Erdnahes Objekt

Erdnahe Objekte, auch Erdbahnkreuzer, sind Asteroiden, Kometen und große Meteoroiden, welche bei ihrem Umlauf um die Sonne die Erdbahn kreuzen und deshalb eine Kollisionsgefahr bergen. Um dieser Gefahr begegnen zu können, sind genaue Kenntnisse über solche Objekte notwendig.

Klassifikation erdnaher Objekte

Nach Art und Größe unterteilt man die Erdbahnkreuzer in:[1]

Meteoroiden sind größer als der interplanetare Staub, aber kleiner als Asteroiden, wobei es aber weder von der Größe noch von der Zusammensetzung her eine eindeutige und einheitliche Grenze zwischen den beiden Objektarten gibt.

Die Asteroiden und Meteoroiden zählen zusammen mit den Kometen zu den Kleinkörpern des Sonnensystems.

Himmelsüberwachung

Nach dem Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 1994 auf Jupiter erhielt die NASA 1998 vom amerikanischen Kongress den Auftrag, 90% derjenigen Erdbahnkreuzer zu katalogisieren, die mehr als 1 km Durchmesser besitzen[2]. Dies soll durch spezielle Programme zur Himmelsüberwachung, wie LINEAR, LONEOS, NEAT oder Spacewatch, erreicht werden. Der Einschlag eines Asteroiden oder Kometen dieser Größenordnung könnte ein Areal der Größe Frankreichs ausmerzen[2] und hätte auch global ernste Auswirkungen. Im Jahr 2005 wurde der Auftrag an die NASA dahingehend erweitert, dass bis zum Jahr 2020 Erdnahe Objekte von einer Größe über 140 m detektiert werden sollen. Objekte dieser Größenordnung könnten beim Einschlag z. B. die Washington DC-Region zerstören. Gegenwärtig sind 909 der geschätzten Eintausend großen Objekte entdeckt worden, bei den kleineren Asteroiden hingegen wurden bisher erst 6.903 von geschätzt 25 Tausend gefunden[2].

Risikoabschätzung

Es gibt zwei Einteilungen zur Klassifizierung des Einschlagsrisikos:

Turiner Skala

2003 wurde für die beiden erdnahen Asteroiden 2003 QQ47 und 1997 XR2 ein Risiko größer Null festgestellt, beide sind in die Gefahrenstufe 1 eingeordnet. Nach genauen Bahnmessungen im Jahr 2005 wurde dem Objekt (99942) Apophis (2004 MN4) als erstem eine Risikostufe größer als 1 zugewiesen, kurzfristig war der Asteroid sogar in die Stufe 4 eingeordnet worden. Zwischen Februar und Mai 2006 wurde 2004 VD17 auf der Turiner Skala mit 2 eingestuft, er war damit erst der zweite Asteroid, der einen Wert von über 1 auf der Turiner Skala erreichte.

Palermoskala

Bisher ist ein erdnahes Objekt mit einem Risiko größer Null bekannt; für (29075) 1950 DA wird eine enge Begegnung im Jahr 2880 vorhergesagt. Sollte es zu einem Einschlag dieses Objekts kommen, könnte ein Massensterben die Folge sein, bei dem die meisten Lebensformen auf der Erde ausgelöscht würden. Für (99942) Apophis erreichte 2005 die Risikobewertung des Einschlags auf der Palermo-Skala für kurze Zeit den Wert 1,80.

Pikant und ethisch problematisch sind die bevölkerungspolitischen Aspekte eines Schutzes vor Einschlägen erdnaher Objekte. Wohingegen eine erfolgreiche Abwehr vor terroristischen Raketenangriffen Hunderttausenden von Menschen eine Überlebenschance böte, könnte die Verhinderung eines Einschlags eines erdnahen Objektes im Pazifik, der einen Tsunami auslösen und so Millionen von Menschen in Kalifornien töten könnte, wesentlich mehr Menschenleben retten. Andererseits sterben pro Jahr circa eine Million an Malaria und fünf Menschen durch Haiattacken, während bisher die Zahl der Menschen, die nachweislich durch Asteroiden getötet worden sind, bei Null liegt.

Größte Annäherungen

  • Das Objekt mit der bisher größten Annäherung ist 2004 FU162. Die Erdpassage erfolgte am 31. März 2004 mit nur 6.500 km Abstand, stellte aber keine Gefahr für die Erde dar, da 2004 FU162 einen geschätzten Durchmesser von nur 6 m aufweist.
  • Die zweitgrößte Annäherung erfolgte am 19. Dezember 2004 durch 2004 YD5 (5 m Durchmesser) in einer Entfernung von 35.000 km.
  • Am 18. März 2004 passierte um 23:08 Uhr MEZ der Asteroid 2004 FH, ein Gesteinsbrocken mit etwa 30 Meter Durchmesser, die Erde über dem südlichen Atlantik in einem Abstand von nur 43.000 Kilometern.
  • Am 2. März und am 18. März 2009 um 13:17 Uhr MEZ passierten die Asteroiden 2009 DD45 (21-47 m Durchmesser) bzw. 2009 FH (13-29 m) die Erde in einer Entfernung von nur 70.000 bzw. 80.000 km. Die beiden Asteroiden wurden erst einen Tag zuvor entdeckt.
  • Am 12. Oktober 2010 um 10:51 Uhr UTC erreichte der Meteoroid 2010 TD54 (5 - 10 m Durchmesser) mit circa 45.000 km seine nächste Entfernung zur Erde.
  • Am 13. April 2029 wird der 270 m große (99942) Apophis (2004 NM4) die Erde in einer Entfernung von ca. 30.000 km passieren und Forschern Gelegenheit für genauere Beobachtungen geben.

Erster Einschlag

  • Am 6. Oktober 2008 wurde das erste Objekt im All entdeckt, das etwa 20 Stunden später mit der Erde kollidierte. Es war der 4 m große Asteroid 2008 TC3.

Sonstiges

Viele erdnahe Objekte enthalten Metalle in hoher Konzentration, wie z.B. Platin und Metalle der Seltenen Erden, die in Zukunft für die Rohstoffgewinnung von Bedeutung sein könnten. [3][4] Es gibt theoretische Überlegungen für Asteroid mining.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. NEO GROUPS neo.jpl.nasa.gov (abgerufen am 2. September 2010)
  2. a b c Friend, Tad; Vermin of the Sky. The New Yorker, 28 Februar 2011; pp 22-29.
  3. NEAR-EARTH OBJECTS AS FUTURE RESOURCES neo.jpl.nasa.gov; Part III: Near-Earth Objects - Resources of Near-Earth Space nss.org; The Role of Near-Earth Asteroids in Long-Term Platinum Supply nss.org, (pdf), abgerufen am 1. März 2011
  4. John S. Lewis: Mining the sky - untold riches from the asteroids, comets, and planets. Addison-Wesley, Reading 1997, ISBN 0-201-32819-4; Asteroid mining en.wikipedia.org