Windows 3.x

Windows 3.x
Entwickler Microsoft
Lizenz(en) Microsoft EULA (Closed Source)
Erstveröff. 22. Mai 1990
Akt. Version 3.0 bis 3.2
Kernel PC-kompatibles DOS
Windows-Kernel
Abstammung Windows 1.02.11
↳ Windows 3.x
Chronik Windows 3.0 (1990)
Windows 3.00a (1990)
Windows 3.0 mit Multimedia Extensions 1.0 (1991)
Windows für Pen Computing 1.0 (1992)
Windows 3.1 (1992)
Windows für Workgroups 3.1 (1992)
Windows für Workgroups 3.11 (1993)
Windows 3.11 (1994)
Windows 3.2 (1994)
Sonstiges Entwicklung eingestellt
www.microsoft.com

Unter der Bezeichnung Windows 3.x werden die Vorgänger der späteren Windows-Betriebssysteme des Softwareunternehmens Microsoft für die 16-Bit- und 32-Bit-x86-Architektur in den 3.x-Versionen zusammengefasst.[1] Windows war bis Version 3.x ein grafischer Aufsatz für ein PC-kompatibles DOS wie MS-DOS.

Versionen

Die bekanntesten Windows-3.x-Versionen sind:

Es gab noch weitere Versionen, die jedoch keine ähnlich große Verbreitung fanden. Auf eingebetteten Systemen wie Kassensystemen oder Ticketautomaten kam Windows 3.x noch fast 20 Jahre nach seiner Markteinführung zum Einsatz, Lizenzen dafür verkaufte Microsoft noch bis Ende Oktober 2008.[1]

Technik

Windows 3.x ermöglichte den Betrieb von mehreren Windows Anwendungen per kooperativem Multitasking in einer grafischen Oberfläche und setzte noch ein laufendes MS-DOS (oder kompatibel, also auch z. B. PC DOS oder DR DOS) voraus, auf dem es lief. In diesem Bezug war es nicht anders als die älteren Windows-Versionen bis Windows 2.x. Durch die Verwendung des Protected Mode für die Betriebsmodi Standard Mode und Enhanced Mode war Windows bereits mehr als ein grafischer Aufsatz für das Betriebssystem MS-DOS, wenn es auf einem Prozessor lief, der den Protected Mode ermöglichte. Ein großer Unterschied von DOS- zu Windows-Anwendungen ist, dass Windows-Anwendungen geräteunabhängig sind, da die Windows-API für diese als Abstraktionsschicht dient und alle Hardwarezugriffe über den Windowskernel und dessen Treiber laufen. Dies ermöglicht auch die Verwendung von virtuellem Speicher (nur Enhanced Mode), ohne dass die Windows-Anwendung extra umgeschrieben werden muss, da aus Sicht der Windows-Anwendung kein Unterschied zwischen diesem und dem normalen Speicher besteht. Alle Kernel von Windows 3.x sind nur in 16 Bit, das gilt auch für den 386er Kernel, der 32-Bit-Windows-Anwendungen im Enhanced Mode ausführen kann. 32-Bit-Kernel gab es in Windows erst ab Windows NT und Windows 95.

Windows 3.x verwendet selbst keinen Expanded Memory (EMS) mehr, es können aber DOS-Anwendungen per Bank Switching Expanded Memory zur Verfügung gestellt werden. Im Standard Mode ist dies nur möglich, wenn der EMS Speicher von einer Speichererweiterungskarte (memory expander) kommt. Als EMS-Speicher reservierter normaler Speicher oberhalb der 1-MiB-Grenze kann dafür nicht verwendet werden. Dies gilt für alle Betriebsmodi.[2]

Mit der Windows-3.x-Reihe begann der Übergang von reinen 16-Bit-Real-Mode-Windows-Programmen zu 16-Bit- und 32-Bit-Protected-Mode-Windows-Programmen. Dazu gab es ab Windows 3.0 drei verschiedene Betriebsmodi, die abhängig von der CPU beim Start von Windows automatisch den entsprechenden Windows Kernel aufriefen[3], diese Betriebsmodi sind:

Für die Reservierung von zusammenhängendendem Speicher größer als 64 KiB wurde unter 16 Bit Windows 3.x für 16 Bit Windows Programme im Real Mode auf die Segmentadresse der Wert 0x1000 hinzuaddiert und im Standard Mode der Wert 8 auf den Selector. Hierfür stand die Variable __AHINCR zur Verfügung.[4]

Betriebsmodi

Real Mode

Dieser Modus steht nur unter Windows 3.0 zur Verfügung und ist für den 8086-Prozessor gedacht. Alle Windows-Programme arbeiten in diesem Modus im Real Mode und sind daher auf 16-Bit-Code und den Adressbereich von 1 MiB begrenzt. Auf späteren CPU-Generationen kann dieser Betriebsmodus durch das Starten von Windows 3.0 mit dem Aufruf win /r erzwungen werden. DOS-Anwendungen können im Real Mode ausschließlich nur im Vollbildmodus ausgeführt werden.

Da der Real Mode nur in Windows 3.0 zur Verfügung stand und aufgrund des knappen Speichers im konventionellen Speicherbereich nur wenige 16-Bit-Windows-Real-Mode-Programme entwickelt wurden, spielte er im weiteren Verlauf praktisch keine Rolle mehr.

Standard Mode

Im Standard Mode läuft Windows im Protected Mode, was es Windows-Programmen ermöglicht, mehr als 1 MiB RAM durch die Extended Memory Specification (XMS) und den XMS-Treiber (z. B.HIMEM.SYS) zu adressieren.[5] Für den Standard Mode ist ein 80286-Prozessor oder besser erforderlich. Wie beim Real Mode können im Standard Mode nur 16-Bit-Windows-Programme ausgeführt werden. Im Standard Mode ist die Verwendung von EMS Memory aus Extended Memory (XMS) für DOS-Anwendungen nicht möglich, es können aber Memory-Expander-Karten verwendet werden, die EMS Memory für DOS-Anwendungen zur Verfügung stellen können. DOS-Anwendungen können im Standard Mode nur im Vollbildmodus ausgeführt werden.

Ab Windows for Workgroups ist dieser Modus nicht mehr verfügbar. Auf späteren CPU-Generationen kann dieser Betriebsmodus durch das Starten von Windows mit dem Aufruf win /s erzwungen werden.

Enhanced Mode (Erweiterter Modus)

Der Enhanced Mode ist eine Erweiterung des Standard Mode. Für den Enhanced Mode ist ein 386er Prozessor die Mindestvoraussetzung. In diesem Modus ist die Ausführung von sowohl 16-Bit- als auch erstmals 32-Bit-Windows-Programmen möglich. Für 32-Bit-Windows-Anwendungen muss die Win32s-API nachinstalliert werden. Im Enhanced Mode kann zusätzlich zum Extended Memory (XMS) auch Speicherplatz auf der Festplatte als virtueller Speicher, einer sogenannten Swap-Datei, verwendet werden. Dies ist nur im Enhanced Mode möglich.

Im Enhanced Mode fungiert der Kernel als DPMI-Host, womit mehrere DOS-Anwendungen unter Verwendung des Virtual 8086 Mode des 80386 Prozessors parallel per präemptivem Multitasking ablaufen können. Wenn die DOS-Anwendung mit DPMI-Support programmiert wurde, kann sie auch mehr als 640 KiB konventionellen Speicher nutzen. Im Enhanced Mode können DOS-Anwendungen auch im grafischen Modus in einem Fenster ausgeführt werden, der Wechsel zum Vollbildmodus ist nicht nötig.

Im Enhanced Mode sind 32-Bit-Windows-Gerätetreiber möglich, obwohl Windows 3.x auch weiterhin die 16-Bit-Treiber von DOS verwenden kann.

Funktionsmatrix

Real Mode Standard mode Enhanced Mode
Windows-Kernel
8086-Kernel KERNEL.EXE Ja Nein Nein
286-Kernel KRNL286.EXE Nein Ja Nein
386-Kernel KRNL386.EXE Nein Ja⁠1 Ja
Unterstützte Prozessoren
8086/8088 und 80186 Ja Nein Nein
80286 Ja Ja Nein
80386 oder besser Ja Ja Ja
Versionen
Windows 3.0 Ja Ja Ja
Windows 3.1 Nein Ja Ja
Windows 3.11 Nein Ja Ja
Windows 3.2 Nein Ja Ja
Windows für Workgroups 3.1 Nein Ja Ja
Windows für Workgroups 3.11 Nein Nein Ja
Funktionen
Windows läuft im Protected Mode Nein Ja Ja
Virtueller Speicher mit „Swap“-Auslagerungsdatei2 Nein Nein Ja
Multitasking präemptiv zwischen DOS-Anwendungen Nein Nein Ja
kooperativ zwischen Windows-Anwendungen3 Ja Ja Ja
kompatibel mit Windows-1.x- und 2.x-Programmen Ja Nein Nein
VCPI-fähigen DOS-Programmen ?4 Nein Nein
32-Bit-Windows-Anwendungen via Win32s5 Nein Nein Ja
DPMI-Unterstützung für DOS-Programme Nein Ja Ja
DOS-Umgebungen nur eine gleichzeitig Ja Ja Nein
mehrere gleichzeitig Nein Nein Ja
DOS-Anwendungen im Fenster Nein Nein Ja
Speicher für DOS-Anwendungen Expanded Memory (EMS) per EMS-Speicherkarte Ja Ja Ja
Expanded Memory (EMS) im Extended Memory (XMS) Ja6 Nein7 Ja
Extended Memory (XMS) per DPMI Nein ? Ja
1) 
Windows muss dazu via win /s im Standard Mode gestartet werden.
2) 
Vom Virtuellen Speicher können auch DOS-Programme Gebrauch machen, wenn sie Extended Memory (XMS) und DPMI unterstützen.
3) 
Die Ursache, warum Windows 3.x und Win16-Programme allgemein nur kooperatives Multitasking verwenden, liegt darin begründet, dass der 8086 weder über eine Memory Protection Unit (MPU), noch über eine Memory Management Unit (MMU) verfügt. Mindestens eines von beidem ist für präemptives Multitasking aber erforderlich, wenn es performant bleiben soll.
4) 
Windows nutzt im Real Mode selbst nur Konventionellen Speicher. Ein VCPI-DOS-Treiber dürfte daher nicht stören, es ist allerdings mindestens ein 80386-Prozessor erforderlich.
5) 
Dazu muss die Win32s-Funktionsbibliothek nachträglich installiert werden.
6) 
Nur mit Unterstützung durch den Prozessor, daher ab 80286.
7) 
Im Standard Mode wird das von Windows nicht unterstützt, da dem 80286 der Virtual 8086 Mode fehlt.[6]

Bedeutung

Mit Windows 3.0 und 3.1 gelang Microsoft der Durchbruch auf dem Markt für grafische PC-Betriebssysteme.[7][8] Die eigentliche Bedeutung steckte jedoch in der stabilen Programmierschnittstelle (englisch Application Programming Interface, kurz API), die in ihrer 16-Bit-Ausprägung auch Win16 genannt wurde. 16-Bit-Windows-Programme aus Windows 2.0 funktionierten dabei weiterhin, jedoch nur im Real Mode.

Windows 3.x bereitete den Weg hin zu Windows 9x, das als eigenständiges Betriebssystem den MS-DOS-Unterbau in das Betriebssystem integrierte und die 32-Bit-Funktionen sowohl im 32-Bit-API Win32 als auch bei Kernkomponenten wie dem Speichermanager und Multitasking erweiterte.

Beide Generationen, also Windows 3.x als auch Windows 9x (welches als Windows 4.x entwickelt wurde), waren in der Retrospektive Lückenfüller für das neu entwickelte Windows NT, das ein vollständiges 32-Bit-Betriebssystem war – auf der damaligen Hardware jedoch zu ressourcenhungrig und zu teuer. Erst mit Windows XP gelang Microsoft der vollständige Umstieg auf die mit Windows NT eingeführte neue Technik.

Windows 3.x/9x und Windows NT haben ein ähnliches und in großen Teilen identisches API. Unter Windows 3.x konnte eine abgespeckte Variante der Win32-API nachinstalliert werden, Win32s, während Win16-Applikationen auch unter Windows-NT-Versionen weiterhin lauffähig waren. Erst in 64-Bit-x86-Versionen von Windows, also ab Windows XP x64 Edition (2005) bzw. Windows Vista x64 (2007), steht das Win16-API nicht mehr zur Verfügung.

Weblinks

Literatur

  • Charles Petzold: Programming Windows 3.0 Microsoft Press, 1990, ISBN 1-55615-264-7
  • Charles Petzold: Programming Windows 3.1, 3rd Edition Microsoft Press, 1992, ISBN 1-55615-395-3
  • Matt Pietrek: Windows Internals: The Implementation of the Windows Operating Environment Addison-Wesley Publishing Company, 1993, ISBN 0-201-62217-3
  • Andrew Schulman, David Maxey, Matt Pietrek: Undocumented Windows: A Programmer's Guide to Reserved Microsoft Windows Api Functions Addison-Wesley Publishing Company, 1992, ISBN 0-201-60834-0

Einzelnachweise

  1. a b Manfred Bremmer: Windows 3.x – Microsoft stampft bestes Windows-Release ein. In: Computerwoche. IDG, 6. November 2008, abgerufen am 22. Mai 2018.
  2. Microsoft Product Support Services Application Note (Text File WW0335.txt) WW0335: Memory Management with Windows
  3. Raymond Chen: For the Nitpickers: Enhanced-mode Windows 3.0 didn’t exactly run a copy of standard-mode Windows inside the virtual machine. In: The Old New Thing (Blog). 8. Februar 2013, abgerufen am 23. November 2021 (englisch).
  4. https://devblogs.microsoft.com/oldnewthing/20171113-00/?p=97386 On memory allocations larger than 64KB on 16-bit Windows von Raymond Chen (englisch)
  5. Microsoft Product Support Services Application Note (Text File WW0335.txt) WW0335: Memory Management with Windows
  6. Microsoft Dokument WW0335.TXT Abschnitt "Standard Mode and Expanded Memory"
  7. Detlef Borchers: 30 Jahre Windows: Der lange Weg zum Durchbruch. In: Heise online. 20. November 2015. Abgerufen am 30. Juli 2022.
  8. Peter Stelzel-Morawietz: 35 Jahre Windows: von Version 1.0 zu 10. In: PC-Welt. 24. November 2020, abgerufen am 30. Juli 2022.