Eisenschwamm

Als Eisenschwamm (Eisenluppe, Schwammeisen, oft auch DRI für „direct reduced iron“), versteht man heute überwiegend ein Produkt der Direktreduktion von Eisenerz. Die Reduktion des Eisenerzes ergibt ein "teigiges", schwammartig-poriges Produkt mit einem Gehalt an Eisen von 92–95 %. Eisenschwamm ist keine durch einen Schmelzprozess entstandene Legierung; es entsteht bei der Erzeugung kein flüssiges Roheisen.
Aufgrund seiner Porosität (daher der Name "... schwamm") muss der Eisenschwamm zur Weiterverarbeitung verdichtet oder auch - neuzeitlich - geschmolzen werden, da nicht erwünschte Unreinheiten (v. a. Schlacke) enthalten sind.

Geschichtlicher Hintergrund und frühe Technik

Eisenschwamm wurde seit der frühen Eisenzeit bei der Verhüttung eisenhaltigen Erzes, meist Raseneisenerz gewonnen. Im deutschsprachigen Raum wurde das Ergebnis als Luppen bezeichnet. In Anlehnung an diesen frühen Begriff werden bis heute glühende, bereits gereinigte, zur weiteren Verarbeitung bestimmte Stahlstücke ebenfalls noch "Luppe" genannt.

In frühzeitlichen Verfahren wurde das Erz meist mit Holzkohle, oder auch Torf (Torfkohle) vermischt und auf offenen Rennfeuern geglüht. Dabei entstanden Temperaturen von etwa 700 bis 900 °C, was zur Reduktion ausreichte. [1]

Zentrum der Abb.: Der Eisenschwamm (Luppen) wird manuell verdichtet und das Eisen grob von der Schlacke getrennt. Dahinter: Das Eisen wird erneut im Schmiedefeuer (Esse) zum Ausschmieden (Reinigen) erhitzt. Der Prozess wird im Vordergrund durch einen wasser-getriebenen Schwanzhammer gezeigt. Im Hintergrund: Der Rennofen. Quelle: Agricola: De re metallica libri XII. (1556)

Daraus entwickelte sich der Rennofen, auch Rennherd mit einem niedrigen Schacht (meist aus Lehm), dessen Kamineffekt es ermöglichte Temperaturen von mehr als 1000 °C zu erreichen .[2]

Ofentechnisch war der Rennofen eine frühe Form des Niederschachtofens. Um die zu effizienterer Eisengewinnung nötigen Temperaturen zu erreichen bedurfte er jedoch der Ergänzung durch Gebläsetechnik.

Vor Erfindung des Hochofens,also in frühhistorischer Zeit, liess sich Eisen - physikalisch bedingt- ausschließlich als Eisenschwamm darstellen. Er enthielt sowohl Kohlenstoff als auch mindestens 3 % Schlacke und war daher extrem spröde. Um daraus einen verwertbaren Werkstoff (das sogenannten Schmiedeeisen) zu gewinnen, musste man den Eisenschwamm unterhalb der Schmelztemperatur des Eisens und oberhalb der Solidustemperatur der in ihm enthaltenen Schlacke über Jahrtausende per Muskelkraft mittels Vorschlaghämmern ausschmieden, um dabei die noch flüssige Schlacke "auszutreiben" (herauspressen) und das so verdichtete Eisen nach dem Gärben mit wiederholtem Feuerschweißen weiter verarbeiten zu können.

Das fertige Produkt war in beiden Fällen das sog. Renneisen ein zunächst noch kohlenstoffreiches Eisen, das weiterer Prozessschritte bedurfte,um zu einem weichen, schmiedbaren Eisen zu gelangen, das in heutiger Terminologie als Weicheisen, gelegentlich auch Reineisen bezeichnet wird,[3])

Bis heute gehen die Techniken der Eisengewinnung auf diese Ursprungserfahrungen in einer Zeit zurück, als die heutige Hochofentechnik mit einer kontinuierlichen Zuleitung an erhitztem Luft-Sauerstoff durch Gebläse mit den gegebenen Mitteln nicht machbar war.

Ein entscheidender Fortschritt war es bereits , die erforderliche Zufuhr an Verbrennungsluft mittels Hangtechnik und/oder durch leistungsfähige Blasebälge zu sichern, die zuerst noch von Hand betrieben wurden, bis man die Wasserkraft als Antrieb zu nutzen verstand.

Im Spätmittelalter konnten im weiterentwickelten Stückofenaber bereits größere, bis zu 100 kg schwere Luppen (auch Stück oder Wolf genannt) erzeugt werden, die in Hammerschmieden auch Eisenhämmer oder Reckhämmer genannt, mit wassergetriebenen Schwanzhämmern (Fallhämmer) noch bis ins 20. Jahrhundert hinein ausgeschmiedet wurden. Die Weiterverarbeitung zu hochwertigem Stahl (Gärbstahl, der frühen Form des Edelstahls), beispielsweise zu Degenklingen, wurde durch sogenannte Raffinierhämmer bewirkt. Diese Technik wird bis in die heutige Zeit in Schmiedewerkstätten genutzt, die von den Vorfahren tradiertes Wissen bewahrt haben.

Heutige industrielle Gewinnung und Nutzung von Eisenschwamm

Das um 1930 entwickelte „Krupp Rennverfahren“ ermöglichte erstmals die Verarbeitung "armer", von der Zusammensetzung geringprozentiger Eisenerze aber auch von eisenhaltigem Gichtstaub) der Hochöfen, zusammen mit kostengünstigem Koks-Abrieb oder von Feinkohle unter Verzicht auf einen Hochofendurchsatz. [4]

Einen anderen Weg beschreitet das Direktreduktionsverfahren, das eisenreichere Erze mit oxydierenden Zuschlägen in einem Drehrohrofen verarbeitet und in der Endstufe des Verfahrens Eisenschwamm gewinnt.[5]

Der dieserart gewonnene Eisenschwamm wird in der Regel vor der weiteren Verarbeitung "brikettiert", also zerschlagen und segmentiert. Diese Briketts oder Pellets sind dann Gattierungsbestandteil für Grauguß aus dem Kupolofen, oder für die Stahlerzeugung im Elektrolichtbogenofen.

Neuzeitliche Verfahren der Stahlerzeugung schmelzen den zu Pellets gepressten Eisenschwamm zusammen mit oxydreichem Schrott, erniedrigen damit den Kohlenstoffgehalt weiter und überspringen so die Roheisenstufe des Hochofenprozesses.

Verwendung von Eisenschwamm im Handwerk

Im handwerklichen Bereich ist die aufwändige Selbsterstellung von Eisenschwamm durch das industrielle Angebot an schmiebarem, kohlenstoffarmem Halbzeug fast ausgestorben. Ein Grund dafür, in Deutschland zu Ende des 20. Jahrhunderts , das verloren gehende Wissen der historischen Eisenherstellung im Rennöfen durch Rennfeuersymposien zu beleben.

Man fußte darauf, dass die traditionellen japanischen Schmiede den benötigten Rohstoff (Tamahagane = Eisenschwamm) für die handgeschmiedeten Schwerter (z. B. Katana) in kleinen, dem Rennofen ähnlichen Herden selbst verhütten. Dabei wird statt z. B. Raseneisenerz oder andere Eisenerzen auch Eisensand eingesetzt. Der daraus hergestellte Raffinierstahl weist aufgrund der besonderen Herstellungsweise und des handwerkliche Ausschmiedens, bessere Eigenschaften auf, als industriell hergestellte Halbzeuge. Durch das meist stärker in eine Richtung ausgerichtete Gefüge ist die Kerbschlagfestigkeit in Querrichtung höher und in Längsrichtung geringer, was gerade bei der Herstellung von Messern oder Handwaffen erwünscht ist. Die Adaption solcher Techniken war auch für die deutsche Schneidwarenindustrie kein Nachteil.

Siehe auch

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. name="industriemuseum-brandenburg"> Vom Eisen zum Stahl, herausgegeben vom Industriemuseum Brandenburg an der Havel, Mai 2002 („Vom Eisen zum Stahl“ PDF 168,3 kB)
  2. name="petau.net"Matthias Zwissler, Roman Landes: Untersuchungen zu Rennfeuererzeugnissen, Rennfeuersymposium der IGDF Internationale Gesellschaft für Damaszenerstahlforschung e.V. in Polle beim Kunstschmied Georg Petau, 20. August 2005 (Untersuchungen zu Rennfeuererzeugnissen PDF 3,54 MB)
  3. [1]. Website von Angele (Maschinenbauer- u. Schmiedeausrüster) Abgerufen am 06. März 2013.
  4. Weiterführendes s. fachliche Literatur zur Eisenerzeugung
  5. s. Stichwort „Direktreduktion“ in Giesserei Lexikon, 17. Auflage, Schiele&Schön, Berlin 1997

Literaturangaben

  • GIESSEREI LEXIKON, 17. Aufl., Schiele & Schön, Berlin, ISBN 3 7949 0606 3
  • Holleman-Wiberg, Lehrbuch der anorganischen Chemie, 25. Auflage, W. de Gruyter & Co., Berlin, S.488