Ägyptischer Verwaltungskalender

Monatsnamen im Verwaltungskalender
(Neues Reich)[1]
G26W3
N5
[2]
oder auch
W3
N5
G26G7
Djehuti
ḏḥwtj
G40G1N35M17Q3
X1
B1
Pa-en-Ipet
P3 n-jp.t
O10
Hut-hor
Ḥwt Ḥr
D28 D28
Z2
Ka-her-ka
K3-ḥr-K3
X1
G1
D58X1
Z5
Ta-abet
T3-ˁbt
G17
D36
Aa1
D21
Mecher
Mḫr
G40G1N35M17Y5
N35
Htp
X1 Q3
Pa-en-Amenhotep
P3 n-jmn-ḥtp
G40G1N35D21
N35
W24
G43X1
X1
Pa-en-Renenutet
P3 n-rnn.t
G40G1N35Aa1
N35
O34
M23G43
Pa-en-Chonsu
P3 n-ḫns.w
G40G1N35M17K1
N35
X1
N25
Pa-en-inet
P3 n-jn.t
M17Q3M17Q3
Ipip
Jpjp
F31G43X1N5
Z1
G7Axt
t y
Mesut-Re
Mswt Rꜥ
Anmerkung:
Festkalender – die Monatsnamen sind von Festnamen abgeleitet.[3]

Der ägyptische Verwaltungskalender, auch bürgerlicher Kalender oder ziviler Kalender genannt, war als einer der gleichzeitig gebräuchlichen ägyptischen Kalender, ein Wandeljahrkalender, der im alten Ägypten das Jahr in 12 Monate mit je 30 Tagen einteilte. Angehängt wurden dann als Epagomene weitere 5 Tage, die als „Geburtstage“ je einem Gott zugeordnet wurden.[4][5] Diese Epagomene sind seit den frühesten Belegen einer Kalenderstruktur bezeugt.[6] Mit ihnen hatte das Jahr eine Länge von stets genau 365 Tagen.

Zeit der Epagomenen
D2
D21
G43M4
X1
Heriu-renpet
Ḥrjw-rnp.t

Entstehung

Während ein auf Sothis basierter Nil-Mondkalender vermutlich bereits zur Zeit der frühdynastischen Periode bekannt war, wird angenommen, dass etwa zur Zeit von Menes eine einheitliche Monatslänge von 30 Tagen festgelegt wurde. Dabei musste spätestens nach zwei Jahrhunderten bemerkt worden sein, dass dieses Verwaltungsjahr nicht zur Länge des bis dahin rein beobachtungsbasierten Sothisjahres passte. Eine Rückanpassung an den Jahresbeginn fand jedoch nicht statt. In Parker 1950 wird stattdessen die Möglichkeit beschrieben, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein Eid eingeführt wurde, mit dem seit dem jeder Pharao bei seiner Krönung erklärte, niemals am Jahr herumzupfuschen.[7] Doch folgten nun nach den zwölf Hauptmonaten Epagomenen (Zusatztage) als Jahresverlängerung, deren Anzahl möglicherweise bereits unter Djoser nicht mehr variabel war. Die Gesamtzahl der Tage im Verwaltungskalender betrug damit 365 Tage, von denen zunächst nur 360 als zum Jahr gehörig galten. Man sprach nun von „dem Jahr und den 5 Tagen“.[8]

Zusammenhang mit den Jahreszeiten

Spätestens ab dem Neuen Reich orientierte sich in jedem Fall der Jahresbeginn im Verwaltungskalender nicht mehr an der Nilschwemme, oder dem tatsächlichen Aufgang des Sirius. So datierte Amenophis I. im Ebers-Kalender das Erscheinen der Sothis auf den 9. Tag im dritten Schemu-Monat.[9] Das ist bezogen auf die Jahreszeiten in der ersten Hälfte des 11. Monats. Damit kann dieser Eintrag nicht mehr dasselbe Ereignis meinen, welches den Jahresbeginn im ursprünglichen Mondkalender bestimmt. Dieser ist ja über den tatsächlichen Aufgang des Sirius an die Jahreszeiten gebunden. Somit können wir davon ausgehen, dass sich der Eintrag auf ein Fest zu Wepet-renpet bezieht, welches wie auch alle anderen, die nur ein Mal im Jahr gefeiert wurden, an den Verwaltungskalender gebunden war.[10]

Da jedoch das tatsächliche Auftauchen der Sothis am Himmel scheinbar die Nilschwemme, also den Achet brachte, war die Länge eines siderischen Jahres durch Langzeitbeobachtung bekannt. So konnte man einen Sothis-Zyklus berechnen, nach dessen Ablauf der Aufgang der Sothis wieder auf denselben Kalendertag fiel.

Erst Ptolemaios III. fixierte mit dem Kanopus-Dekret durch die Einführung eines Schalttages im vier-Jahres-Rhythmus den Verwaltungskalender.[8] Dieser „griechische Kalender“ konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Somit wurde nach seinem Tod der vorherige wieder zum offiziellen Verwaltungskalender.[11]

Das Jahr

Jahreslänge

Als Tempeljahr wurde das Rumpfjahr ohne die Epagomenen bezeichnet. So wird in Verträgen zur Sicherung des Totenkultes für einen Gaufürsten von Asyut ein Tag des Tempels als ein 360stel des Jahres bezeichnet. Hierauf beziehen sich dann die Angaben zu den Einkünften des Tempels „an Brot, Bier, Fleisch und allen anderen Dingen“.[8] Darüber hinaus war das Tempeljahr wohl nicht Gegenstand der Kalenderrechnung. Jedoch waren auch bei Ramses III. mit „Jahr“ 360 Tage gemeint. Stets wurden die Epagomenen gesondert gerechnet. So heißt es in einem Schriftfund aus Theben: „Es fehlt der Lohn für den XI., den XII., die fünf Tage und den I.“[12]

Jahreszählung

Grundlage für die Jahresrechnung bildete das 365-tägige Wandeljahr. Erstaunlicherweise gab es im zivilen Sektor nicht einmal in der von den Jahreszeiten abhängigen Landwirtschaft einen Hinweis auf die Verwendung des Mondkalenders.[10] Wie in vielen anderen Kulturen kannte auch die ägyptische Zeitrechnung eine Orientierung an der Regierungszeit von Herrschern. So begann eine Jahreszählung jeweils mit dem Krönungstag eines neuen Regenten. Dabei kam es jedoch meist zu einer Unterscheidung zwischen Regierungs- und Kalenderjahren, wenn nicht, wie im Fall von Hatschepsut die Krönung am Neujahrstag erfolgte.[13] In dem Fall kam es zu unterschiedlichen Zeiten auch zu unterschiedlicher Handhabung. So konnte das zweite Regierungsjahr mit dem ersten Thronjubiläum beginnen, oder bereits mit dem Neujahrstag nach der Thronbesteigung.[14] Zu Beginn und bis in die Zeit des Mittleren Reiches hinein war tatsächlich genau eine solche Antedatierung üblich, bei der die Länge des ersten Regierungsjahres unter Umständen nur wenige Tage bis eben zum Beginn des neuen Kalenderjahres betrug. Auf diese Praxis wurde auch später wieder zurückgegriffen, nachdem in der Zeit des Neuen Reiches stattdessen Thronjubiläen gegebenenfalls mitten im Jahr gefeiert wurden.[15]

Feste im Jahr

Feste der Zeitläufe
Die Geburt des Re
F31G43X1N5
Z1
C2
Mesut-Re
Mswt Rˁ
Das Hervortreten der Sopdet
prD21
X1
D54M44t
N14
N5
Peret-Sopdet
Prt-Spd.t

Neben der Bedeutung für die Verwaltung hatte auch der bürgerliche Kalender seine Festzeiten. So gab es „Feste der Zeitläufe“, die in dieses Wandeljahr fielen. Auch der Dienst in einem Hathorkult in Tehne in Mittelägypten wird bereits im alten Reich nicht nach Mond-, sondern nach Kalendermonaten eingeteilt. Als „Feste des Himmels“, die prinzipiell weiterhin ihren Platz im astronomischen Mondjahr behielten, galten allein die monatlichen Feste. Alle anderen Feste wanderten durch die Jahreszeiten. Das galt sogar für das Fest zu Wepet-renpet.[10]

Das wichtigste dieser Feste, zumindest in Unterägypten, war das Fest der Geburt des Re, welches ursprünglich zur Wintersonnenwende gefeiert wurde. In gleicher Weise dominierte in Oberägypten das Fest des Hervortretens der Sopdet, welches ursprünglich als Sothis-Fest gefeiert wurde. Das geschah also zunächst im landwirtschaftlich wichtigen zeitlichen Kontext vom Beginn der Nilschwemme.[16]

Literatur

  • Assmann 2005Jan Assmann: Zeitkonstruktion, Vergangenheitsbezug und Geschichtsbewußtsein im alten Ägypten. In: Jan Assmann, Klaus E. Müller (Hrsg.): Der Ursprung der Geschichte. Stammeskulturen, das Alte Ägypten und das frühe Griechenland. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94128-2, S. 112–214.
  • Hannig 2000 – Rainer Hannig: Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Deutsch-Ägyptisch (2800–950 v. Chr.). In: Kulturgeschichte der antiken Welt. Band 86. von Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-8053-2609-2.
  • Jacob Emmanuel Mabe (Hrsg.): Das Afrika-Lexikon. Ein Kontinent in 1000 Stichwörtern. P. Hammer / J. B. Metzler, Wuppertal / Stuttgart 2004, ISBN 3-476-02046-0.
  • Parker 1950Richard A. Parker: The Calendars of Ancient Egypt. In: Studies in Ancient Oriental Civilization. Band 26. The University of Chicago Press, Chicago (Illinois) 1950.
  • Joachim Friedrich Quack: Der ägyptische bürgerliche Kalender – Forschungsstand, Probleme und Perspektiven. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Band 168. Harrassowitz, Wiesbaden 2018 (uni-heidelberg.de).
  • Schott 1950Siegfried Schott: Altägyptische Festdaten. In: Akadermie der Wissenschaften und der Literatur (Hrsg.): Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse. Nr. 10. Mainz 1950.
  • Anthony J. Spalinger, Editor: Revolutions in Time. Studies in Ancient Egyptian Calendrics. van Siclen Books, San Antonio (Texas) 1994, ISBN 0-933175-36-1.
  • Daniel A. Werning: Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache. Propädeutikum mit Zeichen- und Vokabellektionen, Übungen und Übungshinweisen. 3. verbesserte Ausgabe, Book on Demand, Berlin 2015 (eDoc-Server der Humboldt-Universität zu Berlin).

Einzelnachweise

  1. Parker 1950, S. 45 §230 / Tabelle 7.
  2. Hannig 2000, Seite 1288, Lemma: Thot
  3. Assmann 2005, Seite 114.
  4. Jan Assmann: Zeitrechnung, altägyptische. In: J. E. Mabe (Hrsg.): Das Afrika-Lexikon. Ein Kontinent in 1000 Stichwörtern. Stuttgart 2004.
  5. Assmann 2005, Seiten 113f.
  6. J. F. Quack: Der ägyptische bürgerliche Kalender – Forschungsstand, Probleme und Perspektiven. Wiesbaden 2018.
  7. Parker 1950, S. 54 §270.
  8. a b c Schott 1950, erste Absätze.
  9. Parker 1950, Seite 37, §191.
  10. a b c Schott 1950, Seite (46)f.
  11. Parker 1950, Seite 74: Notes to Chapter III Nr. 11.
  12. T. E. Peet Botti: Giornale della Necropoli di Thebe. Turin 1928. gefunden in Schott 1950, Abschnitt: Das Bürgerliche Jahr.
  13. Schott 1950, Seite (61)f.
  14. D. A. Werning: Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache ... Berlin 2015, §67 Datumsangaben, S. 102.
  15. Jürgen von Beckenrath: Chronologie des pharaonischen Ägypten. In: Günter Burkard, Dieter Kessler (Hrsg.): Münchner Ägyptologische Studien. Band 46. von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-2310-7, S. 10.
  16. R. A. Wels: Re and the Calendars. In: Revolutions in Time. 1994, S. 1.