Raketenpistole

Raketenpistolen mit anderen Gyrojet-Waffen

Raketenpistole ist die Bezeichnung einer Faustfeuerwaffe, die als Einzelladerpistole oder Selbstladepistole zum Verschießen von Geschossen mit eigenem Antrieb vorgesehen ist.

Entwicklungsgeschichte

"Rocket Ball"-Munition, Patentzeichnung von 1848
Geschoss mit Raketenantrieb und Sprengladung
Base-Bleed-Geschoss. Oben Blick auf den Boden der Granate mit den Auslassdüsen, unten Schnitt durch den hinteren Teil der Granate mit dem pyrotechnischen Gaserzeuger

Die Entwicklungsgeschichte dieser Waffen ist eng verbunden mit Raketengeschossen. Bereits 1848 entwickelte und patentierte Walter Hunt aus New York die sogenannte "Rocket Ball"-Munition (US-Patent 5701 vom 10. August 1848). Die Form dieser Geschosse ähnelte dem Minie-Geschoss. Zunächst wurde diese Munition für die "Jennings rifle" genutzt und dann von Smith & Wesson weiterentwickelt (US-Patent 14147 vom 22. Januar 1856). Etwa 1860 setzten sich Randfeuerpatronen durch und die Produktion dieser Raketenmunition wurde aufgegeben. [1]

In den 1960er Jahren wurde von Robert Mainhardt und Art Biehl bei der Firma MB Associates wieder Raketengeschosse und entsprechende Handfeuerwaffen entwickelt. Die Waffen konnten sich nicht im Markt durchsetzen. Dennoch blieb diese Entwicklung bis heute beachtet. Das derzeit jüngste Beispiel der Entwicklung von Raketengeschossen findet sich bei Base-Bleed-Geschossen die im Bereich der Artillerie eingesetzt werden und zu Reichweitensteigerungen bis zu 40 % ermöglichen.

Technik

Bei einer Raketenpistole treten die heißen Gase durch Düsen am Rand des Patronenbodens aus und beschleunigen so die gesamte Patrone sie wird damit insgesamt zum Projektil. Bei einer herkömmlichen Patrone wird die Pulverladung gezündet, die heißen Gase treiben dann Geschoss und Hülse auseinander und beschleunigen das Geschoss durch den Lauf bis zur Mündung (und einige Zentimeter darüber hinaus).

Der Rückstoß der Raketenpistole ist sehr viel geringer als bei einer herkömmlichen Pistole gleichen Kalibers, da die Beschleunigung durch den Raketenantrieb deutlich langsamer verläuft als beim herkömmlichen Abbrand des Pulvers. Die niedrige Mündungsgeschwindigkeit führt zu ganz erheblichen Präzisionsproblemen, zudem ist die Endgeschwindigkeit deutlich niedriger als bei einem herkömmlichen Geschoss. Auch fallen Fertigungstoleranzen und Beschädigungen des Patronenbodens deutlich mehr ins Gewicht als bei einer herkömmlichen Patrone: Die Raketenpatrone verfügt über zwei oder vier leicht zur Seite geneigte Düsen, die das Projektil zusätzlich in Drehung versetzen. Sind die Düsen nicht exakt ausgerichtet oder leicht verschmutzt, fängt das Projektil im Flug an zu taumeln, was die Präzision drastisch vermindert.

Insgesamt führten Präzisionsprobleme, geringe Maximalgeschwindigkeit, hohe Kosten in der Fertigung und nicht zuletzt die geringe Durchschlagskraft dazu, dass nur wenige Raketenpistolen gebaut wurden. Die Gyrojet-Familie ist eine der wenigen Ausnahmen, welche die Produktionsreife erreicht hatten.

Abweichender Sprachgebrauch in der Schweiz

Im Sprachgebrauch der Schweizer Armee werden auch Signalpistolen als Raketenpistolen bezeichnet. Insbesondere sind folgende Modelle unter dieser Bezeichnung bekannt:[2]

  • Raketenpistole RP 17 (Modell 1917)
  • Raketenpistole RP 17/38, erstes Modell
  • Raketenpistole RP 17/38, zweites Modell
  • Raketenpistole RP 17/38 mit Anschlagschaft
  • Raketenpistole Rakp 78

Diese Raketenpistolen konnten sich lediglich als Gerät zum Absetzen von vorwiegend optischen Notsignalen (Rauchsäule, Leuchtkugel) etablieren. In der Schweiz wird die von W + F in Lizenz gefertigte Heckler & Koch Leuchtpistole HK P2A1 (Kaliber 4 = 26,5 mm) als Raketenpistole 78 oder Rakp 78 bezeichnet.[3]

Einzelnachweise

  1. Jim Taylor, Leverguns (engl. eingesehen am 11. Juni 2010)
  2. Schweizerische Armee, Technisches Reglement Nr. T 9 d, Die Raketenpistole (Rp. 17/38), Schweiz 1943
  3. Schweizer Armee, Rakp 78, Munitionsnachweis