„Obersachsen“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|behandelt das ehemalige Herrschaftsgebiet Obersachsen. Für den gleichnamigen Ort siehe Gemeinde [[Obersachsen (Diespeck)]]. Siehe auch [[Obersaxen]].}}
[[Datei:Deutsches Reich Preuss.svg|mini|hochkant=1.5|Vorschlag zur Bildung eines Landes ''Obersachsen'' von [[Hugo Preuß]], 1919]]
Als '''Obersachsen''' bezeichnet man große Teile der ehemaligen Herrschaftsgebiete der [[Haus Wettin|Wettiner]] und deren Bewohner im Raum des heutigen östlichen [[Mitteldeutschland]]s. Der Begriff ist erstmals im 14. Jahrhundert in Unterscheidung zum in Norddeutschland gelegenen „[[Niedersachsen]]“ nachweisbar<ref name=Meding/> und fand noch im 19. Jahrhundert Verwendung, wurde aber mit der vollständigen Verschiebung der Landesbezeichnung „Sachsen“ nach Mitteldeutschland schließlich obsolet.
 
== Politische Geschichte und Verschiebung der Landesbezeichnung ==
Als '''Obersachsen''' bezeichnet man große Teile der ehemaligen Herrschaftsgebiete der [[Haus Wettin|Wettiner]] und deren Bewohner im Raum des heutigen östlichen [[Mitteldeutschland]]s.
[[Datei:Sächsische-Herzogtümer 1235.png|mini|hochkant=1.5|Die sächsischen Herzogtümer um 1235: das [[Herzogtum Westfalen]], welches an die Kölner Erzbischöfe ging, das welfische [[Herzogtum Braunschweig-Lüneburg]] und die askanischen Gebiete um Lauenburg und Wittenberg]]
[[Datei:Map of the Imperial Circles (1560)-de.svg|mini|hochkant=1.5|Die Reichskreise Mitte des 16.&nbsp;Jahrhunderts]]
[[Datei:Blaeu 1645 - Saxonia Superior cum Lusatia et Misnia.jpg|mini|hochkant=1.5|Saxonia Superior cum Lusatia et Misnia (Obersachsen mit Lausitz und Meißen) aus dem [[Atlas Maior]] (1645)]]
Das alte [[Stammesherzogtum Sachsen]] hatte seinen Schwerpunkt im heutigen Niedersachsen und umfasste außerdem [[Westfalen]], [[Holstein]] und den nördlichen Teil [[Sachsen-Anhalt]]s entlang der [[Elbe]]. Mit dem Sturz des [[Welfen]] [[Heinrich der Löwe|Heinrichs des Löwen]] kam es 1180 zur Aufteilung dieses Gebietes: während den Welfen ihr Zentrum um Braunschweig und Lüneburg verblieb, wurde der Titel des „Herzogs von Sachsen“ an das entlang der Elbe begüterte Geschlecht der [[Askanier]] vergeben. Dieses „Herzogtum Sachsen“ wurde 1296 in die beiden Herzogtümer [[Sachsen-Lauenburg]] und [[Sachsen-Wittenberg]] geteilt, die sich auch gegenseitig die Würde eines [[Kurfürstentum Sachsen|Kurfürsten von Sachsen]] streitig machten, wobei sich schließlich die Wittenberger durchsetzen konnten. Nach ihrem Aussterben wurde das Kurfürstentum Wittenberg 1422 von den [[Wettiner|wettinischen]] [[Markgrafschaft Meißen|Markgrafen von Meißen]] und [[Landgrafschaft Thüringen|Landgrafen von Thüringen]] übernommen.
 
Im Rahmen der inner-askanischen Konkurrenz lassen sich erstmals die Bezeichnungen „Niedersachsen“ und „Obersachsen“ nachweisen. In einer auf das Jahr 1312 gefälschten, tatsächlich wohl aus dem 15. Jahrhundert stammenden Urkunde wurden das nördlicher gelegene Sachsen-Lauenburg als „Niedersachsen“, das südlichere Sachsen-Wittenberg als „Obersachsen“ bezeichnet. Von der Bedeutung dieser geographischen Begriffe über die (ehemals) askanischen Territorien hinaus zeugt, dass bei der [[Reichskreis|Kreiseinteilung des Reiches]] 1522 sowohl ein [[Niedersächsischer Reichskreis|Niedersächsischer]] als auch ein [[Obersächsischer Reichskreis|Obersächsischer]] Reichskreis gebildet wurden.<ref name=Meding>Wichmann von Meding: ''Lauenburg: zur Geschichte des Ortes, Amtes, Herzogtums.'' Verlag Peter Lang, 2008, [https://books.google.de/books?id=FnyfLG0xoJ8C&pg=PA288&dq=Obersachsen S. 288]; [[Sebastian Münster]]: ''Cosmographey: oder Beschreibung aller Länder&nbsp;…'' Basel 1578, [https://books.google.de/books?id=7le1SI4amssC&pg=PP1121&dq=Wittenberg S. 984.]</ref>
Der Name dieser [[Herrschaft (Territorium)|Territorien]] beruht darauf, dass nach dem Sturz [[Heinrich der Löwe|Heinrichs des Löwen]] der Titel des [[Herzog]]s über das alte [[Stammesherzogtum Sachsen]]<ref>Das Stammesherzogtum Sachsen umfasste das heutige [[Westfalen]], [[Niedersachsen]], [[Holstein]] und den nördlichen Teil [[Sachsen-Anhalt]]s, wo [[Niedersächsisch|(nieder-)sächsische]] Mundarten des Niederdeutschen verbreitet sind.</ref> an das Geschlecht der [[Askanier]] und später an das Geschlecht der Wettiner neu [[Lehnswesen|vergeben]] worden war. Diese [[Dynastie]]n eroberten die [[Slawen|slawisch]] bewohnten Gebiete im Osten und nahmen den Herrschertitel über „Sachsen“ elbaufwärts mit sich. Für das ursprüngliche sächsische Gebiet in [[Norddeutschland]] kam die Bezeichnung „[[Niedersachsen]]“<ref>Vgl. [[Niedersächsischer Reichskreis]].</ref> auf.
 
Die Übernahme des Kurfürstentums Sachsen-Wittenberg und der Bedeutungsverlust des Lauenburger Herzogtums führte zu einer weiteren Verschiebung der Landesbezeichnung „Sachsen“, die nun zunehmend nur noch mit den wettinischen Ländern (neben dem [[Kurkreis]] vor allem [[Markgrafschaft Meißen|Meißen]] und [[Landgrafschaft Thüringen|Thüringen]]) verbunden wurde. So wurde im Zug der Erbteilungen zwischen [[Ernestiner|ernestinischen]] und [[Albertiner|albertinischen]] Wettinern jedes einzelne Territorium als „Herzogtum Sachsen“ bezeichnet.
Zur Unterscheidung der Gebiete wurde neben dem Wort Niedersachsen später auch der Kunstbegriff ''„Obersachsen“'' geprägt, der sich umgangssprachlich aber nicht durchgesetzt hat. So bezeichnen sich heute sowohl die mitteldeutschen Bewohner des [[Sachsen|Freistaates Sachsen]] selbst, als auch Außenstehende und selbst die Medien umgangssprachlich diese Bewohner als Sachsen. Sprachwissenschaftlich sorgfältig betrachtet, sind die ostmitteldeutschen Dialekte – das [[Meißenisch]]e und das [[Osterländisch]]e – Bestandteil der [[thüringisch-obersächsische Dialektgruppe|thüringisch-obersächsischen Dialektgruppe]]. Obersachsen sind damit ebenfalls die sächsischen Bewohner des [[Vogtland]]es, des [[Erzgebirge]]s, der [[Oberlausitz]] und des größten Teils [[Thüringen]]s.
 
Mit der Auflösung des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reichs]] 1806 verschwand auch der Obersächsische Reichskreis. Dennoch wurde auch im 19. Jahrhundert der Begriff „Obersachsen“ verwendet, wenn die Gemeinsamkeiten der Gebiete zwischen [[Harz (Mittelgebirge)|Harz]] und [[Erzgebirge]] hervorgehoben werden sollten.<ref>siehe z.&nbsp;B. Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien. 14. Jahrgang, Wien 1863, [https://books.google.de/books?id=0IsNAAAAQAAJ&pg=PA905&dq=Obersachsen S. 905.]</ref> Im Jahre 1919 sah ein Vorschlag zur [[Neugliederung des Bundesgebietes|Neugliederung des Deutschen Reichs]] unter anderem ein Land „Obersachsen“ vor.
== Besiedelung und Ursprung ==
[[Datei:Central_Europe_919-1125.jpg|miniatur|Thüringen und Thüringer Mark als Teil des [[Heiliges_R%C3%B6misches_Reich|Heiligen Römischen Reiches]] zur Zeit der [[Salier]]]]
Der stärkste heute noch erkennbare Siedlungseinfluss kam in Form der [[Thüringer]] aus dem Westen, welche eventuell die [[Sorben]] nach Osten verdrängten. So wurde das Gebiet der [[Markgrafschaft Meißen]], dem Ursprung und Vorläufer des heutigen Obersachsens, auch als ''Thüringer Mark'', also als Grenzregion der Thüringer, bezeichnet. Die Stadt Meißen hatte in dieser Zeit den Beinamen Stadt der [[Hermunduren]]<ref>http://skd-online-collection.skd.museum/de/contents/show?id=1453078 Meißen, Stadt der Hermunduren</ref>, also Stadt der Thüringer.
Im Vogtland und im Erzgebirge gab es im Zuge der [[Deutsche Ostsiedlung|Deutschen Ostsiedlung]] einen relativ starken mainfränkischen Siedlungseinfluss, im Saale- und Elstertal gab es einen schwachen mainfränkischen Siedlungseinfluss. Das [[Vogtländisch]]e, das [[Erzgebirgisch]]e und das [[Südostthüringisch]]e ([[Sorbenfränkisch]]) wurden deshalb in der Vergangenheit oft auch dem [[Ostfränkische Dialekte|Ostfränkischen]] zugeordnet. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts etablieren sich in den Mundarten und der Umgangssprache im Süden Obersachsens zunehmend Einflüsse des Thüringisch-Obersächsischen Dialekts.
Ein deutlich spürbarer sächsischer Siedlungseinfluss existiert offensichtlich nicht, was sich auch in der Trennung des [[Mitteldeutsch]]en vom [[Niederdeutsch]]en zeigt.
 
Heute bezeichnen sich sowohl die mitteldeutschen Bewohner des [[Sachsen|Freistaates Sachsen]] selbst, als auch Außenstehende diese Bewohner als Sachsen, obwohl deren Vorfahren hauptsächlich [[Sorben]], [[Thüringer]], [[Franken (Volk)|Franken]] und [[Flamen]] waren.
== Siehe auch ==
* [[Obersächsischer Reichskreis]]
 
== Sprach- und Siedlungsgeschichte ==
== Attribute ==
 
Mit den Obersachsen verbinden sich die Attribute „helle, heeflich und heemdiggsch“ (hell, höflich, heimtückisch). Sie nehmen sich selbst ironisierend auf die Schippe: „Mir Sachsen, mir sin helle, / das weeß de ganze Welt, / un wenn mir man ni helle sin, / da hammer uns verstellt“ (Wir Sachsen, wir sind helle, das weiß die ganze Welt, und wenn wir mal nicht helle sind, da haben wir uns verstellt). Die Sprache ist weich, jedoch überaus kehlig, was an folgendem Ausspruch deutlich wird: „Gaiser Garl gonnde geene Gimmelgerner gaun, aber Gäsegeilschn gonndr gatschn.“ (Kaiser Karl konnte keine Kümmelkörner kauen, aber Käsekeulchen konnte er katschen.). Der Sachse unterscheidet auch zwischen hartem „b“ (p) und weichem „b“ (b) sowie zwischen hartem „d“ (t) und weichem „d“ (d), und spricht das "r" ausgesprochen kehlig aus.
Zur Unterscheidung der Gebiete wurde neben dem Wort Niedersachsen später auch der Kunstbegriff ''„Obersachsen“'' geprägt, der sich umgangssprachlich aber nicht durchgesetzt hat. So bezeichnen sich heute sowohl die mitteldeutschen Bewohner des [[Sachsen|Freistaates Sachsen]] selbst, als auch Außenstehende und selbst die Medien umgangssprachlich diese Bewohner als Sachsen. Sprachwissenschaftlich sorgfältig betrachtet, sind die ostmitteldeutschen Dialekte – das [[Meißenisch]]e und das [[Osterländisch]]e – Bestandteil der [[thüringisch-obersächsische Dialektgruppe|thüringisch-obersächsischen Dialektgruppe]]. Obersachsen sind damit ebenfallsauch die sächsischen Bewohner des [[Vogtland]]es, des [[Erzgebirge]]s, der [[Oberlausitz]] und des größten Teils [[Thüringen]]s.
 
[[Datei:Central_Europe_919Central Europe 919-1125.jpg|miniaturmini|hochkant=1.5|Thüringen und Thüringer Mark als Teil des [[Heiliges_R%C3%B6misches_ReichHeiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] zur Zeit der [[Salier]]]]
Der stärkste heute noch erkennbare Siedlungseinfluss kam in Form der [[Thüringer]] aus dem Westen, welchedie eventuellmöglicherweise die [[Sorben]] nach Osten verdrängten. So wurde das Gebiet der [[Markgrafschaft Meißen]], demder Ursprung und Vorläufer des heutigen Obersachsens, auch als ''Thüringer Mark'', also als Grenzregion der Thüringer, bezeichnet. Die Stadt Meißen hatte in dieser Zeit den Beinamen Stadt der [[Hermunduren]]<ref>{{Webarchiv|url=http://skd-online-collection.skd.museum/de/contents/show?id=1453078 |wayback=20141129040939 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2019-05-04 18:01:33 InternetArchiveBot }} Meißen, Stadt der Hermunduren</ref>, also Stadt der Thüringer.
Im Vogtland und im Erzgebirge gab es im Zuge der [[Deutsche Ostsiedlung|Deutschen Ostsiedlung]] einen relativ starken mainfränkischen Siedlungseinfluss, im Saale- und Elstertal gab es einen schwachen mainfränkischen Siedlungseinfluss. Das [[Vogtländisch]]e, das [[Erzgebirgisch]]e und das [[Südostthüringisch]]e ([[Sorbenfränkisch]]) wurden deshalb in der Vergangenheit oft auch dem [[Ostfränkische Dialekte|Ostfränkischen]] zugeordnet. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts etablieren sich in den Mundarten und der Umgangssprache im Süden Obersachsens zunehmend Einflüsse des Thüringisch-Obersächsischen Dialekts.
Ein deutlich spürbarer sächsischer Siedlungseinfluss existiert offensichtlich nicht, was sich auch in der Trennung des [[MitteldeutschMitteldeutsche Dialekte|Mitteldeutschen]]en vom [[NiederdeutschNiederdeutsche Sprache|Niederdeutschen]]en zeigt.
 
== Einzelnachweise ==
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== Weblinks ==
* {{Webarchiv | wayback=20080126083351 | url=http://lexikon.meyers.de/meyers/Obersachsen | text=Meyers Lexikon online}}
* [https://www.leipzig-lexikon.de/VERWALT/osachsen.htm Obersachsen]@leipzig-lexikon.de
 
[[Kategorie:Historisches Territorium (Sachsen)]]
[[Kategorie:Geographie (Sachsen)]]

Aktuelle Version vom 2. Juli 2024, 10:14 Uhr

Vorschlag zur Bildung eines Landes Obersachsen von Hugo Preuß, 1919

Als Obersachsen bezeichnet man große Teile der ehemaligen Herrschaftsgebiete der Wettiner und deren Bewohner im Raum des heutigen östlichen Mitteldeutschlands. Der Begriff ist erstmals im 14. Jahrhundert in Unterscheidung zum in Norddeutschland gelegenen „Niedersachsen“ nachweisbar[1] und fand noch im 19. Jahrhundert Verwendung, wurde aber mit der vollständigen Verschiebung der Landesbezeichnung „Sachsen“ nach Mitteldeutschland schließlich obsolet.

Politische Geschichte und Verschiebung der Landesbezeichnung

Die sächsischen Herzogtümer um 1235: das Herzogtum Westfalen, welches an die Kölner Erzbischöfe ging, das welfische Herzogtum Braunschweig-Lüneburg und die askanischen Gebiete um Lauenburg und Wittenberg
Die Reichskreise Mitte des 16. Jahrhunderts
Saxonia Superior cum Lusatia et Misnia (Obersachsen mit Lausitz und Meißen) aus dem Atlas Maior (1645)

Das alte Stammesherzogtum Sachsen hatte seinen Schwerpunkt im heutigen Niedersachsen und umfasste außerdem Westfalen, Holstein und den nördlichen Teil Sachsen-Anhalts entlang der Elbe. Mit dem Sturz des Welfen Heinrichs des Löwen kam es 1180 zur Aufteilung dieses Gebietes: während den Welfen ihr Zentrum um Braunschweig und Lüneburg verblieb, wurde der Titel des „Herzogs von Sachsen“ an das entlang der Elbe begüterte Geschlecht der Askanier vergeben. Dieses „Herzogtum Sachsen“ wurde 1296 in die beiden Herzogtümer Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg geteilt, die sich auch gegenseitig die Würde eines Kurfürsten von Sachsen streitig machten, wobei sich schließlich die Wittenberger durchsetzen konnten. Nach ihrem Aussterben wurde das Kurfürstentum Wittenberg 1422 von den wettinischen Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen übernommen.

Im Rahmen der inner-askanischen Konkurrenz lassen sich erstmals die Bezeichnungen „Niedersachsen“ und „Obersachsen“ nachweisen. In einer auf das Jahr 1312 gefälschten, tatsächlich wohl aus dem 15. Jahrhundert stammenden Urkunde wurden das nördlicher gelegene Sachsen-Lauenburg als „Niedersachsen“, das südlichere Sachsen-Wittenberg als „Obersachsen“ bezeichnet. Von der Bedeutung dieser geographischen Begriffe über die (ehemals) askanischen Territorien hinaus zeugt, dass bei der Kreiseinteilung des Reiches 1522 sowohl ein Niedersächsischer als auch ein Obersächsischer Reichskreis gebildet wurden.[1]

Die Übernahme des Kurfürstentums Sachsen-Wittenberg und der Bedeutungsverlust des Lauenburger Herzogtums führte zu einer weiteren Verschiebung der Landesbezeichnung „Sachsen“, die nun zunehmend nur noch mit den wettinischen Ländern (neben dem Kurkreis vor allem Meißen und Thüringen) verbunden wurde. So wurde im Zug der Erbteilungen zwischen ernestinischen und albertinischen Wettinern jedes einzelne Territorium als „Herzogtum Sachsen“ bezeichnet.

Mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs 1806 verschwand auch der Obersächsische Reichskreis. Dennoch wurde auch im 19. Jahrhundert der Begriff „Obersachsen“ verwendet, wenn die Gemeinsamkeiten der Gebiete zwischen Harz und Erzgebirge hervorgehoben werden sollten.[2] Im Jahre 1919 sah ein Vorschlag zur Neugliederung des Deutschen Reichs unter anderem ein Land „Obersachsen“ vor.

Heute bezeichnen sich sowohl die mitteldeutschen Bewohner des Freistaates Sachsen selbst, als auch Außenstehende diese Bewohner als Sachsen, obwohl deren Vorfahren hauptsächlich Sorben, Thüringer, Franken und Flamen waren.

Sprach- und Siedlungsgeschichte

Sprachwissenschaftlich betrachtet, sind die ostmitteldeutschen Dialekte – das Meißenische und das Osterländische – Bestandteil der thüringisch-obersächsischen Dialektgruppe. Obersachsen sind damit auch die sächsischen Bewohner des Erzgebirges, der Oberlausitz und des größten Teils Thüringens.

Thüringen und Thüringer Mark als Teil des Heiligen Römischen Reiches zur Zeit der Salier

Der stärkste heute noch erkennbare Siedlungseinfluss kam in Form der Thüringer aus dem Westen, die möglicherweise die Sorben nach Osten verdrängten. So wurde das Gebiet der Markgrafschaft Meißen, der Ursprung und Vorläufer des heutigen Obersachsens, auch als Thüringer Mark, also als Grenzregion der Thüringer, bezeichnet. Die Stadt Meißen hatte in dieser Zeit den Beinamen Stadt der Hermunduren[3], also Stadt der Thüringer. Im Vogtland und im Erzgebirge gab es im Zuge der Deutschen Ostsiedlung einen relativ starken mainfränkischen Siedlungseinfluss, im Saale- und Elstertal gab es einen schwachen mainfränkischen Siedlungseinfluss. Das Vogtländische, das Erzgebirgische und das Südostthüringische (Sorbenfränkisch) wurden deshalb in der Vergangenheit oft auch dem Ostfränkischen zugeordnet. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts etablieren sich in den Mundarten und der Umgangssprache im Süden Obersachsens zunehmend Einflüsse des Thüringisch-Obersächsischen Dialekts. Ein deutlich spürbarer sächsischer Siedlungseinfluss existiert offensichtlich nicht, was sich auch in der Trennung des Mitteldeutschen vom Niederdeutschen zeigt.

Einzelnachweise

  1. a b Wichmann von Meding: Lauenburg: zur Geschichte des Ortes, Amtes, Herzogtums. Verlag Peter Lang, 2008, S. 288; Sebastian Münster: Cosmographey: oder Beschreibung aller Länder … Basel 1578, S. 984.
  2. siehe z. B. Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien. 14. Jahrgang, Wien 1863, S. 905.
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 29. November 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/skd-online-collection.skd.museum Meißen, Stadt der Hermunduren

Literatur

  • Dr. L. Hertel, Thüringer Sprachschatz, Sammlung mundartlicher Ausdrücke aus Thüringen nebst Einleitung, Sprachkarte und Sprachproben 1895