Straßenbahn Santa Teresa

Bonde de Santa Teresa
Wagen 06 am Largo dos Guimarães, zentraler Halt in Santa Teresa
Wagen 06 am Largo dos Guimarães, zentraler Halt in Santa Teresa
Spurweite:1100 mm
Stromsystem:600V =
Übergang zur Metrô und Straßenbahn Rio de Janeiro
Estação Carioca (Wendeschleife)
Brücke über Avenida República do Paraguai
Carioca-Aquädukt (Arcos da Lapa)
Portinha
Muratóri (Stumpfendstelle)
Abzweig Streckenast Rua Francisco Muratóri
Largo do Curvelo
Largo dos Guimarães
Abzweig Streckenast Paula Matos
Oficina (Betriebshof) inklusive Betriebsstrecke
Reststück nach Paula Matos, als Ausziehgleis genutzt
Igreja Episcopal
Posto de Saúde
Rua Oriente
Largo das Neves (Wendeschleife)
Mercado
Vista Alegre
Largo do França
Dois Irmãos (Stumpfendstelle)
Wendedreieck Dois Irmãos
außer Betrieb und ohne Oberleitung
Lagoinha
Caixa da Mãe D’Água
Silvestre (Stumpfendstelle)
(bis 1966) Übergang zum Trem do Corcovado
Cristo Redentor ↔ Silvestre ↔ Cosme Velho

Die Straßenbahn Santa Teresa (portugiesisch Bonde de Santa Teresa) im gleichnamigen Stadtteil von Rio de Janeiro in Brasilien besteht seit dem 19. Jahrhundert und ist eines der Wahrzeichen der südamerikanischen Großstadt. Neben der Straßenbahn Braunschweig ist sie weltweit eine der beiden letzten mit einer Spurweite von 1100 Millimetern. Von 2011 bis Juli 2015 war der Betrieb unterbrochen. Seit 2016 gibt es in Rio de Janeiro außerdem ein normalspuriges modernes Straßenbahnnetz. In Brasilien werden elektrische Straßenbahnen als Bonde bzw. verniedlicht Bondinho bezeichnet.[1]

Geschichte

Triebwagen 11 des Bondinho in der Rua Joaquim Murtinho (2008)

Die Bahn, die von 1877 bis zu der vierjährigen Pause von 2011–2015 kontinuierlich in Betrieb war, wurde anfänglich von Pferden gezogen, jedoch bereits 1896 elektrifiziert. Sie ist damit die älteste elektrische Bahn Südamerikas. Zunächst verkehrte sie in Santa Teresa zwischen Largo do Curvelo im Nordosten und Largo da França im Südwesten. 1890 erfolgte eine Verlängerung in südwestlicher Richtung bis zur Estação Silvestre, 1896 in nördlicher Richtung über das Aqueduto da Carioca (Aquädukt von Rio de Janeiro) aus dem 18. Jahrhundert, häufig „Arcos da Lapa“ genannt.

Die Straßenbahn vom Stadtzentrum nach Santa Teresa war Teil eines zeitweise sehr weitläufigen Straßenbahnnetzes in Rio de Janeiro. Von den 1950er Jahren bis 1967 wurden Schritt für Schritt alle übrigen Strecken stillgelegt.

Gliederzug der modernen Straßenbahn VLT Carioca

Seit 2016 gibt es in Rio de Janeiro außer der historischen Straßenbahn, bei der auch die neubeschafften Fahrzeuge in alter Form gestaltet sind, ein modernes Straßenbahnsystem, genannt VLT Carioca. Dabei steht VLT für „Veículo Leve sobre Trilhos“ (Leichtes Schienenfahrzeug), und „Carioca“ ist die Gentilform des Stadtnamens Rio de Janeiro.

Triebwagen des Bondinho bei der Fahrt über den Aqueduto da Carioca

Aufgrund eines schweren Unfalls im August 2011, der sechs Tote zur Folge hatte, wurde der Betrieb der Straßenbahn bis 2015 eingestellt. Im November 2013 startete ein auf 110 Millionen Real budgetiertes Projekt für die Beschaffung neuen Rollmaterials und für die Sanierung der Strecke.[2] Nach Testfahrten ab April 2015 wurde am 27. Juli desselben Jahres der Passagierbetrieb auf einer ersten Teilstrecke wieder aufgenommen, zwischen den Stadtplätzen Largo da Carioca und Largo do Curvelo. Im Jahr 2018 wurde der Betrieb bis zum Largo do França ausgedehnt, 2019 bis zur Station Dois Irmãos.

Auch eine kurze Zweigstrecke in die Rua Francisco Muratóri wurde wiederhergestellt.

Die Regierung des Bundesstaates kündigte 2023 an, den Streckenteil der historischen Bahn südlich des Largo do Guimarães zu erneuern und wieder von Dois Irmãos bis zur Station Silvestre zu verlängern. Damit lässt sich die Umsteigemöglichkeit zur Bergbahn wiederherstellen. Auch über eine Reaktivierung der westlichen Zweigstrecke vom Largo do Guimarães zum Largo das Neves wird nachgedacht.[3] Die Gleise sind vorhanden, und an der Wendeschleife stehen noch und wieder Masten für die Oberleitung.

Streckennetz

Derzeit besteht das Netz aus einer Hauptstrecke von der nördlichen Endhaltestelle nahe der Praça Felix Laranjeiras, östlich, nahe der 1964–1976 errichteten neuen Kathedrale im Stadtteil Centro, über den Carioca-Aquädukt und durch die Rua Joaquim Murtinho. Sie passiert weiterhin den Largo do Curvelo, den Largo do Guimarães, die Praça Odilo Costa und den Largo do França und endet vorübergehend an der Station Dois Irmãos. Von dort soll sie in Zukunft auf unbebautem Gelände der Rua Almirante Alexandrino folgen, um dann an der Station Silvestre (Waldstation) zu enden, wo sie im rechten Winkel auf die Corcovado-Bergbahn trifft.

Am Largo do Guimarães zweigt eine kurze Stichstrecke zum Betriebshof (Oficina) mit dem Museu do Bonde ab, und eine derzeit nicht in Betrieb befindliche Zweigstrecke zum Largo das Neves.

Betrieb

Die Hauptstrecke wird werktags von 8:00 bis 17:00 Uhr im 15-Minuten-Takt bedient. An jeder Haltestelle stehen Betriebsangehörige zu Auskünften und Hilfestellungen bereit. Ab dem Innenstadthaltepunkt muss bezahlt werden, unterwegs darf auf den Wagen aufgesprungen werden, wobei nicht gezahlt werden muss. Allerdings besteht weder ein Anspruch auf einen Sitzplatz, noch darauf, dass die Bahn anhält, wenn man absteigen will.

Die eingleisige Zweigstrecke in der Rua Francisco Muratóri wird nur einmal am Tag bedient, sofern es Interessenten gibt.

Fahrzeuge

Wagen 17 ist ein Replikat aus dem Jahr 2014
Vollbesetzter Straßenbahnwagen an der Haltestelle Carioca (2010)
Schienen-ÖPNV in Rio: im Norden modernes Straßenbahnnetz VLT, diagonal geschlängelt die Santa-Teresa-Strecke, links unten die Corcovado-Bergbahn,
Metro­stationen ohne Strecken­darstellung; Seilbahnen oben im Zentrum und rechts unten auf den Zuckerhut

Im Jahr 2010 gab es sieben zweiachsige Triebwagen, von denen jeweils zwei im Einsatz waren. Beim brasilianischen Hersteller T’Trans wurden 2013 historisierende Neubauten bestellt. Ende 2014 waren fünf der 14 (Nummern 16 bis 20) dieser Replikate ausgeliefert.

Die Seiten der früher grün, mittlerweile kräftig gelb lackierten Fahrzeuge sind offen, die Öffnungen können mit braunen Stoffrollos verschlossen werden. Die Wagen weisen 32 Sitzplätze auf Holzbänken auf. Den Fahrstrom beziehen sie über Stangenstromabnehmer aus einer Oberleitung. Die Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h wird selten ausgefahren, durchschnittlich sind die Fahrzeuge wohl mit 20 km/h unterwegs.[1]

Unfall

Der Triebwagen 10 wurde bei dem Unfall am 27. August 2011 vollständig zerstört. Er entgleiste im untersten Teil des Netzes auf der Rua Joaquim Murtinho fahrend, kippte um und rutschte noch rund 50 Meter weiter, wobei der leichte Aufbau an einer Stützwand zerschellte. Fünf Personen starben, darunter auch der 57-jährige Straßenbahnfahrer. Mehr als 30 Personen wurden verletzt. Im Zuge des Unfalls beklagten Anwohner, das Straßenbahnnetz sei über lange Zeit vernachlässigt worden und in schlechtem technischen Zustand.[4][5]

Siehe auch

Commons: Santa Teresa Tramway – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Solveig Flörke: Die Gelbe von Rio. In: Straßenbahn Magazin. Nr. 3, 2010, S. 54 ff.
  2. Santa Teresa terá bondes de volta em 2014, diz governo. Editora Abril SA, 8. November 2013, abgerufen am 14. Juni 2014 (portugiesisch).
  3. Radio 93, 25. November 2023: Governo do Estado inicia obras de revitalização do sistema de bondes de Santa Teresa
  4. Five die in Rio de Janeiro tram derailment. In: BBC World News. 28. August 2011, abgerufen am 11. Februar 2024.
  5. Deadly Rio tram crash 'kills five'. In: On Demand News. 28. August 2011, abgerufen am 11. Februar 2024.