Fischer-Tropsch-Synthese

Edukte und Produkte der Fischer-Tropsch-Synthese

Die Fischer-Tropsch-Synthese (auch Fischer-Tropsch-Verfahren, kurz FT-Synthese) ist ein von Franz Fischer und Hans Tropsch am Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr 1925 entwickeltes großtechnisches Verfahren zur Kohleverflüssigung durch heterogenkatalytische Umwandlung von Synthesegas, einem Kohlenstoffmonoxid-Wasserstoff-Gemisch, in ein breites Spektrum gasförmiger und flüssiger Kohlenwasserstoffe. Diese werden als schwefelarme synthetische Kraftstoffe (XtL-Kraftstoffe), als synthetische Motoröle und als Rohstoffbasis für die chemische Industrie genutzt.

Als Nebenprodukte fallen sauerstoffhaltige Kohlenwasserstoffe wie Ethanol und Aceton sowie Ethen, Propen und höhere Olefine an. Neben Kohle stehen Erdgas und Biomasse als Quellen für die Synthesegaserzeugung zur Verfügung.

Fischer-Tropsch-Produkte dienten zur Herstellung synthetischen Speisefetts. Im Zweiten Weltkrieg wurde während des Afrikafeldzugs und auf deutschen Unterseebooten als Fett fast ausschließlich auf Fischer-Tropsch-Produkten basierendes Speisefett verzehrt. Das Speisefett wurde nicht ranzig, war lange haltbar und schmeckte fast wie Butter.[1]

Geschichte

Frühe Arbeiten

Die ersten Arbeiten zur Hydrierung von Kohlenstoffmonoxid mit Wasserstoff führte Paul Sabatier bereits im Jahr 1902 durch.[2] Bei atmosphärischem Druck und Temperaturen zwischen 200 und 300 °C erhielt er Methan als Hauptprodukt. Die BASF meldete im Jahr 1913 ein Patent an, das die Produktion von sauerstoffhaltigen Produkten und aliphatischen Kohlenwasserstoffen mittels Hydrierung von Kohlenstoffmonoxid unter Verwendung alkaliaktivierter Cobalt- und Osmiumoxide beschrieb. Ihren Forschungsschwerpunkt bei der Hydrierung von Kohlenstoffmonoxid legte die BASF im Folgenden auf die Methanolherstellung.[3]

Arbeiten am Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung

Altbau des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung vormals Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung

Im Jahr 1923 entwickelten Franz Fischer und Hans Tropsch am damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr ein auf eisenhaltigen Katalysatoren basierendes Verfahren zur Kohleverflüssigung, das so genannte Synthol-Verfahren.[4] Bei Drücken von 100 bis 150 bar erhielten sie Gemische aus sauerstoffhaltigen Verbindungen wie Aldehyden, Ketonen, Carbonsäureestern, Alkoholen und Carbonsäuren, so genanntes Synthol. Der hohe Sauerstoffgehalt dieser Produkte führte jedoch zu starken Korrosionserscheinungen, so dass eine Verwendung als Motorkraftstoff fehlschlug.

Basierend auf diesen Forschungen zur Kohlenstoffmonoxidhydrierung entwickelten Franz Fischer und Hans Tropsch im Jahr 1925 die Fischer-Tropsch-Synthese. Bei Drücken um 7 bar erhielten sie Kohlenwasserstoffgemische.[5] Im Gegensatz zum Bergius-Pier-Verfahren verwertet das FT-Verfahren auch magere Kohlensorten.

Großtechnisches Verfahren

Während des Zweiten Weltkriegs erlangte die FT-Synthese wirtschaftliche Bedeutung für das Deutsche Reich. Mit ihr konnte der Bedarf an flüssigen Kraftstoffen, sogenanntes Kogasin, wie das Syntheseprodukt nach seiner Herstellungsfolge aus Koks, Gas, Benzin, genannt wurde, aus einheimischer Kohle gedeckt werden.[6] Insgesamt errichtete die chemische Industrie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs neun Anlagen, die mit der FT-Synthese arbeiteten und eine Kapazität von 0,6 Mio. t/a hatten. Ein Verfahren von Arthur Imhausen nutzte deren Produkte anschließend auch zur Fettsäuresynthese.[7] Die Fettsäuren wurden als Rohstoff im Unternehmen Märkische Seifenindustrie eingesetzt, ab dem Jahr 1939 jedoch auch zur Herstellung eines synthetischen Speisefetts verwendet.[1]

Nachkriegszeit

Holzvergaser Güssing (2006)

Mit den erdölbasierten Kraftstoffen waren die Produkte der FT-Synthese jedoch nicht konkurrenzfähig, so dass die Industrie das Verfahren nach dem Krieg nahezu vollständig aufgab. Die Anlagen wurden gemäß dem Washingtoner Beschluss der Westmächte demontiert.[8] Nach der Ölkrise wurde die Forschung in den 1970er Jahren jedoch wieder aufgenommen und in Bottrop eine Pilotanlage errichtet. Diese wurde bereits Ende der 1980er Jahre wieder eingestellt, da sich die Produktion nur rentierte, wenn der Benzinpreis über 2,30 Deutsche Mark lag.[9]

Verfahren der Sasol

CtL-Tankstelle der Sasol in Bobsburg, Südafrika

In der Republik Südafrika, die ebenfalls über ausreichend Kohleressourcen verfügte und Erdöl importieren musste, wurde aus politischen Gründen 1955 die erste moderne Coal-to-Liquid (CtL)-Anlage Südafrikas in Betrieb genommen. Gebaut wurde sie durch die eigens gegründete Suid Afrikaanse Steenkool en Olie (Sasol) unter Beteiligung der deutschen Lurgi AG. Die Pilotanlage Sasol 1 wurde für etwa 6.000 Barrel Kraftstoff pro Tag ausgelegt. Ab 1980 wurden die Kapazitäten bedingt durch die politische Entwicklung Südafrikas deutlich ausgeweitet.

So nahm die Sasol 1980 und 1982 Sasol II und Sasol III in Betrieb.[7] Damit stand eine Gesamtkapazität von 104.000 Barrel/Tag zur Verfügung. Mit der politischen Öffnung wurde das Programm auf Erdgas als Rohstoffquelle ausgedehnt, 1995 und 1998 schuf Sasol weitere Kapazitäten für 124.000 Barrel/Tag CtL- und GtL-Kraftstoff (Gas-to-Liquid). Da die Steinkohle im Tagebau relativ preisgünstig gewonnen werden kann, deckte das Land noch 2006 etwa 40 % seines Kraftstoffbedarfs aus Kohlebenzin.[10]

Sasol wurde durch die südafrikanischen Entwicklungen Weltmarktführer auf dem Gebiet der XtL-Technologien und baute 2006 in Katar ein modernes GtL-Werk mit einer Kapazität von 34.000 Barrel/Tag. Dabei handelt es sich um ein Hochtemperaturverfahren mit Prozesstemperaturen von 350 °C (Synthol und Advanced Synthol), bei dem Ottokraftstoffe und Alkene als Plattformchemikalien produziert werden. Gemeinsam mit Foster Wheeler plante Sasol zudem eine Fischer-Tropsch-Anlage in China. Diese Anlage mit einer Jahreskapazität von 60.000 Barrel verwendet ein Niedrigtemperaturverfahren mit 250 °C und dient der Gewinnung von Dieselkraftstoff und Wachsen.

Rohstoffwende

1993 nahm der Mineralölkonzern Royal Dutch Shell seine erste GtL-Anlage in Betrieb. Die Anlage in Bintulu in Malaysia hat eine Kapazität von 12.000 Barrel/Tag und wird in einem eigens entwickelten Fischer-Tropsch-Verfahren, der Shell Middle Distillate Synthesis (SMDS-Verfahren), betrieben. Gemeinsam wollen Shell und Sasol weitere GtL-Kapazitäten von etwa 60.000 Barrel GtL/Tag aufbauen.

Die USA verfügen über große, dicht an der Oberfläche liegende Kohleflöze, die relativ leicht im Tagebau abgebaut werden können. Die United States Air Force testete angesichts gestiegener Treibstoffpreise bei gleichzeitig hohem Bedarf am 19. September 2006 auf der Edwards Air Force Base eine Boeing B-52H mit einem 50:50-Gemisch aus gewöhnlichem JP-8-Treibstoff und synthetisch aus Kohle gewonnenem Treibstoff.[11] Der Testflug sollte die Frage klären, wie sich dieser Treibstoff in der Praxis bewährt und ob ein wirtschaftlicher Betrieb zuverlässig möglich ist. Ein begleitendes Forschungsprojekt kam zu dem Schluss, dass Fischer-Tropsch-Kraftstoffe eine Alternative als Quelle von JP-8 für die US Air Force bietet.[12]

Im Zuge der Rohstoffwende rückten vor allem Biokraftstoffe in den Fokus der Kraftstoffherstellung. Dabei erhielt die Fischer-Tropsch-Synthese erneut das Interesse von Forschung und Entwicklung. Zwar werden Biomass to Liquid-Kraftstoffe besonders in Europa als Biokraftstoffe der zweiten Generation gefördert, jedoch wurde noch keine BtL-Produktion in Betrieb genommen. Einzelne Pilotprojekte sind angelaufen, die mittlerweile insolventen Choren Industries wollten in einem Werk in Freiberg, Sachsen, den von ihnen als SunFuel und SunDiesel bezeichneten BtL-Kraftstoff herstellen.[13]

Grundlagen

Schema des Lurgi-Druckvergasers

Synthesegasherstellung

Beim Fischer-Tropsch-Verfahren wird die Kohle zunächst bei Temperaturen von über 1000 °C in der Kohlevergasung, zum Beispiel im Lurgi-Druckvergaser, Winkler-Generator oder Koppers-Totzek-Reaktor, mit Wasserdampf und Luft oder Sauerstoff zu Synthesegas umgesetzt. Da bei dieser Umsetzung im ersten Schritt nur ein Wasserstoff-zu-Kohlenstoffmonoxid-Verhältnis von 0,7 erreicht wird, wird ein Teil des Kohlenstoffmonoxids mit Wasser in einer Wassergas-Shift-Reaktion zu Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff umgesetzt, bis ein Verhältnis von 2:1 erreicht ist. Das Synthesegas wird abgekühlt, wobei Phenol und Ammoniak abgetrennt werden, und einer Rectisolwäsche unterworfen, wobei Kohlenstoffdioxid, Schwefelwasserstoff, Blausäure und organische Bestandteile entfernt werden.[7] Die Katalysatoren sind schwefelempfindlich, der Schwefelwasserstoffanteil wird meist auf einen Volumengehalt von weniger als 30 ppb herabgesetzt.[7] Das Reingas enthält noch etwa 12 % Methan, Ethan, Stickstoff und Edelgase sowie etwa 86 % Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff im Verhältnis 1:2.[7]

Aufbaureaktion

Danach wird das gereinigte Rohgas, das ein Verhältnis von Wasserstoff zu Kohlenstoffmonoxid von etwa 2 bis 2,2 aufweist, heterogen-katalytisch in einer Aufbaureaktion zu Kohlenwasserstoffen wie Paraffinen, Olefinen und Alkoholen umgesetzt. Endprodukte sind Benzin (synthetisches Benzin), Diesel, Heizöl sowie Rohstoffe für die chemische Industrie. Die Reaktion findet bereits bei Atmosphärendruck und bei einer Temperatur von 160 bis 200 °C statt; technisch werden je nach Verfahren höhere Drücke und Temperaturen verwendet. Die Synthese verläuft nach folgendem Reaktionsschema:

(Alkane)
(Alkene)
(Alkohole)

Pro Kilogramm Kraftstoff entstehen etwa 1,25 Kilogramm Wasser, für dessen Herstellung etwa die Hälfte des eingesetzten Wasserstoffs verwendet wird.

Katalysatoren

In der Fischer-Tropsch-Synthese wird eine Vielzahl von Katalysatoren eingesetzt. Die am häufigsten verwendeten basieren auf den Übergangsmetallen Cobalt, Eisen, Nickel und Ruthenium. Als Träger finden poröse Metalloxide mit großen spezifischen Oberflächen wie Kieselgur, Aluminiumoxid, Zeolithe und Titandioxid Verwendung.[14]

Die Katalysatoren können durch Imprägnierung der porösen Metalloxide mit Metallsalzlösungen und anschließende Kalzinierung hergestellt werden.[15] Die Katalysatoraktivität wird durch Promotoren, dies sind nicht selbst katalytische aktive Katalysatorkomponenten, wie Alkalimetalle oder Kupfer gesteigert. Weiterhin beeinflussen die Porengrößenverteilung des Trägers, die Kalzinierungs- und Reduktionsbedingungen und durch die daraus resultierenden Partikelgrößen des aktiven Katalysatormetalls die katalytische Aktivität. Substanzen wie Alkalimetalle, die für Eisenkatalysatoren gute Promotoren darstellen, wirken etwa bei Cobaltkatalysatoren als Katalysatorgift. Cobalt, Nickel und Ruthenium verbleiben während der Reaktion im metallischen Zustand, während Eisen eine Reihe von Oxiden und Carbiden bildet. Es wird jedoch vermutet, dass Cobaltoxiden, die durch unvollständige Reduktion des eingesetzten Salzes zurückbleiben, eine Promotorenrolle zukommt.

Eisen- und cobalthaltige Katalysatoren werden meist durch Fällung, oft zusammen mit anderen Metallen und sonstigen Promotoren, gewonnen.[16][17] Der ursprüngliche Katalysator von Fischer und Tropsch wurde durch Co-Fällung von Cobalt-, Thorium- und Magnesiumnitrat hergestellt, wobei dem frisch gefällten Katalysator das Kieselgur zugesetzt wurde.[18] Die weiteren Schritte wie Formgebung, Trocknung und Reduktion des Cobaltsalzes beeinflussen die Aktivität des Katalysators maßgeblich. Cobaltkatalysatoren zeigen nur geringe Aktivität in der Wassergas-Shift-Reaktion, während Eisenkatalyatoren diese katalysieren.

Produktzusammensetzung

Das typische Fischer-Tropsch-Produkt enthält rund 10–15 % Flüssiggase (Propan und Butane), 50 % Benzin, 28 % Kerosin (Dieselöl), 6 % Weichparaffin (Paraffingatsch) und 2 % Hartparaffine. Das Verfahren ist für die großtechnische Produktion von Benzin und Ölen aus Kohle, Erdgas oder Biomasse von Bedeutung. Die Kettenlängenverteilung der während der Reaktion gebildeten Kohlenwasserstoffe folgt einer Schulz-Flory-Verteilung.[19] Die Kettenlängenverteilung kann durch folgende Gleichung beschrieben werden:

,

wobei Wn der Gewichtsanteil der Kohlenwasserstoffmoleküle mit n Kohlenstoffatomen ist und α die Kettenwachstumswahrscheinlichkeit. Im Allgemeinen wird α durch den Katalysator und die spezifischen Prozessbedingungen bestimmt. Durch Variation der Prozessbedingungen und des Designs des Katalysators lässt sich die Selektivität zu verschiedenen Produkten, etwa Olefinen als Rohstoffe für die chemische Industrie, steuern.

Reaktionsmechanismus

Ursprünglich wurde angenommen, dass die Bildung von Kohlenwasserstoffen über die Hydrierung von oberflächengebundenen Metallcarbidspezies abläuft. Durch mechanistische Untersuchungen mit 14C-markiertem Kohlenstoffmonoxid konnte nachgewiesen werden, dass dieser Mechanismus nur einen kleinen Beitrag zur Gesamtreaktion leisten konnte.[20] In der Folgezeit wurden verschiedene Mechanismen vorgeschlagen und untersucht, wobei der Einbau von 14C-markierten Komponenten und die nachfolgende Untersuchung der 14C-Verteilung in den Produkten eine oft angewandte Untersuchungsmethode darstellten.

Der Reaktionsmechanismus lässt sich in die Schritte Chemisorption von Kohlenstoffmonoxid und dissoziative Chemisorption von Wasserstoff, Kettenwachstum, Wasserstoffübertragung, Hydrogenolyse und Desorption unterteilen. Analog zur Hydroformylierung wird angenommen, dass oberflächengebundene Metallcarbonyle Teil des katalytisch aktiven Systems sind. Der Kettenwachstumsschritt könnte über die Bildung von Acylkomplexen und deren anschließende Hydrierung zum Alkylkomplex verlaufen. In die Metall-Alkyl-Bindung könnte ein weiteres Molekül Kohlenstoffmonoxid insertieren.[7]

Kinetische Untersuchungen in Rohrreaktoren, mit denen bei anderen heterogen-katalysierten Reaktion der geschwindigkeitsbestimmende Schritt, etwa die chemische Reaktion, die Diffusion durch die Grenzschicht oder die Porendiffusion, bestimmt werden konnte, führten bei der Untersuchung der Fischer-Tropsch-Synthese zu keinem eindeutigen Ergebnis.[7] Das Reaktionsnetzwerk besteht aus einer Reihe von komplexen, teilweise reversiblen chemischen und Transportreaktionen. Es wird außerdem angenommen, dass sich das katalytisch aktive Zentrum unter Reaktionsbedingungen durch Chemisorption der Reaktanden ausbildet und sich über die Länge der Katalysatorschüttung ändert.[7] Durch Untersuchungen in gradientenfreien Reaktoren wurde eine Aktivierungsenergie von 93 bis 95 kJ mol-1 und ein inhibierender Einfluss der Kohlenstoffmonoxidkonzentration gezeigt.[21][22] Bei kinetischen Untersuchungen in gradientenfreien Spinning-Basket-Reaktoren wurde die Bildung einer oberflächengebundenen Methylenspezies, die durch Hydrierung von chemisorbierten Kohlenstoffmonoxid entsteht, als geschwindigkeitsbestimmender Schritt identifiziert. Als ein solcher Schritt der Wassergas-Shift-Reaktion gilt die Bildung einer oberflächengebundenen Formylspezies.[23]

Anderson-Emmett-Mechanismus

In Untersuchungen von Anderson und Paul Hugh Emmett wurde herausgefunden, dass an Metallzentren chemisorbiertes Kohlenstoffmonoxid durch Wasserstoff zu einem enolischen Primärkomplex der Art M=CH(OH) (M = Metall) hydriert wird. Das Kettenwachstum erfolgt durch Kohlenstoff-Kohlenstoff-Verknüpfung zweier benachbarter Enole unter Wasserabspaltung. Durch Hydrierung dieser Zwischenstufe entsteht ein Methylhydroxycarbenkomplex, der wiederum für den Aufbau einer Kohlenstoffkette mit benachbarten Enolkomplexen unter Wasserabspaltung bereitsteht. Man erkannte, dass 14C-markiertes 1-Propanol schnell in den entstehenden Kohlenwasserstoff eingebaut wird. Dies wurde als Hinweis auf intermediäre Enolkomplexe gewertet.[24]

Pichler-Schulz-Mechanismus

Beim Pichler-Schulz-Mechanismus ist das Kettenwachstum durch Insertion von Kohlenstoffmonoxid in eine Metall-Alkyl-Bindung mit anschließender Hydrierung zum um eine CH2-Gruppe gewachsenen Alkylrest bestimmt. Dieser Mechanismus impliziert, dass die Insertion und anschließende Hydrierung schnell im Vergleich zur Kettenabbruchreaktion verläuft. Unterstützt wird dieser Mechanismus unter anderem durch das Verschwinden der Infrarot-Bande von adsorbiertem Kohlenstoffmonoxid während der Fischer-Tropsch-Reaktion.[25]

Sachtler-Biloen-Mechanismus

Neuere Studien scheinen einen Mechanismus über den Zerfall von chemisorbierten Kohlenstoffmonoxid in adsorbierte C1-Spezies und Sauerstoff zu unterstützen.[26] Hinweise darauf basieren auf dem leichten Einbau von voradsorbierten markierten Kohlenstoffen in die entstehende Kohlenwasserstoffkette. Das Kettenwachstum erfolgt dabei nach einem Gaube–Maitlis-Modell über oberflächengebundene Alkyliden- oder Alkylidin-Spezies.[26]

Verfahren

Arge-Synthese

Fischer-Tropsch-Kolonne

Das Verfahren wird in mehreren Varianten durchgeführt. Neben dem von Fischer und Tropsch entwickelten Normaldruckverfahren wurde das von Pichler entwickelte Mitteldruckverfahren, auch Hochlast- oder Arge-Synthese genannt, von einer Arbeitsgemeinschaft der Firmen Ruhrchemie und Lurgi kommerzialisiert. Dabei erfolgt die Umsetzung der Kohlevergasungsprodukte an mit Kupfer und Kaliumcarbonat dotierten Eisenkontakten im Festbettverfahren bei Temperaturen um 220 bis 240 °C und Drücken bis 25 bar. Das Kohlenstoffmonoxid-zu-Wasserstoff-Verhältnis liegt bei 1 zu 1,7. Als Produkte werden Paraffin/Olefin-Gemische, sogenanntes Gatsch, erhalten.

Die Reaktion ist exotherm mit 158 kJ pro Mol gebildeter CH2-Gruppe bei 250 °C:[7]

Ein Problem ist die Abführung der hohen Hydrierwärme, um eine möglichst isotherme Reaktionsführung zu gewährleisten. Der Arge-Reaktor hatte ursprünglich einen Durchmesser von drei Metern und war mit 2052 Katalysatorrohren bestückt, die etwa 35 Tonnen oder 40 Kubikmeter Katalysator fassen. Der Katalysator ist dabei in engen, von Wasser umspülten Rohren angeordnet. Die Reaktionswärme wird durch Siedewasser unter Druck abgeführt. Eine ungenügende Wärmeabfuhr führt zu einem Temperaturgradienten über der Katalysatorschüttung und kann zu erhöhter Methanproduktion oder einer Verkokung der Kontakte führen.[7] Eine nachlassende katalytische Aktivität der Kontakte wird durch eine Erhöhung der Reaktionstemperatur ausgeglichen.

Das Katalysatorvolumen beträgt in modernen Reaktoren circa 200 m3. Eine Fischer-Tropsch-Anlage mit mehreren Reaktoren benötigt pro Stunde etwa 1.500.000 Nm3 Synthesegas und stellt dabei pro Jahr etwa 2.000.000 t Kohlenwasserstoffe her. Die Synthese wird dreistufig durchgeführt mit einem Gesamtumsatz von circa 94 %. Neben der Durchführung im Festbettreaktor gibt es Verfahrensvarianten mit Wirbelschichtverfahren (Hydrocol-Verfahren), als Flugstaubsynthese, bei dem der Katalysator als verwirbelter Flugstaub vorhanden ist,[27] oder in einer Ölsuspension (Köbel-Rheinpreußen-Verfahren).

Synthol-Verfahren

Eine Reaktionsvariante ist die von den Firmen Sasol und Kellogg entwickelte Synthol-Synthese. Sie ist nicht mit dem von Fischer und Tropsch entwickelten gleichnamigen Verfahren zu verwechseln. Bei dem Verfahren handelt es sich um eine Flugstaubsynthese; bei ihm wird der Katalysator als Pulver mit dem Reaktionsgas eindosiert. Das Verfahren arbeitet bei 25 bar und Temperaturen über 300 °C. Dadurch bilden sich bevorzugt niedermolekulare Kohlenwasserstoffe. Das Verhältnis Kohlenstoffmonoxid zu Wasserstoff beträgt circa 1:2.[7]

Literatur

  • Thorsten Gottschau: Biomass-to-Liquid (BtL)-Kraftstoffe. Übersicht und Perspektiven. In: Rainer Schretzmann, Jörg Planer (Hrsg.): Kraftwerk Feld und Wald. Bioenergie für Deutschland. , AID, Bonn 2007, ISBN 978-3-8308-0680-6, (Tagungsband zum AID-Forum Landwirtschaft am 10. November 2006 in Bonn)
  • Steffen Bukold: Öl im 21. Jahrhundert. Band 2: Alternativen und Strategien. Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-58898-9
  • Friedrich Benthaus u. a.: Rohstoff Kohle. Eigenschaften, Gewinnung, Veredelung, 1. Auflage, Verlag Chemie, Weinheim 1978, ISBN 3-527-25791-8

Weblinks

Commons: Fischer-Tropsch-Synthese – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Zwanzig Minuten Kohlenklau, dafür doppelte Fettration. SPIEGEL, 6. Dezember 1947, abgerufen am 12. Oktober 2013.
  2. P. Sabatier, J. B. Senderens: Hydrogenation of CO over Nickel to Produce Methane. In: J. Soc. Chem. Ind. 21, 1902, S. 504–506.
  3. Kai-Olaf Hinrichsen, Jennifer Strunk: Basischemikalie Methanol. In: Nachrichten aus der Chemie. 54, 2006, S. 1080–1084, doi:10.1002/nadc.20060541109.
  4. Franz Fischer, Hans Tropsch: The preparation of synthetic oil mixtures (synthol) from carbon monoxide and hydrogen. In: Brennstoff-Chem. 4, 1923, S. 276–285.
  5. Franz Fischer, Hans Tropsch: Über die direkte Synthese von Erdöl-Kohlenwasserstoffen bei gewöhnlichem Druck. (Erste Mitteilung). In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft (A and B Series). 59, 1926, S. 830–831, doi:10.1002/cber.19260590442.
  6. Christoph Janiak, Thomas M. Klapötke, Hans-Jürgen Meyer, Erwin Riedel: Moderne anorganische Chemie. 2003, ISBN 3-11-017838-9, S. 769.
  7. a b c d e f g h i j k F. Benthaus u. a.: Rohstoff Kohle. Eigenschaften, Gewinnung, Veredelung, Verlag Chemie, Weinheim, 1. Auflage, 1978, ISBN 3-527-25791-8, S. 43ff.
  8. Aus strategischen Gründen: Politischer Treibstoff. SPIEGEL, 23. Juni 1949, abgerufen am 5. August 2012.
  9. Billiges Benzin aus Bottrop, bei Welt.de. Abgerufen am 15. Oktober 2013.
  10. Der heimliche Ölkonzern aus Südafrika, bei Handelsblatt.de. Abgerufen am 15. Oktober 2013.
  11. C-17 flight uses synthetic fuel blend. Abgerufen am 12. Oktober 2013.
  12. Hopper T. Smith: Ace in the Hole: Fischer-Tropsch Fuels and National Security. In: Army War Coll. Carlisle Barracks PA, 2010.
  13. B. Kamm: Production of Platform Chemicals and Synthesis Gas from Biomass. In: Angewandte Chemie International Edition. 46, 2007, S. 5056–5058, doi:10.1002/anie.200604514.
  14. Andrei Y. Khodakov, Wei Chu, Pascal Fongarland: Advances in the Development of Novel Cobalt Fischer-Tropsch Catalysts for Synthesis of Long-Chain Hydrocarbons and Clean Fuels. In: ChemInform. 38, 2007, doi:10.1002/chin.200733255.
  15. S. Storsater, B. Totdal, J. Walmsley, B. Tanem, A. Holmen: Characterization of alumina-, silica-, and titania-supported cobalt Fischer-Tropsch catalysts. In: Journal of Catalysis. 236, 2005, S. 139–152, doi:10.1016/j.jcat.2005.09.021.
  16. Wolfgang A. Herrmann: Metallorganische Aspekte der Fischer-Tropsch-Synthese. In: Angewandte Chemie. 94, 1982, S. 118–131, doi:10.1002/ange.19820940205.
  17. Wilfried Rähse: Untersuchung der kondensierten Eisenhydroxide. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. 438, 1978, S. 222–232, doi:10.1002/zaac.19784380124.
  18. B.I.O.S. – Final Report No. 447, Item No. 30: Interrogation of Dr. Otto Roelen of Ruhrchemie A.G. Abgerufen am 3. August 2012.
  19. P. L. Spath and D. C. Dayton: "Preliminary Screening — Technical and Economic Assessment of Synthesis Gas to Fuels and Chemicals with Emphasis on the Potential for Biomass-Derived Syngas" (PDF; 1,6 MB), NREL/TP510-34929, Dezember 2003, S. 95.
  20. J. T. Kummer, T. W. DeWitt, P. H. Emmett: Some Mechanism Studies on the Fischer-Tropsch Synthesis Using 14C In: Journal of the American Chemical Society. 70, 1948, S. 3632–3643, doi:10.1021/ja01191a029.
  21. Ian C. Yates, Charles N. Satterfield: Intrinsic kinetics of the Fischer-Tropsch synthesis on a cobalt catalyst. In: Energy & Fuels. 5, 1991, S. 168–173, doi:10.1021/ef00025a029.
  22. Gerard P. van der Laan, A. A. C. M. Beenackers: Kinetics and Selectivity of the Fischer-Tropsch Synthesis: A Literature Review. In: Catalysis Reviews. 41, 1999, S. 255–318, doi:10.1081/CR-100101170.
  23. Gerard P. van der Laan, Antonie A.C.M. Beenackers: Intrinsic kinetics of the gas-solid Fischer-Tropsch and water gas shift reactions over a precipitated iron catalyst. In: Applied Catalysis A: General. 193, 2000, S. 39–53, doi:10.1016/S0926-860X(99)00412-3.
  24. W. Keith Hall, R. J. Kokes, P. H. Emmett: Mechanism Studies of the Fischer-Tropsch Synthesis: The Incorporation of Radioactive Ethylene, Propionaldehyde and Propanol In: Journal of the American Chemical Society. 82, 1960, S. 1027–1037, doi:10.1021/ja01490a005.
  25. Hans Schulz: Short history and present trends of Fischer-Tropsch synthesis. In: Applied Catalysis A: General. 186, 1999, S. 3–12, doi:10.1016/S0926-860X(99)00160-X.
  26. a b R. A. van Santen, I. M. Ciobîcă, E. van Steen, M. M. Ghouri: Mechanistic Issues in Fischer–Tropsch Catalysis. In: Bruce C. Gates, Helmut Knözinger: Advances in Catalysis, Vol. 54, Burlington Academic Press, 2011, S. 127–187, ISBN 978-0-12-387772-7, S. 127 ff.
  27. Maria Höring, Ernst E. Donath: Verflüssigung und Vergasung von Kohle. In: Die Naturwissenschaften. 61, 1974, S. 89–96, doi:10.1007/BF00606276.