Harald Kretzschmar

Harald Kretzschmar bei einer Finissage im Oktober 2009

Harald Kretzschmar (* 23. Mai 1931 in Berlin; † 27. Juni 2024[1] in Kleinmachnow[2]) war ein deutscher Karikaturist, Grafiker und Feuilletonist, der vor allem durch seine Porträtkarikaturen bekannt wurde und in der DDR einer der bekanntesten Karikaturisten war.

Leben

Nach seinem Abitur an der Kreuzschule in Dresden studierte Harald Kretzschmar von 1950 bis 1955 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Seitdem arbeitete er freischaffend. 1954 veröffentlichte er seine ersten Karikaturen in der Leipziger Volkszeitung. Angeregt durch Hannes Hegen[3] kam er 1955 zum Eulenspiegel, wo er schon bald zum festen Stamm der Zeichner gehörte und bis 1991 blieb.[4] Neben Zeichnungen zu außen- und innenpolitischen Themen in dieser wöchentlich erscheinenden Zeitschrift für Humor und Satire bestritt er zum größten Teil die Kolumne der Porträtkarikatur auf der seit 1958 bestehenden Kulturseite 6. Zahlreiche Veröffentlichungen in anderen Medien erweiterten seinen Aktionsradius – vor allem auf dem Buchmarkt. Daraus erwuchs das Verfassen von Porträt-Essays, von Glossen und Kunstkritiken.

Kretschmar war bis 1990 Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR. Ab 1975 gehörte er dessen Präsidium an. Er organisierte als Vorsitzender der Zentralen Sektionsleitung Karikatur zahlreiche Ausstellungen, wie Ökonokomik, Karigrafie und das als nationale Karikaturensammlung der DDR gedachte Satiricum Greiz. Er hatte in der DDR und im Ausland eine bedeutende Zahl von Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, u. a. von 1958 bis 1988 an allen Deutschen Kunstausstellungen bzw. Kunstausstellungen der DDR in Dresden.

Neben Presseveröffentlichungen, seit 1990 verstärkt in der Tagespresse, trat er mit Druckgrafik und anderen freien Arbeiten (Acryl-Porträts) hervor. Außerdem war er ein gefragter Schnellporträtist für Veranstaltungen aller Art. Sein erstes Theatererlebnis, Nathan der Weise mit Erich Ponto im zerstörten Dresden, erklärte er 2019 in einem Interview mit der Jungen Welt, habe ihn zum „politischen Menschen“ gemacht.[3]

Seinem Heimatort Kleinmachnow, in dem er seit 1956 wohnte, setzte er 2008 mit dem Buch Paradies der Begegnungen: Der Künstlerort Kleinmachnow ein Denkmal.

Kretschmar war u. a. Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft.

Ehrungen

Rezeption

„Pointiert ist sein Strich, den die Vorliebe fürs entschlossen Knappe charakterisiert, verbunden mit Lapidar-Symbolischem, leicht Lesbarem.…Seine Porträtkarikaturen, vor allem von prominenten Künstlern und Denkern der DDR wie aus dem […] wiedervereinigten Deutschland […] sind sprichwörtlich ‚auf den Typ‘ gebracht.“[5]

Museen und öffentliche Sammlungen mit Werken Kretzschmars (unvollständig)

Werke (Auswahl)

Porträtkarikaturen

Satirische Druckgrafik

  • 1980: Das Erbe des Diktators
  • 1982: Hilfe!
  • 1983: Das liebe Kollektiv
  • 1984: Na na na na
  • 1988: Fingerzeige

Politische Karikaturen

  • 1965: Ideen hat der Junge! Wie die Bauakademie...
  • 1968: Ich leite!
  • 1975: Wir befinden uns in bester Wegwerfgesellschaft
  • 1989: Erichs Weihnachtsbaum
  • 1998: Die Kartei, die Kartei, die hat immer recht
  • 2000: Sie meinen doch nicht etwa, das hat System?

Ausstellungen seit der Wiedervereinigung (Auswahl)

  • Seit 2001: diverse Personalausstellungen im Satiricum Greiz.
  • 2011: Ausstellung „In bester Wegwerfgesellschaft“, Cartoonmuseum in Luckau
  • 2013: Leipziger Köpfe, Städtischen Museum Leipzig
  • 2017: Ausstellung „Harald Kretzschmar: Querdurch und mittendrin – Satirezeichnungen zur Unkultur unserer Zeit 1954–2016“, Willi-Sitte-Galerie in Merseburg.
  • 2024: Ausstellung „Harald Kretzschmar und seine geliebten Franzosen“, Sommerpalais in Greiz

Literatur (Auswahl)

  • 1962: Mimen & Mienen. 50 Köpfe von Bühne und Film. Erste Folge, Kommentiert von Rudi Strahl. Henschel, Berlin, DNB 366870300.
  • 1965: Mimengalerie. Porträtkarikaturen von Harald Kretzschmar kommentiert von Rudi Strahl, Henschel, Berlin.
  • 1980: Eulen-Leute, Eulenspiegel, Berlin.
  • 1980: Bärenspiegel – Berliner Karikaturen aus drei Jahrhunderten. Berlin-Information, Berlin, DNB 821014684; 1985, DNB 860414337
  • 1982: Spitzen, hrsg. von Harald Kretzschmar und Klaus Vonderwerth, Eulenspiegel-Verlag.
  • 1986: Augenblicke Reiseskizzen, Eulenspiegel-Verlag, Berlin.
  • 1987: Hökerfrau und Leierkastenmann – Altberliner Karikaturen. Kinderbuchverlag, Berlin, ISBN 3-358-00061-3.
  • 1988: Von Angesicht zu Angesicht, Porträtkarikaturen, Eulenspiegel-Verlag, Berlin.
  • 1991: Macher und Gemachte, Kopfbetrachtungen Texte Hans-Dieter Schütt, Reiher Verlag.
  • 1995: Is was? Texte und Karikaturen 1984–1994. Edition Ost, Berlin.
  • 2001: Wem die Nase paßt. Eulenspiegel, Berlin, ISBN 3-359-01403-0.
  • 2008: Paradies der Begegnungen: Der Künstlerort Kleinmachnow. Faber & Faber, Leipzig, ISBN 3-86730-082-8.
  • 2009: Hauptsache Kopflos. Harald Kretzschmar und Hans-Dieter Schütt, Karl Dietz Verlag.
  • 2010: Kretzschmar, Harald. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, ISBN 978-3-355-01761-9, S. 484/485
  • 2011: Mimen & Mienen 2011. Porträtkarikaturen zur Filmgeschichte. mit einem Nachwort von F. W. Bernstein, Schaltzeit, Berlin, ISBN 978-3-941362-12-3.
  • 2015: Treff der Originale. Prominent in und um Kleinmachnow. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin, ISBN 978-3-945256-35-0.
  • 2017: Keine Systemkritik gleich keine Qualität? In: Neues Deutschland vom 18./19. Februar 2017, S. 21 (ausführliche Rezension zu drei Büchern über Satire und politische Karikatur in der DDR).
  • 2017: Stets erlebe ich das Falsche. Der alternative Künstlerreport. Quintus-Verlag, Berlin, ISBN 978-3-947215-03-4.

Einzelnachweise

  1. Hans-Dieter Schütt: Größen und Gernegrößen. In: nd DER TAG. 2. Juli 2024, abgerufen am 1. Juli 2024.
  2. Harald Kretzschmar | Pirckheimer-Gesellschaft. Abgerufen am 2. Juli 2024.
  3. a b „Wenn ich zeichne, dann quatsche ich nicht“, in: junge Welt, 8. Juni 2019.
  4. Michael Hametner: Nichts hat sich erledigt. Porträt: Der Karikaturist Harald Kretzschmar fing 1955 beim Satiremagazin „Eulenspiegel“ an. Nun wird er 90 – und ist weiter aktiv. In: der Freitag vom 20. Mai 2021, S. 19.
  5. Ingeborg Ruthe: Von Ideen besessen. In: Berliner Zeitung, 19. Mai 2021.
  6. Suche. Abgerufen am 5. Juli 2024.