Europäische Rundfunkunion
Europäische Rundfunkunion Union Européenne de Radio-Télévision (EBU) | |
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Gründung | 12. Februar 1950 in Torquay, Vereinigtes Königreich |
Sitz | Genf, Schweiz |
Vorläufer | Weltrundfunkverein |
Zweck | Kooperation und Entwicklung des öffentlichen Rundfunks in Europa |
Aktionsraum | European Broadcasting Area |
Präsidentin | Delphine Ernotte |
Geschäftsführung | Noel Curran |
Mitglieder | 68 Vollmitglieder |
Website | ebu.ch |
Die Europäische Rundfunkunion (englisch European Broadcasting Union, EBU; französisch Union Européenne de Radio-Télévision, UER) ist ein Zusammenschluss von derzeit 68 Rundfunkanstalten in 56 Staaten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens mit Sitz in Genf (Stand: September 2023).[1] Hinzu kommen etwa halb so viele assoziierte Sender aus der ganzen Welt (30 aus 19 Staaten).[2]
Im Oktober 2020 wurde Delphine Ernotte – Präsidentin von France-Télévisions – als erste Frau zur Präsidentin der EBU gewählt.[3] Generaldirektor ist seit September 2017 der Ire Noel Curran. Die EBU ist Mitglied der World Broadcasting Unions.
Geschichte
Vorgänger der EBU war der Weltrundfunkverein (Internationale Rundfunkunion; englisch: International Broadcasting Union, IBU; französisch: Union Internationale de Radiophonie, UIR) mit Sitz in Genf und technischem Büro in Brüssel (1925–50).
Die Europäische Rundfunkunion wurde am 12. Februar 1950 auf einer Konferenz im britischen Torquay mit dem Ziel gegründet, ein Netzwerk zum Austausch von Nachrichtenfilmen aufzubauen. Des Weiteren soll die EBU technische Entwicklungen im Radio- und Fernsehbereich vorantreiben und standardisieren. Gründungsmitglieder waren 23 Rundfunkanstalten aus Europa und dem Mittelmeerraum.
Im Jahre 1953 übertrug die EBU als erste internationale Livesendung überhaupt die Krönung von Königin Elisabeth II. Die erste „offizielle“ Eurovisionssendung war die Übertragung des Narzissenfestivals am 6. Juni 1954 aus Montreux.[4] 1956 fand die Ausstrahlung des ersten Eurovision Song Contest statt.
1993 schloss sich die EBU mit ihrem Pendant OIRT zusammen.
Im November 2011 hat Andorra wegen finanzieller Schwierigkeiten seine Mitgliedschaft gekündigt.[5] Allerdings wurde die Kündigung nicht umgesetzt, weshalb Andorra immer noch ein Mitglied ist.
Am 31. Mai 2021 teilte die EBU den Vorstandsbeschluss mit, die Mitgliedschaft der belarussischen Rundfunkanstalt Belaruskaja Tele-Radio Campanija (BTRC) zu suspendieren.[6] Begründet wurde die Entscheidung damit, dass von ebenjener Rundfunkanstalt Interviews gesendet worden sind, die offenbar unter Druck zu Stande gekommen sind. Im Zusammenhang mit den Protesten in Belarus ab 2020 hatte die Europäische Rundfunkunion bereits zuvor den Schutz von Journalisten in dem Staat gefordert.[7] Am 30. Juni 2021 wurde die Belaruskaja Tele-Radio Campanija vollständig aus der EBU ausgeschlossen.[8]
Am 25. Februar 2022 wurde Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine vom Eurovision Song Contest 2022 ausgeschlossen.[9] Daraufhin erklärten die russischen Sender Perwy kanal,[10] WGTRK und das Radiozentrum Ostankino den Austritt aus der EBU.[11]
Projekte
Hörfunk
1991 wurde das Hörspiel „Das Treffen in Valladolid“ des britischen Schriftstellers Anthony Burgess (A Clockwork Orange, dt. Uhrwerk Orange) als Auftragsarbeit der EBU von allen ihren Mitgliedsländern in ihrer jeweiligen Sprache produziert und zeitgleich mit allen Sendeanstalten der ARD urgesendet.[12]
Fernsehen
Mehrere Fernsehsender der EBU betreiben gemeinsam den weltweit sendenden Nachrichtenkanal Euronews.
Eine der bekanntesten Produktionen der EBU ist der jährlich stattfindende Eurovision Song Contest, welcher jeweils von der Sendeanstalt des Staates produziert wird, die den Vorjahresgewinner gestellt hat.
Von 1965 bis 1999 wurde von der EBU die Spielshow Spiel ohne Grenzen ausgestrahlt. Darüber hinaus produzierte sie in Eigenregie den Wettbewerb Eurovision Young Dancers, aber weiterhin verschiedene Kinderprogramme und Dokumentarfilme.
Darüber hinaus betreibt die EBU einen Satellitenkanal, über den die Mitglieder-Sender sich gegenseitig eigenes (Video-)Material zur Verfügung stellen.
Erkennungsmelodien
Die EBU verwendet verschiedene Erkennungsmelodien zur Kennzeichnung ihrer Sendungen. Die bekanntesten sind die Eurovisions-Fanfare mit einem Motiv aus dem Präludium zum Te Deum des französischen Komponisten Marc-Antoine Charpentier und die Euroradio-Fanfare nach einem Motiv aus der Ouvertüre zur Oper L’Orfeo von Claudio Monteverdi.
Technische Entwicklungen
Zur Übertragung von Audiodateien in die einzelnen Mitgliedsländer wird das FLAC-Format verwendet.[13][14] Außerdem beteiligt sich die Organisation aktiv an der Forschung und Entwicklung von neuen Standards wie DAB, DVB und HDTV und konzipierte u. a. das Radio Data System (RDS).
Mitglieder
Die EBU hat 68 Vollmitglieder aus 56 Staaten und 30 assoziierte Mitglieder aus 19 weiteren Staaten – unter anderem aus Kanada, Japan, Mexiko, Brasilien, Indien, Hongkong und den Vereinigten Staaten. Die meisten Vollmitglieder sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten oder private mit einem öffentlichen Informationsauftrag.
In Deutschland gehören der EBU die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF an; Österreich ist mit dem ORF, die Schweiz mit der SRG SSR und Südtirol mit Rai Südtirol vertreten.
Vollmitglieder
Aktiv
Suspendiert
Staat | Rundfunkanstalt | Abk. | Beitritt | Suspendierung |
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Belarus | Belteleradyjokampanija | BTRC | 1993 | 2021 |
Libyen | Libya National Channel | LNC | 1974 | |
Russland | Perwy kanal | C1R | 1996 | 2022 |
Rossijskoje Teleradio | RTR | 1993 | ||
Radio Dom Ostankino:
|
RDO | 1996 |
Die drei russischen Mitglieder der EBU, Channel One Russia, VGTRK und Radio Dom Ostankino, werden alle von der russischen Regierung kontrolliert.[15] Am 21. Februar 2022 erkannte die russische Regierung die Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk an, umstrittene Gebiete, die international als Teil der Ukraine anerkannt werden. Der ukrainische öffentlich-rechtliche Sender Suspilne forderte die EBU auf, die Mitgliedschaft von Channel One Russia und VGTRK zu beenden und zu erwägen, Russland die Teilnahme am Eurovision Song Contest 2022 zu verweigern, da die russische Regierung beide Sender zur Verbreitung von Desinformationen über den russisch-ukrainischen Krieg genutzt habe.[16] Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine schlossen sich mehrere andere öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten der Forderung von UA:PBC an, Russland vom Wettbewerb 2022 auszuschließen;[17][18] der finnische Sender Yle und der estnische Sender ERR erklärten, dass sie keinen Vertreter entsenden würden, wenn Russland zur Teilnahme zugelassen würde. Nachdem die EBU zunächst erklärt hatte,[19] dass sowohl Russland als auch die Ukraine zum Wettbewerb zugelassen würden, gab sie am 25. Februar 2022 bekannt, dass sie Russland von der Teilnahme am Wettbewerb ausschließen würde.[20]
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Website der EBU (englisch und französisch)
Einzelnachweise
- ↑ Mitgliedsliste, September 2023
- ↑ ebu.ch, abgerufen am 7. September 2023.
- ↑ Delphine Ernotte and Petr Dvořák elected as President and Vice-President of the EBU. EBU, 2. Oktober 2020, abgerufen am 27. Juli 2021.
- ↑ Computer & Medien: Ein vereintes Fernsehpublikum – badische-zeitung.de. Abgerufen am 6. Juni 2014.
- ↑ Nachruf auf ein tapferes Land ( vom 13. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
- ↑ EBU: EBU suspendiert Mitgliedschaft von Belarus. 31. Mai 2021. eurovision.de (31. Mai 2021)
- ↑ EBU EXECUTIVE BOARD AGREES TO SUSPENSION OF BELARUS MEMBER BTRC. Abgerufen am 9. Juni 2021.
- ↑ Белтэлерадыёкампанію выключылі з Еўрапейскага вяшчальнага саюза. Eurapejskaje Radyjo dlja Belarussi, 30. Juni 2021, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. Juli 2021; abgerufen am 1. Juli 2021 (belarussisch).
- ↑ Russland vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen – ntv.de. Abgerufen am 25. Februar 2022.
- ↑ Imago: Song-Contest-Ausschluss: Russische Medien verlassen EBU. In: diepresse.com. 25. Februar 2022, abgerufen am 9. Februar 2024.
- ↑ Joachim Huber: Redaktion auf ESC-Ausschluss Russlands – Russische Sender verlassen EBU. In: Tagesspiegel Online. Der Tagesspiegel, 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.
- ↑ Deutschlandfunk, Das Hörspiel, 11. Februar 2012. In: dradio.de (12. Februar 2012)
- ↑ EBU.CH: Frequently Asked Questions ( vom 10. Oktober 2009 im Internet Archive)
- ↑ Pro-Linux News: „European Broadcasting Union verwendet FLAC“
- ↑ Russia profile – Media In: BBC News, 8. Juni 2021. Abgerufen am 27. Februar 2022 (britisches Englisch).
- ↑ Суспільне вимагає припинити членство російських ЗМІ у ЄМС. (deutsch: Suspilne demands the termination of the membership of the Russian media in the EBU). In: suspilne.media. UA:PBC, archiviert vom am 24. Februar 2022; abgerufen am 24. Februar 2022 (ukrainisch).
- ↑ Yle calls upon the European Broadcasting Union to exclude Russia from the Eurovision Song Contest. In: yle.fi. Yleisradio, archiviert vom am 26. Februar 2022; abgerufen am 27. Februar 2022 (englisch).
- ↑ Kerttu Kaldoja: Eesti osalemine Eurovisioonil sõltub Venemaa osalusest. (deutsch: Estonia's participation in Eurovision depends on Russia's participation). ERR, 25. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022 (estnisch).
- ↑ Sandra Gonzalez: Russia will be allowed to compete in Eurovision despite invasion, organizer says. In: CNN. 24. Februar 2022, abgerufen am 27. Februar 2022.
- ↑ Russia banned from Eurovision song contest over invasion of Ukraine. via MSN News, 25. Februar 2022, archiviert vom am 27. Februar 2022; abgerufen am 27. Februar 2022 (kanadisches Englisch).