Diskussion:Bruno Lohse/Archiv/1

Zum Archiv

Zu Neutralität

Wenn man sich auf Grund der hier entstandenen Diskussion im Internet die vielen Artikel über den "Züricher Kunstraub" ansieht, kommt man zu dem Schluss, dass man es hier wohl mit Wahnsinnigen zu tun hat. Frau Gisela Bermann Fischer, die aus einer berühmten jüdischen Verlegerfamilie stammt, nach dem Krieg eine akademische Ausbildung genoss, beisst die Hand die sie füttert. Der prominente amerikanische Historiker und ein Händler, die ihr das gefundene Bild übergeben möchten, werden von ihr zu einem Treffen in Zürich angeregt. Die misstrauische Dame lässt aber ihren Anwalt dabei zu Hause. Ein Schreiben, womit die beiden angeblich gemeinsam - geteilt?- ich weiss es nicht - 18% Finderlohn vorschlagen, (bei dem amerikanischen Kunsthistoriker handelt es sich wohl hier vornehmlich um seine wissenschaftliche Assistenz), übergibt sie ihrem Anwalt Norbert Kückelmann, der anstatt sich mit den beiden Herren in Verbindung zu setzen um die näheren Umstände zu erfahren, umgehend eine Anklage wegen Erpressung einleitet. Das Erstaunlichste dabei ist, dass dabei UNMITTELBAR DANACH - nach etwa 60 Jahren skrupellosen weltweiten Kunsthandel mit dem jüdischen Kulturgut der Holocaustopfer, der tatsächlich erst seit etwa 10 Jahren auch der breiteren Öffentlichkeit bekannt ist, wie oben zu recht bemerkt wird -, die Liechtensteiner Treuhandgesellschaft "Schönart" nun plötzlich auffliegt, worin sich ihr Gemälde, ein Pissarro befindet und deren Inhaber Bruno Lohse war. Daraufhin wird unmittelbar mit einer unwürdigen und unglaubwürdig einseitigen Pressekampagne geschossen... Der amerikanische Historiker, dem dabei jede gute Absicht von vorneherein abgesprochen wird, hat bisher unzähligen Holocaustopfern auch kostenlos schon allein durch seine wissenschaftlichen Leistungen und seinen Einsatz geholfen. Vielleicht überlegt Frau Gisela Fischer einmal, ob sie bei dem hohen Schätzwert ihres Gemäldes (ich glaube um die 6 Millionen Euro), was ihr Bild eigentlich damals gekostet hat, als es ihr gestohlen wurde und ob sie hier nicht mit ihren Forderungen etwas zu weit geht. Sie sollte auch bedenken, wie vielen Menschen sie weiterhin schadet, wenn solche Persönlichkeiten wie der amerikanische Historiker, kein geringerer als Professor Jonathan Petropoulos, von ihr derartig brutal zur Strecke gebracht werden soll. Natürlich ist dieser Professor für Viele heute unbequem. Wer gibt gerne etwas zurück, wobei man auch noch zugeben muss, dass als alle Beteiligten an dem Kunstraub noch lebten, man nicht ausreichend den Opfern geholfen hat. Ich als Staatsanwalt, oder Kommissar, würde bei den Ermittlungen nicht nur Frau Fischer, als ein "Erpressungsopfer" sehen, sondern auch gründlich überlegen, wer wohl hier ein Interesse hatte einen solchen Wirbel in der Presse auszulösen. Wem ist eigentlich hier wirklich geholfen?°°°° (nicht signierter Beitrag von 212.144.151.130 (Diskussion) 16:42, 14. Oktober 2007)

Quellen

Google eingeben:

Jonathan Petropoulos. Film Stealing Klimt. Artikelserie zu dem Kunstraub in Zürich in der In- und Ausländischen Presse, darunter Pissarro Lost, Bloomberg, etc. etc. Gabriele Anderl, Alexandra Caruso, NS-Kunstraub in Österreich, Innsbruck 2004. Hubertus Czernin, Die Fälschung, Wien 1999. Lynn Nicholas, Der Raub der Europa, 1998. Jonathan Petropoulos, The Faustian Bargain, 2000.°°°°

Betr. Quellen

Vielleicht kann ich hier mit einer Erklärung aushelfen was die Kritik zu den fehlenden Quellen der beiden oberen Absätze betrifft, deren Autor ich nicht bin. Das bedeutet aber nicht, dass die Autoren selbst ihre Quellen noch nachreichen müssen:

Bruno Lohse war ohne jeden Zweifel ein NS-Verbrecher und Kunsträuber. Ich glaube, dass die Autoren der beiden oben angegebenen Absätze nicht so sehr Bruno Lohse als Kunsträuber anzweifeln, sondern lediglich darauf aufmerksam machen, dass die Bilder möglicherweise nach dem Krieg von ihm gekauft wurden. Das jüdisches Kulturgut dabei war ist nicht ausgeschlossen. Es wurde ja auf dem Kunstmarkt ab ca. 1949 weiterhin angeboten. Aus den Quellen im letzten Absatz mit Quellenangaben (Czernin, Petropoulos) geht auch eindeutig hervor, das nach dem Krieg die meisten an dem Kunstraub beteiligten Kunsthistoriker, - und nicht nur Lohse - sondern auch Museumsbeamte und Händler sich gegenseitig weiter unterstützten. Sie haben nicht ihre Kenntnisse an dem Kunstraub der Holocaustopfer, an dem sie ja nachweislich beteiligt waren, eingesetzt um den Opfern ausreichend zu helfen. Daher die heutigen großen Probleme bei der Restitution. Was die Provenienzforschung der Lohse Bilder anbetrifft, muss man die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten, die unter Umständen sich noch als schwierig und langwierig herausstellen werden. Ferner seien hier einige Beispiele noch angeführt - um nur weitere keinesfalls harmlose Ungenauigkeiten in der Presse zu vermerken: Professor Jonathan Petropoulos ist kein Händler wie Stefan Handel in seinem Artikel in der SZ (siehe Quelle auf der ersten Seite) behauptet und er war auch keinesfalls einer der "deux inconnues" für Frau Gisela Bermann Fischer wie Anne-Laure Barret und Marie Koralek(Zürich) in ihrem Artikel "La saga dü trèsor nazi" vom 3. Juni 2007 in "Le Journal du Dimanche" angeben. Wie bekannt Jonathan Petropoulos ist, geht aus den Quellen des letzten Absatzes "Neutralität" eindeutig hervor. All diese Fehler beweisen, dass die Journalisten hier von Frau Fischer oder sonstigen Beteiligten falsch informiert wurden und keineswegs ausreichend ausgebildete Fachleute waren um derartige Fehler selbst kritisch zu hinterfragen oder zu bearbeiten. Es gibt wenig Artikel, die mit mehr Zurückhaltung und auch Zweifel das heisst "neutral" das Thema überhaupt behandeln. Dies zu beurteilen möchte ich dem kritisch interessierten Leser auf Grund der Quellenmöglichkeiten im Internet hier selbst überlassen.°°°°(nicht signierter Beitrag von 212.144.149.238 (Diskussion) 19:10, 10. Oktober 2007)

Wer ist bitte der Verfasser ( das ich ) dieser Diskussionsseite und verantwortlich für den Text hierüber ?

Frau Bermann wahnsinnig ?

Der Autor dieser Weisswäsche meint es mit "Wahnsinnigen" zu tun zu haben. Zum Beispiel Frau Bermann Fischer. Nach Verfolgung und Auslöschung der Familie untersteht sie sich, Verhandlungen über die Rückgabe eines gestohlenen Bildes nicht für passend zu finden , sondern informiert die Staatsanwaltschaft, die das ihr zustehende Bild von Pissarro beschlagnahmt. Es fällt schwer, in diesem Ausdruck " sie beisst die Hand , die sie füttert" nicht eine antisemitische Wendung zu sehen. Der ganze namenlose Diskussionsartikel verharmlost in unerträglicher Weise die Taten des Kunsträubers Lohse. Auch im Artikel über Lohse fällt das auf . Der unbekannte Autor weiss -woher- , dass der Helfershelfer Lohse des Verbrechers Göring nur legale Ankäufe im Auftrag von Göring tätigte. Dagegen spricht: Es war offizielle Politik der Staatsführung Deutschlands, französiche Bürger zu ermorden, ihre Kunst zu rauben. Nur Herr Lohse soll gegen seine Anweisungen gehandelt haben und französischen Bürgern jüdischen Glaubens und anderen Görings Geld gezahlt haben. Das glaube wer will. Jonathan Petropoulos führt in seinem Buch, Kunstraub und Sammelwahn, Berlin 1999, S. 248 eine Szene an, in der Lohse einen Kunsthändler bedrohte, weil er nicht die Bedingungen von Göring akzeptieren wollte. Im übrigen ist Lohse doch zu Gefängnis verurteilt worden und zwar in Frankreich. orik

Da Ponte 22.12.07, Immer schön langsam, Orik

Ich habe mir erlaubt, Ihre Änderungen rückgängig zu machen; offensichtlich irrt Haase hier. Seine / Ihre Schilderung steht nicht im Einklang mit den zahlreichen zugänglichen Quellen. Ich habe mir erlaubt auf zwei besonders wichtige, die sogenannten Interrogation Reports der Art Looting Investigation Unit, also der Ermittler des amerikanischen Geheimdienstes O.S.S., hinzuweisen. Die Jungs waren sicher nicht auf den Kopf gefallen und schildern die Vorgänge genau so, wie jetzt wieder im Text vermerkt.

Ansonsten könnte man Tage verbringen, um den Unsinn richtig zu stellen, der sich auf dieser Diskussionsseite angehäuft hat. Ich will es bei einigen kurzen Hinweisen belassen:

Da steht zu Frau Gisela Bermann Fischer: "nach Verfolgung und Auslöschung..."; Verfolgung ja; ihr Vater Gottfried emigrierte mit seiner Familie 1936 nach Österreich, dann nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Österreich nach Schweden und wiederum nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Norwegen in die Vereinigten Staaten von Amerika. Gottfried Bermann Fischer befand sich in der glücklichen Lage, seine Familienangehörigen und Verwandten retten zu können. Dass die Vertreibung alleine ein gravierendes Unrecht war, ist klar; ausgelöscht, also im Holocaust ermordet, wurde seine Familie nicht.

Dann steht da irgendwo, Lohse habe alleine in Frankreich 70.000 Wohnungen ausrauben lassen. Das ist natürlich kompletter Quatsch. Lohse war zum Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg abgeordnet; der Einsatzstab hat über 200 Sammlungen von Juden in Frankreich beschlagnahmt. Diese befanden sich in Häusern, Wohnungen, aber auch in Lagerhäusern oder Bankschliessfächern. Nur rechnerisch werden es also nicht mehr als ca. 150 Wohnungen gewesen sein, in die der E.R.R. eingedrungen ist. Lohse selber war in den Jahren 1942 und 43 im Wechsel mit den anderen Kunsthistorikern des E.R.R. an diesen Beschlagnahmungen beteiligt. Und zwar als Gutachter, der darüber entscheiden musste, was abtransportiert werden sollte.

Die 70.000 Wohnungen jüdischer Besitzer wurden von einer anderen deutschen Behörde ausgeraubt; und zwar von der sogenannten "Dienststelle Westen" des Ostministeriums. Hierbei ging es darum, Möbel und Einrichtungsgegenstände zu beschlagnahmen und ins "Reich" zu verschleppen, zur Ausstattung ausgebombter Familien. Lohse hatte mit dieser sogenannten "Möbel-Aktion" nichts zu tun.

Beide Aktionen sind und bleiben Unrecht; aber die Kirche muss im Dorf bleiben.

Ebenso unhaltbar ist die Behauptung, in Frankreich habe es während der Besatzungszeit keinen freien Kunsthandel gegeben. Das Gegenteil ist der Fall; der freie Kunstmarkt nahm einen gewaltigen Aufschwung; kaum ein französischer Kunsthändler konnte der Versuchung wiederstehen, wie die amerikanischen Ermittler später festhielten, "mit den Teutonen Handel zu treiben". Freiwillig und ohne Druck! Und genau in diesem Rahmen ist Lohses Auftrag für Göring zu sehen - die Vollmacht Görings ist hier im Übrigen auch völlig eindeutig. Es ging um das Aufspüren von interessanten Kunstwerken auf dem freien Kunstmarkt, die dann völlig legal von Göring erworben wurden; der Vollständigkeit halber und weil hier ja ein gewisses Mißtrauen zu bestehen scheint, dass es irgendwie um Weißwaschung ginge: Göring hat selbstverständlich auch geraubte Kunst in seine Sammlung übernommen. Hierfür war allerdings nicht Lohse, sondern Görings Chefkunsthändler Walter Andreas Hofer zuständig.

Problematischer ist, wenn überhaupt, Lohses Verwendung beim E.R.R. zu sehen. Der Chef der amerikanischen Ermittlungseinheit, James S. Plaut, hielt allerdings 1947 dazu fest: „Die offizielle amerikanische Untersuchungseinheit, für die ich zwischen Januar und November 1945 verantwortlich war, hat auf dem Wege des direkten Verhörs und durch umfangreiche Urkunden den untergeordneten und völlig offiziellen Charakter der Rolle Lohses beim Vorgehen des Einsatzstabes Rosenberg festgestellt. Wir waren der Ansicht, dass Dr. Lohse jederzeit in gutem Glauben, auf Befehl und ohne irgendeine Rücksicht auf persönlichen Vorteil oder Profit handelte.“ In dem Zusammenhang ist es eine weitere Legende, Lohse habe dafür fünf oder zehn Jahre bekommen: richtig ist vielmehr, dass Lohse fünf Jahre in Untersuchungshaft festgehalten wurde, weil die Franzosen seine Auslieferung verlangten und ihm schliesslich im August 1950 den Prozess machten: Dass dieser Prozess in Paris mit einem glatten Freispruch endete, macht die Dauer der Untersuchungshaft für sich zu einem Unrecht.

Es würde den Rahmen sprengen, nun noch auf die zahlreichen ungewöhnliches Aspekte in Lohses Leben einzugehen, wie etwa die Rettung verfolgter Juden oder auch sein Einsatz für bedrohte Kulturgüter. Ein weiteres Zitat eines der Ermittler der amerikanischen Einheit, Lane F. Faison, aus einem Brief an Lohse vom 26. September 1946, mag als Beleg dienen, dass es mit einer pauschalen Verurteilung Lohses nicht getan sein kann: "Es war falsch, dass Ihr Wissen und Ihr Können diesen Leuten dienen sollte, aber ich kann in meinem Herzen nicht sagen, dass ich sehr viel besser abgeschnitten hätte, wenn ich in genau den selben Umständen gewesen wäre. Unter den Vielen, die ich 1945 in Deutschland und Österreich verhört habe, gehörten Sie zu den wenigen Anständigen.“

Nix für ungut, Da Ponte

P.S: Lohse ist von daher sicher kein NS-Verbrecher und auch die Bezeichnung "Kunsträuber" ist etwas salopp; angemessener wäre es auch hier präzise zu bleiben und davon zu sprechen, dass er auf Befehl als wissenschaftlicher Mitarbeiter des E.R.R. in Paris am Kunstraub teilgenommen hat.


Antwort an Da Ponte

Meine temperamentvolle Reaktion auf den Angriff von Orik, hat mich zu einer Ungenauigkeit verleitet: es tut mir leid, dass ich mich dabei falsch ausgedrückt habe, was die 70.000 ausgeraubten Wohnungen betrifft, ich wollte eigentlich sagen, dass in Frankreich etwa 70.000 Juden, darunter 30.000 Franzosen deportiert und beraubt wurden. Jedenfalls wurden etwa 70.000 ermordet. Natürlich weiss ich nicht genau wie viele Wohnungen und Kunstwerke Lohse ausgeraubt hat. Ansonsten sind in meinen Texten°°°° keine Fehler. Ich kann Ihre elegante Darstellung von Lohse nicht übernehmen. Er war ein NS-Verbrecher und Kunsträuber.

Quellen

Serge Klarsfeld, Le Calendrier de la persécution des Juifs en France, 1940-1944.°°°°

P.S. Wer hat eigentlich Lohse befohlen zu lügen, dass er das Bild von Frau Fischer nicht besitzt und es jahrelang zu horten, wie jedenfalls in den Medien berichtet wurde?°°°°

An den Anonymus, bitte signieren

Bitte geben geben Sie doch Ihren Wikinamen an, wenn Sie schreiben, oder sind Sie der Eigentümer von Wiki, so daß das Ich erklärlich wäre wäre. Es macht es unheimlich schwer, den Diskussionsstrang zu verfolgen, wenn Beiträger ihre Artikel nicht signieren. Von den schönen Symbolen über Ihnen ( an der Oberkante des Diskussionsfensters im Stadium Bearbeiten) , das zweite von rechts , das ist Ihre Signatur. Sonst stimme ich mit Ihnen ja grundsätzlich überein--Orik 19:37, 23. Dez. 2007 (CET)Beantworten

Da Ponte, 23.12.07, sorry

sorry, sorry, sorry - habe die Literaturangaben aus Versehen mit gelöscht und wieder eingefügt. Ansonsten liegt vor mir eine Kopie des Urteils des "Tribunal Militaire permanent de Paris" vom 3. August 1950; das Original befindet sich im Depot central d'Archives de la Justice Militaire, Le Blanc. Hier heißt es auf Seite 8 und ich erlaube mir, es zur leichteren Lesbarkeit aus dem Französischen zu übersetzen:

"1.) Freigesprochen wird der genannte LOHSE Bruno, Peter und auf Anweisung des Vorsitzenden unter Anwendung der Artikel 93 des Militärgesetzbuches und 3 der Verordnung vom 28. August 1944 in die Freiheit entlassen, wenn er nicht wegen eines anderen Verfahrens einbehalten wird."

Um jedes Mißverständnis auszuschließen; dies war der erste und einzige Prozess gegen Lohse, er wurde am selben Tag aus der Haft entlassen. Ich darf also festhalten: Bruno Lohse wurde NICHT wegen Kunstraubs in Frankreich veurteilt, wie Sie fälschlich behaupten. Sein Verfahren endete mit einem glatten Freispruch.

Nun können wir dieses Spiel natürlich noch ewig weiter fortführen; Sie behaupten irgendeinen Unsinn und ich lege Ihnen die Originalquelle vor, um Ihnen das Gegenteil zu beweisen. Aber Sie werden mir Recht geben, dass es nicht Sinn dieses Forums sein kann, Ihnen hier Nachhilfeunterricht in Sachen Geschichte zu geben. Wenn Sie also glauben, es besser zu wissen, dann soll der Unsinn hier Einzug halten.

Da Ponte


Da Ponte, 24.12.07, „...gehörten Sie zu den wenigen Anständigen.“

Irgendwie ist ja heute das Fest der Liebe, und so hat auch mich für einen Moment ein wenig Milde angeflogen; alles ist bereitet, die Geschenke gepackt, die Familie beschäftigt, draussen kehrt endlich Ruhe ein und so will ich ein letztes Mal, Ihnen, lieber Orik, und Ihnen liebe/r Delfin, versuchen zu erklären, warum es aus meiner Sicht sinnlos ist, auf diesem Niveau weiter zu diskutieren.

Sie, lieber Orik, schreiben, Sie hätten mein Argument „zerpflückt“; damit meinen Sie, wie zuvor schon einmal von Ihnen ausgeführt: „Die Aussagen eines Kriminellen bei einer Untersuchung über seine Taten (s. Ihr Interrogation Report) ist nur sehr selten wahr, sonst würde kein Kriminalfall auf der Welt aufgeklärt werden können.“ Mal ganz abgesehen davon, dass das natürlich eine Binsenweisheit ist, dass ein Verdächtiger oder Beschuldigter (nicht Krimineller), sich kaum selbst belasten wird, offenbart Ihr Argument einmal mehr Ihr Unwissen. Dass ich dazu geschwiegen habe, bedeutet keinesfalls, dass ich dem zugestimmt habe – im Übrigen gilt das Gleiche für die etwas selbstgerechte Ausführungen von Delfin, die/der meinte, in ihren/seinen Texten seien „keine weiteren Fehler“. Dem ist leider nicht so, ohne dass ich im Einzelnen darauf eingehen will. Also zu Ihrem „Argument“, lieber Orik.

Offensichtlich kennen Sie die von mir angegeben Quellen nicht und haben die Quellenangabe auch nicht genau gelesen; sonst wüssten Sie, dass es nicht ein, sondern zwei Interrogation Reports sind. Und zwar Lohses Detailed Interrogation Report [Ausführlicher Vernehmungsbericht] sowie der sogenannte Consolidated Interrogation Report [Zusammengefasster Vernehmungsbericht] über den „Einsatzstab Rosenberg in Frankreich“. Lohses Vernehmungsbericht ist nun allerdings nicht etwa, wie Sie sich das so in Ihren stillen Kämmerlein zusammengereimt haben, ein Protokoll seiner Vernehmung, sondern eine ausführlich von den US-amerikanischen Vernehmern zusammengefasste Darstellung seiner Rolle in Paris. Als Basis hierfür dienten eben nicht nur die Aussagen Lohses, sondern ebenso die von den Ermittlern zusammengetragenen Dokumente des E.R.R., sowie unter anderem auch die Gegenüberstellung mit anderen Verdächtigen. Dass die amerikanischen Offiziere der Art Looting Investigation Unit hierbei ausgesprochen kritisch vorgingen, versteht sich von selbst. Insofern kommt ihrem Urteil über den Wahrheitsgehalt der Aussagen des „verdächtigen“ Lohses ein gewisser Stellengehalt zu; und da heißt es auf Seite 10 des 14-seitigen Reports :

„Lohse wurde über einen längeren Zeitraum vernommen. Die offensichtliche Aufrichtigkeit seiner Aussagen und die Geradlinigkeit seiner Antworten haben seine Vernehmer zu jedem Zeitpunkt wohlwollend beeindruckt. Zu keiner Gelegenheit hat er versucht seine persönliche Verantwortung für Handlungen zu bestreiten, die er unter Befehl als Mitglied des Einsatzstabs Rosenberg begangen hat, noch hat er irgendeine Neigung erkennen lassen die Bedeutung seines Einsatzes für Göring herunter zu spielen. Seine Aussagen in Zusammenhang mit Kollegen und Geschäftspartnern – oftmals im Angesicht der Anklagen, die eben gerade jene Leute gegen ihn erhoben hatten, um die es im Gespräch ging – scheinen wahrheitsgetreu und unvoreingenommen.“

Noch abwegiger ist Ihr Argument in Hinblick auf den Consolidated Interrogation Report über den "Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg". Hierbei handelt es sich um eine ausführliche Darstellung über das Wirken des Einsatzstabs in den besetzten Ländern auf 57 Seiten mit 19 Anlagen auf der Basis der gesamten Ermittlungsergebnisse der Art Looting Investigation Unit. Dieser Report ist ebenso wie zwei weitere über „Die Sammlung Göring“ und über „Linz: Hitlers Museum und Bibliothek“ eine eminent wichtige Quelle und diente in nahezu allen erschienenen Arbeiten über den Kunstraub (auch bei Haase) als Grundlage. Das bedeutet nicht, dass in diesen Reports nicht auch Fehler und Fehleinschätzungen stehen, die von vielen Publizisten auch übernommen wurden – aber nun zu glauben, Sie könnten eine solche Quelle mit einem Satz abtun, zeugt wirklich von einer bemerkenswerten Selbstüberschätzung.

Wissen Sie, lieber Orik, wenn Sie gekommen wären und hätten gesagt, „ja, was steht denn nun da drin, in diesen ominösen Reports“, oder Sie sie vielleicht sogar selber gelesen hätten, (der Consolidated Interrogation Report über den E.R.R. ist fast vollständig im Internet einzusehen), und dann auf der Basis der Quellen argumentiert hätten, dann hätte ich mich wirklich gern mit Ihnen auseinandergesetzt. Was aber bleibt mir so übrig, als Ihnen einmal mehr mühsam den Unsinn hier nachzuweisen, den Sie fortwährend verzapfen. Sehen wir uns in diesem Zusammenhang schließlich noch Ihre letzte Stilblüte an.

Herr oder Frau Delfin wirft in den Raum, mal ein Buch gelesen zu haben, in dem steht, die Akten des Militärgerichts seien auf hundert Jahre gesperrt. So ganz genau weiß er/sie es allerdings nicht mehr, könnte also sein, oder auch nicht. Zumindest impliziert er/sie damit, der von mir zitierte Freispruch Lohses aus dem Urteil des französischen Militärgerichts sei von mir erfunden. Das ist natürlich ein Fall für Orik; statt in das Buch reinzuschauen, zweifeln Sie öffentlich an, dass mir das Dokument vorläge. Das beinhaltet den eigentlich gar nicht mehr lustigen Vorwurf, ich würde mir so was ausdenken, also fälschen, um hier einen vermeintlichen NS-Verbrecher „weiß zu waschen“. Bevor ich so einen schweren Vorwurf ausspreche, würde ich mich etwas gründlicher informieren.

Die Fakten: Das von Delfin zitierte Buch heißt „Fluchtgut – Raubgut“ von Esther Tisa Francini, Anja Heuss und Georg Kreis und ist 2001 in Zürich erschienen. Hier steht lediglich, dass das Depot central d'Archives de la Justice Militaire in Le Blanc ein „nicht öffentlich zugängliches Archiv“ (S. 538) ist, was bedeutet, dass es nicht für jedermann zugänglich ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Akten nicht unter bestimmten Bedingungen eingesehen werden können, was sich alleine daran zeigt, dass die Autoren des o.a. Buches sehr wohl Zugang zu den Prozessakten u.a. von Lohse gehabt haben. (s. S. 32 u. S. 408, Fußnote 408). Also wieder Mal Unsinn verzapft, Orik. Ich halte fest, das Urteil liegt mir in Kopie vor, das Zitat ist authentisch.

Und um auch hier jedes Missverständnis zu vermeiden; der Fall Lohse ist für Außenstehende ausgesprochen unübersichtlich und es wimmelt auch in den meist populärwissenschaftlichen Publikationen nur so von Fehlern. Man liest tatsächlich nahezu überall, „Kunsträuber“, und dann kommt da einer bei Wikipedia daher und sagt „Freispruch“. Da muss Nachfragen erlaubt sein, und es ist richtig und wichtig, wachsam zu sein und zu bleiben. Nur der Ton macht die Musik; wenn Sie anstatt an der Echtheit des Dokuments zu zweifeln, verbunden mit einem schweren Vorwurf, einfach gefragt hätten, wie das eigentlich zusammengeht, oder ob es weitere Belege für den Freispruch Lohses gibt, die leichter nachzuprüfen sind, hätte ich Ihnen gerne geantwortet. Etwa mit dem Hinweis auf die Berichterstattung in der Pariser Presse vom 4. August 1950, die etwas leichter einzusehen ist. Da schreibt etwa „Ce Matin“, „Quant à Bruno Lohse, il a été absous [freigesprochen !] en vertu de l’excuse absolutoire des ordres recus ». Oder Le Monde « … admettant l’excuse pour Lohse, qui se trouve ainsi absous. »

So aber habe ich den Verdacht, dass Sie sich, ähnlich wie Herr oder Frau Delfin, Ihre Meinung längst zurecht gelegt haben und es Ihnen nicht mehr darum geht, Geschichte zu verstehen, sondern aus einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit den Scharfrichter zu geben, der ohne fundiertes Wissen über andere urteilt. Anders kann ich mir etwa die falsche Begrifflichkeit „NS-Verbrecher“ für Lohse wirklich nicht erklären. Ich frage mich, für wen Sie sich wohl halten, wenn Sie glauben, es besser zu wissen, als die hochqualifizierten Ermittler der Art Looting Investigation Unit, die Lohse ein bemerkenswert gutes Zeugnis ausgestellt haben, oder gar die Richter des französischen Militärgerichts, die ausnahmslos Mitglieder der Résistance gewesen waren.

Es geht ja nicht um die Relativierung eines Verbrechens, und wer meine Beiträge hier aufmerksam liest, wird sehen, dass es nicht den Hauch eines Zweifels darüber geben kann, wo ich stehe. Auch bin ich nicht die Stimme „Bruno Lohses“ aus seinem Grab, wie Sie schreiben, Orik, und was ich in der Formulierung wirklich eine makabre Entgleisung von Ihnen finde. Ich bin weder verwandt oder verschwägert mit Lohse; ich habe mich lediglich in den vergangenen sechs Monaten für eine Publikation intensiv wissenschaftlich mit der Thematik auseinandergesetzt und kann daher sicher einiges Hilfreiche zur Debatte beitragen. Dabei geht es nicht um meine Thesen, für die hier sicher nicht der richtige Ort wäre. Es geht um die Fakten.

Gerne schreibe ich Ihnen also auch noch einige Hintergründe zu dem Pissarro; aber sicher nicht mehr auf dem Niveau. Es liegt an Ihnen. Und nun ist Zeit für Weihnachten! :-)

Da Ponte

Da Ponte, 30.12.07, Eine Debatte ohne Ende?

Ich erkenne an, dass Sie, Delfin und Orik, sich die Mühe gemacht haben, Ihre Argumente mit Quellen zu belegen. Gerne will ich darauf antworten, auch wenn ich Ihnen leider wieder nicht zustimmen kann.

Zu. 1.

Jakob Kurz schreibt auf Seite 236 seines Buchs „Kunstraub“: „Als schon ein Teil der Gemälde auf Lastwagen verladen war, erschien Dr. Lohse mit Männern des SD, die mit Waffengewalt einen Abtransport aus dem Chateau Chambon verhinderten“. Diese Aussage ist von Herrn Kurz frei erfunden. Sie findet sich nicht in der von ihm zitierten Quelle „3452-ND, Bestand KV-Ankl.“ aus dem Staatsarchiv Nürnberg. Hierbei handelt es sich um ein Telegramm vom 6. April 1943, in dem der Beauftragte für Hitlers geplantes Museum in Linz in den Niederlanden, Dr. Erhard Göpel, an Martin Bormann über die Hintergründe der Sammlung Schloss berichtet, über die ihn Lohse in Paris informiert hatte – und noch mal ganz deutlich: ein irgendwie gearteter Hinweis auf ein Eingreifen Lohses mit Männern des SD steht da nicht drin!

Noch schlechter sieht es mit der zweiten Quelle aus, die Kurz benennt. Bei „39-NO, KV-Anklage“ aus dem Staatsarchiv Nürnberg handelt es sich um ein Schreiben vom 24. August 1942 an Heinrich Himmler, das sich mit der „Verhinderung der Fortpflanzung Erbuntüchtiger und rassisch Minderwertiger“ befasst; es hat also weder was mit Rosenberg, noch dem E.R.R., noch Lohse zu tun. Da ist Kurz wohl ein Fehler unterlaufen. Nicht der einzige in seinem Buch; die Quellenangaben entsprechen über weite Strecken nicht dem wissenschaftlichen Standard, das Buch enthält zahlreiche Fehleinschätzungen und Fehler.

Lohse war über die Hintergründe der "Sammlung Schloss" informiert, eine aktive Rolle bei ihrer Beschlagnahmungen spielte er nicht. Tatsächlich verantwortlich war in diesem Fall nämlich ausnahmsweise der französische Staat. Die wohl bislang ausführlichste Darstellung der Hintergründe finden Sie bei Hector Feliciano, Das Verlorene Museum, Berlin 1998, S. 95 bis S. 101. Auch hier spielt Lohse keine Rolle. Ebenso wenig etwa in der Dissertation von Anja Heuß, Kunst- und Kulturraub, Frankfurt, 1999, S. 59 f, die über die Hintergründe schreibt:

„Der Erwerb der Schloss-Sammlung stellt den einzigen Erwerb des „Führermuseums Linz“ dar, in dem eine aktive Kollaboration der Vichy-Regierung selbst nachweisbar ist. Die Vichyregierung sorgte nicht nur dafür, dass die bedeutende Kunstsammlung eines jüdischen Staatsbürgers im unbesetzten Frankreich beschlagnahmt und nach Paris überführt wurde, sondern sie bereicherte sich auch noch an dem Verkauf und übernahm den gezahlten Kaufpreis von insgesamt 89,9 Mio ffrs.“

Und in dem Zusammenhang zu Oriks Anmerkung; der Verkauf der beschlagnahmten Sammlung Schloss durch die französischen Behörden an den Louvre (49 Gemälde) und danach die Vertreter von Hitlers geplantem Museum (262 Gemälde) wurde Anfang August 1943 über die Bühne gebracht. 22 übriggebliebene Bilder aus der Sammlung Schloss erhielten der französische Kunsthistoriker Jean Francois Lefranc, der die Sache eingefädelt hatte, und der niederländische Schätzer, Cornelius Postma, wohl als Lohn für ihre Dienste. Diese 22 Gemälde wurden von den beiden auf dem Pariser Kunstmarkt angeboten. Lohse bemühte sich in der Folge, Göring zum Kauf von drei dieser Bilder zu überzeugen. Ohne Erfolg; letztlich wurden dann auch diese Bilder von den Leuten vom „Sonderauftrag Linz“ übernommen. Wo ist denn das bitte ein Indiz für die „Täterschaft“ Lohses, also in dem Fall, der aktiven Teilnahme an der Beschlagnahmung der Sammlung Schloss?

Zu 2.

Auch in seinen Ausführungen über die Dienststelle Westen des Ostministeriums bringt Kurz einiges durcheinander, um diese Art des flotten Journalismus mal vorsichtig zu umschreiben. Entscheidend ist aber, dass der Leiter der neueingerichteten Dienststelle Westen, Kurt von Behr, am 1. Mai 1942, also bereits einen Monat nach der Gründung der „Dienststelle Westen“ von seinem Posten als Leiter des E.R.R. in Paris und des „Sonderstabs Bildende Kunst“ zurücktreten musste. Die Trennung der beiden Dienststellen wurde auch räumlich vollzogen. Von Behr blieb in der Avenue de Jéna, der E.R.R. zog in die Rue Dumont D’Urville um. Der E.R.R. unterstand der Partei, die „Dienststelle Westen“ dem Ostministerium, also einer staatliche Behörde. Brauchbarere Angaben finden Sie hierzu in „Sonderstab Musik“ von Willem de Vries, Köln, 1998, S. 137.

Die staatliche französische „Mission d’étude sur la spoliation des Juifs de France“ hält hierzu in ihrem 2000 herausgegeben Schlussbericht, „Le Pillage de l’art en France pendant l’Occupation“ fest: „Es handelt sich [bei der Dienststelle Westen] um eine andere (distinct) Dienststelle als der E.R.R. , selbst wenn sie von von Behr geleitet wurde, der davor für den E.R.R. verantwortlich gewesen war.“

Trotzdem gab es natürlich enge Verbindungen zum E.R.R., nicht zuletzt in der Personalunion von Alfred Rosenberg und durch die Übernahme von über 3.000 geraubten Kunstwerken der „M-Aktion“ 1943. Nur auf der unteren Funktionsebene gab es eben eine klare Trennung; ich darf Sie daran erinnern, Delfin, dass Sie hier mal die groteske Behauptung aufgestellt haben, Lohse habe in Frankreich 70.000 Wohnungen ausrauben lassen, weswegen ich Sie überhaupt auf die „Dienststelle Westen“ hinweisen musste. Es bleibt also bei meinen weiter oben gemachten Ausführungen; Lohse hatte so oder so nichts mit der „M-Aktion“ zu tun.

Und auch dann nicht, Orik, wenn ihm irgendein Verwaltungsbeamter in sein Pariser Zimmer ein geklautes Bett und einen geklauten Teppich als Wohnungseinrichtung gestellt hat, in dem er einquartiert war. Überlegen Sie doch mal, wie ehrlich das von Lohse war, die amerikanischen Ermittlungsbeamten darauf hinzuweisen. Von selbst hätten die das sicher nicht rausgefunden, weil die Möbel nicht, wie fälschlich in dem von Ihnen zitierten Artikel behauptet, an die Alliierten übergeben wurden, bevor Lohse Paris verließ, sondern zurück an die „Dienststelle Westen“. Und dann erst kam die Befreiung von Paris, und dann die Alliierten. Kleiner Hinweis auf die Qualität des Artikels. Ich halte fest, Lohse erzählte seinen Ermittlern davon, gerade weil er im Gegensatz zu vielen anderen in Paris niemals etwas für sich persönlich eingesteckt hat. Die einzige private Berührung mit geraubtem Gut, wenn man es so nennen will, waren eben die Möbel in dem Zimmer, in dem er schlief. Traurig genug, dass Bloomberg so einen Unsinn veröffentlicht.

Zu 3.

Hier herrscht nun völlige Begriffsverwirrung; ich versuche es Mal Schritt für Schritt zu erklären: Laut Heuss, op. cit., S. 83, erwarb Göring in Frankreich insgesamt 860 Kunstwerke, also mehr als die Hälfte seiner gesamten Sammlung. Heuss schreibt darüber: „Von diesen 860 Kunstwerken wurden 191 Objekte über den deutsch-französischen Kunsthandel angekauft. Erheblich größer war dagegen der Anteil der Objekte, die aus beschlagnahmten jüdischen Besitz stammten. Zwischen 1940 und 1944 erwarb Göring über den ERR mindestens 634 Objekte aus beschlagnahmten jüdischen Eigentum.“ Sicher fällt Ihnen auf, dass Frau Heuss selbst bei den geraubten Kunstwerken von „Erwerb“ spricht; das liegt daran, dass Göring seine Auswahl unter den geraubten Kunstgegenständen traf, diese Gemälde und Antiquitäten dann schätzen ließ, und den Kaufpreis an den E.R.R. entrichtete. Bei diesem Vorgehen können Sie zu Recht von „Scheinlegalität“ sprechen, der Übernahme von geraubter Kunst wird der Anschein der Legalität durch einen vermeintlichen Kauf gegeben.

Die 191 Bilder, die auf dem freien Kunstmarkt erworben worden waren, wurden jedoch legal erworben. Ca. 40 davon waren übrigens von Lohse in Galerien und Auktionshäusern entdeckt worden. Der Kaufpreis wurde dann jeweils aus dem eigens hierfür eingerichteten „Kunstfonds“ Görings entrichtet; der wiederum speiste sich überwiegend aus Spenden der Industrie; einer der großzügigsten Spender war der „Zigarettenkönig“ Philipp Fürchtegott Reemtsma. Diese Informationen finden Sie übrigens alle in dem Detailed Interrogation Report der ALIU über Göring, den ich weiter oben schon mal zitiert habe. Nun könnten Sie wiederum mit Recht einwenden, dass Herr Reemtsma in seinen Fabriken Zwangsarbeiter ausbeutete und sein Geld deswegen blutbefleckt war; da könnte ich Ihnen vermutlich nicht mal widersprechen, nur, was hat Lohse damit zu tun?

Das von Ihnen oder Kurz angeführte Göring-Zitat in Zusammenhang mit den „Bestechungsgeldern etc.“ stammt übrigens vom 21. November 1940, ca. drei Monate, bevor Lohse in Paris überhaupt die Bühne betrat. Das ist aber auch ganz unerheblich, weil es mir weder um Göring noch die „M-Aktion“ geht, sondern nur darum, Lohses Rolle einzuordnen.

Zu 4.

Der von Ihnen angeführte Fall der Brüder Allen und Emanuel Löbl ist durch ein erhaltenes Anschreiben von Lohse an Göring vom 15. Juni 1943 dokumentiert. Es befindet sich in den National Archives, ist aber bei Günther Haase, Die Kunstsammlung des Reichsmarschalls Hermann Göring, Berlin, 2000, auf Seite 64 als Faksimile abgedruckt. Lohse schreibt:

„Ich bitte um eine Anordnung, die besagt, dass ich die Juden Gebrüder L ö b l weiterhin vom SD für meine Ermittlungszwecke zur Verfügung stellen lassen darf.“

Am 22. Juni trug Gisela Limberger, Görings Sekretärin, Lohses Anliegen beim Reichsmarschall vor und übermittelte anschließend dessen Antwort per Telefon nach Paris; der Inhalt ist handschriftlich auf demselben Dokument notiert:

„Lohse soll sehen, dass er das so macht, soll Namen R[eichs] M[arschall] nicht mit Juden in Verbindung bringen! Wenn es geht unter der Hand machen.“

Das zeigt zum einen, dass Göring seinen Kunstberater im Stich ließ, wenn es um die Rettung von Juden geht; zum anderen zeigt es aber auch, welchen Vorwand Lohse gegenüber dem SD benutzte, um verfolgten Juden zu helfen – also in dem Fall konkret, sie vor der Deportation nach Auschwitz zu bewahren. Dafür spricht, dass 1943 nur noch in kleinstem Umfang beschlagnahmt wurde; der größte Teil der Beute des E.R.R. war schon im ersten Jahr angefallen. Es gab also eigentlich gar nichts mehr zu ermitteln.

Entscheidender aber ist: Am 21. Januar 1944 wurde Emanuel Löbl in Paris während einer großen Razzia verhaftet und in das Lager Drancy verschleppt. Nach einem Monat gelang es Lohse, die Entlassung von Löbl zu erwirken. Als Löbl vier Wochen später wieder verhaftet wurde, holte Lohse ihn persönlich aus dem Polizeikommissariat raus.

In einer Zeit, in der die Einlieferung nach Drancy der „Deportation nach Auschwitz gleich [kam]“, wie Serge Klarsfeld in seiner Arbeit, „Vichy Auschwitz“, Hamburg, 1989, schreibt, ist dieser Einsatz Lohses ein ungewöhnliches Zeugnis von Zivilcourage. Beide Löbls haben den Krieg überlebt; mindestens einer der Brüder verdankt Lohse wie einige andere verfolgte Menschen sein Leben.

Ach ja, was ich vielleicht noch anmerken sollte. Lohse war im Januar 1944 auf eigenen Wunsch aus dem E.R.R. entlassen worden. Es gab also nun definitiv nichts mehr zu ermitteln für ihn. Ich hoffe Ihnen ist irgendwo bewusst, wie unendlich selten ein solches Verhalten unter den Deutschen in dieser Zeit war...

Zur Quellenlage für diesen Fall möchte ich kurz anführen, dass ich den Einsatz Lohses für Verfolgte besonders genau überprüft habe, weil ich davon ausgehen musste, dass es sich hierbei um ein Alibi handeln könnte. Tatsächlich ließen sich seine Aussagen aber vollständig belegen. Insgesamt liegen mir hierzu 36 verschiedene Quellen vor, die ich aus verständlichen Gründen nicht alle hier angeben kann. Ich will es bei der Nennung von drei wichtigen belassen, die sich auf die zweimalige Rettung Emanuel Löbls 1944 beziehen; Report for G-5, Seventh Army, Dr. Bruno Lohse, Füssen, 4.6.1945, R 90, M 1944, NARA, Washington. Fleischer Walter, Eidesstattliche Erklärung, Reisbach, 20.3.1948, im Nachlass Lohse, Kopie im Bes. des Verf.. Quittung, Emanuel Löbl, Camp de Drancy, 22.1.1944, CF 66 12, Archives Du Centre de Documentation Juive Contemporaine, Paris.

Zu 5.

Sie haben Recht, darauf hinzuweisen, dass die Urteile der sogenannten Spruchkammerverfahren im Zuge der sogenannten Entnazifizierung in vielen Fällen zu milde waren. Bei den von mir hier zitierten Quellen handelt es sich aber nicht um Aussagen aus einem Spruchkammerverfahren gegen Lohse, sondern um die Einschätzung amerikanischer Offiziere der Art Looting Investigation Unit des US-Geheimdienstes OSS sowie französischer Richter in einem Prozess 1950 vor dem Militärgericht in Paris. Das können Sie nicht in einen Topf werfen; den Aussagen kommt sogar höchste Plausibilität zu und es gibt überhaupt keinen Grund, das anzuzweifeln. Im Übrigen war es nicht der Leiter der Einheit, James S. Plaut, sondern Lane F. Faison, der Lohse für einen der „wenigen Anständigen“ hielt, die er als Vernehmer 1945 kennen gelernt hat.

Soweit ein letztes Mal; lieber Orik, ich bitte meine anfängliche Emotionalität hier ausdrücklich zu entschuldigen, aber ich war so neu wie Sie hier, und daher etwas überfordert mit Ihren Einwürfen. Auf der anderen Seite hat es mir sogar gut getan, meine Argumente noch einmal genau zu prüfen und mich mit Ihnen und Delfin hier auseinander zu setzen. Trotzdem denke ich, dass jede weitere Erörterung den Rahmen sprengen würde und mich darüber hinaus einfach auch zu viel Zeit kostet. Ich hatte mir von Anfang an vorgenommen, den Artikel über Lohse zu bearbeiten. Das habe ich jetzt noch gemacht. Wenn Sie das nun aus Ihrer Sicht ergänzen oder umschreiben wollen, kann ich es nicht wirklich verhindern. Bei falschen Behauptungen werde ich mir erlauben, sie auch weiterhin zu widerlegen.

Da Ponte


Anmerkung zu Änderung von Yikrazuul

Sinnwidrige Ergänzung

Sie haben eine Textstelle sinnwidrig ergänzt. Im Absatz Paris wird die milde Behandlung von Bruno Lohse durch die Amerikaner in München geschildert. Das gehört in den Absatz Lohse bei den Amerikanern. Aber mir scheint, sie wollten dort dem Negativum der Verurteilung von Lohse durch Erwähnung der positiven Haltung der Amerikaner entgegenwirken. Nun zur Quellenangabe für Ihre Behauptung

an Orik von Delfin,

Zu Punkt 5. Freispruch von Lohse vom Militärgericht in Paris und Bemerkungen von . Faison zu dessen "Anstand".

Vielleicht könnten Sie dieses Zitat aus der Literatur von Petropoulos in einer Fußnote oder Ihren Text einfügen,

Ich schreibe den Passus für Sie ab:

..."Theodore Rousseau, who returned to the Metropolitan Museum of Art as a curator of paintings, dropped a note to former colleague S. Lane Faison in November 1948, where he talked about Haberstock´s efforts to get off the hook. Rousseau added, "This may amuse you. It makes me all the more angry when I think of the wretched Lohse (who was one of the few in prison). According to the latest news, even (Gustav) Rochlitz (a German dealer involved with the Err) is out and doing business!"(He had a gallery on the Boulevard Montparnasse in Paris)"...

...Even though Rousseau, Faison, Plaut and the others in the ALIU performed a remarkable service in documenting the activities of the art dealers who collaborated with the Nazis and even though they recommended in forceful terms that these dealers face criminal charges and be barred from the profession, they were ultimately unsuccessful in preventing the dealers rehabilbitation...."..

Quelle: Petropoulos 2000, S. 109

Was das Dokument von da Ponte anbetrifft worauf er besteht sollte dringend ein Jurist von Wikipedia die Angelegenheit überprüfen. Meine Angaben sind hier nur noch für Ihren Aufsatz gemeint und alle belegbar.Sie haben ja auch gemerkt, dass ich nur noch an Sie schreibe. Wenn da Ponte meint, dass er die gesamte Literatur über Raubkunst nun widerlegen kann - und dies wie sich herausgestellt hat mit den gröbsten Fehlern - sollte er nicht Wikipedia und uns damit überfordern, sondern seine Facharbeit erstmal publizieren. Es gibt in Deutschland ein Gesetz, dass das "Billigen, Verharmlosen und Leugnen der Nationalsozialistischen Gewalt" verboten ist. Falls er dagegen verstösst oder Recht bekommt werden dann die entsprechenden Fachkräfte entscheiden. mit freundlichen Gruß Delfin°°°°

Für alle : Welche Quellen sind erlaubt und welche nicht

hier der Hinweis, welche Quellen man bei Wikipedia verwendet und welche nicht, unter dem Link
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Theoriefindung



An Orik von Delfin

Anbei noch eine Quelle im Internet zu Lohse, die zur allgemeinen weiteren Aufklärung über Lohse vielleicht hilfreich ist.

Collection Schloss - Archives et patrimoine [France-diplomatie]- [ Diese Seite übersetzen ]The Schloss collection left for Munich on November 27, 1943. It seems, however, that a few paintings surfaced after this date. Intrigued, Rose Valland notes ...


Alles beste weiterhin von Delfin

An Orik von Delfin

Um die von mir angegebene Quelle zu bekommen: Google eintippen: collection schloss valland.

Das Friedensangebot finde ich die beste Lösung und es würde mich freuen, wenn der Plan klappt. Ich hoffe ich enttäusche Sie jetzt nicht, wenn ich mich nicht direkt beteiligen kann, da es mir zeitlich im Moment nicht möglich ist. Ich werde aber immer wieder gerne einen Blick auf die Diskussionsseite werfen und wenn - ich aus dem Stegreif in diesem Fall - dazu beitragen kann, tue ich es gerne. Sie haben sich ja sehr vertieft und das ist alles sehr interessant und bewundernswert und ich bin sicher, dass Sie in Wikipedia noch viele Artikel, die keineswegs schlecht sind, aber gewiss unabsichtlich nicht ganz neutral, noch aufbessern können. Es muss leider noch Vieles bei der sogenannten "Aufarbeitung" reifen und es geht nur mit Ausdauer, gegenseitigen Verständnis und Geduld und das ist für Sie ja kein Problem. Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Beste und das sich bald ein gutes Team bildet.

Delfin.