Das K.O.M.I.T.E.E.

Das K.O.M.I.T.E.E. war eine links-terroristische Vereinigung in Deutschland. Sie verübte im Oktober 1994 einen Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde (Oder) und versuchte im April 1995, ein im Bau befindliches Abschiebe­gefängnis in Berlin-Grünau zu sprengen.

Hintergrund

Die Gruppe trat im Oktober 1994 erstmals in Erscheinung. Am 27. Oktober 1994 zerstörte sie „ein Gebäude des Verteidigungskreiskommandos 852 der Bundeswehr in Bad Freienwalde, Kreis Märkisch-Oderland, mit einem Brandsatz.“[1] Begründet wurde dies mit Menschenrechtsverletzungen der Türkei gegen die kurdische Bevölkerungsgruppe. Der Anschlag erfolge gegen die Bundeswehr, da Deutschland der wichtigste außenpolitische Partner der Türkei und einer der größten Waffenlieferanten sei. Die Bundeswehr sei durch Bereitstellung von Ausbildungsmöglichkeiten und Waffen unmittelbar in die „Greueltaten“ der türkischen Armee in den kurdischen Gebieten verwickelt.[2]

In der Nacht vom 10. zum 11. April 1995 versuchten Mitglieder, das im Umbau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau zu sprengen. Eine Polizeistreife entdeckte sie zufällig bei den Vorbereitungen. Die Täter konnten entkommen, ließen jedoch zahlreiche Indizien und Beweise zurück. Die Polizei konnte unter anderem 120 Kilogramm Sprengstoff sowie zahlreiche Dokumente und Ausweispapiere in einem auf die Schwester eines der Männer zugelassenen Auto sicherstellen. Diese Spuren führten zu drei namentlich bekannten Männern, die seither auf der Flucht sind und vom Bundeskriminalamt (BKA) auf der öffentlich einsehbaren Fahndungsliste bekannter Personen des BKA geführt wurden.[3] Diese Taten richteten sich, nach eigener Darstellung der Gruppe, gegen die ihrer Ansicht nach „repressive Politik der BRD nach innen und außen“ sowie gegen „Deutschland [als] Kriegspartei im Völkermord in Kurdistan“.[4]

In einem Beschluss von November 1995 ordnete der Bundesgerichtshof das K.O.M.I.T.E.E. als links-terroristische Vereinigung ein.[5] In der Berichterstattung wurden Parallelen zum Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt der Rote Armee Fraktion gezogen. Die Bundesanwaltschaft ermittelte und das BKA fahndete nach den drei Verdächtigen. Das K.O.M.I.T.E.E. sandte eine Erklärung an die tageszeitung, die sie am 18. September 1995 veröffentlichte. Darin bekannte sich die Gruppe zum Anschlag auf die Bundeswehrkaserne und zu den Vorbereitungen des gescheiterten Anschlags auf die Justizvollzugsanstalt Grünau. Außerdem gab sie ihre Selbstauflösung bekannt. Die Ermittlungsbehörden nannten diese nicht glaubhaft und einen Täuschungsversuch.[5]

Der gescheiterte Anschlag führte in der Folge zu einer Debatte zwischen autonomen Gruppen über Art und Weise militanter Politik.[6]

Anfang Juli 2014 spürten Zielfahnder des BKA einen der drei Verdächtigen, Bernhard Heidbreder,[7] unter der falschen Identität John Jairo Londoño Smith[8] in Mérida (Venezuela) auf. Örtliche Spezialkräfte nahmen ihn fest.[9] Die Bundesanwaltschaft stellte daraufhin ein Auslieferungs­ersuchen[10], das im Oktober 2015 abgelehnt wurde.[11] Unter dem Motto „Dageblieben. Keine Auslieferung von Bernhard Heidbreder“ hatten Unterstützer in Deutschland und Venezuela gegen eine Auslieferung mobilisiert.[12] Im Frühjahr 2017 beantragten auch die beiden anderen bis dahin untergetauchten mutmaßlichen Mitglieder der Gruppe, Peter Wendelin Krauth[13] und Thomas Robert Walter,[14] in Venezuela Asyl.[15]

In dem Dokumentarfilm Gegen den Strom – Abgetaucht in Venezuela aus dem Jahr 2019 traf der Filmemacher Sobo Swobodnik Thomas Walter in Venezuela und sprach mit ihm über Umstände seiner Flucht und sein Leben in Venezuela. Dabei traf er auch auf Bernhard Heidbreder und Peter Krauth, die in Nachbardörfern lebten.[16]

Im Februar 2021 löschte Interpol die Rote Ausschreibung gegen Thomas Walter.[17] Am 27. Mai 2021 starb Heidbreder in Mérida an Krebs. Wenige Tage vor seinem Tod war auch die Rote Ausschreibung gegen ihn gelöscht worden.[18][19] Am 2. Dezember 2021 gewährte die Regierung Venezuelas Peter Krauth und Thomas Walter Asyl.[20]

Filme

Einzelnachweise

  1. radikal Nr. 151, Dezember 94, S. 26.
  2. radikal Nr. 151, Dezember 94, S. 26 f.
  3. Fahndungsseite des BKA
  4. Knapp daneben ist auch vorbei (Memento vom 25. Dezember 2004 im Internet Archive). Erklärung des K.O.M.I.T.E.E. zur gescheiterten Grünau-Aktion, Seite 4, abgerufen am 1. Februar 2009
  5. a b Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs: Beschluss vom 24. November 1995 (BGH 3 StB 84/95)
  6. Militanz - Dokumentation einer Debatte (Memento vom 15. Februar 2008 im Internet Archive), Texte aus der Militanzdebatte von 1995 bis Mai 2003 aus Interim und radikal
  7. Profil Heidbreder bka.de
  8. Detenido en Mérida terrorista solicitado por Interpol el-nacional.com, vom 12. Juli 2014 (spanisch)
  9. Mutmaßlicher Linksterrorist Heidbreder nach 20 Jahren auf der Flucht verhaftet, Spiegel Online, 20. Juli 2014
  10. Deutsche Justiz will Auslieferung von Linksradikalem aus Venezuela. amerika21, 24. Juli 2014
  11. Christian Kliver: Venezuela liefert Linksradikalen nicht nach Deutschland aus. amerika21, 28. Oktober 2015
  12. Venezuela liefert Berliner Linksradikalen nicht aus, Neues Deutschland, 29. Oktober 2015 (abgerufen am 25. Dezember 2017). Siehe auch die Webseite dageblieben.net (Abgerufen am 26. September 2014).
  13. Profil Krauth bka.de
  14. Profil Walter bka.de
  15. Wolf-Dieter Vogel: Autonome beantragen Asyl in Venezuela: Aufgetaucht nach Jahrzehnten. In: taz.de. 20. März 2017, abgerufen am 26. Dezember 2017.
  16. Filmporträt eines Eigenwilligen. In: Deutschland Funkkultur. Abgerufen am 17. April 2021.
  17. Die Red Flag von Interpol wurde gelöscht! Thomas Walter, 16. Februar 2021, abgerufen am 30. Mai 2021.
  18. Bernd Heidbreder ist gestorben. 28. Mai 2021, abgerufen am 30. Mai 2021.
  19. Wolf-Dieter Vogel: Aktivist Bernd Heidbreder ist gestorben: Der Versuch, das Richtige zu tun. In: taz.de. 31. Mai 2021, abgerufen am 7. März 2024.
  20. Wolf-Dieter Vogel: Asyl für zwei deutsche Linke. In: taz, 28. Januar 2022, online
  21. https://www.partisan-filmverleih.de/filme/gegen-den-strom/
  22. „Gegen den Strom“ Filmporträt eines Eigenwilligen, Sobo Swobodnik im Gespräch mit Timo Grampes Deutschlandfunk Kultur 20. Juli 2020