„Trittbrettfahrerproblem“ – Versionsunterschied

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lagging (engl) und sich raushalten (dtsch) - Anm.: Problem mit DOI
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== Trittbrettfahrer zweiter Ordnung ==
== Trittbrettfahrer zweiter Ordnung ==
Trittbrettfahrer erster Ordnung sind Menschen, die sich an einem öffentlichen Gut bereichern ohne selbst dazu beizutragen, also nicht [[Kooperation|kooperieren]]. Als Folge nichtgelungener Kooperation kommt es zur Bestrafung derer, die nicht kooperieren. Doch [[Strafe]]n verursachen Kosten, z.&nbsp;B. auch wegen möglicher [[Vergeltung]]smaßnahmen. Trittbrettfahrer zweiter Ordnung leisten zwar ihre Beiträge zu Gemeinschaftsgütern, meiden jedoch die Kosten Kooperationsunwillige (vgl. [[Defektor]]) zu bestrafen.<ref>{{Literatur | Sammelwerk=Proc. R. Soc. B | Jahr=2012-07-04 | Seiten=1–6 | Titel=An economic experiment reveals that humans prefer pool punishment to maintain the commons | Autor=Arne Traulsen, Torsten Röhl, Manfred Milinski | DOI=10.1098/rspb.2012.0937 }} ([http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/early/2012/07/02/rspb.2012.0937.full-text.pdf PDF 314 kB])<br />zitiert nach {{Internetquelle |url=http://www.mpg.de/5878687/institutionelle_Bestrafung2 |titel=Steuersünder befördern institutionelle Bestrafung |werk=Evolutionsbiologie |autor=RWI/HR |hrsg=Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.&nbsp;V. |datum= 04-07-2012 |archiv-url= | zugriff=2015-06-15 }}</ref><ref>{{Literatur | Sammelwerk=[[Nature]] | Jahr=2004-11-25 | Nummer=432 | Seiten=449–450 | Titel=Human behaviour: Don't lose your reputation | Autor=Ernst Fehr | DOI=10.1038/432449a }} [http://www.uvm.edu/~pdodds/files/papers/others/2004/fehr2004a.pdf online lesen], (PDF 345 kB, abgerufen am 15. September 2015)</ref>
Trittbrettfahrer erster Ordnung sind Menschen, die sich an einem öffentlichen Gut bereichern ohne selbst dazu beizutragen, also nicht [[Kooperation|kooperieren]]. Als Folge nichtgelungener Kooperation kommt es zur Bestrafung derer, die nicht kooperieren. Doch [[Strafe]]n verursachen Kosten, z.&nbsp;B. auch wegen möglicher [[Vergeltung]]smaßnahmen. Trittbrettfahrer zweiter Ordnung leisten zwar ihre Beiträge zu Gemeinschaftsgütern, meiden jedoch die Kosten Kooperationsunwillige (vgl. [[Defektor]]) zu bestrafen.<ref>{{Literatur | Sammelwerk=Proc. R. Soc. B | Jahr=2012-07-04 | Seiten=1–6 | Titel=An economic experiment reveals that humans prefer pool punishment to maintain the commons | Autor=Arne Traulsen, Torsten Röhl, Manfred Milinski | DOI=10.1098/rspb.2012.0937 }} ([http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/early/2012/07/02/rspb.2012.0937.full-text.pdf PDF 314 kB])<br />zitiert nach {{Internetquelle |url=http://www.mpg.de/5878687/institutionelle_Bestrafung2 |titel=Steuersünder befördern institutionelle Bestrafung |werk=Evolutionsbiologie |autor=RWI/HR |hrsg=Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.&nbsp;V. |datum= 04-07-2012 |archiv-url= | zugriff=2015-06-15 }}</ref><ref>{{Literatur | Sammelwerk=[[Nature]] | Jahr=2004-11-25 | Nummer=432 | Seiten=449–450 | Titel=Human behaviour: Don't lose your reputation | Autor=Ernst Fehr | DOI=10.1038/432449a }} [http://www.uvm.edu/~pdodds/files/papers/others/2004/fehr2004a.pdf online lesen], (PDF 345 kB, abgerufen am 15. September 2015)</ref>

Die englische Sprache benutzt einen weiteren Begriff, um Trittbrettfahren zu beschreiben: ''lagging''.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jstor.org/stable/10.1086/668207 |titel=Two Key Steps in the Evolution of Human Cooperation |titelerg=The Interdependence Hypothesis |autor=Michael Tomasello, Alicia P. Melis, Claudio Tennie, Emily Wyman und Esther Herrmann |hrsg=Current Anthropology |werk=53/Nr. 6 |seiten=673–692 |datum=2012-12-06|DOI=10.1086/668207 | zugriff=2015-10-12 |sprache=englisch |format=html oder [http://www.jstor.org/stable/pdfplus/10.1086/668207.pdf PDF] |kommentar=The University of Chicago Press on behalf of Wenner-Gren Foundation for Anthropological Research (Hrsg.) |zitat=lagging or free riding … (S. 679) }}</ref>
Ursprünglich war ein ''Laggard''<ref>Oxford Dictionaries. [http://www.oxforddictionaries.com/de/definition/englisch/laggard Laggard]. (abgerufen am 12. Oktober 2015)</ref> eine Person, die versagte, zusammen und mit anderen in der Bewegung oder bei der Entwicklung dran zu bleiben.<ref>Oxford Dictionaries. [http://www.oxforddictionaries.com/de/definition/englisch/lag#lag Ursprung von lag]. (abgerufen am 12. Oktober 2015)</ref> ''Lagging'' in Situationen mit einem Trittfahrer-Problem bedeutet: „sich raushalten“ (und andere machen lassen). (Unterscheide: [[Drückeberger]], auf denen eine Moralnorm lastet.)


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 2. November 2015, 21:31 Uhr

Das Trittbrettfahrerproblem (engl. free rider problem) bezeichnet ein Problem kollektiven Handelns, das bei der Nutzung von Gemeingütern auftreten kann, wenn Wirtschaftssubjekte den Nutzen eines Gutes ohne Gegenleistung erlangen. Es tritt sowohl bei reinen öffentlichen Gütern als auch bei unreinen öffentlichen Gütern (Allmendegütern) auf, da dort ein Ausschluss von der Nutzung solcher Güter nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. Der Name leitet sich vom Schwarzfahren auf den Trittbrettern von Straßenbahnen ab.

Trittbrettfahrerproblem bei reinen öffentlichen Gütern (Bereitstellungsproblem)

Bei reinen öffentlichen Gütern wie z. B. bei Straßenbeleuchtungen oder Deichen hat das Trittbrettfahrerverhalten zur Folge, dass nicht alle Nutzer dieser Güter bereit sind, für deren Entstehungs- und Unterhaltskosten aufzukommen. Folglich werden solche Güter nicht oder nicht in ausreichendem Maße von privaten Anbietern angeboten. Man spricht hier auch von einem Bereitstellungsproblem.[1] Deshalb werden öffentliche Güter meistens vom Staat bereitgestellt und über Abgaben finanziert.[2]

Trittbrettfahrerproblem bei Allmendegütern (Aneignungsproblem)

Bei Allmendegütern (unreinen öffentlichen Gütern) droht infolge des Trittbrettfahrerverhaltens eine Übernutzung. Man spricht hier auch von einem Aneignungsproblem.[1] Aufgrund des freien Zugangs können Trittbrettfahrer von einer Selbstbeschränkung durch andere individuelle Nutzer profitieren, indem sie ihre Nutzung entsprechend intensivieren. Dieses Problem kollektiven Handelns wird mit dem sozialwissenschaftlichen Modell Tragik der Allmende beschrieben. Beispiele hierfür sind überfüllte Straßen, Überfischung der Meere, aber auch überlastete Peer-to-Peer-Netze[3]. Als Lösungen für das Allmendeproblem werden staatliche Nutzungsbeschränkungen oder die Einrichtung privater Eigentumsrechte empfohlen.[4] Zumindest in überschaubaren Gemeinschaften kann die Durchsetzung von Selbstbeschränkungen bei der Nutzung kollektiver Güter unter Umständen aber auch durch soziale Sanktionen gestützt werden.[1]

Trittbrettfahrer zweiter Ordnung

Trittbrettfahrer erster Ordnung sind Menschen, die sich an einem öffentlichen Gut bereichern ohne selbst dazu beizutragen, also nicht kooperieren. Als Folge nichtgelungener Kooperation kommt es zur Bestrafung derer, die nicht kooperieren. Doch Strafen verursachen Kosten, z. B. auch wegen möglicher Vergeltungsmaßnahmen. Trittbrettfahrer zweiter Ordnung leisten zwar ihre Beiträge zu Gemeinschaftsgütern, meiden jedoch die Kosten Kooperationsunwillige (vgl. Defektor) zu bestrafen.[5][6]

Die englische Sprache benutzt einen weiteren Begriff, um Trittbrettfahren zu beschreiben: lagging.[7] Ursprünglich war ein Laggard[8] eine Person, die versagte, zusammen und mit anderen in der Bewegung oder bei der Entwicklung dran zu bleiben.[9] Lagging in Situationen mit einem Trittfahrer-Problem bedeutet: „sich raushalten“ (und andere machen lassen). (Unterscheide: Drückeberger, auf denen eine Moralnorm lastet.)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Elinor Ostrom: Die Verfassung der Allmende. Jenseits von Staat und Markt. Mohr Siebeck, Tübingen 1999 (Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften, 104) (Dt. Übersetzung von Ostrom: Governing the Commons. The evolution of institutions for collective action. Cambridge University Press, Cambridge/New York/Victoria 1990)
  2. Stichwort: öffentliche Güter im Duden Wirtschaft von A bis Z. Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 2. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus 2004. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2004.
  3. Kamvar, Sepandar D.; Schlosser, Mario T.; Garcia-Molina, Hector (2003): The Eigentrust algorithm for reputation management in P2P networks. In: Proceedings of the 12th international conference on World Wide Web. S. 640–651.
  4. Garrett Hardin: The Tragedy of the Commons. Hrsg.: Science. Vol. 162, Nr. 3859, 13. Dezember 1968, S. 1243–1248, doi:10.1126/science.162.3859.1243 (online [abgerufen am 15. September 2015]).
  5. Arne Traulsen, Torsten Röhl, Manfred Milinski: An economic experiment reveals that humans prefer pool punishment to maintain the commons. In: Proc. R. Soc. B. 4. Juli 2012, S. 1–6, doi:10.1098/rspb.2012.0937. (PDF 314 kB)
    zitiert nach RWI/HR: Steuersünder befördern institutionelle Bestrafung. In: Evolutionsbiologie. Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., , abgerufen am 15. Juni 2015.
  6. Ernst Fehr: Human behaviour: Don't lose your reputation. In: Nature. Nr. 432, 25. November 2004, S. 449–450, doi:10.1038/432449a. online lesen, (PDF 345 kB, abgerufen am 15. September 2015)
  7. Michael Tomasello, Alicia P. Melis, Claudio Tennie, Emily Wyman und Esther Herrmann: Two Key Steps in the Evolution of Human Cooperation. (html oder PDF) The Interdependence Hypothesis. In: 53/Nr. 6. Current Anthropology, 6. Dezember 2012, S. 673–692, abgerufen am 12. Oktober 2015 (englisch, The University of Chicago Press on behalf of Wenner-Gren Foundation for Anthropological Research (Hrsg.)): „lagging or free riding … (S. 679)“
  8. Oxford Dictionaries. Laggard. (abgerufen am 12. Oktober 2015)
  9. Oxford Dictionaries. Ursprung von lag. (abgerufen am 12. Oktober 2015)