DB-Baureihe 642

DB-Baureihe 642
Desiro Classic der DB-Baureihe 642 in Scharfenstein
Desiro Classic der DB-Baureihe 642 in Scharfenstein
Desiro Classic der DB-Baureihe 642 in Scharfenstein
Nummerierung: DB: 642 001–149, 156–238
Privatbahnen: 642 301–347, 401–406, 411–416
Anzahl: >250
Hersteller: Siemens Mobility (vormals Siemens Transportation Systems)
Plattform: Desiro Classic
Baujahr(e): 1998–2008
Achsformel: B’2’B’
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Kupplung: 41.700 mm
Breite: 2.830 mm
Leermasse: etwa 69 t
Dienstmasse: 68 t; Höchstgewicht 88 t
Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h
Dauerleistung: 2 × 275 kW,
optional 2 × 360 kW
Motorentyp: MTU 6R 183 TD13H[1]
Anzahl der Fahrmotoren: 2 × Sechszylinder-Dieselmotoren von MTU bzw. MAN
Antrieb: Dieselmechanisch
Übersetzungsstufen: Mechanisch (Hydraulischer Anfahrwandler)
Bremse: Magnetschienenbremse, Elektropneumatische Bremse, Feststellbremse
Kupplungstyp: Scharfenbergkupplung Typ 10
Sitzplätze: 1. Klasse (falls vorhanden): 12;
2. Klasse: mindestens 98
Stehplätze: 110
Fußbodenhöhe: 575 mm über SO (Einstieg)
Niederfluranteil: 60 %
Besonderheiten: Mehrfachtraktion: max. 3 Einheiten;
Prototyp mit Hybrid-Antrieb vorhanden
Anschaffungspreis: etwa 1,2 Mio. Euro

Die Züge der DB-Baureihe 642 sind die in Deutschland verkehrenden Dieseltriebzüge des Typs Desiro Classic von Siemens Mobility (vormals Siemens Transportation Systems). Sie werden deutschlandweit im Regionalverkehr auf nicht elektrifizierten Strecken eingesetzt. Schwerpunkte bilden dabei die Bundesländer Bayern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland. Der Großteil der Fahrzeuge befindet sich im Besitz von DB Regio. Im Fahrzeugeinstellungsregister wurde den Fahrzeugen die Baureihe 0642 zugewiesen.

Geschichte

Im Juni 1996 bestellte die DB Regio 150 zweiteilige Dieseltriebwagen des neuen Typs Desiro Classic. Später wurde der Auftrag auf 230 Fahrzeuge erhöht. Zwei Jahre später war der erste Zug fertiggestellt. Der erste reguläre Einsatz fand schließlich im Jahr 2000 statt.[2]

Einsatz

DB Regio

Insgesamt sind 234 beschafft und in Dienst gestellt worden.

Seit ihrer Auslieferung im Jahr 2000 werden die Verbrennungstriebwagen der Baureihe 642 unter anderem in den Großräumen Nürnberg, Augsburg, Kempten, sowie rund um Dresden, Zwickau, Erfurt, Kaiserslautern, Leipzig, Chemnitz und Rostock eingesetzt. Auf einigen Nebenstrecken in Bayern und Sachsen werden nur noch die neuen Triebwagen verwendet, um die Vorteile moderner Fahrzeuge – wie die höhere Beschleunigung und die Möglichkeit der Schaffung von Bedarfshalten – zu nutzen. Auf der topografisch schwierigen Müglitztalbahn HeidenauAltenberg wurde durch die neuen Fahrzeuge eine signifikante Reisezeitverkürzung und eine Vervielfachung der Fahrgastzahlen erzielt.

Zwischen Dresden Hauptbahnhof und Wrocław Główny (Breslau Hauptbahnhof) verkehrten Desiro Classic von März 2009 bis Dezember 2019 mit drei Zugpaaren täglich, zwischen Görlitz und Wrocław häufig in Doppeltraktion. Die auf dieser Linie verkehrenden Triebzüge wurden für den Betrieb im polnischen Netz ertüchtigt.

Seit Dezember 2008 werden die Triebwagen auch im Westpfalznetz der DB Regio Südwest eingesetzt. Sie wurden dort aufgrund der erhöhten Bahnhofsdichte und des engen Fahrplans mit stärkeren Motoren und Trittstufen an den Türen ausgestattet. Zudem erhielten die Triebwagen eine neue Inneneinrichtung. Einige bekamen dabei auch eine „Zugtaufe“, bei der die Fahrzeuge Städte- und Ortsnamen mit Wappen aus dem Dieselstreckennetz erhielten. (Beispiel: 642 107 – Zweibrücken). Seit Dezember 2010 kommen diese Fahrzeuge und die Bombardier-Talent-Züge im Südpfalznetz zum Einsatz.

Im Großraum Kempten, wo seit den 2000ern viele Fahrzeuge der Baureihe im Einsatz waren, wurden die Züge bis zum Fahrplanwechsel 2021/22 sukzessive durch Triebwagen der Reihen 612 und 633 ersetzt (zuletzt zwischen Augsburg, Bad Wörishofen und Memmingen).[3] Mindestens zwei Fahrzeuge (642 094 und 212) waren noch einige Zeit in Kempten beheimatet (laut Aufschrift auf den Fahrzeugen) und kamen sporadisch im Raum Augsburg zum Einsatz (Stand September 2022). Zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2022 wurden die beiden in Augsburg verbliebenen Fahrzeuge abgezogen. Inzwischen fährt diese Baureihe in Bayern nur noch in Kempten, Aschaffenburg und Mühldorf. In Mühldorf wird seit 2023 dadurch schrittweise die BR 628 nach und nach abgelöst.

Die Triebwagen der Reihe 642 werden teilweise in Mehrfachtraktion auf Regionalbahn- und Regionalexpress-Strecken eingesetzt. Dies sind beispielsweise

  • in der Region Mitte:
  • in Sachsen
    • RE 19: Dresden Hbf – Heidenau – Kurort Altenberg (Erzgeb)
    • RE 20: Dresden Hbf – Bad Schandau – Děčín – Ústí nad Labem – Litoměřice mesto
    • RB 33: Dresden-Neustadt – Königsbrück
    • RB 34: Dresden Hbf – Kamenz – Senftenberg (Saisonverkehr „Seenlandbahn“)
    • S 8: Dresden Hbf – Kamenz (Sachs)
    • RB 71: Pirna – Neustadt (Sachs) – Sebnitz
    • RB 72: Heidenau – Kurort Altenberg (Erzgeb)
    • U 28: Rumburk – Sebnitz – Bad Schandau – Schöna – Děčín hl. n.
    • RB 80: Chemnitz – Cranzahl (Erzgebirgsbahn)
    • RB 81: Chemnitz – Olbernhau-Grünthal (Erzgebirgsbahn)
    • RB 95: Zwickau – Johanngeorgenstadt (Erzgebirgsbahn)
  • in Thüringen
    • RE 2: Erfurt Hbf – Bad Langensalza – Leinefelde – Kassel-Wilhelmshöhe
    • RE 55, 56: Nordhausen – Erfurt Hbf

Privatbahnen

ARRIVA vlaky (Tschechien)

Für den Betrieb von verschiedenen Bahnstrecken hat ARRIVA vlaky seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 fünf Fahrzeuge dauerhaft von Alpha Trains angemietet. Diese sind zuvor bei RegioJet auf der Bahnstrecke Bratislava – Komárno zum Einsatz gekommen. Temporär sind auch Fahrzeuge der Deutschen Bahn (Standort Chemnitz) im Einsatz.

Die Länderbahn

Für die vogtlandbahn sind in drei Lieferserien (2000, 2002 und 2008) insgesamt 26 Fahrzeuge beschafft worden. Diese kamen dort u. a. auf den Strecken Regensburg – Hof, Zwickau – Mariánské Lázně und Weischlitz – Gera zum Einsatz. Zwischen 2005 und 2012 betrieb die vogtlandbahn mit diesen Fahrzeugen den eigenwirtschaftlichen Fernzug Vogtland-Express. Nach mehreren Ausschreibungen sind die Fahrzeuge mittlerweile alle im Einsatz für den trilex. Für den Verkehrsvertrag, der seit 2019 gültig ist, sind die Fahrzeuge von außen und innen einem Redesign unterzogen worden.[5] Zusätzlich zu den eigenen Fahrzeugen sind nach dem Fahrplanwechsel im Dezember 2021 zehn Einheiten der Mitteldeutschen Regiobahn (Netz der Städtebahn Sachsen) übernommen worden.

Aktuelle Einsatzstrecken:

  • L2: Liberec – Česká Lípa hl.n. – Děčín hl.n.
  • L4: Mladá Boleslav město – Česká Lípa hl.n. – Rumburk
  • L7: Seifhennersdorf – Varnsdorf – Zittau – Liberec
  • RE1: Dresden – Bischofswerda – Görlitz – Zgorzelec
  • RB60: Dresden – Bischofswerda – Görlitz
  • RE2: Dresden – Bischofswerda – Zittau – Liberec
  • RB61: Dresden – Bischofswerda – Zittau

Hessische Landesbahn

Zum Betrieb auf der Kahlgrundbahn beschaffte die Hessische Landesbahn sechs Fahrzeuge. Vom Fahrplanwechsel 2005 bis 2015 kamen die Fahrzeuge auf der Strecke von Hanau über Kahl nach Schöllkrippen zum Einsatz. Nach einer verlorenen Ausschreibung hat den Verkehr die Westfankenbahn übernommen. Die Fahrzeuge wurden daraufhin bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 auf der Ländchesbahn eingesetzt. Im Jahr 2023 erfolgte, nach Abstellung der Fahrzeuge Anfang des Jahres, die Übergabe aller Fahrzeuge an die České dráhy.

NordWestBahn

Ab 2001 setzte die NordWestBahn auf den Strecken im Weser-Ems-Netz fünf Fahrzeuge ein. Diese wurden im Design der LNVG Niedersachsen ausgeliefert. Der Einsatz endete bereits nach wenigen Jahren.

Danach kam es immer wieder zu kurzzeitigen Einsätzen. Im Jahr 2009 wurden zwei von drei Umläufen auf der Linie RB 43 (Dortmund – Wanne-Eickel – Dortmund) mit Desiros betrieben, die zuvor für die LausitzBahn im Einsatz waren. Im Jahr 2010 kamen Fahrzeuge vom Standort Dorsten aus auf den Strecken Dortmund – Wanne-Eickel – Dortmund, Dorsten – Coesfeld und Duisburg – Xanten zum Einsatz.

Ostdeutsche Eisenbahn

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2008 nahm die Ostdeutsche Eisenbahn insgesamt sechs Fahrzeuge in Betrieb. Diese kommen im Spree-Neiße-Netz zum Einsatz.

Aktuelle Einsatzstrecken:

  • RB 46: Cottbus – Forst
  • RB 64: Görlitz – Niesky – Hoyerswerda (einzelne Leistungen)
  • RB 65: Cottbus – Görlitz – Zittau

Städtebahn Sachsen

Vom Fahrplanwechsel im Dezember 2010 bis Mitte 2019 betrieb die Städtebahn Sachsen das VVO-Dieselnetz mit insgesamt 15 von Alpha Trains gemieteten Fahrzeugen. Nach einer Kündigung vom Leasinggeber (Zahlungsrückstände) standen der Städtebahn keine Fahrzeuge mehr für den Betrieb zur Verfügung. Infolgedessen kam es zur Insolvenz und Kündigung des Verkehrsvertrages durch den Verkehrsverbund Oberelbe. Im Rahmen einer Notvergabe übernahm die Mitteldeutsche Regiobahn die Leistungen inkl. aller Fahrzeuge bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021.

Transdev Regio Ost

Vom Fahrplanwechsel im Dezember 2002 bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2008 wurde unter dem Namen LausitzBahn der Verkehr auf den Strecken Zittau – Görlitz – Cottbus und Görlitz – Bischofswerda übernommen. Die Fahrzeuge für diesen Vertrag wurden teilweise auch für eigenwirtschaftliche Leistungen genutzt (InterConnex).

Unter dem Namen Mitteldeutschen Regiobahn betreibt Transdev seit Ende 2008 Strecken im Leipziger Raum. Desiros kamen hier bis 2011 bzw. 2013 überwiegend auf den Linien RE70, RB54, S2 und S11 zum Einsatz. Die Linie RB113 war zunächst einige Jahre der Konzernschwester Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt zugeordnet, bevor sie in die neue Marke integriert worden ist. Der Betrieb hier wurde nach einer Ausschreibung im Juni 2016 an die DB Regio abgegeben, sodass seit dem hier keine Desiros mehr zum Einsatz kommen.

Im Rahmen der Notvergabe im VVO-Dieselnetz hat Transdev die Strecken der Städtebahn Sachsen von übernommen, welche nach einer Neuausschreibung seit Dezember 2021 von DB Regio betrieben werden.

vlexx

Im Rahmen der Ausschreibung E-Netz Saar-RB (Los 2) ist übergangsweise der Einsatz von Dieselfahrzeuge nötig. Daher wurden vom vlexx zunächst 4 Desiros der Konzernschwester trilex ausgeliehen, welche im Urpsrungsdesign der vogtlandbahn gehalten waren. Im Jahr 2022 sind die 4 Fahrzeuge abgezogen und durch fünf baugleiche Fahrzeuge ersetzt worden, welche bis zum Fahrplanwechsel 2021 für die Mitteldeutsche Regiobahn (Netz der Städtebahn Sachsen) im Einsatz gestanden haben.

Aktuelle Einsatzstrecke:

  • RB 72: Saarbrücken – Illingen - Lebach-Jabach

Weitere Einsatzgebiete

Österreich

Acht von der Deutschen Bahn gemietete Triebwagen der Baureihe 642 werden von den Österreichischen Bundesbahnen auf der Mattigtalbahn eingesetzt.[6] Dafür sind die Fahrzeuge in den Farben des Salzburger Verkehrsverbund beklebt worden. Betreut werden die Fahrzeuge u. a. von der Erzgebirgsbahn in Chemnitz.

Die ÖBB besitzen mit den ÖBB 5022 fast baugleiche Züge.

Fahrgastraum

Der Fahrgastraum ist gegliedert in den Niederflurbereich (von einem Einstieg bis zum Sitzbereich über dem Jakobsdrehgestell) und die höher gelegenen Bereiche an jedem Wagenende. Aufgrund des vergleichsweise großen Motorraums besitzt die Baureihe 642 jedoch einen geringeren Niederfluranteil als vergleichbare Züge wie zum Beispiel Bombardier Talent oder Alstom Lint. Glaswände und -türen trennen Einstiegsräume und Übergangsbereiche voneinander ab. Die Wände bestehen aus Kunststoff, teilweise aus Holz.

Die Züge der Baureihe 642 gibt es mit verschiedenen Sitzverteilungen. Die ursprüngliche Variante verkehrt mit 98 Sitzen der zweiter Klasse und 12 Sitzen im Erste-Klasse-Bereich. Im niederflurigen Einstiegsbereich schaffen Klappsitze an der Wand Platz für Fahrräder, Rollstühle oder Kinderwagen. In der Ausführung, die in einigen Teilen Bayerns zum Beispiel auf der Kahlgrundbahn zu finden ist, entfällt die erste Klasse.

Über den Sitzplätzen gibt es eine durchgehende gläserne Gepäckablage mit Leuchtband, je Sitzgruppe gibt es einen Haltewunsch-Knopf. Die Haltestellen werden computergesteuert via GPS angesagt und im Innenraum angezeigt. Auf Anzeigetafeln an den Stirnseiten (dem Zugkopf) und an den Seiten wird das Fahrziel (und je nach Display-Generation auch die Zwischenhalte) für die Wartenden auf dem Bahnsteig angezeigt. Die Toilette ist behindertengerecht im Niederflurbereich durch eine breite Schiebetür zu erreichen und als geschlossenes System angelegt. In den Einstiegsräumen gibt es eine Fahrgastsprechanlage zum Triebfahrzeugführer.

Der Fahrgastraum wird durch eine Warmwasser-Umluft-Heizung, bei extremer Kälte durch Ölfeuerung geheizt. Im Sommer soll die Klimaanlage für behagliche Temperaturen sorgen, allerdings sind die Anlagen noch immer störanfällig. Pro Wagen können sechs Fenster gekippt werden, in fast allen Zügen bleiben sie jedoch wegen der Klimaanlage verschlossen.

Die breiten Einstiege sind stufenlos als automatische Schwenkschiebetüren angelegt. Am Übergang zum normal hohen Fahrgastraum sind neben der Treppe Recyclingbehälter eingebaut, unter jedem Sitz (außer den Klappsitzen) befindet sich ein ausziehbarer Müllbehälter/Aschenbecher, diese wurden in den Fahrzeugen der DB Regio AG allerdings teilweise entfernt.

Durch verschiedene Redesign-Varianten gibt es mittlerweile verschiedenste Ausstattungsvarianten. So wurden inzwischen und regional unterschiedlich unter anderem Ticketautomaten, Kameraüberwachungssysteme, Kaffeeküchen oder auch zusätzliche Informationsmonitore nachgerüstet.

Technik

Wagenkasten

Der Wagenkasten ist als selbsttragende Aluminiumröhre in Integralbauweise konstruiert. Die Kopfteile mit den Führerständen sind als vorgefertigte GfK-Module ausgeführt, die auf das verlängerte Untergestell des Aluminiumwagenkastens aufgeklebt sind.

Antrieb

Die Baureihe 642 wird von zwei Dieselmotoren der Hersteller MTU oder MAN angetrieben (jeweils 275 kW / 374 PS oder 315 kW / 428 PS oder 335 kW / 455 PS oder 360 kW / 490 PS). Diese befinden sich jeweils unter dem Hochflurbereich zwischen dem angetriebenen Drehgestell und dem Niederflurbereich. Ihr Drehmoment wird über ein hydromechanisches Fünfgang-Automatikgetriebe mit Anfahrwandler und integriertem Retarder auf das äußere Drehgestell übertragen.

Bremsen

Die Triebwagen sind mit einer direkten elektropneumatischen Bremse (ep-Bremse) und einer indirekten mehrlösigen Druckluftbremse als Rückfallebene ausgestattet. Zusätzlich rüstete man die Triebdrehgestelle mit Magnetschienenbremsen aus. Mit dem Retarder wird bei Nutzung der ep-Bremse zudem hydrodynamisch gebremst. Als Feststellbremse sind Federspeicherbremsen vorhanden. Die Magnetschienenbremse kommt bei Zwangs- und Schnellbremsungen zum Einsatz, bei Notbremsungen jedoch bleibt sie unwirksam. Zudem kann sie vom Triebfahrzeugführer über einen Kippschalter zugeschaltet werden.

Kupplung

Als Zug- und Stoßeinrichtung sind Scharfenbergkupplungen mit Kontaktaufsätzen vorhanden. Diese sollten ursprünglich Mehrfachtraktion mit den Baureihen 640, 641, 643, 644, 646 und 648 ermöglichen, was sich jedoch mangels kompatibler Fahrzeug-Software als nicht möglich erwies. Lediglich ein Abschleppen anderer Baureihen ist möglich. Jedoch ist durch diese Kupplung ein automatisches An- und Abkuppeln eines zweiten Triebwagens derselben Baureihe möglich. Dadurch wird das sogenannte Flügeln, die vereinigte Führung zweier Züge mit unterschiedlichem Laufweg auf einer Teilstrecke, betrieblich wesentlich erleichtert.

Sonstige technische Ausrüstung

Unter den großen Fenstern an der Stirnseite ist eine Matrix-Zugziel-Anzeige angebracht. Im Mehrzweckabteil einiger Fahrzeuge befindet sich ein Fahrkartenautomat. Zusätzlich besitzen einige Züge Schiebetritte zur Spaltüberbrückung und eine Videoüberwachung.

Hybrid-Triebzug

2011/12 wurde der Triebwagen 642 129 der Westfrankenbahn als Prototyp mit einem Hybridantrieb ausgestattet. Dabei wurden die ursprünglich vorhandenen, je 275 kW leistenden Dieselmotoren durch zwei als Parallelhybrid konstruierte, sogenannte PowerPacks von MTU Friedrichshafen ersetzt sowie zur Speicherung der Bremsenergie Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren auf dem Dach des Fahrzeuges eingebaut (siehe auch: Nutzbremse).

Die Powerpacks bestehen aus einem 315 kW (428 PS) leistenden Dieselmotor sowie einer elektrischen Maschine, die sowohl als Generator als auch als Motor arbeiten kann und eine Dauerleistung von 200 kW (272 PS) aufweist (Spitzenleistung für 60 Sekunden 400 kW). Die Akkumulatoren besitzen eine Kapazität von 4,7 Kilowattstunden. Insgesamt sollte durch Einsatz des Hybridantriebs eine Energieersparnis von bis zu 25 Prozent möglich sein, daneben könnten die Fahrzeuge über gewisse Distanzen auch rein elektrisch und damit deutlich leiser als im Dieselbetrieb fahren.

Die bisher mechanisch angetriebene Klimaanlage wurde durch eine neu entwickelte CO2-Klimaanlage mit elektrischem Antrieb ersetzt, diese soll die Wirtschaftlichkeit des Fahrzeugs um 10 Prozent verbessern.[7]

Die umgerüstete Einheit wurde auf der InnoTrans 2012 offiziell vorgestellt. Ein ab Ende 2012 auf der Bahnstrecke Aschaffenburg–Miltenberg in Bayern geplante Einsatz im Fahrgastbetrieb kam nicht zustande.[8] Im Rahmen des Projekts „EcoTrain“[9] wurde ein weiteres Fahrzeug für die Erzgebirgsbahn umgebaut.[10]

Anschließend sollte ein modifiziertes und modular in Triebwagen unterschiedlicher Baureihen einzubauendes Hybrid-Power-Pack einsatzreif entwickelt werden. Nach der erfolgten Zulassung sollte eine Kleinserie im Fahrgastbetrieb bei der Erzgebirgsbahn erprobt werden.[11] Wäre die Zulassung wie erhofft bis zum Jahr 2017 erfolgt, wollte die Erzgebirgsbahn weitere zwölf Einheiten umbauen.[12]

Das Bundesverkehrsministerium unterstützte das Projekt mit 1,9 Millionen Euro.[13] Zu einem Regeleinsatz kamen die Hybridtriebwagen jedoch nicht. Im Juli 2020 brach die Deutsche Bahn das Vorhaben ab, nachdem im Juni verschärfte Zulassungsbedingungen in Kraft getreten waren.

Bei Vergleichsfahrten im Juli 2020 konnte der zum EcoTrain umgebaute Triebwagen mit der Hybrid-Technologie eine Dieselkraftstoffeinsparung von 30 % erzielen.[14]

Umbauten

Für die Westfrankenbahn werden seit 2017 insgesamt 35 Triebwagen einer Modernisierung unterzogen. Durch Chiptuning wird die Leistung von 275 kW auf 315 kW heraufgesetzt, Schiebetritte werden eingebaut und die Züge weiterhin mit WLAN und mit Fahrgastinformationssystemen ausgerüstet.[15]

Siehe auch

  • VT 1.0/1.5-ETCS (Siemens Trainguard) – ETCS-Messfahrzeug das aus einem Desiro Classic abgeleitet wurde.

Literatur

  • Günter Kettler: Dieseltriebwagen der ÖBB, Verlag bahnmedien.at, Wien 2011, ISBN 978-3-9502648-7-6 mit einem Beschrieb des ÖBB-Desiro Reihe 5022
  • Christoph Götz: Desiro Classic DMU – Erfahrungen aus dem Betriebseinsatz des VT 642. In: Eisenbahn-Revue International. Luzern 2005,1, S. 13–18. ISSN 1421-2811
  • Ralf Roman Rossberg: Stärker, leiser, sparsamer. VT 642 mit elektrischem Zusatzantrieb. In: eisenbahn magazin. Nr. 8/2012. Alba Publikation, August 2012, ISSN 0342-1902, S. 26.
Commons: DB-Baureihe 642 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dieselantriebe – ZusiWiki. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  2. Michael Dostal: Deutsche Triebwagen Deutsche Bahn und Privatbahnen. GeraMond Verlag, 2011.
  3. Was sich aktuell um die Deutsche Bahn im Allgäu tut. 10. Juli 2021, abgerufen am 6. November 2021.
  4. Modernisierte Triebwagen ab 2019 im Netz Hohenlohe-Franken-Untermain. In: Staatsministerium Baden-Württemberg. 11. Januar 2017, abgerufen am 1. Mai 2023.
  5. Erster modernisierter Desiro. In: eisenbahn-magazin. Nr. 12, 2020, S. 27.
  6. Alexander Binder: Die neuen ÖBB-Umlaufpläne. In: Eisenbahn Österreich. Nr. 1, 2022, ISSN 1421-2900, S. 10.
  7. DB RegioNetz Verkehrs GmbH, Westfrankenbahn (Hrsg.): Flyer: Erprobungsträger Hybrid.
  8. Hybrid-Desiro der Westfrankenbahn. In: eisenbahnwelt.de. Abgerufen am 3. Januar 2016.
  9. Sören Claus: Von stromlos zu Strom los ! – EcoTrain der Erzgebirgsbahn. (PDF) Deutsche Bahn, 7. November 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Januar 2016; abgerufen am 3. Januar 2016.
  10. DB Mobility Logistics AG (Hrsg.): Diesel trifft Elektro: Hybridantrieb für die Schiene. August 2012.
  11. Kenntnis der Bundesregierung über die aktuelle Situation von Personenfernverkehrszügen der Deutschen Bahn AG und die Verwendung ausgesonderter Züge. Deutscher Bundestag, 13. März 2015, S. 13, abgerufen am 3. Januar 2016 (Drucksache 18/4306; Frage 30).
  12. Jan-Dirk Franke: Erzgebirgsbahn schickt bald ersten Hybridzug auf Testfahrt. Freie Presse, 3. November 2015, abgerufen am 3. Januar 2016.
  13. Peter Thomas: Hybridtriebwagen. Zwei Motoren in einem Zug. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. März 2012, abgerufen am 3. Januar 2016.
  14. Auszug | eb - Elektrische Bahnen 9 | 2020. Abgerufen am 14. Februar 2021.
  15. Retro-628, neue Leistungen und Fahrzeugmangel. In: eisenbahn-magazin. Nr. 8, 2018, ISSN 0342-1902, S. 28.