Rettungswagen

Rettungswagen
Fahrzeugdaten
Besatzung: unterschiedlich; häufig: 1 Rettungsassistent, 1 Rettungssanitäter
verwendet von: Feuerwehr, DRK, ASB, MHD, JUH, Rettungsdienste der (Land-)Kreise, usw.
Verwendet bei: akuten Notfällen, Intensivverlegungen, Krankentransporten

Rettungswagen (Abkürzung RTW) sind Fahrzeuge des Rettungsdienstes für die Notfallrettung. Sie werden benutzt, um Notfallpatienten zu versorgen und ggf. in eine geeignete Klinik zu transportieren.

Vom RTW zu unterscheiden ist der Krankentransportwagen (KTW), der für den qualifizierten, jedoch medizinisch in der Regel unkritischen Krankentransport vorgesehen ist. Seit mehreren Jahren gibt es sogenannte "MZF" (Mehrzweckfahrzeuge). Diese sind ausgestattet wie Rettungswagen, verfügen jedoch zusätzlich über einen Tragestuhl. MZF können für Notfalleinsätze und Krankentransporte eingesetzt werden.

Aufgaben

Aufgaben des Rettungswagens sind:

  • Notfalltransport
  • Rendezvous-System mit dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) als Notarztwagen-Ersatz.
  • Heranführen von medizinischem Material und Personal zum Wiederherstellen und/oder Aufrechterhalten der Vitalfunktionen
  • Intensivtransporte in Begeleitung eines in der Intensivmedizin erfahrenen Arztes (wenn kein Intensivtransportwagen zur Verfügung steht)
  • Verlegungen von Krankenhaus zu Krankenhaus

Kurzbezeichnungen und Funkrufnamen

RTW und NEF

Wie bei allen Rettungsdienstfahrzeugen (in Deutschland) werden auch bei Rettungswagen die Haupteigenschaften in einer Kombination aus Buchstaben beschrieben. Hierbei bedeutet RTW Rettungswagen. Die Annahme, RTW hieße Rettungstransportwagen (parallel zu Krankentransportwagen), ist nicht richtig. Das „T“ bei RTW wurde eingeführt, um den Rettungswagen vom Rüstwagen (RW) abzugrenzen.

Die BOS-Funkkennungen der Rettungswagen sind je nach Bundesland und Träger unterschiedlich. In der Regel werden die Kennzahlen "83" und "71" bzw. "4" oder "5" benutzt, also z.B. ../83/.. und ../71/.. in dreizahligen sowie ../4. (Hilfsorganisationen) oder ../5. (Feuerwehren) im zweizahligen System (u.a. in Niedersachsen).

Verwendung und Einsatz

Der Rettungswagen wird bei allen Notfällen verwendet, so zum Beispiel bei traumatisch-chirurgischen Verletzungen (z.B. Verkehrsunfällen), internistischen Erkrankungen (Herzinfarkten, Schlaganfällen) sowie allen anderen dringlichen Verletzungen und Erkrankungen (Hitze-/Kälteschäden, Ertrinken, psychiatrische Notfälle usw.). Besteht die Möglichkeit einer möglicherweise lebensbedrohlichen Situation, wird ein Notarzt parallel alarmiert (Rendezvoussystem mit einem NEF). Bei weniger dringlichen/akuten Erkrankungen hingegen kommt meist ein Krankenwagen zum Einsatz.

Besatzung

Die personelle Besetzung der Rettungswagen ist in den Landesrettungsdienstgesetzen der einzelnen Bundesländer festgelegt. In der Regel werden je ein Rettungsassistent (in Deutschland) bzw. ein Notfallsanitäter (in Österreich) und ein Rettungssanitäter eingesetzt.

Technik

Verwendete Fahrzeugtypen

Weit verbreitet sind im Rettungsdienst Fahrzeuge mit geräumigen Kofferaufbauten aus Alu-Sandwich-Platten; als Fahrgestell haben sich Kleintransporter, meist zwischen 3,5 t und 4,3 t zul. GG, wie der Mercedes-Benz Sprinter, dessen inzwischen fast baugleiche Variante des VW LT und regional unterschiedlich andere Hersteller verbreitet.

Normung

Sie sind so ausgelegt, dass ein Patient optimal versorgt werden kann. Ihre Abmessungen (sowohl Innenraum als auch außen) ist durch Euronorm (DIN EN 1789) geregelt, ebenso die Ausstattung. Zeitgemäß für einen Rettungswagen ist eine Verwendung des Fahrzeuges nach DIN EN 1789 "Typ C: Mobile Intensive Care Unit (MICU)".

Farbgebung

Weit verbreitet sind die Farben weiß und rot, sowie beige (RAL 1014) als Grundfarben für Rettungsdienst-Fahrzeuge. Für die rote Farbe können dabei verschiedene Farbtöne verwendet werden, so etwa feuerrot (RAL 3000) oder auch tagesleuchtrot (RAL 3024). Nicht selten wird die Grundfarbe durch umlaufende andersfarbige Streifen oder andersfarbige Folien-Beklebung ergänzt. Es gibt auch Fahrzeuge, die mit einer stilisierten EKG-Linie "verziert" wurden. Reflexmaterial und teilweise auch Konturmarkierungen ergänzen die passive Sicherheit.

Eine einheitliche optische Gestaltung der Rettungswagen findet man im Bundesland Schleswig-Holstein. In Nordrhein-Westfalen gibt es ebenfalls eine einheitliche Farbverordnung, während der Freistaat Bayern kürzlich das bisherige Standard-Design wieder verworfen hat. Ob eine europaweit einheitliche Grundfarbe (leuchtgelb ist in der Diskussion) realisiert werden kann, ist anscheinend derzeit noch unklar.

Üblich ist es zumindest in Deutschland, Rettungswagen so zu beschriften (z.B. auf den Türen), dass eine einwandfreie Zuordnung des Fahrzeugs zu seinem Eigner und seiner Besatzung auch unabhängig vom Kfz-Kennzeichen erfolgen kann.

Geschichte

Räderbahre aus dem Jahre 1900

Der Rettungswagen in seiner heutigen Form ist eine Fahrzeugart, deren Ursprünge in der späten zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu finden sind. Nach der Gründung ziviler Samaritervereine, die auf die Anregung von Friedrich von Esmarch ab 1882 entstanden, von Sanitätskolonnen des Roten Kreuzes und anderer karitativer Vereine sowie der Übernahme von Krankenbeförderungen durch Feuerwehren kam es vermehrt dazu, dass Rädertragen, Kutschen und andere Gefährte planmäßig zum eiligen Transport verletzter oder schwer erkrankter Personen in Hospitäler oder zum Arzt genutzt wurden. Ende des 19. Jahrhunderts waren in allen deutschen Großstädten planmäßige Krankenbeförderungsdienste eingerichtet. Maßgebliche Aufgabe war dabei wohlgemerkt der Transport, nicht jedoch die heute nicht mehr wegzudenkende medizinische Hilfeleistung vor Ort zur Stabilisierung des Zustands vor dem Transport. Bereits aber auf dem 1. Internationalen Kongress für Rettungswesen 1908 in Frankfurt am Main formulierte der Leipziger Arzt Dr. Paul Streffer die Forderung nach einer allgemeinen ärztlichen Begleitung von Krankentransporten und des Einsatzes von Rettungsärzten zur medizinischen Erstversorgung vor Ort und während des Transportes.

Die weitreichende Etablierung motorisierter Kraftfahrzeuge v.a. nach Ende des ersten Weltkrieges führte einerseits zur Indienststellung vieler motorisierter "Krankenkraftwagen" in den Städten und schließlich auch auf dem flachen Lande, andererseits auch zu den ersten schweren Verkehrsunfällen. An der Maxime des schnellen Patiententransports zum (Unfall-) Arzt änderte sich zunächst nichts - auch nach 1938 nicht, als Professor Kirschner, Chirurg in Heidelberg erneut - wie bereits schon 1908 Streffer - die heute als richtungsweisend und bahnbrechend angesehene Aussage traf, der Arzt müsse zum (Notfall-) Patienten kommen und nicht andersherum. Aufgrund fehlender monetärer und materieller Mittel und den politischen Entwicklungen zur Zeit des 2. Weltkrieges blieb es in Deutschland bei der sanitätsdienstlichen Transportaufgabe, die so gut es in Anbetracht der Umstände ging aufrecht erhalten wurde.

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Krankenwagen mit der international vereinbarten Rotkreuz- Kennzeichnung im 2. Weltkrieg

Ab den 1950er Jahren begannen vereinzelt Notärzte, aus Eigeninitiative heraus und abseits der üblichen Verfahrensweisen den Krankentransportdienst zu unterstützen. Dies blieb jedoch auf "Freizeitaktivitäten" beschränkt und behielt bis Ende der 1960er Jahre den Charakter von lokalen Aktivitäten zu Testzwecken. Entsprechend blieb es auch in dem nicht ärztlich unterstützten üblichen Krankentransportwesen bei der "Rückspiegelrettung": Diese umgangssprachliche Bezeichnung meint die Beobachtung des Zustands des Patienten im hinteren Fahrzeugteil mittels des Rückspiegels durch den Fahrer des Krankenwagens - weil niemand sonst zur Besatzung zählte. Eine eventuell für den Fahrer sichtbare Verschlechterung des Zustandes führte denn auch nicht zu einer sofortigen Behandlung, sondern vielmehr zu einer Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit zwecks schnellen Erreichens der Klinik.

Die modernen Vordenker des heutigen präklinischen Rettungswesens kamen aus den Hilfsorganisationen, Kliniken und auch sich bildenden Organisationen wie etwa der Björn-Steiger-Stiftung. Bei dem Versuch, eine bessere Ausrüstung der Krankenkraftfahrzeuge zu erreichen, stießen sie zunächst vielerorts auf taube Ohren.

Die ersten Innovationen, darunter die Einführung von Fahrzeugfunk, einer Zwei-Mann-Besatzung mit Sanitäter-Ausbildung, die Möglichkeit der Heranziehung eines Notarztes zur Einsatzstelle und die Maxime der Erstversorgung zur Herstellung einer sicheren Transportfähigkeit fielen zumeist in die 1970er Jahre.

Die einsetzende rapide Entwicklung der Notfallmedizin wurde beschleunigt dadurch, dass sie letztlich große Erfolge in Bezug auf die Verringerung der Patientenletalität vor allem bis zum Eintreffen im Krankenhaus zu verzeichnen hatte. In diesem Zuge wurden dann auch die Standards der Ausrüstung entwickelt, mit denen unter Berücksichtigung des begrenzten Platzangebots im Fahrzeug bestmögliche Erstversorgungen durchführbar waren. Insbesondere die Möglichkeit der Mitführung und Applikation von Medikamenten, die Ausstattung mit EKG und externen Defibrillatoren, die Möglichkeit der differenzierten und hygienischen Beatmung durch Respiratoren sowie die Ausrichtung der Fahrzeuge auf möglichst schonenden Patiententransport sind als Meilensteine in der Entwicklung heutiger Rettungswagen-Standards zu nennen.

An der Entwicklung der technischen Auslegung und Ausstattung dieser Fahrzeugart zum Transport von Notfallpatienten lässt sich so erkennen, welche bedeutsamen Entwicklungen der Notfallmedizin zu grundlegenden taktischen Änderungen im präklinischen Rettungsdienst geführt haben.

Grundsätzliches

EKG-Monitor corpuls 08/16

Der Rettungsdienst liegt in der Bundesrepublik Deutschland gemäß der föderalen Staatsordnung bei den Bundesländern. Diese haben 16 - inzwischen höchst unterschiedliche - Rettungsdienstgesetze, -verordnungen, Ausführungsbestimmungen und Musterdienstanweisungen erlassen.

Daher ist es nicht möglich, einen Rettungswagen so zu beschreiben, dass die Beschreibung in ganz Deutschland Gültigkeit besitzt. Dieser Eintrag versucht dennoch, trotz dieser Einschränkung so allgemein gültig wie möglich zu sein.

Ausstattung

Rettungswagen nehmen, wenn es der Zustand des Patienten verlangt, für ihre Einsätze häufig Wegerechte in Anspruch und sind dementsprechend mit Sondersignal (Blaulicht und Folgetonhorn) ausgestattet.

Krankentrage eines RTW

In einem Rettungswagen werden alle Medikamente und Geräte vorgehalten, die zur Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen bis zum Erreichen der Klinik notwendig sind. Weiterhin werden auch z.T. hochwirksame Schmerzmittel mitgeführt, die allerdings nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.

Zur leichteren Versorgung der Patienten am Einsatzort ist ein Teil der medizinischen Ausrüstung in speziellen genormten Notfallkoffern untergebracht. Zunehmend kommen auch Notfallrucksäcke mit dem selben Inhalt zum Einsatz.

Diagnose
Stethoskop, Blutdruckmessgerät, Pupillenleuchte, Reflexhammer, Blutzuckermessgerät/-messstreifen, digitales Fieberthermometer, Pulsoximeter, Kapnometer (seltener)
Kreislauf
Infusionslösungen, Geräte und Material für die Zufuhr sowie zum Aufwärmen von Infusionen, Spritzenpumpe (seltener), Defibrillator/EKG/Herzschrittmacher, Antischockhose
Atmung
Sauerstoffflaschen, Beatmungsgerät/Sauerstoffinhalationsgerät, Intubationsbesteck, Tuben, Beatmungsbeutel, Absaugpumpe
Sonstiges
Medikamente, Set für Vergiftungsnotfälle, Verbandmaterial, Set zur Brandwundenversorgung, notfallchirurgisches Besteck, Schienen zur Ruhigstellung von Armen und Beinen, Vakuummatratze/Spineboard (Gerät zur Ganzkörper-Immobilisation), KED-System, HWS-Schienen (Schienen zur Ruhigstellung der Halswirbelsäule), Material zur Amputatversorgung, Schaufeltrage, Fahr- und Rolltrage, Tragestuhl. Außerdem ist nach der Norm DIN EN 1789 ein Multifunktionswerkzeug auf Rettungswagen vorgeschrieben, aber noch nicht auf allen vorhanden.

Siehe auch

Ähnliche Fahrzeuge: Krankentransportwagen, Notarztwagen, Intensivtransportwagen

Weblinks

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