„Preußische Treuhand“ – Versionsunterschied

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'''Die Preußische Treuhand [[GmbH & Co. KGaA]]''' ist ein Unternehmen, das sich die Durchsetzung von Eigentumsansprüchen enteigneter Bewohner der ehemaligen [[Ostgebiete des Deutschen Reiches|Ostgebiete des Deutschen Reiches]], die nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] annektiert wurden und heute zu [[Polen]] und zur [[Tschechische Republik|Tschechischen Republik]] gehören, zum Ziel gesetzt hat. Die Gesellschaft untersteht einer Vereinigung mit Sitz in [[Düsseldorf]], die mögliche Eigentumsansprüche einzelner [[Vertriebene]]r juristisch klären und durchsetzen möchte. Sie steht in keiner Beziehung zur ehemaligen [[Treuhandanstalt]] des [[Bundesrepublik Deutschland|Bundes]]. Im Dezember [[2006]] gab die Preußische Treuhand an, 22 Einzelbeschwerden beim [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte]] eingereicht zu haben.
Die '''Preußische Treuhand [[GmbH & Co. KGaA]]''' ist ein Unternehmen, das sich die Durchsetzung von [[Eigentum]]sansprüchen von Bewohnern ehemaliger [[Ostgebiete des Deutschen Reiches]] zum Ziel gesetzt hat. Das Unternehmen hat seinen Sitz in [[Düsseldorf]] und will die möglichen Eigentumsansprüche einzelner [[Flucht und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa 1945–1950|Vertriebener]] juristisch klären und durchsetzen. Es steht in keiner Beziehung zur ehemaligen [[Treuhandanstalt]] des [[Bundesrepublik Deutschland|Bundes]]. Insgesamt reichte die Preußische Treuhand 23 Einzelbeschwerden beim [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte]] ein. Die Ansprüche wurden vom Gerichtshof im Oktober 2008 für unzulässig erklärt.


== Struktur ==
== Geschichte ==
Die Initiative für die Gründung ging von der [[Landsmannschaft Ostpreußen]] aus.<ref>http://www.preussische-treuhand.org/de/JVerwirklichung.html</ref> Die Preußische Treuhand wurde zunächst als Aktiengesellschaft konzipiert, um vor allem das strittige Eigentum zu verwalten und Besitzansprüche juristisch zu klären. Hierzu sollten möglichst viele Interessenten Aktien zum Preis von jeweils 100 DM (später 50 Euro) erwerben können. Der Aufwand für die Gründung gestaltete sich – insbesondere wegen der notwendigen Hinzuziehung eines Notars – schwierig. Parallel dazu wurde eine Anwaltskanzlei für die bevorstehenden gerichtlichen Auseinandersetzungen gesucht.<ref>http://www.preussische-treuhand.org/de/aktionaer.htm</ref>
Das Unternehmen ist nach eigener Aussage eine „[[Selbsthilfeorganisation]] der Vertriebenen“, die private und individuelle Eigentumsansprüche sichern und geltend machen will. Die Preußische Treuhand fordert ausdrücklich keine finanzielle Entschädigung, sondern die Rückgabe der nach dem Zweiten Weltkrieg enteigneten Güter und Besitztümer. Die umstrittene englische Bezeichnung „Prussian Claims Conference“, die bewusst auf die Parallele zur [[Jewish Claims Conference]] hinweist, wird nicht mehr verwendet. Jedoch befürwortet die Preußische Treuhand auch die Rückgabe jüdischen Eigentums in den ehemaligen Ostgebieten an Überlebende des Holocausts oder ihre Erben.
Im November 2000 wurden die Satzung für eine [[Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Deutschland)|Gesellschaft mit beschränkter Haftung]] (GmbH) und eine [[Kommanditgesellschaft auf Aktien]] beschlossen. Das Gründungskapital betrug 75.000 Euro. An der GmbH, die mit einem Stammkapital von 30.000 Euro gegründet und am 13. März 2001 ins Handelsregister eingetragen wurde, war zunächst die Landsmannschaft Ostpreußen mit 40 Prozent beteiligt, 2001 erwarb die [[Landsmannschaft Schlesien]] 10 Prozent der Anteile.<ref>http://www.preussische-treuhand.org/de/PVerwirklichung.html</ref> Vorstandsvorsitzender war bis 2005 der Vertriebenenpolitiker [[Rudi Pawelka]].


== Struktur und Ziele ==
Das Unternehmen wurde 2000 als [[GmbH]] von Funktionären der [[Landsmannschaft Ostpreußen]] gegründet. 2001 wurde die Rechtsform gewechselt. Vorstandsvorsitzender der [[Kommanditgesellschaft auf Aktien]] war, bis 2005, der Vertriebenenpolitiker [[Rudi Pawelka]], der gleichzeitig Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien ist. Geschäftsführer der Preußischen Treuhand (PT) ist [[Torne Möbius]]. Ihre Büroadresse ist die Adresse der ''Landsmannschaft Ostpreußen – Landesgruppe NRW''.
Das Unternehmen ist nach eigener Aussage eine „[[Selbsthilfeorganisation]] der Vertriebenen“, die private und individuelle Eigentumsansprüche sichern und geltend machen will. Die Preußische Treuhand fordert ausdrücklich keine finanzielle Entschädigung, sondern die Rückgabe der nach dem Zweiten Weltkrieg [[Enteignung|enteigneten]] Güter und Besitztümer.


Gegenwärtiges Ziel ist die „Erhaltung bzw. Sicherung von Ansprüchen auf Grundeigentum und anderen Vermögenswerten in den Preußischen Provinzen jenseits von Oder und Neiße“. Dabei soll das angesammelte Aktienkapital nicht angetastet werden.<ref>[http://www.preussische-treuhand.org/de/Betrieb.html Internet-Präsenz der Preussischen Treuhand]</ref>
== Politische Auseinandersetzung ==
Die Preußische Treuhand steht mit ihrem Anspruch im Konflikt mit der Politik der derzeitigen Bundesregierung, die die Geltendmachung solcher Ansprüche nicht unterstützt. Anfang August [[2004]] brachte der damalige Bundeskanzler [[Gerhard Schröder]] (SPD) dies bei einem Staatsbesuch in Polen öffentlich zum Ausdruck. Die jetzige Kanzlerin [[Angela Merkel]] (CDU) schloss sich dieser Haltung an.


Die anfangs verwendete, umstrittene englische Bezeichnung „Prussian Claims Society“, die bewusst auf die Parallele zur [[Jewish Claims Conference]] hinweisen sollte, wird nur noch im Firmennamen angegeben. Jedoch befürwortet die Preußische Treuhand auch die Rückgabe jüdischen Eigentums in den ehemaligen Ostgebieten an Überlebende des [[Holocaust]]s oder ihre Erben.<ref>[http://www.zeit.de/2007/11/Sie_wollen_dieses_Haus_zurueck Bericht in DIE ZEIT vom 8. März 2007]</ref>
Auch die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), [[Erika Steinbach]], hat sich mehrmals deutlich von den Preußischen Treuhand und ihren Zielen distanziert. Der damalige Treuhand-Chef Pawelka bewertete dies im November 2004 allerdings als eine „Kehrtwende“ der BdV-Präsidentin: ''„Noch vor einem Jahr hat die BdV-Bundesversammlung entschieden, dass man im Zuge der EU-Osterweiterung alle rechtlichen Möglichkeiten, die die EU zur Heilung des Unrechts bietet, ausschöpfen will. Das ist der Klageweg.“'' Das polnische Parlament droht im Gegenzug mit Kriegsreparationsforderungen an Deutschland und hat in einer einstimmig verabschiedeten Resolution die polnische Regierung zu entsprechenden Schritten gegen Deutschland aufgefordert.


Geschäftsführer der Preußischen Treuhand GmbH ist Torne Möbius. Die Jahresabschlüsse und die Termine der Hauptversammlungen werden im [[Bundesanzeiger|elektronischen Bundesanzeiger]] bekanntgegeben. Vorstand ist der Rechtsanwalt Gerwald Günter Stanko, Aufsichtsratsvorsitzender Rudi Pawelka. Das gezeichnete Kapital beträgt 185.450 Euro per 31. Dezember 2012, eine Aktie kostet 50 Euro, eine Börsennotierung ist nicht geplant. Die „Preußische Treuhand GmbH & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien, Prussian Claims Society“ verfügt über kein materielles Anlagevermögen.<ref>Offizielle Angaben laut Bundesanzeiger, abgerufen am 26. Dezember 2013</ref>
Die Klagen der Organisation belasten das deutsch-polnische Verhältnis. Nach einer missverständlichen Äußerung der polnischen Außenministerin [[Anna Fotyga]], dass die polnische Regierung aufgrund der Klage möglicherweise den 1990 geschlossenen Grenzvertrag zwischen beiden Nationen neu verhandeln wolle,<ref>vgl. Spiegel Online, 19.&nbsp;Dezember 2006, [http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,455522,00.html Auswärtiges Amt versucht, Polen zu besänftigen]</ref> dementierten die polnische Botschaft in Berlin und das Außenamt in Warschau dies in einer Erklärung und teilten gegenüber SPIEGEL ONLINE<ref>vgl. Spiegel Online, 20.&nbsp;Dezember 2006, [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,455596,00.html Botschafter sieht deutsch-polnisches Verhältnis in der Krise]</ref> mit, Fotyga habe nicht den Grenzvertrag von 1990 gemeint, sondern das Nachbarschaftsabkommen von Juli 1991.


== Rechtliche Auseinandersetzung ==
== Politische Auseinandersetzung ==
Die Preußische Treuhand steht mit ihrem Anspruch im Konflikt mit der Politik der derzeitigen Bundesregierung, die die Geltendmachung solcher Ansprüche nicht unterstützt. Anfang August 2004 brachte der damalige Bundeskanzler [[Gerhard Schröder]] (SPD) dies bei einem Staatsbesuch in Polen öffentlich zum Ausdruck. Seine Nachfolgerin [[Angela Merkel]] (CDU) schloss sich dieser Haltung an.
Aus Sicht der Preußischen Treuhand hat sich mit dem Beitritt Polens zur EU im Mai 2004 eine teilweise neue Rechtslage ergeben, zumindest bieten sich jedoch neue Möglichkeiten der Durchsetzung alter Rechtspositionen der deutschen Vertriebenen.


Auch die ehemalige Präsidentin des [[Bund der Vertriebenen|Bundes der Vertriebenen]] (BdV), [[Erika Steinbach]], hat sich mehrmals deutlich von der Preußischen Treuhand und ihren Zielen distanziert<ref>Süddeutsche Zeitung, Online-Ausgabe, 25. Februar 2009: [http://www.sueddeutsche.de/politik/907/459548/text/1/?page=8 Polen, Steinbach und die Presse Aufregung um die "blonde Bestie"]{{Toter Link|url=http://www.sueddeutsche.de/politik/907/459548/text/1/?page=8 |date=2019-05 |archivebot=2019-05-08 04:03:10 InternetArchiveBot }}</ref>. Der damalige Treuhand-Chef Pawelka bewertete dies im November 2004 allerdings als eine „Kehrtwende“ der BdV-Präsidentin: „Noch vor einem Jahr hat die BdV-Bundesversammlung entschieden, dass man im Zuge der [[EU-Erweiterung 2004|EU-Osterweiterung]] alle rechtlichen Möglichkeiten, die die EU zur Heilung des Unrechts bietet, ausschöpfen will. Das ist der Klageweg.“ Das polnische Parlament drohte im Gegenzug mit [[Reparationen|Kriegsreparationsforderungen]] an Deutschland und forderte in einer einstimmig verabschiedeten Resolution die polnische Regierung zu entsprechenden Schritten gegen Deutschland auf.
Als juristisches Argument gegen Ansprüche der Vertriebenen wird zuweilen auf den [[Überleitungsvertrag]] von 1955 verwiesen. Tatsächlich enthält dieser Vertrag eine [[Klagesperre]] vor deutschen Gerichten gegen die Enteignung deutschen Auslandsvermögens in den westalliierten Ländern, soweit diese zu Reparationszwecken vorgenommen wurde. Nach Auffassung der Bundesregierung wurde die Geltung dieser Klagesperre anlässlich der Deutschen Wiedervereinigung [[1990]] im Zusammenhang mit dem [[Zwei-plus-Vier-Vertrag]] trotz der Aufhebung der sonstigen verbliebenen Einschränkungen der Souveränität Deutschlands fortgeschrieben. Mit den Rechtsansprüchen der deutschen Vertriebenen hat diese Klausel indessen keine Berührung, weil deren Eigentum – zumindest zum Zeitpunkt der Enteignung – überwiegend kein Auslandsvermögen war, weil es nicht im Gebiet der westalliierten Länder lag und weil die heutigen Klagen nicht vor deutschen Gerichten erhoben werden. Schließlich wurden diese Enteignungen auch nicht zu Reparationszwecken vorgenommen, vielmehr sprechen die einschlägigen polnischen Dekrete von der Übernahme „verlassenen bzw. herrenlosen Gutes“. Erst in den 1990er Jahren gingen polnische und tschechische Juristen verstärkt dazu über, die Enteignung der Vertriebenen als eine Art Reparation einzustufen.


Die Klagen der Organisation belasteten das deutsch-polnische Verhältnis. Nach einer missverständlichen Äußerung der polnischen Außenministerin [[Anna Fotyga]], dass die polnische Regierung aufgrund der Klage möglicherweise [[Deutsch-Polnischer Grenzvertrag|den 1990 geschlossenen Grenzvertrag]] zwischen beiden Nationen neu verhandeln wolle,<ref>vgl. Spiegel Online, 19.&nbsp;Dezember 2006, [http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,455522,00.html Auswärtiges Amt versucht, Polen zu besänftigen]</ref> dementierten die polnische Botschaft in Berlin und das Außenamt in Warschau dies in einer Erklärung und teilten gegenüber ''[[Spiegel Online]]''<ref>vgl. Spiegel Online, 20.&nbsp;Dezember 2006, [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,455596,00.html Botschafter sieht deutsch-polnisches Verhältnis in der Krise]</ref> mit, Fotyga habe nicht den Grenzvertrag von 1990 gemeint, sondern das [[Deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag|Nachbarschaftsabkommen von Juli 1991]].
Mit dem Beitritt Polens wurde die polnische Grenze jedoch zur EU-Binnengrenze, Polen untersteht der Jurisdiktion europäischer Gerichtshöfe, und Forderungen können eventuell eingeklagt werden. Ob die Preußische Treuhand vor europäischen Gerichten Erfolg haben wird, ist unter Juristen umstritten, Erfolge vor polnischen Gerichten gelten als nahezu ausgeschlossen.


== Erfolglose Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ==
Am 15. Dezember 2006 hat die Preußische Treuhand Polen auf Rückübertragung des verlorenen Eigentum in den ehemaligen deutschen Ostgebieten verklagt, indem sie an diesem Tag 22 Einzelbeschwerden beim [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte]] eingereicht hat. Die Organisation schätzt, dass die Zahl der Einzelbeschwerden auf 40 bis 50 steigen wird.
{{Hauptartikel|Fall Preußische Treuhand gegen Polen}}


Im Dezember 2006 verklagte die Preußische Treuhand Polen auf Rückübertragung des verlorenen Eigentums in den ehemaligen deutschen Ostgebieten und wegen der Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, indem sie zunächst 22 Einzelbeschwerden beim [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte]] einreichte. Eine weitere Beschwerde wurde später vorgelegt. Im Oktober 2008 wurden alle 23 Beschwerden vom Gerichtshof für unzulässig erklärt. Da die [[Europäische Menschenrechtskonvention]] 1953 in Kraft trat und Polen diese 1993 ratifiziert habe, seien Klagen gegen den Staat Polen wegen der Konfiszierungen aus dem Jahr 1945 unzulässig. Bezüglich der in der Klage erwähnten Verstöße gegen das Grundrecht auf Schutz des Lebens und das Folterverbot (Art. 3. EMRK) bemerkte das Gericht, dass Polen zum Zeitpunkt der Ereignisse weder juristisch noch tatsächlich Kontrolle über die deutschen Territorien in Polen gehabt habe und daher die Taten nicht dem heutigen Staat angelastet werden könnten.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.tagesschau.de/inland/preussischetreuhand100.html | wayback=20081012005107 | text=tagesschau.de: ''Klage gegen Polen wegen Entschädigungen - "Preußische Treuhand" scheitert mit Beschwerde'', 9. Okt. 2008.}}</ref>
== Juristische Analyse der Aktivitäten und mögliches Verbot ==
Im Heft 6/2007 der juristischen Fachzeitschrift „Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter“ (NWVBl.) wurde ein wissenschaftlicher Aufsatz veröffentlicht zum Thema: „Die Preußische Treuhand – Adressat einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung?“ (S. 211-218). Die Autoren gehen der Frage nach, ob sich die Aktivitäten der Preußischen Treuhand „gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten“. Das bejahen die Juristen nach eingehender Analyse, vor allem der einschlägigen Rechtsprechung. Demnach muss die Preußische Treuhand damit rechnen, vom Bundesminister des Inneren gemäß §§ 3, 17 Nr. 1 Vereinsgesetz in Verbindung mit Art. 9 Absatz 2 des Grundgesetzes verboten zu werden. Zugleich droht nach § 10 VereinsG die Beschlagnahme des Vermögens.


== Weblinks ==
So behauptet die P.T., mit ihren Aktivitäten keine Revision der festgeschriebenen Staatsgrenzen zwischen Polen und Deutschland bewirken zu wollen und verweist darauf, dass sie dies auch gar nicht könnte. Zudem trägt sie vor, auch nicht etwa Massenbeschwerden initiieren zu wollen mit dem Ziel, dass Polen zu erheblichen Entschädigungssummen verurteilt würde. In der Tat gibt nur sehr wenige Personen, die an der Beschwerde teilnehmen. Einer der Beschwerdeführer sei zum Beispiel der Enkel eines jüdischen Kaufmanns, dessen Familie nur auf Grund eines glücklichen Zufalls aus der Internierung im KZ Theresienstadt entlassen worden und dem sicheren Tode entronnen ist. Sein gesamtes Vermögen wurde von NS-Deutschland konfisziert mit der Begründung, er sei Jude; die polnischen Behörden haben die Vermögenseinziehungen, bei denen es sich juristisch nicht um Enteignungen gehandelt hat, bestätigt mit der Begründung, eine Rückgabe komme nicht in Betracht, weil er Deutscher sei. Die P.T. gibt zu bedenken, dass beide Verfolgungen eine vergleichbare Qualität aufweisen. Der Ansatz des o.g. Aufsatzes ist jedoch ein anderer, weil er bewusst nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft in den Blick nimmt. Denn darauf stellt auch das Grundgesetz in Art. 9 Abs. 2 ab: Getroffen werden muss eine Prognose, ob Aktivitäten dazu geeignet sind, die Völkerverständigung zu beeinträchtigen. Es geht gerade nicht um persönliche Schicksale, selbst wenn nicht auszuschließen ist, dass sie auf einer Verletzung des Völkerrechts beruhen.
* [http://preussische-treuhand.org/de/index.html Preußischen Treuhand]


== Einzelnachweise ==
In ihrer Beschwerde macht die P.T. geltend, dass Polen an den deutschen Heimatvertriebenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat, weil die polnischen Behörden die deutschen Zivilisten aus ihrer Heimat vertrieben, misshandelt, nicht selten getötet und Frauen in einer an den jugoslawischen Bürgerkrieg erinnernden Systematik vergewaltigt haben. Die Vermögenseinziehung sei nur ein untergeordneter Teilaspekt dieser Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nach den Regeln über die Staatenverantwortlichkeit seit Polen im völkerrechtlichen Sinne zur Restitution verpflichtet, d.h. zur Rehabilitierung unschuldiger Verfolgter und zur Rückgabe des seinerzeit völkerrechtswidrig und somit illegitim eingezogenen Vermögens. Es sei völkerrechtlich unzulässig und mute absurd an, die deutschen Zivilisten für die zweifelsfrei zahlreich begangenen Verbrechen zum Nachteil des polnischen Staates und seiner Bevölkerung zu bestrafen. Ebenso wenig käme man wohl auf den Gedanken, z.B. jeden einzelnen Chinesen für die Verbrechen der Volksrepublik China in Tibet verantwortlich zu machen. Es gebe im Völkerrecht keine solche Haftung, wie sie die polnische Regierung zu konstruieren versucht.
<references />

Das Motiv der deutschen Bundesregierung und aller Parteien, die Heimatvertriebenen zu unterstützen, liege weniger in der Furcht vor einer Störung des nachbarschaftlichen Verhältnisses zu Polen; sondern mit denjenigen Argumenten, welche die P.T. und andere Heimatvertriebene gegen Polen geltend machen, können die Opfer der vergleichbaren politischen Verfolgungen des Besitzbürgertums von Deutschland die ihnen bislang verweigerte Rehabilitierung und Rückgabe verlangen. Da dies von allen ernst zu nehmenden politischen Parteien nicht gewollt wird, wird Deutschland konsequenterweise auch nicht die vertriebenen Ost- oder Sudetendeutschen unterstützen können.

== Quellen ==
<references/>
Internetseite der Preußischen Treuhand

== Weblinks ==
* [http://www.preussischetreuhand.de.vu/ Website der Preußischen Treuhand]


{{Rechtshinweis}}
{{Rechtshinweis}}


{{SORTIERUNG:Preussische Treuhand}}
[[Kategorie:Opferverband]]
[[Kategorie: Vertriebenenthematik]]
[[Kategorie:Vertriebenenthematik]]
[[Kategorie:Dienstleistungsunternehmen (Düsseldorf)]]

[[Kategorie:Gegründet 2000]]
[[en:Prussian Trust]]
[[pl:Powiernictwo Pruskie]]

Aktuelle Version vom 29. Dezember 2022, 19:36 Uhr

Preußische Treuhand GmbH & Co. KGaA
Rechtsform Kommanditgesellschaft auf Aktien
Gründung 2000
Sitz Düsseldorf
Leitung Torne Möbius (Geschäftsführer)
Website preussische-treuhand.org

Die Preußische Treuhand GmbH & Co. KGaA ist ein Unternehmen, das sich die Durchsetzung von Eigentumsansprüchen von Bewohnern ehemaliger Ostgebiete des Deutschen Reiches zum Ziel gesetzt hat. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Düsseldorf und will die möglichen Eigentumsansprüche einzelner Vertriebener juristisch klären und durchsetzen. Es steht in keiner Beziehung zur ehemaligen Treuhandanstalt des Bundes. Insgesamt reichte die Preußische Treuhand 23 Einzelbeschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Die Ansprüche wurden vom Gerichtshof im Oktober 2008 für unzulässig erklärt.

Geschichte

Die Initiative für die Gründung ging von der Landsmannschaft Ostpreußen aus.[1] Die Preußische Treuhand wurde zunächst als Aktiengesellschaft konzipiert, um vor allem das strittige Eigentum zu verwalten und Besitzansprüche juristisch zu klären. Hierzu sollten möglichst viele Interessenten Aktien zum Preis von jeweils 100 DM (später 50 Euro) erwerben können. Der Aufwand für die Gründung gestaltete sich – insbesondere wegen der notwendigen Hinzuziehung eines Notars – schwierig. Parallel dazu wurde eine Anwaltskanzlei für die bevorstehenden gerichtlichen Auseinandersetzungen gesucht.[2]

Im November 2000 wurden die Satzung für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und eine Kommanditgesellschaft auf Aktien beschlossen. Das Gründungskapital betrug 75.000 Euro. An der GmbH, die mit einem Stammkapital von 30.000 Euro gegründet und am 13. März 2001 ins Handelsregister eingetragen wurde, war zunächst die Landsmannschaft Ostpreußen mit 40 Prozent beteiligt, 2001 erwarb die Landsmannschaft Schlesien 10 Prozent der Anteile.[3] Vorstandsvorsitzender war bis 2005 der Vertriebenenpolitiker Rudi Pawelka.

Struktur und Ziele

Das Unternehmen ist nach eigener Aussage eine „Selbsthilfeorganisation der Vertriebenen“, die private und individuelle Eigentumsansprüche sichern und geltend machen will. Die Preußische Treuhand fordert ausdrücklich keine finanzielle Entschädigung, sondern die Rückgabe der nach dem Zweiten Weltkrieg enteigneten Güter und Besitztümer.

Gegenwärtiges Ziel ist die „Erhaltung bzw. Sicherung von Ansprüchen auf Grundeigentum und anderen Vermögenswerten in den Preußischen Provinzen jenseits von Oder und Neiße“. Dabei soll das angesammelte Aktienkapital nicht angetastet werden.[4]

Die anfangs verwendete, umstrittene englische Bezeichnung „Prussian Claims Society“, die bewusst auf die Parallele zur Jewish Claims Conference hinweisen sollte, wird nur noch im Firmennamen angegeben. Jedoch befürwortet die Preußische Treuhand auch die Rückgabe jüdischen Eigentums in den ehemaligen Ostgebieten an Überlebende des Holocausts oder ihre Erben.[5]

Geschäftsführer der Preußischen Treuhand GmbH ist Torne Möbius. Die Jahresabschlüsse und die Termine der Hauptversammlungen werden im elektronischen Bundesanzeiger bekanntgegeben. Vorstand ist der Rechtsanwalt Gerwald Günter Stanko, Aufsichtsratsvorsitzender Rudi Pawelka. Das gezeichnete Kapital beträgt 185.450 Euro per 31. Dezember 2012, eine Aktie kostet 50 Euro, eine Börsennotierung ist nicht geplant. Die „Preußische Treuhand GmbH & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien, Prussian Claims Society“ verfügt über kein materielles Anlagevermögen.[6]

Politische Auseinandersetzung

Die Preußische Treuhand steht mit ihrem Anspruch im Konflikt mit der Politik der derzeitigen Bundesregierung, die die Geltendmachung solcher Ansprüche nicht unterstützt. Anfang August 2004 brachte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dies bei einem Staatsbesuch in Polen öffentlich zum Ausdruck. Seine Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) schloss sich dieser Haltung an.

Auch die ehemalige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, hat sich mehrmals deutlich von der Preußischen Treuhand und ihren Zielen distanziert[7]. Der damalige Treuhand-Chef Pawelka bewertete dies im November 2004 allerdings als eine „Kehrtwende“ der BdV-Präsidentin: „Noch vor einem Jahr hat die BdV-Bundesversammlung entschieden, dass man im Zuge der EU-Osterweiterung alle rechtlichen Möglichkeiten, die die EU zur Heilung des Unrechts bietet, ausschöpfen will. Das ist der Klageweg.“ Das polnische Parlament drohte im Gegenzug mit Kriegsreparationsforderungen an Deutschland und forderte in einer einstimmig verabschiedeten Resolution die polnische Regierung zu entsprechenden Schritten gegen Deutschland auf.

Die Klagen der Organisation belasteten das deutsch-polnische Verhältnis. Nach einer missverständlichen Äußerung der polnischen Außenministerin Anna Fotyga, dass die polnische Regierung aufgrund der Klage möglicherweise den 1990 geschlossenen Grenzvertrag zwischen beiden Nationen neu verhandeln wolle,[8] dementierten die polnische Botschaft in Berlin und das Außenamt in Warschau dies in einer Erklärung und teilten gegenüber Spiegel Online[9] mit, Fotyga habe nicht den Grenzvertrag von 1990 gemeint, sondern das Nachbarschaftsabkommen von Juli 1991.

Erfolglose Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Im Dezember 2006 verklagte die Preußische Treuhand Polen auf Rückübertragung des verlorenen Eigentums in den ehemaligen deutschen Ostgebieten und wegen der Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, indem sie zunächst 22 Einzelbeschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichte. Eine weitere Beschwerde wurde später vorgelegt. Im Oktober 2008 wurden alle 23 Beschwerden vom Gerichtshof für unzulässig erklärt. Da die Europäische Menschenrechtskonvention 1953 in Kraft trat und Polen diese 1993 ratifiziert habe, seien Klagen gegen den Staat Polen wegen der Konfiszierungen aus dem Jahr 1945 unzulässig. Bezüglich der in der Klage erwähnten Verstöße gegen das Grundrecht auf Schutz des Lebens und das Folterverbot (Art. 3. EMRK) bemerkte das Gericht, dass Polen zum Zeitpunkt der Ereignisse weder juristisch noch tatsächlich Kontrolle über die deutschen Territorien in Polen gehabt habe und daher die Taten nicht dem heutigen Staat angelastet werden könnten.[10]

Einzelnachweise

  1. http://www.preussische-treuhand.org/de/JVerwirklichung.html
  2. http://www.preussische-treuhand.org/de/aktionaer.htm
  3. http://www.preussische-treuhand.org/de/PVerwirklichung.html
  4. Internet-Präsenz der Preussischen Treuhand
  5. Bericht in DIE ZEIT vom 8. März 2007
  6. Offizielle Angaben laut Bundesanzeiger, abgerufen am 26. Dezember 2013
  7. Süddeutsche Zeitung, Online-Ausgabe, 25. Februar 2009: Polen, Steinbach und die Presse Aufregung um die "blonde Bestie"@1@2Vorlage:Toter Link/www.sueddeutsche.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. vgl. Spiegel Online, 19. Dezember 2006, Auswärtiges Amt versucht, Polen zu besänftigen
  9. vgl. Spiegel Online, 20. Dezember 2006, Botschafter sieht deutsch-polnisches Verhältnis in der Krise
  10. tagesschau.de: Klage gegen Polen wegen Entschädigungen - "Preußische Treuhand" scheitert mit Beschwerde, 9. Okt. 2008. (Memento vom 12. Oktober 2008 im Internet Archive)