Fundplatz Markkleeberg

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Der Fundplatz Markkleeberg gehört zu den bedeutendsten paläolithischen Fundplätzen in Mitteldeutschland.

Die archäologische Bedeutung von Markkleeberg

An der Nordböschung des Tagebaus Espenhain wurden zwischen 1999 und 2001 Ausgrabungen des sächsischen Landesamtes für Archäologie durchgeführt. Hier, direkt am Ufer des zukünftigen Markkleeberger Sees, liegt in den oberflächennahen Sanden und Kiesen, der altsteinzeitliche Fundplatz Markkleeberg verborgen. Dieses archäologische Denkmal ist mehr als eine bemerkenswerte mitteldeutsche Freilandstation des Urmenschen. Seine herausragende Bedeutung wird durch mehrere Kennzeichen sichtbar

  • Markkleeberg das älteste archäologische Denkmal des Freistaates Sachsen.
  • Hier liegt der früheste Nachweis der Befähigung des Menschen zur Siedlungsnahme der eiszeitlichen Kältesteppe vor.
  • Erstmalig wird ein neuer technologischer Entwicklungsstand in der kulturellen Evolution sichtbar. Die Herstellung von Steinartefakten aus Feuersteinknollen nach vorausplanenden Zerlegungskonzepten (Levalloistechnologie).
  • Für die Forschungsgeschichte der urgeschichtlichen Archäologie im Speziellen und der Eis-zeitforschung im Allgemeinen hat Markkleeberg einen fundamentalen Stellenwert. Hier entzündete und verbreitete sich ein Disput zur Aussagefähigkeit von technologischem Entwicklungsstand des Urmenschen und seiner kulturellen Zuordnung gegenüber einer absolutchronologischen Altersstellung und der geostratigraphischen Einordnung.

Die Bedeutung, die dieser Fundplatz erfahren hat und auch die zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen, die mit ihm zu verknüpfen sind, stehen in einem krassen Gegensatz zu dem was wir tatsächlich über diesen Fundplatz und seine ehemaligen Bewohner wissen. Dies ist teilweise durch die Forschungsgeschichte zu begründen. Viele uns heute interessierenden Fragen und Methoden wurden damals noch nicht diskutiert. Später ließ der Tagebaubetrieb keine angemessenen Untersuchungen zu. Erst jetzt können wir durch die genaue Dokumentation der menschlichen Hinterlassenschaften und des Sedimentes in dem sie eingebettet sind, dem Urmenschen von Markkleeberg und seiner Lebenswelt gerecht werden.

Forschungsgeschichte

Der Fundplatz Markkleeberg wurde 1895 von dem Landesgeologen Franz Etzold entdeckt. Er fand in einer der Kiesgruben in Markkleeberg-Ost Steinartefakte (Kiesgrube c), machte seine Entdeckung allerdings nicht publik. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts suchte Karl Hermann Jacob (Jacob-Friesen) die Kiesgruben auf. Hugo Obermaier, Mitbegründer der europäischen Altsteinzeitforschung, hatte ihn beauftragt „Eolithen“ zu sammeln. Sein Anliegen basierte auf der damals geführten Diskussion um den Gegenbeweis einer besonders frühen Besiedlung Europas. Eolithen sind natürlich entstandene Gesteinsbruchstücke, die zwar Ähnlichkeiten mit den vom Menschen hergestellten Artefakten haben, aber keine sind. Karl Hermann Jacob schickte nun die von ihm gesammelten Objekte an Hugo Obermaier und der erkannte zu seiner größten Verwunderung, dass es sich nicht um Eolithen, sondern tatsächlich um vom Menschen hergestellte Artefakte handelte.

Es folgte eine ausgiebige Sammeltätigkeit, insbesondere die Grube d war sehr fundreich. Tausende von Feuersteinartefakten wurden gefunden und sind heute im Bestand vieler Museen und Sammlungen aufgegangen. Karl Hermann Jacob publizierte zusammen mit Carl Gäbert, der die geostratigraphische Zuordnung vornahm, seine Funde (Jacob, K.H. u. Gäbert, C. 1914). Die noch junge Altsteinzeitforschung geriet in Verlegenheit. In Frankreich, dem Mutterland der Altsteinzeitforschung, hatte man ein Chronologieschema entwickelt. Den in unterschiedliche Inventare zu gruppierenden Steinartefakten des Urmenschen wurden dabei zeitliche Eckwerte zuordnet. Markkleeberg passte in das Schema nicht hinein. Die Artefakte erschienen gegenüber ihrer geostratigraphischen Fundlage viel zu fortschrittlich. Die Überlegung, dass Klingen, präparierte Levalloiskerne und Moustérienspitzen (Schaber) älter als das Eem (128.000 Jahre), die letzte Warmzeit, sein sollten, sorgten im Fach für Unruhe. Dadurch, dass Gäbert jedoch die Saalegrundmoräne über der Fundschicht lokalisierte, war eine Mindestdatierung in die vorletzte Eiszeit vorgegeben (> 130.000 Jahre). Die Artefakte wurden von den Fachleuten den unterschiedlichsten Kulturen zugeordnet, manchmal von gleichen Personen innerhalb weniger Jahre. Im Rahmen seiner geologischen Forschungen zum Quartär Mitteldeutschlands hatte der archäologische Fundplatz Markkleeberg für den Geologen Rudolf Grahmann eine zentrale Bedeutung. Grahmann machte in den fünfziger Jahren noch einmal deutlich, was viele Archäologen bezweifelten. Das saalezeitliche Alter von Markkleeberg (Grahmann, R. 1955). In der Nachfolge von Grahmann war es dann Lothar Eissmann, der immer wieder auf das Vorrecht der geostratigraphischen Einordnung gegenüber einer kulturellen archäologischen Datierung pochte.

Erst nachdem Alain Tuffreau in Frankreich und Gerhard Bosinski in Deutschland in den siebziger und achtziger Jahren an Fundplätzen wie Biache St. Vaast oder Rheindahlen nachweisen konnten, dass ein Mittelpaläolithikum mit mousteroiden Werkzeugen älter als das Eem sein konnte, begann man das Inventar von Markkleeberg zu verstehen.

Während des Tagebaus bot sich die einmalige Möglichkeit, den Fundplatz in seiner gesamten Ausdehnung und in seiner Vielfalt an Fundlagen und Konzentrationen zu untersuchen. Diese Möglichkeit wurde jedoch aus wirtschaftspolitischen Gründen nicht wahrgenommen. Der Fundplatz fiel weitgehend dem Tagebau zum Opfer. Wilfried Baumann und verschiedene Sammler konnten zwar einige Artefakte bergen, auch konnte Dietrich Mania eine Notgrabung durchführen, doch eine auch nur annähernd fachgerechte Dokumentation fand nicht statt.

Während die vorwiegend von Grubenarbeitern gesammelten Steinartefakte eine gezielte Auswahl leicht zu erkennender besonderer Artefakte wie beispielsweise Klingen oder auch mal ein Faustkeil waren, brachten die Untersuchungen von Baumann und Mania weitere Informationen. Jetzt konnten auch Präparationsabschläge und Rohfabrikate archiviert werden. Im Gegensatz zu Grahmann, der hier Aktivitäten des Menschen in Zusammenhang mit der Jagd auf wandernde Tierherden sah, stellten Mania, Baumann und Eissmann eine Verbindung zur Rohmaterialversorgung mit Feuerstein her (Baumann, W. u. Mania, D. 1983).

Die Fundlage der Stücke konnte beobachtet aber nicht dokumentiert werden. Die jetzt geborgenen, wieder Tausende zählenden Artefakte, ermöglichten neue Untersuchungen und neue Interpretationen. Thomas Weber hatte eine enorm aufwendige merkmalsanalytisches Aufnahmesystem von Steinartefakten entwickelt. Er und Dieter Schäfer glaubten (und glauben auch heute noch), damit archäologische Inventare datieren zu können. Aufgrund von Messergebnissen zur Morphologie der Artefakte kamen sie zu dem Resultat, dass Markkleeberg ein Jungacheuléen und saalezeitlich sei. Weiterhin wiesen sie darauf hin, dass die Klingenkomponente ein Resultat gezielter Sammlertätigkeit sei und hier keinesfalls eine gezielte Klingenproduktion stattgefunden habe.

Eine klare Beschreibung des Fundplatzes und die noch folgenden Analysen werden erst durch die derzeitigen Ausgrabungen des Landesamtes für Archäologie möglich. Jetzt ist die Fundlage der einzelnen Objekte dokumentiert. Erst jetzt werden auch kleinste Artefakte, die Absplisse der Kernzerlegung oder Werkzeugmodifikation erkannt. Auch die geostratigraphische Lage des Fundplatzes während der Vereisungszyklen von Elster und Saaleeiszeit werden dokumentiert, genauso wie die Sedimentationsbedingungen an Fluss und Ufer während der Aufenthalte der Urmenschen. Während Markkleeberg bisher als ein geographisch und zeitlich zusammengehörender Fundplatz beurteilt worden ist, zeigen die neuen Untersuchungen, dass dies nicht so ist. Es sind mehrere unterschiedliche Aktivitäten dokumentiert, die auch zeitlich deutlich zu trennen sind.

Die von Karl Hermann Jacob gesammelten Artefakte seiner oberen Fundschicht sind wahrscheinlich mehr als 100.000 Jahre jünger als diejenigen, der von uns bevorzugt ergrabenen, der Hauptfundschicht. Die bisherigen Analysen der Steinartefakte, ihre kulturelle Zuordnung und der Versuch einer Datierung sind nunmehr nach den Untersuchungen von Joachim Schäfer (Berlin), Thomas Laurat (Jena) und Jan F. Kegler (Köln) zu relativieren.

Erste Ergebnisse belegen, dass der erneute Versuch von Thomas Weber und Dieter Schäfer Markkleeberg anhand von Steinartefakten zu datieren, sehr fragwürdig ist. Ihre zeitliche Einordnung ist durchaus richtig. Richtig erkannt ist auch das bevorzugte Sammeln von Klingen. Falsch ist der Datierungsversuch mittelpaläolithischer Artefakte aufgrund der Größe und Morphologie der Fundstücke. Falsch ist auch die Erklärung, dass keine Klingenproduktion stattgefunden habe. Die Eiszeitarchäologie ist eine globale Wissenschaft. Die „Kulturen“ des Mittelpaläolithikums sind vielfältig, Innovationen werden früh fassbar und anscheinend wieder vergessen, eine technologische Entwicklung ist für 200.000 Jahre in keine zeitliche Abfolge zu bringen. Heute wissen wir, dass der Urmensch des Mittelpaläolithikums differenzierte Handlungen entsprechend seinen jeweiligen geplanten Zielen durchführte. Dies spiegelt sich in seinem Artefaktinventar. Dort, wo er sein Rohmaterial suchte, dort wo er es zu Kernen präparierte, dort wo er daraus Werkzeuge herstellte und dort, wo er seine Jagdbeute zerlegte, hat er unterschiedliche Artefakte hinterlassen. Klingen mögen gegenüber einfachen Artefakten bevorzugt von Laien gesammelt worden sein, doch ändert dies nichts an der Tatsache, dass sie zunächst einmal hergestellt worden sein müssen. Dies alles ist für den Archäologen heute erkennbar, auch wenn er im Gegensatz zu den Befunden des nachfolgenden modernen Steinzeitmenschen des Jungpaläolithikums vieles noch nicht versteht.

Die Ausgrabungen

Von den Sanierungsmaßnahmen an der nördlichen Böschung des Tagebaus Espenhain ist eine Region betroffen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu den bekannten archäologischen Altfunden, insbesondere der Kiesgrube d liegt. Sicherheiten, dass hier ebenfalls mit archäologischen Fundschichten zu rechnen sei, gab es zu Beginn der Untersuchungen nicht. Vielmehr äußerten sich die mit der Situation vertrauten Wissenschaftler eher skeptisch. Die im Sommer 1999 durchgeführten Voruntersuchungen führten dann sehr bald zu der Erkenntnis, dass durchaus Fundschichtsedimente vorhanden sind. Auch erste Steinartefakte konnten in zwei Suchschnitten entdeckt. Dies war dann hinreichender Anlass im Jahr 2000 mit Ausgrabungen zu beginnen. Das Grabungsareal ist durch die Bereiche der Tagebausanierung vorgegeben. Auch die Tiefe, bis zu der die Archäologen vordringen dürfen, ist abhängig von den für die Sanierung vorgesehenen Böschungsgestaltung. Dies hat zur Folge, dass einerseits Sanierungsmaßnahmen und archäologische Untersuchungen in symbiotischer Weise zusammenarbeiten können, andererseits stehen interessante Bereiche nicht für Ausgrabungen zur Verfügung, da diese archäologischen Denkmäler keiner Zerstörung ausgesetzt sind.

Zunächst wurden verschiedene Geoschnitte in nordsüdlicher Ausdehnung angelegt, die der lokalen Eingrenzung der Hauptterrasse und damit der Fundbereiche dienten. Weiterhin dienten sie der Klärung der geostratigraphischen Abfolge und Morphologie eiszeitlicher Sedimente. Zu Beginn der elsterzeitlichen Vereisung entstand als Stauseeablagerung der Leipzig-Delitzer Bänderton über frühpleistozänen Sedimenten. Darüber liegen elster- und saalezeitliche Grundmoränen als Ablagerungen der Gletschervorstöße. Zwischen den Grundmoränen sind Bändertone, Sande und Kiese aus Vorstoß und Rückzugsphasen der Gletscher eingeschaltet. Schließlich folgen Sandlösse als Indikatoren der letzten Eiszeit, der Weichselvereisung. Wichtigstes Untersuchungsziel war die Einordnung der Pleiße-Hauptterrasse zwischen den Grundmoränen: der Elster im Liegenden und der der Saale im Hangenden.

Die feinstratigraphische Gliederung der Hauptterrasse ermöglicht eine detaillierte Kenntnis der Sedimentationsbedingungen, der Entwicklung des Flusssystems bis zu seiner Verlandung. Überraschend war die Entdeckung einer direkt unter der Saalegrundmoräne liegenden Fundkonzentration, die sowohl zeitlich als auch landschaftlich deutliche Unterschiede zur Hauptfundschicht an der Basis des Hauptterrassenkörpers zeigte. Die Artefakte dieser obersten und jüngsten Fundschicht erinnern sehr an die Stücke, die Karl Hermann Jacob seiner obersten Fundschicht aus der Kiesgrube d zuordnete.

Für die eigentlichen archäologischen Ausgrabungen wurden Flächen parallel der früheren Tagebauwand angelegt. Von dieser Grenze aus wurden einige wenige Meter in den Hang hinein Schnitte angelegt und die Flächen quadratmeterweise ausgegraben. Die dabei entstehenden Profilzüge ermöglichen Untersuchungen zur Sedimentation und Fundlage der Steinartefakte und Knochen (Abb. 3 und 4). Die Ausgrabungen wurden in Schichten von jeweils 10 cm Mächtigkeit durchgeführt. Das abgetragene Sediment wurde gesiebt und alle Feuersteine, die ja potentielle Artefakte sind, wurden verwahrt. Von spezialisierten Fachleuten wurden danach die vom Urmenschen hergestellten von natürlichen, im Fluss abgerollten, oder durch Frostbruch zersprengten Stücke aussortiert.

Die Basis der Hauptterrasse wird durch eine Steinsohle gebildet, die als Abschwemmungsrückstand der ehemaligen Elstergrundmoräne zu bewerten ist. Während feinere Sedimente weggeschwemmt worden sind, haben die größeren Bestandteile, Gerölle und Blöcke bis zur Größe von Findlingen eine mehr oder weniger dichte Lage an der Basis des erst später aufschotternden Flusses gebildet. Hauptbestandteil dieser Steinsohle ist Feuerstein. Die meisten Steinartefakte stammen aus dieser Steinsohle, der untersten Hauptfundschicht. Die Menschen waren ebenfalls in dieser „Flussniederung“ bevor größerer Wassertransport zur Aufschotterung der Terrasse führte.

Der überwiegende Teil scharfkantiger Artefakte und die Lage der Fundstücke (siehe erste Befundinterpretationen) sprechen gegen Umlagerungen innerhalb des Flusssystems. In den hangenden Schottern wurden jedoch auch sporadisch Artefakte gefunden. Diese sind meist abgerollt, d.h. anderen Ortes in den Fluss gelangt und zufällig zur Ablagerung gelangt. Sie werden zusammenfassend einer mittleren Fundschicht zugeordnet. Diese Stücke sind für die Rekonstruktion von Verhalten und Handlungsabläufen der Urmenschen ungeeignet und deshalb von geringerer Bedeutung. Während die überwiegende Zahl der aus den Sammlungen bekannten Steinartefakte ebenfalls abgerollt ist, sind sie bei den neuen Ausgrabungen eine deutliche Minderheit. Durch die Neuuntersuchungen ist offensichtlich ein Fundareal angeschnitten, dass durch bessere Fundumstände zu kennzeichnen ist, als viele der früher gesammelten Artefakte. Bisher wurden etwas mehr als 300 m² detailliert ausgegraben. Die Mächtigkeit der gegrabenen Schichten liegt zwischen ein und zwei Metern. Insgesamt wurden hier 577 Artefakte geborgen. Die durchschnittliche Dichte liegt somit bei knapp zwei Artefakten pro m². Die Artefakte lassen sich zahlenmäßig in 483 Abschläge der Kernpräparation, 45 Zielabschläge, 40 Kerne und 9 Geräte unterteilen. Prinzipiell sind alle bei der Zurichtung von Rohknollen zu Kernen, der Präparation dieser Kerne und ihrer Zerlegung in Abschläge anfallenden Produkte zu finden. Die Kerne sind vorwiegend nach der Levalloistechnologie präpariert worden. D.h. es sind genaue, vorausplanende Berechnungen zur Reihenfolge und Wirkung der Zerlegung angestellt worden. Dieses Prinzip ist zeitlich gesehen in Markkleeberg erstmals konsequent durchgeführt worden.

Aufgrund der technologischen Merkmale könnte das Inventar der "Kultur" des Moustérien zugeschrieben werden. Unter den von W. Baumann und D. Mania während des Tagebaus geborgenen Stücken der Steinsohle waren auch einige Faustkeile. Deshalb wäre auch eine Zuordnung zum Jungacheulien möglich. Heute ist man geteilter Meinung über die Stichhaltigkeit derartiger kultureller Klassifikationen. Daher sollte das Inventar unter dem allgemeineren Begriff als ein Mittelpaläolithikum bezeichnet werden.

Die Verteilung der Artefakte im Untersuchungsareal, Konzentrationen gegenüber einer lockeren Streuung, legen nahe, dass die Nutzung des Flussbettes mit seinen Ufern nicht mit nur einer speziellen Aktivität des Urmenschen in Verbindung zu bringen ist. Hier sind offensichtlich Überlagerungen dokumentiert, die noch nicht einmal in Zusammenhang stehen müssen. Spezielle Handlungen im Uferbereich liegen neben einer großräumige Nutzung des gesamten Areals. Die früheren alternativen Interpretationen als Jagdplatz, Lager oder Werkstatt verlieren ihre Grundlage. In den Niederlanden, in Maastricht Belvedere, einem mittelpaläolithischen Fundplatz der nur wenig jünger als Markkleeberg ist und ebenfalls am Flussufer liegt, konnte Wil Roebroeks dichte Konzentrationen von Kernzerlegungswerkstätten vor dem „Hintergrundrauschen“ locker gestreuter Artefakte, die aus anderen Regionen herbeigeschafft worden waren, erkennen. Im Vulkankrater des Schweinskopf-Karmelenberg bei Koblenz wurden Artefakte gefunden, die über 100 km transportiert worden sind. Untersuchungen in Tadschikistan belegen, dass der Urmensch sich bevorzugt in bestimmten Landschaftsformationen bewegte, zu denen insbesondere Uferregionen gehören.

Was der Urmensch von Markkleeberg nun im einzelnen alles tat, wird sicherlich nicht herauszufinden sein. Einige Handlungsabläufe dürften bei den fortlaufenden Auswertungsarbeiten aber zu erkennen sein. Sicherlich spielt die Versorgung mit dem Rohstoff Feuerstein eine besondere Rolle, aber der alleinige Grund wird es wohl nicht gewesen sein. Nachfolgend soll eine der Grabungsflächen noch einmal genauer betrachtet werden.

Erste Befundinterpretationen

Genaue Ergebnisse der Ausgrabungen sind erst nach verschiedenen Analysenverfahren zu gewinnen. Dabei werden die archäologischen Objekte nach bestimmten Merkmalen sowie ihrer Fundlage im umgebenden Sediment untersucht. Von dem am östlichen Randbereich des Grabungsareals gelegenen Schnitt 32 können bereits einige Resultate kurz vorgestellt werden. Diese Fläche liegt im Uferbereich des ehemaligen Fluss- bzw. Rinnensystems der Pleiße. Die fluviatilen Sedimente gehen östlich in vom Hang herabgespülte deluviale Sedimente über. Die an der Basis der fluviatilen Sedimente gelegene Hauptfundschicht „Steinsohle“ steigt an und löst sich in den Hangsedimenten auf. Genau in diesem Übergangsbereich von etwa jeweils zwei Metern Ufersediment, Übergangsfazies und Flussablagerungen liegen die Steinartefakte konzentriert. Hier liegt eine Aktivitätszone vor. Die Konzentration bildet darüber hinaus verschiedene Muster die sich aufschlüsseln lassen und Handlungsvorgänge der Urmenschen rekonstruierbar machen. Die abgerollten Artefakte bilden im Gegensatz zu den scharfkantigen keine Konzentration. Sie stehen in keinem Zusammenhang mit diesen und sind durch sekundäre Verlagerung „zufällig“ sedimentiert worden. Die grau patinierten Artefakte liegen im Gegensatz zu den rostbraunen im äußersten Nordosten. Beide Konzentrationen schließen sich aus. Hier wird durch die Farbe der Steine noch einmal der geologische Befund bestätigt. Die grauen liegen am oberen, trockenen Uferbereich, die rostbraunen sind im schwankenden Grundwasserbereich durch Eisen und Manganausfällungen verfärbt worden. Besonders aufschlussreich ist hier die Lage der Kerne (und Knollenabschläge) gegenüber den anderen Steinartefakten. Die Kerne liegen außerhalb der dichten Konzentration aber um diese herum gruppiert. Die Kerne, von denen ja Abschläge und Klingen abgetrennt worden sind, wurden offensichtlich aus der Konzentration entfernt, d.h. weggeworfen, nachdem man sie nicht mehr benötigte. Zielabschläge, die das eigentliche Resultat der gesamten Kernzerlegung sind, verblieben jedoch in der Konzentration. Man hat sie offensichtlich nicht benötigt und andere, vielleicht bessere Stücke entnommen und mitgenommen. Generelle Verlagerungen möchte der Ausgräber Laurat ausschließen, denn Größensortierungen, beispielsweise durch fließendes Wasser, sind nicht zu beobachten. Dieser Werkplatz spiegelt jedoch nicht alle Prozesse der Kernzerlegung bzw. Artefaktherstellung wider. Man hätte sonst viel mehr Steinartefakte, insbesondere kleinere Absplisse finden müssen. Für weitere Schlussfolgerungen sind noch weitere Analysen durchzuführen. Derzeit deuten sich zwei weiterreichende Spuren an, die es gilt, noch weiter zu verfolgen:

  • 1. Wir befinden uns in der Peripherie eines intensiv genutzten Schlagplatzes, in dessen Zentrum gröbere Entrindungsarbeiten und Zurichtungen der Kerne stattgefunden haben. An der diskutierten Stelle hingegen ist ein Herstellungsabschnitt eines bereits fortgeschrittenen Stadiums dokumentiert, die feinere Präparation der Kerne und die Produktion der Zielabschläge.
  • 2. Der Befund hat nur einen mittelbaren Bezug zu einem Werkplatz, vielmehr sind hier Aktivitäten dokumentiert die im Zusammenhang mit Nahrungsbereitung oder Lagergestaltung zu bringen sind. Aufgrund schlechter Erhaltungsumstände für organische Materialien dürften diese allerdings weitgehend zerstört sein. Einige wenige, schlecht erhaltene Tierknochen wie beispielsweise eine Nashornrippe liegen mit den Steinartefakten vergesellschaftet. Es ist denkbar, dass es sich dabei um die Reste einer üppigen Mahlzeit handelte.

Klima und Umwelt

Die Steinsohle stand bereits unter sehr kaltem Klimaeinfluss bevor die Menschen kamen und hier ihre Artefakte fertigten. Zahlreiche Feuersteinknollen sind durch Frosteinwirkungen zersprengt oder gerissen. Die Steinsohle lag wahrscheinlich offen im Dauerfrostboden. Auch die über der Steinsohle liegenden Kiese und bis zur Saalegrundmoräne reichenden Schwemmsande wurden wiederholt durch Permafrost beeinflusst, wie Bodenveränderungen wie Eiskeilpseudomorphosen und Kryoturbationen anzeigen. Insgesamt ist die Hauptterrasse also wiederholt extrem kaltzeitlichen Witterungen ausgesetzt gewesen. Nördlich von Leipzig (im Tagebau Delitzsch und Breitenfeld), ebenfalls in der saalezeitlichen Hauptterrasse, wurden zahlreiche Eichenstämme entdeckt. Sie sind Hinweise auf eine Warmzeit. Dies bedeutet, dass zumindest ein Interglazial im Kies- und Sandkomplex der Hauptterrasse versteckt ist. Das kaltzeitliche Klima spiegelt sich auch in den aus der Steinsohle und den Flusskiesen geborgenen Knochenfunden, der potentiellen Jagdbeute der damaligen Menschen, wider. Die neuen Funde wie Steppenmammut, Wollnashorn und Pferd sowie die bekannten Altfunde waren Tiere der kaltzeitlichen Steppe. Diese ist nur teilweise mit der heutigen Tundra zu vergleichen. Auch zur heutigen Savanne gibt es Unterschiede. Die kaltzeitliche Mammut- oder Lößsteppe war kalt-trocken, kontinental geprägt, mit größeren Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sowie Sommer und Winter. Dieses Biotop ist aber durch eine enorme Tragfähigkeit zu charakterisieren. Ausgedehnte Gras und Strauchlandschaften ermöglichten die Ernährung großer Tierherden. Diese wiederum waren Jagdbeute der Urmenschen. Das unwirtliche Klima hinderte den Urmenschen nicht an einer Besiedlung dieses Raumes. Für ihn war allein die Verfügbarkeit reicher Nahrungsressourcen ausschlaggebend. In Markkleeberg ist dokumentiert, dass es dem Urmenschen, der vormals nur in den Warmzeiten das nördliche Eurasien besiedeln konnte, jetzt erstmals gelang, auch in den Kaltzeiten in diese Region vorzudringen.

Ein besonderer Fund der jüngsten Ausgrabungen ist der Backenzahn eines Mammuts. Einen besonderen Stellenwert hat dieser Fund, weil er mittelbar zur zeitlichen Einordnung des Fundplatzes beitragen kann. Anzahl, Form und Anordnung der Zahnlamellen lassen auf seine biochronologische Stellung schließen. Der Zahn ist "primitiver" als diejenigen der aus dem späten Eiszeitaltern bekannten Kadaverfunden Sibiriens, die als Mammuthus primigenius bezeichnet werden. Er ist jedoch "fortschrittlicher" als die aus dem frühen Eiszeitalter bekannten Zähne des Steppenelephanten (Mammuthus trogontherii). Das Mammut von Markkleeberg ist unbedingt älter als die letzte Kaltzeit (Weichsel). Es ist wahrscheinlich älter als die vorletzte Kaltzeit (Stadium 8).

Datierung

Im Kapitel zur Forschungsgeschichte ist der Streit zwischen archäologischer „kultureller“ Datierung und einer geochronologischen Ansprache erörtert worden. Es zeigte sich, dass die stratigraphische Einordnung die richtige war. Doch nicht nur in der Archäologie hat sich der Forschungsstand geändert, auch in der Quartärgeologie setzen sich neue Vorstellungen über die vergangene Klimaentwicklung, die Gliederung des Eiszeitalters, zunehmend durch. Vergleichende Untersuchungen von Tiefseebohrkernen und Lößstratigraphien deuten auf globale Klimawechsel, denen auch die nordischen Vereisungszyklen unterlagen. Die letzten 800.000 Jahren sind in acht Eiszeiten zu unterteilen, denen jedoch nur drei (vier) klassische Inlandeisvorstöße gegenüberstehen. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass zwischen Saale- und Elstervereisung nicht nur eine Warmzeit (Interglazial) sondern zwei, drei oder noch mehr Interglaziale einzuordnen sind. Überlegungen darüber, wieviel Interglaziale es gab und wie alt sie sind, liegen aber noch weit auseinander. Geht man davon aus, dass die Inlandeisvorstöße besonders kalte, feuchte und länger dauernde Kaltzeiten waren, so bietet es sich an, die Saaleeiszeit in das, aus Tiefseebohrkernen abgeleitete Sauerstoff-Isotopenstadium 6, mit einem Alter zwischen 190.000 und 140.000 Jahren und die Elstereiszeit in das Stadium 12, mit einem Alter zwischen 420.000 und 480.000 Jahren zu datieren. Die Tagebauaufschlüsse im Südraum Leipzigs mit den Relikten der Gletschervorstöße und Terrasseneinlagerungen sind als Typuslokalitäten der nordischen Inlandvereisungen zu beurteilen. Die Neuuntersuchungen von Markkleeberg sind somit auch Teil aktueller globaler Paläoklimaforschung.

Die drei Fundschichten von Markkleeberg liegen in deutlich unterschiedlicher stratigraphischer Position. Doch sind sie alle älter als der Gletschervorstoß der Saaleeiszeit und jünger als der der Elstereiszeit. Der Datierungsspielraum lässt sich einengen, wenn man bedenkt, dass aus der Hauptterrasse (jedoch nicht in Markkleeberg) Eichenstämme bekannt geworden sind, die eine warmzeitliche Periode (Interglazial) zwischen zwei Kaltzeiten anzeigen.

Wenn die vor dem letzten Interglazial (Eem 130.000 Jahre) abgelagerte Saalegrundmoräne auf ca. 150.000 Jahre datiert, so dürften die Funde aus den Kieslinsen unterhalb der Saalegrundmoräne mindestens 160.000 Jahre alt sein (Isotopenstadium 6). Die in der Hauptterrasse „versteckte“ Warmzeit ist mindestens 200.000 Jahre alt (Isotopenstadium 7). Für die unter den Kiesen der Hauptterrasse liegende älteste Fundschicht Steinsohle wird ein Alter von mehr als 250.000 Jahren vermutet. Sie wird aufgrund der kaltzeitlichen Bedingungen in das Isotopenstadium 8 gestellt. Da mit dem Fundplatz Bilzingsleben und Funden von Schöningen (siehe Schöninger Speere) altpaläolithische, „primitivere“ Inventare vorliegen, die in das Isotopenstadium 9 zu datieren sind, dürfte Markkleeberg nicht über ein Alter von 300.000 Jahren hinausgehen.

Die Hominiden dieser Zeit werden dem späten Homo heidelbergensis zugerechnet. Der wohl bekannteste Vertreter ist der sogenannte „Urmensch aus Steinheim“, Homo steinheimensis. Aber auch die Fundplätze Biache St. Vaast und Ehringsdorf sind mit diesen Hominiden verbunden.

Literatur

  • Joachim Schäfer, Thomas Laurat und Jan F. Kegler: Bericht zu den Ausgrabungen am altsteinzeitlichen Fundplatz Markkleeberg 1999 bis 2001. In: Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 45, 2003, S. 13-47.
  • Joachim Schäfer, Thomas Laurat, Jan Kegler und und Edgar Miersch: Neue archäologische Untersuchungen in Markkleeberg, Tagebau Espenhain (Lkr. Leipziger Land). In: Praehistorica Thuringia 10, 2004, S. 141-170. Zusammenfasssung online: http://ufg.geschichte.hu-berlin.de/site/lang__de/mid__11648/ModeID__0/PageID__757/4153/default.aspx .