Johanna d’Arc of Mongolia

Film
TitelJohanna d’Arc of Mongolia
ProduktionslandDeutschland, Frankreich
OriginalspracheDeutsch, Französisch, Mongolisch, Russisch
Erscheinungsjahr1989
Länge165 Minuten
Altersfreigabe
Stab
RegieUlrike Ottinger
DrehbuchUlrike Ottinger
ProduktionHans Kaden,
Ulrike Ottinger
MusikWilhelm Dieter Siebert
KameraUlrike Ottinger
SchnittDörte Völz-Mammarella
Besetzung

Johanna d’Arc of Mongolia (englischer Titel: Joan of Arc of Mongolia) ist ein mehrsprachiger Film von Ulrike Ottinger. Der Film ist eine Genremischung aus ethnologischem Film und Spielfilm.

Handlung

Der Film spielt zunächst in der Transsibirischen Eisenbahn, wo sich die vier Protagonistinnen begegnen. Als Erste wird Lady Windmere eingeführt, eine englische Ethnologin, die einen eigenen, luxuriös ausgestatteten Waggon des Zuges bewohnt. Danach wird die deutsche Oberstudienrätin Frau Müller-Vohwinkel in ihrem Abteil gezeigt, wo sie aus einem Reiseführer vorliest. Fanny Ziegfeld, ein US-amerikanischer Musical-Star, singt für Ludmilla, die Bedienung, Lieder im Austausch gegen Tee mit Rum und „süße, kalorienreiche Waffeln Marke Rotfront“. Die letzte und jüngste Protagonistin reist dritter Klasse mit Rucksack und Walkman – die titelgebende Giovanna.

In Ulan-Ude steigen die Frauen in die Transmongolische Eisenbahn um, die jedoch bereits nach kurzer Zeit von mongolischen Reiterinnen aufgehalten wird. Die bewaffneten Reiterinnen, und deren Anführerin Ulun Iga, entführen alle Frauen, die sich im Zug befinden. In diesem zweiten Teil des Films werden verschiedene dokumentarisch anmutende Aufnahmen der mongolischen Landschaft gezeigt sowie vermeintlich authentische mongolische Kleidung und Rituale. Am Ende des Films werden alle westlichen Frauen zurück zur transmongolischen Eisenbahn gebracht. Nur Giovanna, die inzwischen eine Beziehung mit Ulun Iga hat, bleibt hin- und hergerissen zurück.

Produktion

Die Zweiteilung des Films, zwischen Aufnahmen im Zug und in der mongolischen Landschaft, unterstreichen auch die unterschiedlichen Kameraeinstellungen. Während im ersten Teil, räumlich bedingt, Medium Shots verwendet werden, kommt im zweiten Teil meist die Totale zum Einsatz.[1] Ulrike Ottinger erklärt in einem Interview einen weiteren Unterschied zwischen den Parts:

„In the first part, the action is on the train. These scenes were all shot in meticulously constructed sets made in the studio – even the glimpses of the passing outside landscape, as seen through the windows. I wanted the audience to see the true artificiality of that construction. So, you catch a glimpse of a rip in the back wall of Lady Windermere's private car. But the rip is really a trompe l'oeil painting made by theatrical set painters. It signals this as an intentionally highly artificial presentation of the Western world and its fantasies of the East.“[2]

Im Kontrast dazu wurden die Landschaftsaufnahmen alle vor Ort gedreht. Die Aufnahmen in der Mongolei dauerten insgesamt zweieinhalb Monate.[2]

Rezeption

In der wissenschaftlichen Rezeption werden anhand von Johanna d'Arc generelle Fragen des ethnologischen Films behandelt. So stellt die Filmwissenschaftlerin Julia Knight heraus, dass Ottinger den eurozentrischenBlick“ sichtbar mache, indem sie eine Gruppe westlicher Frauen, und unter ihnen eine Ethnologin, in die mongolischen Schauplätze des Films einbaut.[3] Gerade die Schlussszene zeige „both cultures as artificial constructs“[3].

Dagegen betont die Germanistin Shanta Rao den, aus ihrer Sicht, problematischen Umgang Ottingers mit der mongolischen Kultur, was Rao als Othering bezeichnet.[4] Rao kritisiert nachdrücklich die ahistorische Konstruktionen mongolischer Traditionen durch den Film, beispielsweise Ottingers Darstellung eines Naadam. Dies sei gerade in Verbindung mit der Ausblendung von "historical and political questions concerning the „reality“ of Mongolia‘s colonization"[4] problematisch.

Auszeichnungen

  • 1989: Filmband in Gold in der Kategorie Visuelle Gestaltung
  • 1989: Preis der Publikumsjury Montréal

Literatur

  • Grace An: Filmmaking at a Crossroads. In: Transfers. Nr. 8 (1), 2018, S. 130–133.
  • Janet A. Kaplan: Johanna d'Arc of Mongolia. Interview with Ulrike Ottinger. In: Art Journal. Nr. 61 (3), 2002, S. 6–21.
  • Julia Knight: Observing Rituals. Ulrike Ottinger's Johanna d'Arc of Mongolia. In: Majer O’Sickey, Ingeborg; von Zadow, Ingeborg (Hg.): Triangulated Visions. Women in recent German Cinema. New York, 1998, S. 103–115.
  • Shambhavi Prakash: Ethnographic Experimentalism. Ulrike Oettinger's Johanna d'Arc of Mongolia and Freak Orlando and Hubert Fichte's Petersilie and die Palette. Dissertation an der State University of New Jersey, 2015.
  • Shanta Rao: Ethno-Documentary Discourse an Cultural Otherness in Ulrike Ottinger's Johanna d‘Arc of Mongolia. In: Jankowsky, Karen; Love Carla (Hg.): Other Germanies. Questioning identity in women's literatuure and art. New York, 1997, S. 147–164.
  • Cyrus Shahan: Decadent Fetishism in Ulrike Ottinger's. Johanna d’Arc of Mongolia. In: Seminar – A Journal of Germanic Studies. Nr. 45(2), 2009, S. 174–188.
  • Katie Trumpener: Johanna d'Arc of Mongolia in the Mirror of Dorian Gray: Ethnographic Recordings and the Aesthetics of the Market in the Recent Films of Ulrike Ottinger. In: New German Critique, No. 60, Special Issue on German Film History, 1993, S. 77–99.

Einzelnachweise

  1. Grace An: Filmmaking at a Crossroads. In: Transfers. Nr. 8 (1), 2018, S. 130–133.
  2. a b Janet A. Kaplan: Johanna d'Arc of Mongolia: Interview with Ulrike Ottinger. In: Journal, Nr. 61 (3), 2002, S. 6–21.
  3. a b Julia Knight: Observing Rituals. Ulrike Ottinger's Johanna d'Arc of Mongolia. In: Majer O’Sickey, Ingeborg; von Zadow, Ingeborg (Hg.): Triangulated Visions. Women in recent German Cinema. New York, 1998, S. 103–115.
  4. a b Shanta Rao: Ethno-Documentary Discourse an Cultural Otherness in Ulrike Ottinger's Johanna d‘Arc of Mongolia. In: Jankowsky, Karen; Love Carla (Hg.): Other Germanies. Questioning identity in women's literatuure and art. New York, 1997, S. 147–164.