„Du sollst nicht ehebrechen!“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Horst Fuchs (Diskussion | Beiträge)
K Bot: IB akt – Unternehmen in eigenes Feld
 
(17 dazwischenliegende Versionen von 12 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
{{Infobox Film
{{Infobox Film
|Bild =
| Bild =
| Originaltitel = Therese Raquin<br />Du sollst nicht ehebrechen<ref>Unter diesem Titel ist das Filmprogramm Illustrierter [[Film-Kurier]] Nr. 815 erschienen.</ref>
|DT =
| Produktionsland = [[Weimarer Republik|Deutschland]]
|OT = Du sollst nicht ehebrechen!
| Originalsprache = [[Deutsche Sprache|Deutsch]]
|PL = [[Deutschland]]
|PJ = 1928
| Erscheinungsjahr = 1928
|LEN = US-Fassung 90
| Länge = US-Fassung 90
| FSK =
|OS = [[Deutsche Sprache|Deutsch]]
| JMK =
|FSK =
| Regie = [[Jacques Feyder]]
|JMK =
| Drehbuch =
|REG = [[Jacques Feyder]]
|DRB = [[Fanny Carlsen]]<br />[[Willy Haas]]
* [[Fanny Carlsen]]
* [[Willy Haas]]
| Produzent =
|PRO = Jacques Feyder und<br />[[Eugen Kürschner]] für die Deutsche Film Union A.G.
* Jacques Feyder
|MUSIK = [[Pasquale Perris]]
* [[Eugen Kürschner]]
|KAMERA = [[Frederik Fuglsang]]<br />[[Hans Scheib (Kameramann)|Hans Scheib]]
| Produktionsunternehmen = Defu, Berlin
|SCHNITT =
| Musik = [[Pasquale Perris]]
|DS =
| Kamera =
* [[Frederik Fuglsang]]
* [[Hans Scheib (Kameramann)|Hans Scheib]]
| Schnitt =
| Besetzung =
* [[Gina Manès]]: Thérèse Raquin
* [[Gina Manès]]: Thérèse Raquin
* [[Hans Adalbert Schlettow]]: Laurent, ihr Geliebter
* [[Hans Adalbert Schlettow]]: Laurent, ihr Geliebter
Zeile 23: Zeile 29:
* [[Paul Henckels]]: Grivet
* [[Paul Henckels]]: Grivet
* [[Charles Barrois (Schauspieler)|Charles Barrois]]: Michaud
* [[Charles Barrois (Schauspieler)|Charles Barrois]]: Michaud
* [[Peter C. Leschka]]: Rolin
* [[Peter Leska]]: Rolin
|SYN =
}}
}}


'''Du sollst nicht ehebrechen!''' ist eine deutsche [[Literaturverfilmung]] von [[Jacques Feyder]] aus dem Jahre 1928 nach [[Thérèse Raquin]] von [[Émile Zola]]. Der dem [[Kammerspielfilm]] zuzuordnende Film gilt seit Mitte der 1960er Jahre als [[Verschollener Film|verschollen]].
'''Therese Raquin''' ist eine deutsche [[Literaturverfilmung]] von [[Jacques Feyder]] aus dem Jahre 1928 nach [[Thérèse Raquin]] von [[Émile Zola]]. Der dem [[Kammerspielfilm]] zuzuordnende Film gilt seit Mitte der 1960er Jahre als [[Verschollener Film|verschollen]].


== Handlung ==
== Handlung ==
Zeile 34: Zeile 39:
Eines Tages führt Camille einen alten Jugendfreund, den Maler Laurent, in das Haus ein. Dieser ist das genaue Gegenteil Camilles: ungestüm und lebendig, kraftstrotzend und herausfordernd, aber auch ein wenig roh und brutal. Thérèses Leidenschaft wird schnell entfacht und Laurent ihr Geliebter. Während eines gemeinsamen Ausfluges ermorden beide Camille, das Verbrechen wird als Unfall kaschiert. Nach einer Weile heiratet das mörderische Paar und wohnt fortan unter ein und demselben Dach mit der an den Sessel gefesselten Mutter Camilles. Ihre ständige Gegenwart ist den beiden einerseits lästig, andererseits aber auch andauernde Mahnung und Erinnerung an ihre schreckliche Untat.
Eines Tages führt Camille einen alten Jugendfreund, den Maler Laurent, in das Haus ein. Dieser ist das genaue Gegenteil Camilles: ungestüm und lebendig, kraftstrotzend und herausfordernd, aber auch ein wenig roh und brutal. Thérèses Leidenschaft wird schnell entfacht und Laurent ihr Geliebter. Während eines gemeinsamen Ausfluges ermorden beide Camille, das Verbrechen wird als Unfall kaschiert. Nach einer Weile heiratet das mörderische Paar und wohnt fortan unter ein und demselben Dach mit der an den Sessel gefesselten Mutter Camilles. Ihre ständige Gegenwart ist den beiden einerseits lästig, andererseits aber auch andauernde Mahnung und Erinnerung an ihre schreckliche Untat.


Immer häufiger plagen Albträume und Angstvorstellungen das Paar. Eines Tages wird ihnen die seelische Last zu groß. Thérèse und Laurent gestehen der alten Frau die schreckliche Mordtat an ihrem Sohn. Daraufhin erleidet Madame Raquin einen Schlaganfall und ist nun endgültig ein Pflegefall. Thérèse und Laurent beginnen einander nicht mehr zu trauen, sie glauben, einer von ihnen könnte den anderen an die Polizei verraten. So kommen bei jedem der beiden Mordgedanken hoch. Schließlich sehen sie keinen anderen Ausweg mehr und nehmen sich gemeinsam das Leben.
Immer häufiger plagen Albträume und Angstvorstellungen das Paar. Eines Tages wird ihnen die seelische Last zu groß. Thérèse und Laurent gestehen der alten Frau die schreckliche Mordtat an ihrem Sohn. Daraufhin erleidet Madame Raquin einen Schlaganfall und ist nun endgültig ein Pflegefall. Thérèse und Laurent beginnen, einander nicht mehr zu trauen, sie glauben, einer von ihnen könnte den anderen an die Polizei verraten. So kommen bei jedem der beiden Mordgedanken hoch. Schließlich sehen sie keinen anderen Ausweg mehr und nehmen sich gemeinsam das Leben.


== Produktionsnotizen ==
== Produktionsnotizen ==
Der Film entstand nach Zolas Novelle ''[[Thérèse Raquin]]''. Unter diesem Titel wurde er gedreht, lief aber in den Kinos unter dem Titel ''Du sollst nicht ehebrechen!''.
Der Film entstand nach Zolas Novelle ''[[Thérèse Raquin]]''.
Gedreht wurde der Film in den Ateliers von [[Berlin-Staaken|Staaken]] zwischen dem 24. Oktober 1927 und dem 14. Januar 1928. Die Filmbauten schufen [[Andrej Andrejew]] und [[Erich Zander (Filmarchitekt)|Erich Zander]]. Bei der Zensurabnahme am 18. Februar 1928 erhielt der Film das Prädikat „Künstlerisch“. Die Uraufführung erfolgte am 22. Februar 1928 im Berliner [[Tauentzienpalast]].<ref>[https://dfg-viewer.de/show?tx_dlf%5Bdouble%5D=0&tx_dlf%5Bid%5D=https%3A%2F%2Fcontent.staatsbibliothek-berlin.de%2Fzefys%2FSNP27112366-19280222-0-0-0-0.xml&tx_dlf%5Bpage%5D=12&cHash=f142b8a358cfc4fb7d248f347b652cac Anzeige] in: [[Vossische Zeitung]], 22. Februar 1928, Morgen-Ausgabe, S. 12</ref> Bis zum Jahresende 1928 lief der Film auch noch in [[Finnland]], [[Frankreich]] und den [[Vereinigte Staaten|USA]] an.

Gedreht wurde der Film in den Ateliers von [[Berlin-Staaken|Staaken]] zwischen dem 24. Oktober 1927 und dem 14. Januar 1928. Die Filmbauten schufen [[Andrej Andrejew]] und [[Erich Zander (Filmarchitekt)|Erich Zander]]. Bei der Zensurabnahme am 18. Februar 1928 erhielt der Film das Prädikat „Künstlerisch“. Die Uraufführung erfolgte am 22. Februar 1928 im [[Berlin]]er Tauentzien-Palast. Bis zum Jahresende 1928 lief der Film auch noch in [[Finnland]], [[Frankreich]] und den [[Vereinigte Staaten|USA]] an.


== Kritik ==
== Kritik ==
Reclams Filmführer schreibt: „Feyder legte in diesem Film großen Wert auf die Milieuschilderung, die ihm besonders im ersten Teil dazu diente, den Charakter seiner Heldin aus ihren Umwelterfahrungen zu deuten. Der Film wurde in Berlin mit zahlreichen deutschen Mitarbeitern gedreht, so sind Einflüsse des deutschen ‘Kammerspiels’ in ihm deutlich spürbar.“<ref>Dieter Krusche, [[Jürgen Labenski]]: ''Reclams Filmführer.'' Reclam, Stuttgart 1973, ISBN 3-15-010205-7, S. 138.</ref>
Reclams Filmführer schreibt: „Feyder legte in diesem Film großen Wert auf die Milieuschilderung, die ihm besonders im ersten Teil dazu diente, den Charakter seiner Heldin aus ihren Umwelterfahrungen zu deuten. Der Film wurde in Berlin mit zahlreichen deutschen Mitarbeitern gedreht, so sind Einflüsse des deutschen ‘Kammerspiels’ in ihm deutlich spürbar.“<ref>Dieter Krusche, [[Jürgen Labenski]]: ''Reclams Filmführer.'' Reclam, Stuttgart 1973, ISBN 3-15-010205-7, S. 138.</ref>


In [[Georges Sadoul]]s ‘Geschichte der Filmkunst’ ist zu lesen: „Mit Thérèse Raquin kehrte Feyder zu einer der Quellen seiner Kunst – und der französischen Filmtradition – zurück: zum Naturalismus von Zola. […] Der Hintergrund beherrscht das Werk: die Pariser Passage und der Hinterhausladen, in dem die beiden verbrecherischen Liebenden vor der stummen Anklage einer gelähmten Mutter leben. Was Feyder vor allem Deutschland verdankt, ist, daß er in hervorragend ausgestatteten Ateliers schaffen konnte, was er früher in Außenaufnahmen suchen mußte.“<ref>[[Georges Sadoul]]: ''Geschichte der Filmkunst.'' Erweiterte deutsch-sprachige Ausgabe. Schönbrunn-Verlag, Wien 1957, S. 203.</ref>
In [[Georges Sadoul]]s ‘Geschichte der Filmkunst’ ist zu lesen: „Mit Thérèse Raquin kehrte Feyder zu einer der Quellen seiner Kunst – und der französischen Filmtradition – zurück: zum Naturalismus von Zola. […] Der Hintergrund beherrscht das Werk: die Pariser Passage und der Hinterhausladen, in dem die beiden verbrecherischen Liebenden vor der stummen Anklage einer gelähmten Mutter leben. Was Feyder vor allem Deutschland verdankt, ist, daß er in hervorragend ausgestatteten Ateliers schaffen konnte, was er früher in Außenaufnahmen suchen mußte.“<ref>[[Georges Sadoul]]: ''Geschichte der Filmkunst.'' Erweiterte deutschsprachige Ausgabe. Schönbrunn-Verlag, Wien 1957, S. 203.</ref>


[[Das große Personenlexikon des Films]] meinte „mit der deutschen, stark psychologisierenden Adaption von Émile Zolas ‘Thérèse Raquin’, „Du sollst nicht ehebrechen“, festigte er seinen Ruf als exzellenter Beobachter gesellschaftlicher Kreise.“<ref>[[Kay Weniger]]: ''[[Das große Personenlexikon des Films]]. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts.'' Band 2: ''C – F. John Paddy Carstairs – Peter Fitz.'' Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 665.</ref>
[[Das große Personenlexikon des Films]] meinte „mit der deutschen, stark psychologisierenden Adaption von Émile Zolas ‘Thérèse Raquin’, „Du sollst nicht ehebrechen“, festigte er seinen Ruf als exzellenter Beobachter gesellschaftlicher Kreise.“<ref>[[Kay Weniger]]: ''[[Das große Personenlexikon des Films]]. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts.'' Band 2: ''C – F. John Paddy Carstairs – Peter Fitz.'' Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 665.</ref>


In Geschichte des Films ist zu lesen: „Feyder bewahrte in der filmischen Adaption genau die seelische, erotische Atmosphäre des literarischen Originals. Doch zugleich wird als wirklicher Urheber des Verbrechens die kleinbürgerlich-muffige Welt der egoistischen und niedrigen Interessen und der falschen Moral transparent. Feyder übernahm von Zola auch die Vorliebe für das Requisit und das stimmende Detail, das zum Schlüssel für die Psychologie der Helden wird. Der im Aquarium ständig im Kreise schwimmende Goldfisch ist das Symbol für Thérèses Dasein. Veränderungen in Frisur und Kleidung verdeutlichen das erotische Abenteuer. Schließlich wird in den letzten Szenen des Films der Lehnstuhl, an den die gelähmte Mutter gefesselt ist, zum drohenden, ewig quälenden Vowurf des Gewissens, das schließlich die verbrecherischen Liebenden zum Selbstmord treibt. Feyders Thérèse Raquin ist ein filmgeschichtlicher Höhepunkt des Kammerspiels. Die psychologisierende Intensität, die innere Dynamik der Leidenschaften vor dem Hintergrund der leblosen Möbel und eine raffinierte Anwendung der Licht-Schatten-Wirkungen bestätigten Feyders Regietalent nachdrücklich und wurden zugleich zum künstlerischen Indiz seines Stilwillens.“<ref>[[Jerzy Toeplitz]]: ''Geschichte des Films.'' Band 1: ''1895–1928.'' Henschelverlag, Berlin 1972, S. 464 f.</ref>
In Geschichte des Films ist zu lesen: „Feyder bewahrte in der filmischen Adaption genau die seelische, erotische Atmosphäre des literarischen Originals. Doch zugleich wird als wirklicher Urheber des Verbrechens die kleinbürgerlich-muffige Welt der egoistischen und niedrigen Interessen und der falschen Moral transparent. Feyder übernahm von Zola auch die Vorliebe für das Requisit und das stimmende Detail, das zum Schlüssel für die Psychologie der Helden wird. Der im Aquarium ständig im Kreise schwimmende Goldfisch ist das Symbol für Thérèses Dasein. Veränderungen in Frisur und Kleidung verdeutlichen das erotische Abenteuer. Schließlich wird in den letzten Szenen des Films der Lehnstuhl, an den die gelähmte Mutter gefesselt ist, zum drohenden, ewig quälenden Vorwurf des Gewissens, das schließlich die verbrecherischen Liebenden zum Selbstmord treibt. Feyders Thérèse Raquin ist ein filmgeschichtlicher Höhepunkt des Kammerspiels. Die psychologisierende Intensität, die innere Dynamik der Leidenschaften vor dem Hintergrund der leblosen Möbel und eine raffinierte Anwendung der Licht-Schatten-Wirkungen bestätigten Feyders Regietalent nachdrücklich und wurden zugleich zum künstlerischen Indiz seines Stilwillens.“<ref>[[Jerzy Toeplitz]]: ''Geschichte des Films.'' Band 1: ''1895–1928.'' Henschelverlag, Berlin 1972, S. 464 f.</ref>


Buchers Enzyklopädie des Films schreibt: „Der expressionistische Stil des Films mit seinen düsteren Schatteneffekten und seiner beengenden Atmosphäre fängt den Schrecken der Zolaschen Romanvorlage machtvoll ein.“<ref>Liz-Anne Bawden (Hrsg.): ''Buchers Enzyklopädie des Films.'' C. J. Bucher, Luzern u. a. 1977, ISBN 3-7658-0231-X, S. 241.</ref>
Buchers Enzyklopädie des Films schreibt: „Der expressionistische Stil des Films mit seinen düsteren Schatteneffekten und seiner beengenden Atmosphäre fängt den Schrecken der Zolaschen Romanvorlage machtvoll ein.“<ref>Liz-Anne Bawden (Hrsg.): ''Buchers Enzyklopädie des Films.'' C. J. Bucher, Luzern u. a. 1977, ISBN 3-7658-0231-X, S. 241.</ref>
Zeile 56: Zeile 60:


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{IMDb Titel|tt0019476|Du sollst nicht ehebrechen!}}
* {{IMDb|tt0019476}}
* {{Filmportal|c36ce50c5ffb4c99a9a71ea3638b1ba7|Thérèse Raquin}}
* [http://www.filmportal.de/df/d5/Credits,,,,,,,,C36CE50C5FFB4C99A9A71EA3638B1BA7credits,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html Du sollst nicht ehebrechen] in [[filmportal.de]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />

{{Navigationsleiste Filme von Jacques Feyder}}


{{SORTIERUNG:Du Sollst Nicht Ehebrechen}}
{{SORTIERUNG:Du Sollst Nicht Ehebrechen}}
[[Kategorie:Filmtitel 1928]]
[[Kategorie:Filmtitel 1928]]
[[Kategorie:Deutscher Film]]
[[Kategorie:Deutscher Film]]
[[Kategorie:Filmdrama]]
[[Kategorie:Stummfilm]]
[[Kategorie:Literaturverfilmung]]
[[Kategorie:Schwarzweißfilm]]
[[Kategorie:Schwarzweißfilm]]
[[Kategorie:Stummfilm]]
[[Kategorie:Filmdrama]]
[[Kategorie:Émile-Zola-Verfilmung]]
[[Kategorie:Verschollener Film]]
[[Kategorie:Verschollener Film]]
[[Kategorie:Émile Zola]]

Aktuelle Version vom 9. Juli 2024, 16:06 Uhr

Film
Titel Therese Raquin
Du sollst nicht ehebrechen[1]
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1928
Länge US-Fassung 90 Minuten
Produktions­unternehmen Defu, Berlin
Stab
Regie Jacques Feyder
Drehbuch
Produktion
Musik Pasquale Perris
Kamera
Besetzung

Therese Raquin ist eine deutsche Literaturverfilmung von Jacques Feyder aus dem Jahre 1928 nach Thérèse Raquin von Émile Zola. Der dem Kammerspielfilm zuzuordnende Film gilt seit Mitte der 1960er Jahre als verschollen.

Handlung

Die gelähmte Madame Raquin ist Besitzerin eines kleinen Ladens in Paris. Einst kam sie aus der Provinz in die französische Hauptstadt, damit es ihr geliebter Sohn Camille eines Tages besser haben werde. Die Waise Thérèse ist seine Cousine und wuchs im Haus ihrer Tante auf. Schließlich wird Thérèse Camilles Ehefrau. Doch die lebensfrohe, junge Frau wird mit dem kränklichen und schwachen Camille, einem wenig aufregenden Büroangestellten, nicht glücklich. Sie liebt ihn nicht.

Eines Tages führt Camille einen alten Jugendfreund, den Maler Laurent, in das Haus ein. Dieser ist das genaue Gegenteil Camilles: ungestüm und lebendig, kraftstrotzend und herausfordernd, aber auch ein wenig roh und brutal. Thérèses Leidenschaft wird schnell entfacht und Laurent ihr Geliebter. Während eines gemeinsamen Ausfluges ermorden beide Camille, das Verbrechen wird als Unfall kaschiert. Nach einer Weile heiratet das mörderische Paar und wohnt fortan unter ein und demselben Dach mit der an den Sessel gefesselten Mutter Camilles. Ihre ständige Gegenwart ist den beiden einerseits lästig, andererseits aber auch andauernde Mahnung und Erinnerung an ihre schreckliche Untat.

Immer häufiger plagen Albträume und Angstvorstellungen das Paar. Eines Tages wird ihnen die seelische Last zu groß. Thérèse und Laurent gestehen der alten Frau die schreckliche Mordtat an ihrem Sohn. Daraufhin erleidet Madame Raquin einen Schlaganfall und ist nun endgültig ein Pflegefall. Thérèse und Laurent beginnen, einander nicht mehr zu trauen, sie glauben, einer von ihnen könnte den anderen an die Polizei verraten. So kommen bei jedem der beiden Mordgedanken hoch. Schließlich sehen sie keinen anderen Ausweg mehr und nehmen sich gemeinsam das Leben.

Produktionsnotizen

Der Film entstand nach Zolas Novelle Thérèse Raquin. Gedreht wurde der Film in den Ateliers von Staaken zwischen dem 24. Oktober 1927 und dem 14. Januar 1928. Die Filmbauten schufen Andrej Andrejew und Erich Zander. Bei der Zensurabnahme am 18. Februar 1928 erhielt der Film das Prädikat „Künstlerisch“. Die Uraufführung erfolgte am 22. Februar 1928 im Berliner Tauentzienpalast.[2] Bis zum Jahresende 1928 lief der Film auch noch in Finnland, Frankreich und den USA an.

Kritik

Reclams Filmführer schreibt: „Feyder legte in diesem Film großen Wert auf die Milieuschilderung, die ihm besonders im ersten Teil dazu diente, den Charakter seiner Heldin aus ihren Umwelterfahrungen zu deuten. Der Film wurde in Berlin mit zahlreichen deutschen Mitarbeitern gedreht, so sind Einflüsse des deutschen ‘Kammerspiels’ in ihm deutlich spürbar.“[3]

In Georges Sadouls ‘Geschichte der Filmkunst’ ist zu lesen: „Mit Thérèse Raquin kehrte Feyder zu einer der Quellen seiner Kunst – und der französischen Filmtradition – zurück: zum Naturalismus von Zola. […] Der Hintergrund beherrscht das Werk: die Pariser Passage und der Hinterhausladen, in dem die beiden verbrecherischen Liebenden vor der stummen Anklage einer gelähmten Mutter leben. Was Feyder vor allem Deutschland verdankt, ist, daß er in hervorragend ausgestatteten Ateliers schaffen konnte, was er früher in Außenaufnahmen suchen mußte.“[4]

Das große Personenlexikon des Films meinte „mit der deutschen, stark psychologisierenden Adaption von Émile Zolas ‘Thérèse Raquin’, „Du sollst nicht ehebrechen“, festigte er seinen Ruf als exzellenter Beobachter gesellschaftlicher Kreise.“[5]

In Geschichte des Films ist zu lesen: „Feyder bewahrte in der filmischen Adaption genau die seelische, erotische Atmosphäre des literarischen Originals. Doch zugleich wird als wirklicher Urheber des Verbrechens die kleinbürgerlich-muffige Welt der egoistischen und niedrigen Interessen und der falschen Moral transparent. Feyder übernahm von Zola auch die Vorliebe für das Requisit und das stimmende Detail, das zum Schlüssel für die Psychologie der Helden wird. Der im Aquarium ständig im Kreise schwimmende Goldfisch ist das Symbol für Thérèses Dasein. Veränderungen in Frisur und Kleidung verdeutlichen das erotische Abenteuer. Schließlich wird in den letzten Szenen des Films der Lehnstuhl, an den die gelähmte Mutter gefesselt ist, zum drohenden, ewig quälenden Vorwurf des Gewissens, das schließlich die verbrecherischen Liebenden zum Selbstmord treibt. Feyders Thérèse Raquin ist ein filmgeschichtlicher Höhepunkt des Kammerspiels. Die psychologisierende Intensität, die innere Dynamik der Leidenschaften vor dem Hintergrund der leblosen Möbel und eine raffinierte Anwendung der Licht-Schatten-Wirkungen bestätigten Feyders Regietalent nachdrücklich und wurden zugleich zum künstlerischen Indiz seines Stilwillens.“[6]

Buchers Enzyklopädie des Films schreibt: „Der expressionistische Stil des Films mit seinen düsteren Schatteneffekten und seiner beengenden Atmosphäre fängt den Schrecken der Zolaschen Romanvorlage machtvoll ein.“[7]

Literatur

  • Joachim Reichow: Thérèse Raquin. In: Günther Dahlke, Günter Karl (Hrsg.): Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933. Ein Filmführer. 2. Auflage. Henschel-Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-89487-009-5, S. 168 f.

Einzelnachweise

  1. Unter diesem Titel ist das Filmprogramm Illustrierter Film-Kurier Nr. 815 erschienen.
  2. Anzeige in: Vossische Zeitung, 22. Februar 1928, Morgen-Ausgabe, S. 12
  3. Dieter Krusche, Jürgen Labenski: Reclams Filmführer. Reclam, Stuttgart 1973, ISBN 3-15-010205-7, S. 138.
  4. Georges Sadoul: Geschichte der Filmkunst. Erweiterte deutschsprachige Ausgabe. Schönbrunn-Verlag, Wien 1957, S. 203.
  5. Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 2: C – F. John Paddy Carstairs – Peter Fitz. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 665.
  6. Jerzy Toeplitz: Geschichte des Films. Band 1: 1895–1928. Henschelverlag, Berlin 1972, S. 464 f.
  7. Liz-Anne Bawden (Hrsg.): Buchers Enzyklopädie des Films. C. J. Bucher, Luzern u. a. 1977, ISBN 3-7658-0231-X, S. 241.