St.-Mauritz-Kirche (Münster)

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St. Mauritz zu Münster vom Hohenzollernring aus gesehen

Die katholische Stifts- und Pfarrkirche St. Mauritz ist der älteste Sakralbau in Münster (Westfalen).

Sie liegt im Westen des Mauritzviertels – und damit knapp außerhalb des Innenstadtrings Münsters – an der Sankt-Mauritz-Freiheit in der Nähe des St. Franziskus-Hospitals mit Frontblick zum Hohenzollernring. Die katholische Mauritzschule (Grundschule), der Kindergarten St. Mauritz, das Kinderheim St. Mauritz und der Mauritz-Friedhof gehören zur Mauritz-Pfarre dazu.

Patrozinium

Die Kirche steht unter dem Patrozinium des Hl. Mauritius. Mauritius (deutsch: Moritz), gestorben um 290 in Agaunum im Wallis, war der Legende nach der Anführer der Thebaischen Legion. Er wird seit dem 4. Jahrhundert als Heiliger verehrt. Er galt als Schutzheiliger des Heeres, der Infanterie, der Messer- und Waffenschmiede, und gilt zudem als Schutzheiliger der Handwerker, die mit dunkler Farbe umgehen, und der Pferde. Sein Gedenktag ist der 22. September.

Geschichtliche Bedeutung

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Rechtes Seitenportal
Innenansicht

Das Kollegiatstift St. Mauritz galt nach dem Domkapitel des St.-Paulus-Doms als das bedeutendste Stift im Bistum Münster.

Das genaue Gründungsdatum des Stifts ist aufgrund der nicht mehr vorhandenen Gründungsurkunde unbekannt. Untersuchungen der romanischen Osttürme bei Grabungen im Jahre 1970 lassen aber vermuten, dass das Stift um das Jahr 1064 herum oder kurz danach errichtet wurde. Der Bau fiele damit in die Amtszeit Bischof Friedrichs I.. Möglicherweise stammten die Pläne zum Bau bereits von seinem Vorgänger Rudbert. Als Belege, dass Friedrich I. für die Errichtung verantwortlich zeichnete, dienen seine engen Verflechtungen zum St. Mauritius-Dom in Magdeburg, wo er zunächst Kanoniker war, dann zum Dompropst aufstieg, aber mit seinem Streben nach dem Amt des dortigen Erzbischofs scheiterte, sowie das daraus resultierende Mauritius-Patrozinium der St.-Mauritz-Kirche.

Der Abschluss der Bauarbeiten an der Stiftskirche erfolgte vermutlich unter dem Nachfolger Friedrichs I., Bischof Erpho. Auf ihn geht das Langhaus zurück, in dem Friedrich I. begraben liegt, sowie die Kirchweihe. Erweiterungen erfuhr das Stift offenbar durch den von 1098 bis 1118 amtierenden Bischof Burchard mit dem Kreuzgang, den Stiftsgebäuden sowie der Blasiuskapelle. Der münstersche Bischof Hermann II. stiftete die Dechanei und beauftragte 1177 den Ausbau des Kapitels. In diesen Zeitraum fallen auch der Bau des Westturmes und der Erphokapelle.

Bestimmte der Bischof von Münster bis ins 14. Jahrhundert hinein noch die Pröpste von St. Mauritz, änderte sich dies durch eine Verwaltungsreform gegen Ende des Jahrhunderts. Sie folgte vergleichbaren Veränderungen am Dom, nach denen die Rechte des jeweiligen Propstes eingeschränkt wurden. Zum Ausgleich erhielt das Stift allerdings das Recht der freien Propstwahl.

Im Jahre 1529 war das Stift St. Mauritz Ausgangspunkt der Entwicklung hin zum Täuferreich von Münster, als der damalige Kaplan Bernhard Rothmann dort anfing, reformatorisch zu predigen. Nachdem die Täufer 1534 die Kontrolle über die Stadt erlangt hatten, wurde es verwüstet und in Brand gesetzt, nach der Niederschlagung des Täuferreichs aber wiederhergestellt. Im Jahre 1811 erfolgte die Aufhebung des Stifts.

Gebäude

Das ursprünglich einschiffige romanische Langhaus wurde nach Plänen des münsterschen Diözesanbaumeisters Emil von Manger 1859–1861 durch ein dreischiffiges neuromanisches Langhaus basilikalen Querschnitts ersetzt. Nach weitreichender Zerstörung des St.-Paulus-Doms am 23. und 25. März 1945 war St. Mauritz zeitweilig die einzige benutzbare alte Kirche in Münster.

Im Jahre 1476 fand die Weihe des neuen gotischen Chores statt. 1709 erhielt der Westturm eine Barockhaube.

Bauschmuck

Kunsthistorisch bedeutend sind die zehn Nischenreliefs der Osttürme von St. Mauritz, von denen sich heute drei im LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster befinden. Sie gehören zu den sehr wenigen Reliefs am Außenbau einer Kirche im 11. Jahrhundert, welche überliefert sind. Vermutlich entstanden sie um 1090. Dargestellt sind zum Beispiel fünf männliche, kriegerische Figuren und eine weibliche Heilige. Als Vergleichswerke sind die ebenfalls im 11. Jahrhundert entstandenen Nischenreliefs der Westfassade von St. Pantaleon in Köln zu nennen.

Erpho-Kapelle

Von besonderer Bedeutung ist die Erphokapelle.

In der Erphokapelle befindet sich u.a. das Epitaph des Dechanten Johann Belholt († 1489). Es ist ein frühes Werk des Bildhauers Evert van Roden aus Münster.

Innenausstattung

Hochaltargemälde

Für die Kirche schuf Johann Bockhorst aus Münster, ein enger Mitarbeiter von Peter Paul Rubens, im 17. Jahrhundert das Hochaltargemälde Christus am Kreuz. Es wurde lange Zeit als Arbeit von Anthonis van Dyck angesehen, wird inzwischen jedoch Bockhorst zugeschrieben.

Lichtkreuz

Bemerkenswert ist das von dem Künstler Ludger Hinse aus Bochum gestaltete moderne Lichtkreuz über dem Altar. Es war eines der Objekte des Ausstellungsprojektes „Das Kreuz mit dem Kreuz“, das 2007 bis 2009 in verschiedenen Kirchen in Nordrhein-Westfalen gezeigt wurde, u.a. auch in der Sankt-Mauritz-Kirche.

Das Lichtkreuz ist aus Plexiglas gefertigt. Es misst ca. 2 m in der Breite bzw. der Höhe und hängt frei beweglich im Kirchenraum. Durch den Luftstrom ist es immer in sanfter Bewegung. Durch eine spezielle Verarbeitung des Plexiglases spiegelt das an sich transparente Kreuz jedes Licht (Tageslicht, Kirchenbeleuchtung, Kerzenschein) im Kirchenraum wider, und macht einzelne Farbtöne des Lichts (Lichtspektrums) „sichtbar“: Für den Betrachter erscheint die an sich durchsichtige Oberfläche „gefärbt“. Die jeweilge Farbe hängt von der jeweiligen Position der Lichtquelle, dem jeweiligen Einfallswinkel des Lichts, der jeweiligen Position des Betrachters im Kirchenraum ab. Die Farberscheinung verändert sich dann immer wieder durch eine Bewegung des Kreuzes oder den Standortwechsel des Betrachters, und stahlt auch in den Kirchenraum aus.

Orgel

Die nachweislich erste Orgel wurde im Jahr 1503 von Johan tom Soide gebaut. Sie fiel aber bereits 1533/1534 den Wiedertäufern zum Opfer, die nicht nur die Orgel, sondern auch Altäre und Gemälde zerstörten und die Gewölbe der Kirche beschädigten. In der Folgezeit sind weitere Instrumente belegt, unter anderem ein Instrument von dem Orgelbauer Johann Kersting aus dem Jahr 1833 mit 11 Registern.

Die (heutige) Orgel geht zurück auf das Instrument, das Friedrich Fleiter (Münster) im Jahr 1882 unter Verwendung von Material aus der Vorgängerorgel von 1833 neu erbaut hat.

In der Nachkriegszeit wurden erhebliche Eingriffe in das Orgelwerk vorgenommen. Durch Franz Breil aus Dorsten wurden der ursprüngliche „singende“ Klang der Orgel entsprechend dem damaligen Zeitgeschmack „barockisiert“ und die Disposition verändert. Nachdem bereits 1955 die Spiel- und Registermechanik durch eine neue ersetzt worden war, tauschte Franz Breil die Mechanik 1983 wiederum komplett aus. Im Jahr 2002 wurde das Instrument durch Romanus Seifert aus Kevelaer weitgehend in den historischen Zustand von 1882 zurückversetzt und das romantische Klangbild wieder hergestellt.

Die Orgel gilt als das größte und kulturhistorisch wertvollste Instrument unter den wenigen erhaltenen Denkmalorgeln in Münster. Angesichts der als herausragend beschriebenen Akustik der St.-Mauritz-Kirche lassen sich mit der Orgel mit ihrem romantischen Klangbild kathedralähnliche Klänge erzeugen.

Orgelwerk

Das Orgelwerk befindet sich in einer Orgelkammer, oberhalb der Erpho-Kapelle. Die Kammer hat eine Fläche von circa 16 m². An ihrer Südwand befindet sich ein circa 1 m breiter Gang, dahinter, zur Nordwand hin, abgetrennt durch eine Holzwand, das Orgelwerk. Die Spielanlage befindet sich in oben genannten Gang, seitlich an der Orgel. Die Registerzüge sind hufeisenförmig um das Notenpult angeordnet. Die Windanlage befindet sich außerhalb der Orgelkammer, in einem Vorraum.

Das rein mechanische Instrument hat 22 Register:

I Hauptwerk C–f3
Bordun16′
Prinzipal8′
Gamba8′[Anm. 1]
Hohlflöte8′
Oktav4′
Rohrflöte4′
Oktav2′
Sesquialtera 2-fach[Anm. 2]2 2/3'
Mixtur 4-fach1 1/3'
Trompete8′
II Brustwerk C–f3
Geigenprinzipal8′[Anm. 1]
Salicional8′[Anm. 1]
Gedackt8′
Gedackt4′
Waldflöte2′
Klarinette8′
Pedalwerk C–f1
Subbahs[Anm. 3]16′
Principalbahs[Anm. 3]8′
Octavbahs[Anm. 3]4′
Posaune16′
Trompete8′
Clairon4′
  • Manualkoppelzug II-I
  • Pedalkoppeltritt I-Ped
  • Pedalzungentritt (16', 8', 4')
  • Anmerkungen
  1. a b c Rekonstruktion aus dem Jahr 2002.
  2. Intonation ähnlich einem Cornett, Basis für die Mixtur IV.
  3. a b c historische Schreibweise.

Gehäuse

Das historische Gehäuse stammt ebenfalls aus dem Jahr 1882 und ist in Material und Ausführung einzigartig. Es wurde von dem Architekten Wilhelm Rincklage entworfen und ist vollständig erhalten.

Das Gehäuse ist circa 5,40 m breit, 6,2 m hoch und ragt circa 1,25 m in den Kirchenraum hinein. Es gliedert sich in zwei Teile: den schmiedeeisernen („eigentlichen“) Orgelprospekt, und darunter den circa 1 m hohen Gesims, auf dem die Prospektpfeifen stehen.

Der Prospektteil besteht aus einem Mittelturm, der von jeweils einem flachen Pfeifenfeld flankiert wird, und am Rande wiederum von je einem Rundturm. Die Rundtürme verfügen über filigran gestaltete Kappen aus getriebenem Messingblech. Die halbkreisförmigen Schleierbretter sind ebenfalls aus Messing gestaltet und zeigen florale Ornamente. Den unteren Abschluss der beiden seitlichen Rundtürme bilden aus Messingblech gestaltete Körbe, ähnlich den oberen Turmabschlüssen, die allerdings länglicher gestaltet sind, und daher an Bienenkörbe erinnern.

Das Gesims besteht weitgehend aus Stahlblech. Der Akadenfries wurde von der Malerin Marianne Wagener aus Münster gestaltet und zeigt Apostel-, Engel- und Heiligenfiguren, die auf Goldgrund gemalt sind.[1] Interessant ist, dass die Gehäusekosten (circa 8700 [[Deutsche Mark|DM) die Kosten des Instruments (circa 6300 DM) deutlich überstiegen.

Glocken

Die Basis des Geläutes bilden die drei großen Glocken des 16. Jahrhunderts, wobei die beiden Renaissanceglocken von 1550 deutliche Parallelen im Dekor zur älteren Klerusglocke erkennen lassen. Im Jahre 1989 ergänzte die Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock (Gescher) vier kleinere Cymbelglocken, die im Gegensatz zu den alten Glocken in schwerer Rippe konstruiert sind, so dass eine Einheit des Gesamtgeläutes nicht ganz erreicht wird. Die Glocken hängen in einem alten Holzglockenstuhl an Holzjochen. Zur Schonung der historischen Glocken wurden diese 2010 mit neuen Motoren und Glockenbremsen ausgestattet.[2]

In der Turmlaterne befinden sich seit 1958 zwei kleine Glocken. Sie sind nicht läutbar, sondern dienen dem Viertel-Stunden-Schlag.

Nr.NameGussjahrGießerDurchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
1Mauritius1550Antonius van Utrecht12401000d1 +2
2Johannes1550Antonius van Utrecht1090800f1 +13
3Klerus1539Wolter Westerhues880400a1 +9
4Marien1989Petit & Gebr. Edelbrock790350c2 +9
5Kardinal von Galen1989Petit & Gebr. Edelbrock721250d2 +8
6Niels Stensen1989Petit & Gebr. Edelbrock656180e2 +8
7Gabriel1989Petit & Gebr. Edelbrock558100g2 +9
IMaria Reginafis2
IICarolusa2

Literatur

  • Werner Dobelmann: Kirchspiel und Stift St. Mauritz in Münster. Ursprung und Werdegang eines Stadtviertels und seines Vorlandes. Münster 1971.
  • Antonia Bösterling-Röttgermann: Das Kollegiatstift St. Mauritz-Münster. Untersuchungen zum Gemeinschaftsleben und zur Grundherrschaft des Stifts von den Anfängen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Mit einer Liste der Pröpste, Dechanten, Kanoniker, Vikare und Kapläne des Stifts. Münster 1990, ISBN 978-3-402-03836-9.
  • Matthias Herkt: Anwendungsmöglichkeiten computergestützter Erfassungs- und Auswertungshilfen am Beispiel der Güter- und Einkünfteverzeichnisse des Kollegiatstiftes St. Mauritz in Münster. Bochum 1991, ISBN 3-88339-902-7.
  • Matthias Herkt: Münster - Kollegiatstift St. Mauritz. In: Westfälisches Klosterbuch. Band 2, hrsg. v. Karl Hengst, Münster 1994, S. 39–45, ISBN 3-402-06888-5.
  • Wilhelm Kohl: Das Kollegiatstift St. Mauritz vor Münster. Germania Sacra (Neue Folge 47), Berlin / New York 2006, ISBN 978-3-11-019235-3.

Einzelnachweise

  1. 'Detail Arkadenfries' auf der Website der Kirchengemeinde.
  2. Aufnahme des Geläuts

Koordinaten: 51° 57′ 45,6″ N, 7° 38′ 57,3″ O