Sandrine Bonnaire

Bonnaire bei den 66. Filmfestspielen von Venedig (2009)

Sandrine Bonnaire (* 31. Mai 1967 in Gannat bei Clermont-Ferrand) ist eine französische Filmschauspielerin und Regisseurin.

Leben

Bonnaire wurde als siebtes von elf Kindern einer Arbeiterfamilie geboren. Eine Schauspielschule besuchte sie nie. Ihre Karriere begann im Alter von 16 Jahren, als Maurice Pialat sie 1983 für Auf das, was wir lieben verpflichtete. Bonnaire spielte darin eine Jugendliche, die erste sexuelle Erfahrungen macht. 1984 wurde sie dafür mit dem César in der Kategorie Beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet.

Den internationalen Durchbruch schaffte sie 1985 in Vogelfrei von Agnès Varda. Sie spielte in dem Film eine Landstreicherin und reine Seele, die in den Sog alltäglicher Gewalt gerät und physisch wie moralisch scheitert. Auch dafür wurde sie mit einem César – diesmal in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin – honoriert. Es folgten Die Verlobung des Monsieur Hire (1989) von Patrice Leconte sowie weitere Arbeiten mit Jacques Doillon und Claude Sautet.

In einer zweiteiligen Verfilmung des Jeanne-d’Arc-Stoffes von Jacques Rivette unter dem Titel Johanna, die Jungfrau (1993) spielte sie die Titelheldin. Ein Wechselspiel lieferte sie mit Isabelle Huppert in Claude Chabrols Gesellschaftssatire Biester von 1995; das Duo erhielt für die Darstellung gemeinsam den Darstellerpreis Coppa Volpi der 52. Internationalen Filmfestspiele von Venedig.

2008 wurde Bonnaire in die Wettbewerbsjury der 58. Berlinale berufen. Da sie allerdings nicht während der gesamten Festivaldauer in Berlin bleiben konnte, musste sie am Tag des Festivalstarts ihre Berufung niederlegen. Bonnaire stellte jedoch bei der Berlinale ihre erste Regiearbeit vor: den Dokumentarfilm Ihr Name ist Sabine, der ihre autistische Schwester zum Thema hat. 2010 entstand der Film Je t’ souhaite au revoir, in dem Bonnaire eine Autistin verkörperte. Das Drehbuch verfasste sie selbst, Regie führte Guillaume Laurent.[1] 2009 wurde sie in die Wettbewerbsjury der 66. Filmfestspiele von Venedig berufen.

2016 drehte sie für das Fernsehen ein Filmporträt der Musikerin und Schauspielerin Marianne Faithfull mit dem Titel Der raue Glanz der Seele (Originaltitel: Fleur d’âme), das auf dem Festival International de Programmes Audiovisuels (FIPA) in Biarritz 2018 die Auszeichnung FIPA d’or („Goldener FIPA“) gewann.[2] Im März 2018 wurde es von Arte im Fernsehen ausgestrahlt.[3]

Sandrine Bonnaire ist seit dem 29. März 2003 mit dem Schauspieler und Drehbuchautor Guillaume Laurant verheiratet, mit dem sie eine Tochter hat. Eine weitere Tochter hat sie mit dem Schauspieler William Hurt.

Filmografie (Auswahl)

Deutsche Verleihtitel, die Übersetzungen der Originaltitel darstellen, sind kursiv. Nicht-französische Filme sind mit Produktionsländern hinter dem Originaltitel markiert. Regisseurinnen und Regisseure sind nur bei erster Nennung verlinkt. "HR" = Hauptrolle, "NR" = Nebenrolle, nachfolgend Hauptdarsteller.

JahrDeutscher VerleihtitelOriginaltitelRegieAnmerkungen
1983Auf das, was wir liebenÀ nos amoursMaurice PialatHR neben Maurice Pialat
1984Tir à vueMarc AngeloHR neben Laurent Malet
1984Blanche und MarieBlanche et MarieJacques RenardHR neben Miou-Miou
1985Le meilleur de la vieA Better LifeRenaud VictorNR, mit Guillaume Canet, Leïla Bekhti
1985VogelfreiSans toit ni loiAgnès VardaHR
1985Der Bulle von ParisPoliceMaurice PialatNR, mit Gérard Depardieu, Sophie Marceau
1986La puritaineJacques DoillonHR neben Michel Piccoli, Sabine Azéma und Laurent Malet
1987Die Sonne SatansSous le soleil de SatanMaurice PialatHR neben Gérard Depardieu
1987Die UnschuldigenLes innocentsAndré TéchinéHR neben Jean-Claude Brialy
1987Der gelbe RevolverJaune revolverOlivier LangloisHR neben François Cluzet
1988Einige Tage mit mirQuelques jours avec moiClaude SautetNR, mit Daniel Auteuil
1989Die Verlobung des Monsieur HireMonsieur HirePatrice LeconteHR neben Michel Blanc
1989MistkerlePeaux de vachesPatricia MazuyHR neben Jean-François Stévenin
1990Die Gefangene der WüsteLa captive du désertRaymond DepardonHR
1990La bonne âme du SetchouanBernard SobelHR, Fernsehfilm nach Bertolt Brecht
1990Am Ende des TagesVerso sera (It)Francesca ArchibugiHR neben Marcello Mastroianni
1991Der Himmel über ParisLe ciel de ParisMichel BénaHR
1991Die PestLa pesteLuis PuenzoHR
1992PragPragueIan SellarHR neben Alan Cumming, Bruno Ganz
1993Johanna, die Jungfrau – Der Kampf/Der VerratJeanne la Pucelle – les batailles/les prisonsJacques RivetteHR
1995101 Nacht – Die Träume des M. CinémaLes cent et une nuit de Simon CinémaAgnès VardaNR, mit Michel Piccoli, Marcello Mastroianni
1995BiesterLa cérémonieClaude ChabrolHR neben Isabelle Huppert, mit Jacqueline Bisset
1995Ispoved neznakomtsu (F/Ru/It)Georges BardawilHR neben William Hurt

Internat. Titel: Secrets Shared with a Stranger
Französ.: Confidences à un inconnu

1996Verhängnisvolle BegegnungNever Ever (US/UK)Charles FinchHR neben Charles Finch und Jane March
1997Une femme en blancAline IssermannHR neben Christian Brendel; Fernseh-Miniserie
1997Die Schuld der LiebeDie Schuld der Liebe (CH/F/AU)Andreas GruberHR neben Rüdiger Vogler
1998GeheimsacheSecret défenseJacques RivetteHR neben Jerzy Radziwiłowicz
1998Voleur de vieYves AngeloHR neben Emmanuelle Béart, mit André Dussollier
1999Die Farbe der LügeAu cœur du mensongeClaude ChabrolHR neben Jacques Gamblin, Valeria Bruni Tedeschi
1999Est-Ouest – Eine Liebe in RusslandEst-OuestRégis WargnierHR neben Oleg Menschikow, mit Catherine Deneuve
2001MademoiselleMademoisellePhilippe LioretHR neben Jacques Gamblin
2001C’est la vieC’est la vieJean-Pierre AmérisHR neben Jacques Dutronc, mit Emmanuelle Riva
2002Femme FataleFemme fatale (F)Brian De PalmaNR, mit Antonio Banderas, Rebecca Romijn
2003La maison des enfantsAline IssermannHR neben Christian Brendel; Fernseh-Miniserie
2003ResistanceResistance (US/Nl)Todd KomarnickiNR, mit Bill Paxton, Julia Ormond
2004Intime FremdeConfidences trop intimesPatrice LeconteHR neben Fabrice Luchini
2004Der Hals der GiraffeLe cou de la girafe (F/B)Safy NebbouHR neben Claude Rich
2004Die Frau des LeuchtturmwärtersL’équipierPhilippe LioretHR, mit Philippe Torreton, Grégori Derangère
2006Le procès de BobignyFrançois LucianiHR, mit Anouk Grinberg; Fernsehfilm
2007Kann das Liebe sein?Je crois que je l’aimePierre JolivetHR neben Vincent Lindon
2007Kid Power – Die Nervensägen!Demandez la permission aux enfantsEric CivanyanHR neben Pascal Légitimus
2008Ein schlichtes HerzUn cœur simpleMarion LaineHR; nach Gustave Flaubert
2008Das Zeichen des EngelsL’empreinte de l’angeSafy NebbouHR neben Catherine Frot
2009Die SchachspielerinJoueuseCaroline BottaroHR, mit Kevin Kline
2010Je t’ souhaite au revoirGuillaume LaurentHR, mit Sandrine Kiberlain, Bruno Todeschini; Drehbuch: S. Bonnaire
2013La balade de LucieSandrine RayHR; Fernsehfilm
2013Adieu ParisAdieu Paris (D/F)Franziska BuchNR, mit Jessica Schwarz, Jean-Yves Berteloot
2014Salaud, on t’aimeClaude LelouchHR neben Johnny Hallyday
2015La dernière leçonPascale PouzadouxHR neben Marthe Villalonga
2016Der Himmel wird wartenLe ciel attendraMarie-Castille Mention-SchaarNR, mit Noémie Merlant, Naomi Amarger
2017Prendre le largeGaël MorelHR
2017Hoffnung auf HeimatUne saison en FranceMahamat-Saleh HarounHR neben Eriq Ebouaney
2019Drei Tage und ein LebenTrois jours et une vieNicolas BoukhriefHR neben Pablo Pauly, Charles Berling
2021Das EreignisL’événementAudrey DiwanNR, mit Anamaria Vartolomei; nach Annie Ernaux
2022KämpferinnenLes combattantesAlexandre LaurentNR, mit Audrey Fleurot, Julie de Bona, Camille Lou, Sofia Essaïdi; Fernsehserie
2022Der Geschmack der kleinen DingeUmami (Jp/F)Slony SowNR, mit Gérard Depardieu
2023Comme une louveCaroline GlorionNR, mit Mathilde La Musse
2023Dance First (UK/B/Ung)James Marshmit Aidan Gillen, Gabriel Byrne
2024Le mangeur d’âmesAlexandre Bustillo, Julien MauryNR, mit Virginie Ledoyen, Paul Hamy
2024Limonov: The BalladKirill SerebrennikowNR, mit Ben Whishaw

Auszeichnungen (Auswahl)

Schriften

  • Le Roman d’un tournage. Éditions Jean-Claude Lattès, Paris 1994, ISBN 2-7096-1387-5. – Erinnerungen an die Dreharbeiten des Films Jeanne la Pucelle von Jacques Rivette.

Dokumentarfilm

  • Sandrine Bonnaire. Die Rolle ihres Lebens. Dokumentarfilm, Frankreich, 2012, 57 Min., Buch und Regie: Juliette Cazanave, Produktion: Cinétévé, arte France, deutsche Erstausstrahlung: 30. September 2012[5]
Commons: Sandrine Bonnaire – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Julia Encke: In ärztlicher Behandlung. Sandrine Bonnaires bewegender Dokumentarfilm über ihre autistische Schwester „Elle s’appelle Sabine“. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17. Februar 2008, S. 29.
  2. Palmarès du 31e FIPA. In: fipa.tv. Archiviert vom Original am 3. März 2018; abgerufen am 3. März 2018 (französisch).
  3. Marianne Faithfull – Der raue Glanz der Seele. In: arte.tv. 26. Februar 2018, archiviert vom Original am 2. März 2018; abgerufen am 3. März 2018. Für den französischen Originaltitel siehe: Marianne Faithfull – Fleur d’âme. In: arte.tv. 26. Februar 2018, archiviert vom Original am 3. März 2018; abgerufen am 3. März 2018 (französisch).
  4. Braunschweig International Film Festival: Die Europa. Abgerufen am 15. Juli 2022 (deutsch).
  5. Arte: Themenabend: Sandrine Bonnaire. Die Rolle ihres Lebens (Memento vom 23. November 2012 im Internet Archive). Abgerufen am 21. Oktober 2012.