„Ehescheidung (Türkei)“ – Versionsunterschied

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Das Türkische Zivilgesetzbuch ('''T'''ürk '''M'''edeni '''K'''anunu) und somit auch das Familienrecht wurde im Jahr 1926 verfasst, wobei das Schweizerische Zivilgesetzbuch als Vorlage diente. Das TMK sieht vor, dass die Ehe auf Antrag der Ehepartner oder eines Ehepartners bei Bestehen von bestimmten Scheidungsgründen geschieden werden kann. Diese Scheidungsgründe werden in allgemeine Scheidungsgründe (genel boşanma nedenleri) und in bestimmte Scheidungsgründe (özel boşanma nedenleri) aufgeteilt.

==Allgemeine Scheidungsgründe==
===Zerrüttung der ehelichen Gemeinschaft===
Falls das Fundament der ehelichen Gemeinschaft so zerrüttet ist, dass keinem der Ehepartner zuzumuten ist die eheliche Gemeinschaft fortzusetzen, kann gem. Art. 166 I 1 TMK Scheidungsklage erhoben werden. Dies steht aber nur dem Partner mit weniger Schuld an der Zerüttung zu, Art. 166 I 2 TMK. D. h. wenn der Beklagte nachweißt, dass er weniger Schuld hat und Widerspruch erhebt, so wird der Antrag auf Scheidung abgelehnt. Falls keiner der Partner Schuld an der Zerrüttung hat (z.B. bei einer Krankheit), so können beide Partner den Antrag stellen.

Für eine Zerrüttung in ihrem Fundament müssen grundlegende Meinungsverschiedenheiten bestehen, wobei alltägliche Streitigkeiten nicht als solche angesehen werden. So muss eine Dauerhaftigkeit der schweren Konflikte vorliegen und die Einstellung zur Ehe oder dessen Verpflichtungen muss von mindestens einem der Ehepartner in Frage gestellt werden.

Neben dieser objektiven Komponente gibt es noch eine subjektive Komponente. Danach muss die Weiterführung der Ehe für mindestens einen der Ehepartner unerträglich sein. Dies liegt im Ermessen des Richters.
===Ehescheidung im Einvernehmen===
Seit der Zivilrechtsreform im Jahr 1988 können sich Eheleute im Einvernehmen scheiden lassen, Art. 166 I 3 TMK.
Um sich im Einvernehmen scheiden lassen zu können muss die Ehe seit mindestens einem Jahr bestehen. Der Scheidungsantrag muss von beiden Ehepartnern eingebracht werden oder von einem Partner, wobei der andere zustimmen muss. Außerdem müssen beide Ehepartner persönlich vor dem Richter erscheinen, um zu bestätigen, dass sie einverstanden sind.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die beiden Partner sich im Bezug auf finanzielle Folgen (Schadensersatz, Unterhalt) und im Bezug auf gemeinsame Kinder (Sorgerecht) schriftlich geeinigt haben müssen. Diese Einigung muss vom Richter abgesegnet und bei Bedarf nachgebessert werden.
===Nicht Wiederherstellbarkeit der ehelichen Gemeinschaft===
Gem. Art. 166 I 4 TMK kann man sich scheiden lassen, falls nach Ablehnung einer Scheidungsklage drei Jahre vergangen sind und die eheliche Gemeinschaft nicht wider hergestellt wurde. Es muss erneuter Antrag gestellt werden.

==Bestimmte Scheidungsgründe==
Das TMK sieht vor, dass bei Vorliegen bestimmter Tatsachen der Richter die Ehe scheiden kann. Diese bestimmten Situationen sind im Gesetz kodifiziert und erschöpfend aufgezählt.
===Ehebruch===
Ehebruch (zina) ist nach türkischem Familienrecht ein Scheidungsgrund und liegt vor, wenn der Ehemann mit einer anderen Frau oder die Ehefrau mit einem anderen Mann den Geschlechtsverkehr vollzieht, Art. 161 TMK. Gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr fällt laut ständiger Rechtsprechung nicht hierunter.
Damit der außerheliche Geschlechtsverkehr als Scheidungsgrund anerkannt wird, muss eine Schuld seitens des/der Ehebrechers/Ehbrecherin vorliegen. Das heißt, dass der Ehebruch mit vollem Wissen und Wollen geschehen sein muss.
Sollten seit dem Zeitpunkt des Ehebruchs 5 Jahre oder seit der der Kenntnis des Ehebruchs mehr als 6 Monate vergangen sein, so wird der Antrag auf Ehescheidung zurückgewiesen. Er wird auch zurückgewiesen, wenn dem ehebrechenden Partner verziehen wurde.
===Angriff auf die Person, schwere Misshandlung und Ehrenkränkung===
Art. 162 TMK besagt, dass der betroffene Partner bei einem Angriff auf das Leben (cana kast), bei Misshandlungen (fena muameleler) und bei schweren Ehrenkränkungen (onur kırıcı davranışlar) die Scheidung beantragen kann. Der Angriff auf das Leben muss vorsätzlich sein und der Handelnde darf nicht schuldunfähig sein.
Der Scheidungsantrag muss spätestens nach 5 Jahren nach Geschehen oder 6 Monaten nach Kenntnis eingereicht werden. Wenn der betroffene Ehepartner dem anderen verzeiht, verfällt dieser Anspruch.
===Scheidung wegen Begehen von Straftaten und unehrenhafter Lebensführung===
Laut Art. 163, TMK kann ein Scheidungsantrag gestellt werden, wenn der Ehepartner eine erniedrigende Straftat (yüz kızartıcı suç) begeht. Erniedrigende Straftaten sind im Gesetz nicht definiert, doch die herrschende Meinung (hakim görüş) zählt solche Straftaten wie Diebstahl, Betrug, Fälschung, Schmuggel, Vergewaltigung, etc. dazu.

Art. 163 TMK nennt zudem noch die unehrenhafte Lebensführung (haysiyetsiz hayat sürme) als Scheidungsgrund. Unehrenhafte Lebensführung heißt, dass der Ehepartner sich nicht an allgemeine Werte der Gesellschaft hält. Dies ist jedoch im Gegensatz zu den bisherigen Gründen kein absoluter Scheidungsgrund (mutlak boşanma nedeni), sondern ein relativer (nispi). D.h., dass der Richter bei Vorliegen einer unehrenhafter Lebensführung zusätzlich noch beachten muss, ob die Weiterführung der Ehe unter gegebenen Umständen noch vom Partner erwartet werden kann. Wird dies bejaht, so entscheidet man auf Ablehnung der Klage.
Für den Scheidungsantrag ist keine Frist vorgesehen.
===Böswilliges Verlassen der ehelichen Gemeinschaft===
Falls ein Ehepartner die gemeinsame eheliche Wohnung, mit der Absicht die ehelichen Pflichten nicht zu erfüllen oder ohne anderen wichtigen Grund, verlässt, so hat der verlassene Partner das Recht eine Scheidungsklage zu stellen, Art. 164 TMK.

Doch zunächst muss der verlassene Partner einen Antrag zur gerichlichen Aufforderung zur Rückkehr (Ihtar), welcher aber erst nach mindestens vier Monaten seit des Verlassens gestellt werden kann, stellen. Sollten nach dieser Aufforderung zur Rückehr weitere zwei Monate erfolglos vergangen sein, kann Scheidungsklage erhoben werden.
===Geisteskrankheit===
Als letzten bestimmten Scheidungsgrund nennt Art. 165 TMK die Geisteskrankheit (akıl hastalığı). Falls ein Ehepartner an einer Geisteskrankheit erkrankt, kann der andere Partner die Scheidung beantragen. Damit die Geisteskrankheit jedoch einen Scheidungsgrund darstellt, muss sie unheilbar sein, was durch medizinische Gutachter attestiert werden muss. Die Geisteskrankheit ist wie die unehrenhafte Lebenswandlung ein relativer Scheidungsgrund (nispi boşanma nedeni), d. h. es muss zusätzlich noch geprüft werden, ob die Weiterführung der Ehe vom gesunden Partner noch erwartet werden kann.

Vor der Zivilrechtsreform im Jahr 2002 musste die Geisteskrankheit seit mindestens drei Jahren vorliegen.

== Weblinks ==
*[http://www.scheidung.de/allgemein/internationale-scheidungen.html#turky Scheidung.de]

Version vom 14. Juli 2008, 23:01 Uhr