica) und Beleihungen mit den mit einem Altar verbundenen Stiftungen (feudum altaragli).

Auch Barzahlungen aus dem Kronschatz oder Gewinne aus bestimmten Zöllen konnten als Lehen vergeben werden.

Begründung des Lehens

Die Begründung eines Lehens geschah der Regel nach durch Investitur (constitutio feudi, infeudatio). In fränkischer Zeit geschah das durch den sogenannten Handgang im Mittelpunkt: Der Lehnsmann legte seine gefalteten Hände in die Hände des Lehnsherrn, die dieser umschloss. Damit begab er sich symbolisch in den Schutz seines neuen Herrn. Seit Ende des 9. Jahrhunderts wird dieser Akt durch einen Treueid ergänzt, bei dem meist eine Reliquie geleistet wurde. Der Eid sollte nicht nur die Bindung der Partner herstellen, sondern betonen, dass der Lehnsmann seinen Status als Freier nicht verlor, denn nur Freie konnten sich durch Eid binden.

Im 11. Jahrhundert gehörten zur Investitur das homagium (homage oder mannschaft) aus dem Handgang und einer Willenserklärung des Lehnsmanns. Eine Willenserklärung des Herrn konnte ebenfalls erfolgen, unterblieb aber oft. Anschließend folgte der Treueid und manchmal ein Kuss. Weil im Mittelalter zu einem Rechtsakt auch ein sichtbares Zeichen gehörte, wurde symbolisch ein Gegenstand übergeben, dies konnte ein Stab oder eine Fahne sein, der König konnte auch sein Zepter überreichen (das er nach der Zeremonie natürlich zurück erhielt). Mit zunehmender Schriftlichkeit wurde über die Beleihung auch eine Urkunde ausgestellt, die mit der Zeit immer detaillierter die Güter auflistete, die der Lehnsmann erhielt.

Im Spätmittelalter wurde für die Belehnung eine Gebühr verlangt, die man häufig auf den Jahresertrag des Lehnsgutes festsetzte.

Das Lehnsgut (Benefizium), das der Lehnsmann erhielt, konnte Eigenbesitz des Lehnsherrn sein oder das Lehen eines anderen Herrn. Manchmal verkaufte oder schenkte auch der Lehnsmann seinen Besitz dem Herrn und empfing es dann als Lehen zurück (oblatio feudi). Meist geschah dies in der Hoffnung, der Herr könnte das Land besser bei einem Streit im Felde oder vor Gericht verteidigen. Dieser kaufte oder nahm das Geschenk an, weil er damit die Absicht oder Hoffnung verband, z. B. bisher unverbundene Lehnsgüter zu verbinden und dadurch seinen Einflussbereich z. B. auf die Gerichtsbarkeit oder die Besetzung von Pfarrstellen zu mehren.

Rechtsbeziehung zwischen Lehnsherren und Vasallen

Seit dem 11. Jahrhundert wurden die Pflichten des Vasallen meist mit auxilium et consilium (Hilfe und Rat) beschrieben. Dabei bezieht sich Hilfe meist auf den Kriegsdienst, den der Vasall zu leisten hatte. Diese konnte unbeschränkt sein, d. h. der Vasall musste den Herrn in jedem Krieg unterstützen, oder er wurde zeitlich, räumlich und nach der Menge der ausgehobenen Soldaten beschränkt. Mit dem Aufkommen der Söldnerheere wurde das Aufgebot der Vasallen weniger wichtig und ihr Dienst wurde immer häufiger in Dienste bei Hof und in der Verwaltung umgewandelt. Consilium bedeutete vor allem die Pflicht, zu Hoftagen zu erscheinen.

Insbesondere in England wurden die Kriegsleistungen in Geldleistungen verwandelt ("adäriert") und der englische König verwandte das Geld zur Finanzierung von Söldnern.

Auch zu Geldzahlungen konnte der Vasall verpflichtet sein, und zwar insbesondere um ein Lösegeld für den kriegsgefangenen Herrn zu zahlen, beim Ritterschlag des ältesten Sohnes, für die Mitgift der ältesten Tochter und für die Fahrt ins Heilige Land.

Die Pflichten des Herren waren dagegen weniger genau umschrieben, sie waren mit der Übergabe des Lehens weitgehend abgeleistet, aber natürlich war auch der Herr zu Treue verpflichtet und musste seinen Vasallen darüber hinaus auch vor Gericht vertreten.

Der Lehnsherr konnte ferner von dem Vasallen bei Verlust des Lehens die Lehnserneuerung (renovatio investiturae) fordern und zwar sowohl bei Veränderungen in der Person des Lehnsherrn (Veränderungen in der herrschenden Hand, Herrenfall, Hauptfall, Thronfall) als auch bei Veränderungen in der Person des Vasallen (Veränderung in der dienenden Hand, Lehnsfall, Vasallenfall, Nebenfall). Letzterer musste binnen Jahr und Tag (1 Jahr 6 Wochen 3 Tage) ein schriftliches Gesuch (Lehnsmutung) einreichen und um Erneuerung der Investitur bitten; doch konnte diese Frist auf Nachsuchen durch Verfügung des Lehnsherrn (Lehnsindult) verlängert werden.

Partikularrechtlich war der Vasall dabei, abgesehen von den Gebühren für die Wiederbelebung (Schreibschilling, Lehnstaxe), zuweilen auch zur Zahlung einer besondern Abgabe (Laudemium, Lehnsgeld, Lehnsware, Handlohn) verpflichtet. Endlich konnte der Lehnsherr bei einer Felonie des Vasallen das Lehen durch die so genannte Privationsklage einziehen, Verschlechterungen des Gutes nötigenfalls durch gerichtliche Maßregeln verhüten und dritten unberechtigten Besitzern gegenüber das Eigentumsrecht jederzeit geltend machen.

Der Vasall hatte dem Lehnsherrn gegenüber ebenfalls den Anspruch auf Treue (Lehnsprotektion), und ein Bruch derselben zog für den Lehnsherrn den Verlust seines Obereigentums nach sich. Am Lehnsobjekt hatte der Vasall das nutzbare Eigentum.

Ökonomische Bewertung

Mit dem Lehnswesen ist eine weitgehende Monopolisierung des Landbesitzes und der Produktion verbunden. Das ökonomische Gewicht der Allodien nimmt bis zum Ende des Mittelalters tendenziell ab. Damit einher geht eine weitgehend ungehemmte und unproduktiv machende Ausbeutung der Bauern - sowohl der leibeigenen wie der freien, die in Form sowohl von Frondiensten wie Geld und Naturalabgaben den Lehnsherren bereichern und dem Bauern kaum das Lebensminimum übrig lassen. Das Erwirtschaften von Überschüssen, mit denen neue Investitionen vorgenommen werden könnten, ist der Bauernklasse deshalb praktisch unmöglich.

Die Aristokratie und der geistliche Stand ihrerseits sind nicht genug an der Erwirtschaftung von Überschüssen (z. B. zur Vorratshaltung und zur Produktivitätssteigerung) und an Investitionen und Innovationen interessiert, sondern suchen sich zunehmend in Luxusausgaben für Wohnung, Kleidung, Nahrung, Festen und Waffen gegenseitig zu überbieten, um mit Ansehen auch Macht zu verbinden. Verachtung der Arbeit und häufig fehlendes technisches und ökonomisches Verständnis lassen Produkte des Wirtschaftslebens aus Sicht des Adels nur als Beute erscheinen. Seine Betätigungsfelder, Jagd und Kriegsführung, verursachen zudem erhebliche, nicht zuletzt auch wirtschaftliche Zerstörungen. Bewirken die Hetzjagden nicht selten beträchtliche Ernteverluste, nicht zuletzt weil Bauern die Treiber zu stellen hatten, die damit ihre Tätigkeiten auf Äckern und in Ställen vernachlässigen müssen, aber das Wild auf ihren Äckern nicht töten dürfen, so beruht die Kriegführung des Mittelalters zu einem erheblichen Maße auf der planmäßigen Vernichtung der wirtschaftlichen und sozialen Macht des Gegners durch Vergiftung von Brunnen, Brand und Zerstörung der Ernten, Bauwerke und Dörfer. Auch der Klerus, der die „vita activa“ lehrt, ohne sie selbst zu praktizieren, verachtet dennoch das tätige Leben der Bauern und imitiert mit seiner Sammlung von Pfründen, seiner Prachtentfaltung in Bauten, Festlichkeiten, Textilien, Gold- und Silbergegenständen seinerseits das Leben des Adels. Auch die Klöster, die sich mit Chroniken, Hagiographien und Bibliotheken beschäftigen, bringen dem „opus aedificiale“, dem Bau und der Ausschmückung von Kirchen und Klöstern mehr Interesse entgegen als dem "ora et labora". Handwerker und Künstler finden durch die Bauaktivitäten in der Gotik und die Kunstsammlungen des Klerus zwar Arbeit, die jedoch aus wirtschaftlicher Sicht keine produktiven Investitionen darstellen.

Zusammenfassend beruht das Lehnswesen im Wesentlichen auf zwei Komponenten, dem persönlichen und dem dinglichen Element.

Persönliches Element:drztrdt Der Lehnsherr sowie Vasall verpflichten sich zu gegenseitiger Treue. Sichtbarer Ausdruck der Ergebenheitshandlung ist das Einlegen der Hände in die des Herrn (Handgang - vergleichbar mit dem heutigen Handschlag).

Dingliches Element: Auf der Basis dieses Treuegelöbnisses zwischen denselben stellt der Lehnsherr dem Vasallen Land zur Verfügung und erhält vom Vasallen Abgaben.

Ortsnamen

Die frühere Bedeutung des Lehnswesens spiegelt sich heute noch in einer Vielzahl von Ortsnamen, die das Lehen in sich tragen.

Literatur

  • Marc Bloch: Die Feudalgesellschaft. Durchgesehene Neuausgabe. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-91234-7
  • Alain Guerreau: L'avenir d'un passé incertain. Le Seuil, Paris, 2001
  • Reynolds: Fiefs and Vasalls. 1994 (Löste die aktuelle Grundsatzdiskussion aus)