Peter Steudtner

Peter Steudtner ist ein deutscher Menschenrechts-Aktivist und Dokumentarfilmer. Er wurde am 5. Juli 2017 zusammen mit neun weiteren amnesty international-Aktivisten von türkischen Sicherheitskräften festgenommen. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft; die türkische Justiz wirft ihm vor, eine bewaffneten Terrororganisation unterstützt zu haben.

Leben

Steudtner arbeitet im Kontext der internationalen Menschenrechts- und Kooperationsarbeit für verschiedene Träger. Er betreute Projekte im Rahmen des INKOTA-Netzwerkes und ist Trainer für Menschenrechtsthemen. Er arbeitete auch als Dokumentarfilmer und wirkte an einem Handbuch „Holistische Sicherheit“ für Sicherheit von NGO-Mitarbeitern mit. Er begleitete Journalisten in Kenia und Angola.[1]

Steudtner arbeitete bereits in Palästina, Nepal, Mosambik und anderen Krisengebieten.

Verhaftung in der Türkei

Steudtner wurde angefragt, einen Workshop der türkischen Sektion von amnesty international zu begleiten. Zusammen mit seinem Freund Ali Gharavi und Kollegen aus Schweden sagte er zu und reiste im Sommer 2017 in die Türkei. Er sollte zu IT-Sicherheit und zum gewaltfreien Umgang bei Konflikten referieren.

Das Seminar lief bereits zwei Tage, als türkische Polizisten am 5. Juli 2017 gegen 10 Uhr den Tagungsort im Ascot Hotel auf der Istanbuler Prinzeninsel Büyükada stürmten. Sie beschlagnahmten die Telefone und Computer der Teilnehmer und nahmen Steudtner, Ghavari und die acht Workshop-Teilnehmer fest.[2] Unter den acht festgenommenen türkischen Menschenrechtlern befanden sich einige der wichtigsten Menschenrechtsaktivisten der Türkei: Idil Eser, die Direktorin von Amnesty International in der Türkei, Özlem Dalkiran, Mitgründerin von Helsinki Citizens Assembly sowie die Frauenrechtlerin Ilknür Üstün.

Den Verhafteten wurde die Unterstützung einer bewaffneten terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Ali Gharawi und Peter Steudtner wurden zunächst in der Polizeistation von Büyükada festgehalten, die acht Kolleginnen dagegen wurden in ein anderes Gefängnis nach Istanbul gebracht.[3] Ein Richter verhängte rund eine Woche später gegen sechs der zehn Beschuldigten Untersuchungshaft. Unter den Inhaftierten sind Steudtner, Gharavi, Eser und drei weitere Teilnehmer des Workshops. In der Türkei kann eine Untersuchungshaft von bis zu fünf Jahren angeordnet werden.[4]

Hintergrund und Reaktionen

Steudtner ist der zehnte deutsche Staatsbürger, der nach dem Putschversuch in der Türkei (Juli 2016) festgenommen wurde. Deniz Yücel, Mesale Tolu und andere deutsche Staatsbürger sitzen wegen ähnlicher Anklagen in der Türkei in Untersuchungshaft.

Steudtners Lebensgefährtin wies die Terrorvorwürfe scharf zurück („Diese Unterstellungen sind total absurd“, „Sie sind fast das Gegenteil dessen, wofür Peter und Ali und die anderen Menschenrechtsverteidiger mit ihrer Arbeit stehen: für Gewaltfreiheit, für den Einsatz für Menschenrechte.“[5]

Amnesty International rief die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf. Alle Staats- und Regierungschefs seien gefordert, Druck auszuüben, damit Idil Eser und die anderen Menschenrechtsverteidiger sofort und bedingungslos freigelassen würden, sagte der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus Beeko.

Die deutsche Bundesregierung solidarisierte sich mit Steudtner; Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, er sitze ungerechtfertigt in türkischer Haft. Die Bundesregierung werde sich „auf allen Ebenen für ihn einsetzen“.[6]

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu deutlichen Worten gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auf. Nun sei die Grenze dessen, was man tolerieren könne überschritten und man könne zu den Vorgängen nicht mehr schweigen. „Herr Erdoğan ist dabei, den Rechtsstaat abzubauen.“[7]

Merkel hat kurz darauf Steudtners Inhaftierung scharf verurteilt und dessen Freilassung gefordert. Sie sagte unter anderem: "Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Verhaftung absolut ungerechtfertigt ist". "Wir werden seitens der Bundesregierung alles tun, auf allen Ebenen, um seine Freilassung zu erwirken". Es sei ein weiterer Fall, in dem unbescholtene Menschen in die Mühlen der Justiz kommen; dies sei "ein Grund zu allergrößter Sorge".[8]

Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte unter anderem, in der Türkei gelte „keine Rechtssicherheit, für niemanden“. Die Türkei sei auf gute wirtschaftliche Beziehungen zur EU angewiesen; die Verhaftungen schadeten auch der türkischen Wirtschaft.[5]

Der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Renke Brahms, hat ebenfalls die sofortige Freilassung von Peter Steudtner und der anderen Teilnehmenden des Workshops gefordert: „Peter Steudtner hat sich als Friedensarbeiter in vielen Regionen der Welt immer wieder für die Zivilgesellschaft und eine zivile Konfliktlösung eingesetzt, so auch für Brot für die Welt oder andere Friedensverbände".[9]

Fußnoten

  1. Peter Steudtner - Ulex. In: Ulex. (ulexproject.org [abgerufen am 18. Juli 2017]).
  2. Terrorvorwurf: Deutscher Menschenrechtler muss in der Türkei in Haft. In: Spiegel Online. Abgerufen am 18. Juli 2017.
  3. Menschenrechts-verteidiger*innen und Berater*innen in der Türkei verhaftet | KURVE Wustrow Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion e.V. Abgerufen am 19. Juli 2017 (deutsch).
  4. Wieder Deutscher in Türkei inhaftiert "Bundesregierung krachend gescheitert". In: Spiegel Online. 18. Juli 2017, abgerufen am 18. Juli 2017.
  5. a b Peter Steudtner: "Absurde Unterstellungen". In: Zeit.de. 18. Juli 2017, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 18. Juli 2017]).
  6. Bundesregierung: „Wir sind solidarisch mit Peter Steudtner“ In: Deutschlandfunk 18. Juli 2017
  7. Merkel darf zu Türkei nicht länger schweigen In: Die Welt 18. Juli 2017
  8. Merkel nennt Haft für Menschenrechtler ungerechtfertigt. In: Spiegel Online, 18. Juli 2017:
  9. EKD-Friedensbeauftragter Renke Brahms: Peter Steudtner sofort freilassen | Evangelische Friedensarbeit. Abgerufen am 19. Juli 2017.