Tábor

Tábor
Wappen von Tábor
Tábor (Tschechien)
Tábor (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Historischer Landesteil: Böhmen
Region: Jihočeský kraj
Bezirk: Tábor
Fläche: 6221,7188[1] ha
Geographische Lage: 49° 25′ N, 14° 40′ OKoordinaten: 49° 24′ 52″ N, 14° 39′ 35″ O
Höhe: 437 m n.m.
Einwohner: 34.301 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl: 390 01
Kfz-Kennzeichen: C
Verkehr
Straße: PragBudweis (D3),
Pilsen-Pelhřimov (I 19)
Bahnanschluss: Tábor–Písek
Horní Cerekev–Tábor
Struktur
Status: Stadt
Ortsteile: 15
Verwaltung
Bürgermeister: Jiří Fišer (Stand: 2011)
Adresse: Žizkovo náměstí 3
390 01 Tábor
Gemeindenummer: 552046
Website: www.tabor.cz

Die Stadt Tábor (deutsch Tabor, älter auch Taber[3]) liegt in der Südböhmischen Region in Tschechien und hat rund 35.000 Einwohner.

Altstadt, Blick von Norden
Stadtansicht bei Matthäus Merian d. Ä., Martin Zeiller: Topographia Germaniae, Bd. 11: Topographia Bohemiae, Moraviae Et Silesiae. Ulm 1650/60.

Geschichte

Tábor wurde als eine Hochburg der nach dem tschechischen Reformator Jan Hus benannten hussitischen Bewegung bekannt. Jan Hus predigte in tschechischer Volkssprache gegen die Privilegien, welche der Klerus (Geistliche bzw. Kirche) gegenüber dem gemeinen Volk besaß. Er wurde am 6. Juli 1415 in Konstanz am Scheiterhaufen hingerichtet. Im Frühjahr 1420 zog der radikale bzw. chiliastische Teil der Bewegung aus der Stadt Sezimovo Ústí auf einen nahegelegenen Berg mit der Burg Kotnov. Sie benannten diesen Ansiedlungsort nach dem biblischen Berg Tabor in Galiläa und errichteten eine Gemeinde nach urchristlichem Vorbild (Gütergemeinschaft bzw. Kommunalismus).[4] Entgegen der mittelalterlichen Ständeordnung bestand der Anspruch der Gleichberechtigung. Im Jahr 1421 kam es innerhalb des taboritischen Teils der Bewegung zur „politischen Säuberung“. Der kompromissloseste von Martin Húska vertretene Teil wurde aus der Stadt ausgeschlossen und später vom taboritischen Heerführer Jan Žižka verfolgt. Der Gewaltakt wurde durch den Vorwurf der adamitischen Ketzerei gerechtfertigt.[5]

Die Stadt Tábor blieb Zentrum des radikalsten hussitischen Städtebundes (Taboriten). Nachdem dieser in der Schlacht von Lipan zusammen mit den Orebiten von den gemäßigten Kalixtinern geschlagen wurde, wurde Sigismund von Luxemburg nach einigen Zugeständnissen an die hussitische Bewegung zum König von Böhmen gewählt. Tabor verlor durch die Erhebung zur freien Königsstadt ohne Erbuntertänigkeit und Frondienste für die Bevölkerung im Jahre 1437 endgültig seinen Charakter als revolutionäre Hochburg und wurde in das bestehende System integriert. Im Jahr 1452, als die Stadt von Georg von Podiebrad in Besitz genommen wurde und ihm gehuldigt wurde, setzten sich in der Verwaltung und religiösen Ausrichtung der Stadt Tabor die gemäßigten Kalixtiner der Glaubensbewegung der Hussiten durch.

Im 16. Jahrhundert entwickelte sich Tábor zu einer wohlhabenden Handels- und Handwerkerstadt auf dem Handels- und Heeresweg von Linz über Budweis nach Prag. Im Dreißigjährigen Krieg, während der Rekatholisierung und Restauration der Habsburger in Böhmen, wurde die Stadt 1621 und 1648 belagert und zum Teil niedergebrannt. In den 1620er Jahren wurden die Bewohner durch Einschüchterung in Massentaufen dem römisch-katholischen Glauben zurückgeführt oder mussten unter Zurücklassung ihres Eigentums die Stadt verlassen. In der Nähe von Tabor entstand in Klokot, heute ein Stadtteil von Tabor, die Wallfahrtskirche Klokot (Monte Klokotino) mit einer Darstellung der Gottesmutter Maria in einem Ährenkleid. Die viertürmige Kirchen- und Klosteranlage über dem Tal der Luschnitz, wo zur Hussitenzeit eine Wagenburg der verächtlich Adamiten genannten Sekte stand, war ehemals im Besitz der Herren von Landstein aus dem Haus der Witigonen.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts war Tábor ein bedeutsames Zentrum der Nationalen Wiedergeburt der Tschechen.[6] 1862 wurde in Tábor ein tschechischsprachiges Gymnasium gegründet. Üblicherweise wurde der Unterricht an Gymnasien in Böhmen in deutscher Sprache erteilt, außerdem auf Latein, in Vorbereitung auf das Universitätsstudium, das in lateinischer Sprache erfolgte. Vor allem zwischen 1868 und 1871 kamen die Anhänger der tschechischen Nationalbewegung in Tábor zu großen Versammlungen zusammen. Der Komponist Bedřich Smetana widmete Tábor eine sinfonische Dichtung aus dem Zyklus Mein Vaterland.

Nach dem Ersten Weltkrieg 1918 mit dem Ende der Monarchie Österreich-Ungarn gehörte Tábor bis 1939 zu der neu entstandenen Tschechoslowakei und von 1939 bis 1945 zum Protektorat Böhmen und Mähren des damaligen Deutschen Reiches. In dieser Zeit wurden die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Tabor durch die Nationalsozialisten in Vernichtungslager deportiert oder konnten flüchten. Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 wurde Tabor durch sowjetische und tschechoslowakische Truppen befreit. Die in Tábor allerdings nur in sehr geringer Zahl lebenden deutschsprachigen Bewohner der Stadt wurden durch die Beneš-Dekrete enteignet, mit anderen Deutschen aus Südböhmen in Eisenbahnsammeltransporten über Summerau vertrieben und kamen als Heimatvertriebene meist nach Oberösterreich. Während der Zeit der Tschechoslowakischen Sozialistischen Regierung 1948–1989 verarmte die Stadt und die Bausubstanz begann zu verfallen. Nach der Gründung von Tschechien 1993 und der visumfreien Grenzöffnung setzte eine wirtschaftliche Erholung der Stadt Tábor durch Ausbau des Tourismus in einer landschaftlich reizvollen Umgebung ein.[7]

Bilder

Stadtgliederung

Südwestecke des Marktplatzes vom Kirchturm aus gesehen
Monument Jan Hus von Bildhauer František Bílek

Die Stadt Tábor besteht aus den Ortsteilen Čekanice (Tschekanitz), Čelkovice (Tschelkowitz), Hlinice (Hlinitz), Horky (Bergstädtel), Klokoty (Klokot), Měšice (Mieschitz), Náchod (Nachod), Smyslov (Smislow), Stoklasná Lhota (Stoklas Lhota), Tábor (Tabor), Větrovy (Wietrow), Všechov (Wschechow), Zahrádka (Sachradka), Záluží (Saluschi) und Zárybničná Lhota (Teich Lhota).[8] Grundsiedlungseinheiten sind Babí hora, Blanické předměstí, Čekanice, Čelkovice, Hlinice, Klokoty, Klokoty-sever, Malý Jordán, Maredův vrch, Měšice, Na Písecké, Náchod, Nemocnice, Nové Horky, Nové město, Podhradí, Pražské a Náchodské sídliště, Pražské předměstí, Průmyslový obvod, Sídliště Nad Lužnicí, Smyslov, Staré Horky, Stoklasná Lhota, Tábor-Staré město, U hřbitova, U Knížecího rybníka, U Lužnice, U Měšic, Ústecké předměstí, V lopatách, Větrovy, Všechov, Za Klokoty, Za Náchodským sídlištěm, Zahrádka, Záluží und Zárybničná Lhota.[9]

Das Stadtgebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Čekanice u Tábora, Čelkovice, Hlinice, Horky u Tábora, Klokoty, Měšice u Tábora, Náchod u Tábora, Stoklasná Lhota, Tábor und Zárybničná Lhota.[10]

Bildung

In Tábor befindet sich eine Zweigstelle des Lehrstuhls für Handel und Tourismus der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Südböhmischen Universität in Budweis.

Städtepartnerschaften

Außerdem ist Tábor Gründungsmitglied der Vereinigung der Städte mit hussitischer Geschichte und Tradition.

Sehenswürdigkeiten

Das historische Stadtzentrum wurde 1961 zum städtischen Denkmalreservat erklärt.

Regelmäßige Veranstaltungen

Ende Juli findet jedes Jahr am Flughafen an drei aufeinanderfolgenden Nächten das Mighty Sounds-Musikfestival (Punk, Punk-Rock, Rock & Roll, Ska, Reggae, Rockabilly, Hardcore) statt.

Am südlichen Stadtrand wird jedes Jahr der Cyklokros Tábor ausgetragen, der zum Weltcup im Cyclocross gehört. Die Strecke ist zugleich mehrfacher Austragungsort von Weltmeisterschaften (2001, 2010, 2015, 2024) und Europameisterschaften (2003, 2017) dieser Sportart.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

In der Stadt lebten und wirkten

  • Jan Žižka von Trocnov (um 1360–1424), Heerführer der Hussiten.
  • Andreas Prokop (um 1380–1434), Heerführer der Taboriten.
  • Edvard Beneš (1884–1948), Mitbegründer, Außenminister und Präsident der Tschechoslowakei, an welchen eine Gedenkstätte erinnert.

Ehrenbürger

Literatur

  • Martin Zeiller: Thabor. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae (= Topographia Germaniae. Band 11). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1650, S. 80–81 (Volltext [Wikisource]).
  • Pavel Augusta, Hana Klínková (Hrsg.): Kniha o městě Tábor. Milpo, Praha 2001, ISBN 80-86098-18-4 (tschechisch).
  • Christiane Berwidová-Buquoyová: Tábor-Měšice. Obec, barokní zámek, legenda o zazděné služce Anně a další záhadné příběhy Táborska = Tabor-Meschitz. Gemeinde, Barockschloß, Legende über die eingemauerte Dienstmagd Anna und weitere rätselhafte Geschichten des Taborer Landes. Herbia, České Budějovice 2005, ISBN 80-239-4701-X und BI-HI Verlag, 2005, ISBN 3-924933-07-3 (tschechisch – deutsch).
  • Lillian Schacherl: Um Tabor – die Taboriten. In: Lillian Schacherl: Böhmen. Kulturbild einer Landschaft. 2. Auflage. Prestel, München 1971, ISBN 3-7913-0240-X, S. 195–201 (mehrere Auflagen).
Commons: Tábor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Obec Tábor: podrobné informace. In: Územně identifikační registr ČR. 27. Februar 2013, abgerufen am 14. Oktober 2020 (tschechisch).
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. Abraham Ortelius: Germania. In: David Rumsey Historical Map Collection. 1570, abgerufen am 4. Dezember 2019.
  4. Ferdinand Seibt: Die Zeit der Luxemburger und der hussitischen Revolution. In: Karl Bosl (Hrsg.): Die böhmischen Länder von der archaischen Zeit bis zum Ausgang der hussitischen Revolution. Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder. Band 1. Stuttgart 1967, DNB 456882170, S. 514–519.
  5. Alexander Patschovsky: Der taboritische Chiliasmus. In: František Šmahel, Elisabeth Müller-Luckner (Hrsg.): Häresie und vorzeitige Reformation im Spätmittelalter. Nr. 39. Schriften des Historischen Kollegs, München 1998, ISBN 3-486-56259-2, S. 179, 189–193.
  6. Peter Glotz: Die Vertreibung. Böhmen als Lehrstück. Ullstein-Verlag, München 2003, ISBN 3-550-07574-X, S. 67.
  7. Johanna Baronin Herzogenberg: Zwischen Donau und Moldau. Bayerischer Wald und Böhmerwald. Das Mühlviertel und Südböhmen. Prestel, München 1968, DNB 456973125, S. 160–216.
  8. Části obcí: Obec Tábor. In: Územně identifikační registr ČR. 27. Februar 2013, abgerufen am 14. Oktober 2020 (tschechisch).
  9. Základní sídelní jednotky. In: Územně identifikační registr ČR. 27. Februar 2013, S. 3, abgerufen am 14. Oktober 2020 (tschechisch).
  10. Katastrální území. In: Územně identifikační registr ČR. 27. Februar 2013, abgerufen am 14. Oktober 2020 (tschechisch).
  11. Katharina Schroeter: Plattformen für eine bessere Nachbarschaft – Platformy pro lepši sousedství. (PDF; 1,4 MB) In: german-embassy.cz. Hrsg. von IDOR im Auftrag des Koordinierungsrats des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums, 13. September 2004, S. 54–55, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Oktober 2007; abgerufen am 14. Oktober 2020 (deutsch, tschechisch).