Flocken Elektrowagen

Flocken
Flocken Elektrowagen (Rekonstruktion)[1]
Flocken Elektrowagen (Rekonstruktion)[1]
Flocken Elektrowagen (Rekonstruktion)[1]
Elektrowagen 1888
Produktionszeitraum: 1888
Klasse: Kleinwagen
Karosserieversionen: Phaeton
Motoren: Elektromotor:
etwa 0,7 kW
Länge:
Breite:
Höhe:
Radstand:
Leergewicht: 450 kg
Nachfolgemodell Flocken Elektrowagen 1892

Der Flocken Elektrowagen ist ein frühes, von dem Coburger Fabrikanten Andreas Flocken 1888 entwickeltes Elektrofahrzeug. Es wird als das erste (vierrädrige) Elektroauto der Welt[2] angesehen, und als das erste (bekanntgewordene) Elektroauto, das in Deutschland hergestellt wurde.[3]

Geschichte

Entwicklung des Fahrzeugs 1888

Vor 1888 war in Deutschland ein leichtes Elektroauto mit akzeptabler Reichweite technisch nicht möglich, da erst ab Mai 1888 vom Unternehmen Accumulatoren-Fabrik Tudorschen Systems Büsche & Müller oHG in Hagen, der Keimzelle der Varta, die ersten Akkumulatoren mit entsprechender Energiedichte (27 Wh/kg) industriell gefertigt wurden. Die früheren Akkumulatoren von Gaston Planté wiesen nur eine Energiedichte von ca. 3 Wh/kg auf und waren somit für Elektrofahrzeuge zu schwer.

Der Flocken Elektrowagen von 1888 wurde von der Maschinenfabrik A. Flocken in Coburg entwickelt und gebaut. Bei diesem Fahrzeug handelte es sich ursprünglich, ähnlich der Motorkutsche von Gottlieb Daimler, um eine Chaise, die aber mit einem Elektromotor versehen wurde. Über die Entwicklungsarbeit Flockens ist wenig bekannt. Er versah 1888 einen hochrädrigen Kutschwagen mit einem Elektromotor, dessen Kraft per Lederriemen auf die Hinterachse des Drehschemel-Viersitzers übertragen wurde.[4] Das Fahrzeug entsprach dabei noch weitgehend einer Pferdekutsche (hoher Schwerpunkt, schmale Spurweite, Drehschemellenkung usw.).

Stromversorgung

Es wird vermutet, dass der Elektromotor des Flockenwagens von Bleiakkumulatoren nach der Konstruktion von Henri Tudor (1859–1928) gespeist wurde, denn die Accumulatoren-Fabrik Tudorschen Systems Büsche & Müller OHG stellte zu der Zeit als einziges deutsches Unternehmen Bleiakkumulatoren industriell her. Tudor hatte den 1859 von Gaston Planté entwickelten Bleiakkumulator leistungsstärker, effizienter und zuverlässiger gemacht. Die Akkus erreichten um 1890 schon eine Energiedichte von 27 Wh/kg.[5] Die Akkus des Flockenwagens hatten ein Gewicht von ca. 100 kg.

Andreas Flocken lieferte auch die regenerative Energie für seine Fahrzeuge. 1890 trat er als Mitpächter der städtischen Schleifmühle auf. Diese befand sich in der Nähe seiner Fabrik. Flocken betrieb darin einen elektrischen Generator, den er auch selber herstellte.

Öffentliche Wahrnehmung

Erstmals wurde der 1888 Flocken Elektrowagen in der Coburger Zeitung vom 28. September 1888 erwähnt:

„In der Werkstätte für landwirtschaftliche Maschinen des Herrn Flocken hier steht eine ‚Dampf-Chaise‘ in Arbeit. Dieselbe hat dieselbe Spurweite wie jedes andere Gefährt, ist einfacher und practisch construirt und dürfte nach Fertigstellung großes Interesse aller Geschirrbesitzer hervorrufen“[6][7]

Das Fahrzeug fuhr in einer ersten Fahrt in zweieinhalb Stunden etwa 30 km weit.[8] Das Originalfahrzeug des Flocken Elektrowagen von 1888 gilt als verschollen. Auch sind bisher keine Fotos vom Originalfahrzeug bekannt. Alle veröffentlichten Fotos zeigen die Rekonstruktion des Jahres 2011.[9]

Nachfolgende Modelle (1892 und 1903)

Andreas Flocken auf einem vermutlich im Jahr 1892 gebauten Auto im Hofgarten[10]
Flocken Elektrowagen, 1903; Andreas Flocken mit seiner Frau[11]

Im Gegensatz zum ersten Flockenwagen sind bei einem nachfolgenden Modell von 1892 auch vorne Bleiakkus angeordnet. Die verstärkte Vorderachse besitzt Schraubenfedern. Dieses Fahrzeug verfügte über vier gleich große eisenbereifte Räder. Entgegen der bisher üblichen Drehschemellenkung mit starrer Vorderachse hat Flocken eine Achsschenkellenkung entwickelt. Ein Novum ist die elektrische Beleuchtung. Im Archiv des Deutschen Museums, München befinden sich seit 1979 die Reproduktionen von drei historischen Fotos aus dem Besitz eines Urenkels von Andreas Flocken.[12] Sie zeigen Flockenwagen, die laut Deutschem Museum der Zeit von 1890 bis 1903 zuzuordnen sind.

1903 wurde ein völlig neues Modell des Elektrowagens vorgestellt. Es hat nun luftbereifte und gleich große Speichenräder mit Kugellagern. Die Spurstange ist hier nach unten verlegt und hat einen Steuergriff. Zudem hatte das Fahrzeug elektrische Scheinwerfer.[13]

Rekonstruktion des Modells von 1888 (2011)

Im Jahr 2011 rekonstruierte Franz Haag, Inhaber der eingetragenen Marke Flocken,[14] in privater Eigeninitiative das ursprüngliche Modell von 1888. Er nutzte dazu eine Beschreibung von Halwart Schrader und Informationsmaterial des Deutschen Museum in München. Es ist der weltweit einzige Nachbau dieses Modells.

Diese Rekonstruktion wurde am 10. März 2011 bei der Eröffnung der Retro Classics in Stuttgart erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt[15] und nahm am 10. September 2011 als Führungsfahrzeug an der ersten Bertha Benz Challenge teil,[16] die nur alternativ angetriebenen Fahrzeugen offensteht. Der Wagen ging im September 2013 in den Besitz von Flocken über.[17]

Die Marke Flocken heute

2012 wurde die Marke Flocken im Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen.[18] Aktuell werden unter der Marke Flocken Elektrofahrzeuge entwickelt.[19]

Literatur

Videos

Automobilgeschichte Fahrzeug der Vergangenheit, Bayerisches Fernsehen, 02.07.2014, 3 Min.

Bilder

Commons: Flocken electric automobiles – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Websites

Einzelnachweise

  1. Rekonstruktion
  2. Friedrich Rauer in Neue Presse Coburg, 12. Januar 2008: np-coburg.de Elektroauto in Coburg erfunden (abgerufen am 19. Mai 2013)
  3. Deutsches Museum Verkehrszentrum, München
  4. Halwart Schrader: Flocken. In: Deutsche Autos 1885 - 1920. Band 1, Erste Auflage 2002, S. 182.
  5. Gijs Mom (Eindhoven University of Technology), Vortrag: Avantgarde - Elektroautos um 1900, vom 17. Mai 2011.
  6. Aus Stadt und Land, aus Franken und Thüringen. In: Coburger Zeitung. 28. September 1888
  7. Kraftwagen wurden zu dieser Zeit unabhängig von der Antriebsart als „Dampf-Chaisen“ bezeichnet. Die Bezeichnung Auto war in Deutschland noch unbekannt; Quelle: unbekannt: Grossvater Wipko plaudert mit seinem Enkel Jakob. In: Käferberg 1966 Nr. 8.
  8. Von Coburg nach Redwitz geschnurrt
  9. Die Rekonstruktion des 1888 Flocken Elektrowagen. Abgerufen am 24. April 2014
  10. (BN35114)
  11. (BN35116)
  12. Hans Roth (Registriernummern des Deutschen Museums: BN35114, BN35115, BN35116)
  13. Friedrich Rauer: Elektroauto in Coburg erfunden. In: Neue Presse. Coburg, 12. Januar 2008.
  14. Website der Marke
  15. Pressebox
  16. YouTube-Video der Bertha Benz Challenge 2011 mit fahrendem Flocken Elektrowagen
  17. Flocken-Website
  18. Markenregister Wortmarke Flocken
  19. Website der Marke